Protokoll der Sitzung vom 12.06.2024

Wir kommen zur unmittelbaren Abstimmung. Wer dem Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 18/9309 – in zweiter Beratung zustimmen

möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke. Die Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist mit den Stimmen der SPD, der CDU, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der FREIEN WÄHLER gegen die Stimmen der AfD angenommen.

Wir kommen dann zur Schlussabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben! – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? Dann ist der Gesetzentwurf in der Schlussabstimmung mit den Stimmen der SPD, der CDU, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der FREIEN WÄHLER gegen die Stimmen der AfD angenommen.

Herzlichen Dank.

Wir kommen zu Punkt 7 der Tagesordnung:

Landesgesetz zur Änderung bauordnungs- und berufsqualifikationsrechtlicher Vorschriften Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 18/9534 – Erste Beratung

Wir haben eine Grundredezeit von 5 Minuten vereinbart. Für die Landesregierung spricht Staatssekretär Dr. Stephan Weinberg. – Sie haben das Wort zur Begründung.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird die kleine Bauvorlageberechtigung in die Landesbauordnung eingeführt. Damit setzen wir Änderungen der Musterbauordnung um, die aufgrund eines von der Kommission gegen Deutschland eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahrens wegen unzureichender Umsetzung der Berufsqualifikationsrichtlinien im Hinblick auf die Bauvorlageberechtigung erforderlich geworden sind. Dabei ist die Bauvorlageberechtigung die Befugnis, Bauunterlagen für genehmigungsbedürftige Bauvorhaben bei den Baugenehmigungsbehörden einzureichen.

Neu ist die Bauvorlageberechtigung von Bauunterlagen durch Absolventinnen und Absolventen der Fachrichtung Bauingenieurwesen ohne Berufserfahrung bzw. Praktikum. Diese gilt aufgrund der noch nicht gesammelten praktischen Berufserfahrung jedoch nur für bestimmte Bauvorhaben. Beispielsweise sind diese Bauvorhaben in ihrer Grundfläche und der darin enthaltenen Wohneinheiten begrenzt.

Um die Absolventinnen und Absolventen der Fachrichtung Architektur, die die volle Bauvorlageberechtigung erst mit Abschluss der an das Hochschulstudium anschließenden zweijährigen berufspraktischen Tätigkeit erhalten, nicht schlechterzustellen als die vom Vertragsverletzungsverfahren betrofenen Absolventinnen und Absolventen der Fachrichtung Bauingenieurwesen, wird

diesen ebenfalls die auf bestimmte Bauvorhaben beschränkte Bauvorlageberechtigung eingeräumt.

In diesem Zuge wird die Möglichkeit zur Einreichung von Bauunterlagen in demselben Umfang auch für staatlich geprüfte Technikerinnen und Techniker der Fachrichtung Bautechnik sowie für Handwerksmeisterinnen und Handwerksmeister der Fachrichtungen Maurer-, Beton- oder Zimmererfach eingeführt.

Die Einführung der kleinen Bauvorlageberechtigung trägt der Qualifikation berufserfahrener Technikerinnen und Techniker sowie Handwerksmeisterinnen und Handwerksmeister Rechnung und ist bereits in den Bauordnungen vieler Länder enthalten. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf knüpfen wir auch an den Beschluss der MPK vom 6. November 2023 über den Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung zwischen Bund und Ländern an, der die Harmonisierung und Vereinheitlichung der Regelungen zur Planung, Errichtung und Änderung kleinerer Gebäude in allen Länderbauordnungen mit einheitlichen Befugnissen für qualifizierte Berufsgruppen zum Inhalt hat.

Darin wird zum einen die Qualifikation der Handwerksmeisterinnen und Handwerksmeister herausgestellt und zum anderen durch die Einbeziehung zusätzlicher Bauvorlageberechtigter auch ein Beitrag zur Bewältigung der Umsetzungsbeschleunigungen erwartet. Die kleine Bauvorlageberechtigung wird hier explizit als Leitbild genannt.

