Die Demokratie lebt von sozialer Stabilität. Wer nicht die Ressourcen hat, um den Alltag zu bewältigen, der wird in der Regel kaum die Kräfte haben, sich aktiv in das demokratische Zusammenleben einzubringen. Es ist mühselig, das dauernde Gerede davon zu hören, dass soziale Probleme durch härteres Durchgreifen gelöst werden sollen. Es mag vielleicht helfen, wenn Politiker demonstrieren, dass sie etwas tun, aber eine wirkliche Problemlösung ist das nicht.
Kaum jemand redet also noch von Solidarität, sozialer Gerechtigkeit und sozialer Sicherheit. Das ist aber die Form der inneren Sicherheit, die wir uns wünschen.
Bereich, beispielsweise bei den Wohlfahrtsverbänden, angeht, so mag es hier manche veraltete Strukturen geben, die modernisiert werden müssen. Diese Modernisierungen können dann sehr wohl zu gewünschten Einsparungen führen. Aber auch hier fehlen uns die langfristigen Strategien dazu, wie die Ziele der Landesregierung in der Sozialpolitik unter den veränderten Haushaltsbedingungen erreicht werden sollen. Wichtig ist es dabei auch, in einen Dialog mit den betroffenen Institutionen und Verbänden um den richtigen Weg einzutreten.
So unterstützen wir die Forderung der freien Wohlfahrtsverbände, die abgebrochene Diskussion über eine Reform der Finanzierung der Dienstleistungen der freien Wohlfahrtspflege durch das Land und die Kommunen im Bereich der so genannten Zuwendungen wieder aufzunehmen. Es hat ja Gespräche gegeben. Ich kann mich selbst noch gut daran erinnern. Überlegenswert sind beispielsweise die Anregungen, die bisherige Förderungsform der Zuwendungen durch den Abschluss von Leistungsverträgen zu ersetzen.
Durch diese Verträge entsteht eine neue Qualität der Zusammenarbeit, da an die Stelle des Zuwendungsempfängers und des Zuwendungsgebers Vertragspartner treten. Alles das ist nichts Neues und wird ja schon seit Jahren diskutiert. Es müsste jetzt angepackt werden.
Eine solche Reform der Finanzierung könnte auch zu einer wirtschaftlicheren Verwendung öffentlicher Mittel führen. Unsere Wissens- und Informationsgesellschaft fordert die Ausbildung in allen Ausprägungen heraus, denn die Lebenschancen der einzelnen Menschen hängen zunehmend vom Wissen ab.
Seit Jahren fordert der SSW ein Weiterbildungsgesetz. Vieles deutet aber darauf hin, dass so ein Gesetz in weite Ferne gerückt ist. Somit bleibt SchleswigHolstein vorerst neben Sachsen das einzige Flächenland ohne Weiterbildungsgesetz. Wir haben daher die Landesregierung in einem Berichtsantrag aufgefordert, in der November-Tagung des Landtags darüber zu berichten, wie sie sich die Zukunft der Weiterbildung in Schleswig-Holstein vorstellt. Entscheidend ist dabei für uns, dass dieser Punkt nicht durch die Horrorszenarien des Landeshaushalts 2001 verdrängt wird.
Positiv ist, dass die Landesregierung an ihrem Ziel, 1.200 neue Lehrerstellen zu schaffen, festhält. Diese Stellen sind - wie wir wissen - dringend notwendig und das absolute Minimum, damit die Unterrichtsversorgung an unseren Schulen aufrechterhalten werden
Damit meine ich nicht das Abitur nach zwölf Jahren, das wir weiterhin ablehnen, wenn es denn die einzige Reform des Schulwesens sein soll, sondern wir sollten beispielsweise überlegen, ob es wirklich langfristig sinnvoll und zukunftsfähig ist, weiterhin fünf verschiedene Schularten und somit fünf verschiedene Lehrerausbildungen aufrechtzuerhalten.
Ich verstehe ja ganz gut, wenn die Einführung einer ungeteilten Schule - ich füge hinzu: nach nordischem Vorbild - im Moment noch zu viel verlangt ist. Aber auch im Schulbereich und in der Lehrerausbildung brauchen wir flexiblere und effizientere Lösungen als die heutigen. Auch in diesem Bereich könnte man also Qualitätsziele mit Einsparungen in Einklang bringen. Das gilt auch für den Hochschulbereich, wo zum Teil noch recht verkrustete Strukturen herrschen. Mit den Zielvereinbarungen zwischen Land und Hochschulen sind wir ein Stück vorangekommen. Trotz einiger Proteste und einiger Probleme sind die Zielvereinbarungen, die eben nicht nur auf Kostensenkung, sondern auch auf Qualitätssicherung und Schwerpunkte abzielen, ein gutes Instrument, um in der Hochschulpolitik voranzukommen.
Zurzeit haben die Hochschulen - beispielsweise die Fachhochschule Kiel oder die Universität Flensburg großen Zulauf von neuen Studierenden. Das ist eine erfreuliche Entwicklung. Wir sollten alles daransetzen, dass diese Entwicklung anhält. Auf keinen Fall darf man aber die Studierenden als Geiseln in der Auseinandersetzung zwischen Hochschulen und Ministerium benutzen. Deshalb halte ich von einem angekündigten Aufnahmestopp an den Hochschulen überhaupt nichts. Wichtig ist, dass sich alle Beteiligten an einen Tisch setzen und auch in diesem Bereich anerkennen, dass man nur durch Dialog, Offenheit und Gespräche die wirklich notwendigen Strukturveränderungen im Hochschulbereich anpacken kann.
Das groß angekündigte Programm „ziel: Zukunft im eigenen Land“ ist schon, bevor es gestartet ist, mehrfach korrigiert und gekürzt worden. Wir werden im Laufe der Landtagstagung noch darüber diskutieren. Aber schon jetzt kann festgestellt werden, dass uns eine grundlegende Diskussion darüber fehlt, welches Ziel wir mit welchem Programm eigentlich erreichen wollen.
Für uns ist es gerade bei den Wirtschaftsförderungsprogrammen, die nicht zuletzt die wirtschaftliche
Entwicklung der strukturschwachen Gebiete, wie des Landesteils Schleswig, weiter voranbringen sollen, wichtig, was hinten herauskommt, nämlich der Erhalt von Arbeitsplätzen oder gar die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen. Hier war das alte Regionalprogramm für strukturschwache Räume laut einem Gutachten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung außerordentlich erfolgreich. Deshalb haben wir es bedauert, dass das alte Programm spätestens 2001 auslaufen wird. Aber wir haben darauf vertraut, dass die Landesregierung mit dem neuen Regionalprogramm 2000 ein vernünftiges Nachfolgekonzept vorgelegt hat. Auch wenn der finanzielle Input nicht immer entscheidend ist, stimmt es bedenklich, wenn für 2001 statt wie ursprünglich geplant - 25 Millionen DM nur 20 Millionen DM für das Regionalprogramm eingestellt worden sind.
Vor dem Hintergrund, dass bereits heute immer mehr die Hamburger Randgebiete und die wirtschaftlich starken Gebiete um Kiel und Lübeck den wirtschaftlichen Pulsschlag im Land angeben, bleibt eine Kernforderung des SSW, dass die Landesregierung eine aktive Regionalpolitik zum Ausgleich der wirtschaftlichen Probleme in den strukturschwachen Gebieten betreiben muss.
Wir fordern daher weiterhin, dass die Verkehrsinfrastruktur des nördlichen Landesteils und der Westküste verbessert wird, bevor man