Selbstverständlich ist bei einem Novum wie der kleinen Bauvorlageberechtigung für einen Personenkreis, der bislang noch nicht befugt war, eigene Bauplanungsleistungen zu erbringen, der Verbraucherschutz in besonderem Maße zu berücksichtigen.

Der Gesetzentwurf hat daher von Anfang an sehr restriktiv den Umfang der kleinen Bauvorlageberechtigung festgelegt und auf maximal zwei Wohneinheiten auf einer beschränkten Grundfläche beschränkt. Außerdem sieht der Gesetzentwurf nun auch verpflichtende Fortbildungsmodule auf dem Gebiet der Bauplanung als Voraussetzung für die Eintragung in die Liste der kleinen Bauvorlageberechtigten für die Handwerksmeisterinnen und Handwerksmeister vor, um die praktischen, langjährigen Erfahrungen theoretisch zu untermauern. Ergänzend ist der Nachweis einer ausreichend hohen Haftpflichtversicherung Voraussetzung für das Tätigwerden aller hier vorgenannten Personen, die nun zur kleinen Bauvorlageberechtigung zugelassen werden sollen.

Um die volle Bauvorlageberechtigung in Bezug auf Absolventinnen und Absolventen des Bauingenieurwesens sowie der Architektur nicht auszuhöhlen, erlischt drei Jahre nach Abschluss des entsprechenden Hochschulstudiums die Berechtigung automatisch, und es muss die Eintragung in die Architektenoder Bauvorlagenberechtigtenliste beantragt werden, um die volle Bauvorlageberechtigung zu erhalten.

Ferner ist hier darauf hinzuweisen, dass im Sinne der Einbeziehung fachlich qualifizierter Arbeitskräfte durch den Gesetzentwurf eine Anpassung an die Berufsqualifikationsrichtlinie erfolgt, mit der die Gleichwertigkeit von Berufsabschlüssen aus Mitgliedstaaten der EU und gleichgestellter Staaten anerkannt und den Berufsangehörigen Zugang zum Arbeitsmarkt gewährt wird.

Zudem ist eine Umsetzung der EU-Richtlinie zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen notwendig. Dadurch wird beispielsweise für Windenergieanlagen bis zu 50 m Höhe immer das vereinfachte Genehmigungsverfahren durchgeführt. Dies beinhaltet unter anderem Fristen für die Dauer des Verfahrens, nach deren Ablauf die Baugenehmigung als erteilt gilt.

Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass der Gesetzentwurf über die Einführung der kleinen Bauvorlageberechtigung hinaus eine wichtige Klarstellung zur Barrierefreiheit von Stellplätzen enthält. Notwendige Stellplätze von Wohnungen, die barrierefrei und uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbar sind, müssen ebenfalls in der erforderlichen Anzahl barrierefrei sein. Dies soll klargestellt werden, nachdem das rheinlandpfälzische Oberverwaltungsgericht im letzten Jahr entschieden hatte, dass sich dies nicht bereits aus der geltenden Landesbauordnung ergibt.

Ich bitte insgesamt um Zustimmung zum vorliegenden Gesetzentwurf.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Abg. Martin Haller, SPD: Sehr gut! Der Mann redet viel zu selten!)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Abgeordnetem Christof Reichert das Wort.

(Abg. Martin Haller, SPD: So Christof, jetzt!)

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute in erster Beratung das Landesgesetz zur Änderung bauordnungs- und berufsqualifikationsrechtlicher Vorschriften. Neben der sicherlich wichtigen Festlegung von barrierefreien Stellplätzen für Wohnungen, die barrierefrei und uneingeschränkt mit Rollstuhl nutzbar sind, geht es bei dem Gesetzgebungsverfahren schwerpunktmäßig um Änderungen bei der Bauvorlageberechtigung.

Aufgrund der erforderlichen Umsetzung EU-rechtlicher Vorgaben setzt das Gesetz die Einführung der Bauvorlageberechtigung für Absolventinnen und Absolventen im Bauingenieurwesen um. Sicherlich ist es dabei folgerichtig, diese Berechtigung gleichlautend auf die Absolventinnen und Absolventen

der Fachrichtung Architektur zu übertragen, damit diese keinen Wettbewerbsnachteil erfahren. Erstmals soll mit dem Gesetz die sogenannte kleine Bauvorlageberechtigung für Techniker und Handwerksmeister eingeführt werden, eine Berechtigung, die der weit überwiegende Teil der Bundesländer schon länger umgesetzt hatte.

Ursache für die Einführung in Rheinland-Pfalz ist laut Gesetzesbegründung der auf der Ministerpräsidentenkonferenz am 6. November 2023 beschlossene Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung zwischen Bund und Ländern. Wesentliches Ziel – Herr Staatssekretär hat es auch gesagt – dieses Pakts ist die Harmonisierung und Vereinheitlichung der Regelungen zur Planung, Errichtung und Änderung kleinerer Gebäude in allen Landesbauordnungen – jetzt kommt’s – mit einheitlichen Befugnissen für qualifizierte Berufsgruppen.

(Unruhe bei der CDU und bei der SPD)

Die Einführung der kleinen Bauvorlageberechtigung für Techniker und Handwerksmeister stößt bei den betrofenen Interessenverbänden verständlicherweise auf unterschiedliche Reaktionen. Während zum Beispiel die Handwerkskammern und der Bundesverband höherer Berufe der Technik die Einführung begrüßen, stößt das Gesetzgebungsverfahren, so war es zu lesen, beispielsweise bei der Architektenkammer, der Ingenieurkammer und auch den kommunalen Spitzenverbänden auf Bedenken bzw. auch auf Ablehnung.

Gegenüber dem ursprünglichen Gesetzentwurf, der den Verbänden zur Stellungnahme vorlag, und dem uns jetzt vorgelegten Gesetzentwurf hat die Landesregierung das Gesetz – ich sage einmal – nachgeschärft und im Vergleich zu anderen Bundesländern zum einen den Umfang der möglichen Bauvorhaben, für die die einfache Bauvorlageberechtigung ausreichend sein soll, stark eingeschränkt und zum anderen die Hürden für die Berechtigten doch sehr hochgesteckt; dies wohl, um den Bedenken der Verbände Rechnung zu tragen.

Allerdings ist durch diese Abweichung zu anderen Bundesländern gerade die mit dem Gesetz verfolgte Zielsetzung der Vereinheitlichung der Regelungen mit einheitlichen Befugnissen über Ländergrenzen hinaus doch sehr infrage gestellt. Ein Handwerksmeister aus Baden-Württemberg, der zum Beispiel Wohngebäude in Holzbauweise planen und errichten will, darf diese in Baden-Württemberg bis zu einer Grundfläche von 150 m2 einreichen. In Bayern darf der Handwerksmeister Wohngebäude bis drei Wohneinheiten ohne Begrenzung einer Wohnfläche planen. In Rheinland-Pfalz hingegen hat man sich im Gesetzentwurf auf höchstens zwei Wohneinheiten mit höchstens 100 m2 Grundfläche festgelegt. Gerade aus Wettbewerbsgesichtspunkten wäre eine Vereinheitlichung der Vorschriften in den einzelnen Ländern sinnvoll, wobei ich heute gar nicht bewerten will, welche Grenze, welche Festlegung vermeintlich die bessere ist.

Insofern sind für uns als CDU-Fraktion noch einige Fragen ofen – auch was

die übrigen Voraussetzungen wie die vorgesehenen Schulungen betrift, die von denen anderer Bundesländer erheblich abweichen –, deren Klärung wir uns im weiteren Gesetzgebungsverfahren im zuständigen Haushalts- und Finanzausschuss erhofen. Zum heutigen Zeitpunkt ist deshalb unsererseits noch keine endgültige Bewertung des Gesetzentwurfs möglich. Wir werden uns dann nach den weiteren Beratungen zu dem Gesetzentwurf endgültig positionieren.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall der CDU)

Nächster Redner ist für die SPD-Fraktion Abgeordneter Thomas Wansch.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! In Zeiten, in denen Wohnraum dringend benötigt wird, ist es wichtig, dass wir fortlaufend Bauprozesse vereinfachen, alles auf den Prüfstand stellen.

Der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung trägt auch diesem Erfordernis Rechnung, indem die kleine Bauvorlageberechtigung einmal für Technikerinnen und Techniker, für Absolventinnen und Absolventen der Fachrichtungen Architektur und Bauingenieurwesen sowie für Handwerksmeisterinnen und Handwerksmeister eingeführt werden soll. Bislang ist dieser Personenkreis nicht berechtigt, eigenständig Bauunterlagen bei den Bauverwaltungen einzureichen.

Zu den Inhalten des Gesetzentwurfs wurde das Wesentliche schon gesagt. Ich möchte lediglich einige wenige Punkte herausgreifen. Zunächst einmal haben wir es, wenn es um die Frage der Vereinfachung von Prozessen geht, mit mehreren Möglichkeiten zu tun. Wir haben also immer einen Abwägungsprozess, und der Gesetzentwurf zeigt an vielfacher Stelle, dass sich die Landesregierung dieser Abwägung sehr bewusst ist und einige Anregungen der Verbände mit eingeflossen sind.

Beispiele gerne an dieser Stelle: So sieht der Gesetzentwurf vor der Eintragung in die Liste der Berechtigten für die kleine Bauvorlageberechtigung Fortbildungsmodule insbesondere auf dem Gebiet der Bauplanung vor. Zudem wurde der Umfang der kleinen Bauvorlageberechtigung angepasst. So war ursprünglich von 200 m2 die Rede; jetzt spricht man von 100 m2. Das ist auch das Ergebnis der Verbändebeteiligung. Das können wir dem Gesetzentwurf so entnehmen.

Darüber hinaus wird für die Handwerksmeisterinnen und Handwerksmeister nach Ablegung der Meisterprüfung eine Berufserfahrung von fünf Jahren vorausgesetzt, um diesen Eintrag zu ermöglichen. Zudem wird eine Befristung

der kleinen Bauvorlageberechtigung verankert, um die volle Bauvorlageberechtigung nicht auszuhöhlen. Drei Jahre nach Abschluss des entsprechenden Hochschulstudiums erlischt die Berechtigung automatisch.

Alle diese Punkte – man könnte noch weitere nennen – sind insgesamt, wenn man sie auf den Prüfstand stellt, eine gute Balance des Verfahrens. Eine Reihe anderer Bundesländer – Kollege Reichert hat das mit Beispielen angesprochen – hat Bauvorlageberechtigungen teils mit unterschiedlichen Detailregelungen ebenfalls eingeführt oder ist aktuell dabei.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist allein nicht nur das Verfahren des Vertragsverletzungsverfahrens, das gegen die Bundesrepublik über die EU angestrebt wurde, sondern es ist für uns wie gesagt auch wichtig, dass wir das Thema „Bauprozess“ hier auf den Prüfstand stellen und nach Vereinfachungen suchen. Der jetzt anknüpfende Kompromiss führte insgesamt zu Änderungen in der Musterbauordnung. Darauf hatten auch die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten in ihrer Konferenz im November hingewiesen und wie angesprochen die kleine Bauvorlageberechtigung ausdrücklich als Leitbild genannt.

Wir in Rheinland-Pfalz sind damit ausdrücklich auf dem richtigen Weg unterwegs. Somit haben wir alle Rahmenbedingungen in diesem Zusammenhang angesehen.

Lassen Sie mich aber abschließend noch erwähnen, dass der vorliegende Gesetzentwurf weitere Regelungen enthält, die kurz angesprochen werden sollten. So ist beispielsweise für Windenergieanlagen bis zu 50 m Höhe immer das vereinfachte Genehmigungsverfahren durchzuführen und wird damit ebenfalls zur Vereinfachung von Prozessen führen.

Für den Gesetzentwurf der Landesregierung möchte ich daher für die SPDLandtagsfraktion schon einmal grundsätzlich unsere Zustimmung signalisieren. Ich bin gespannt auf die weitere Beratung im Haushalts- und Finanzausschuss.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)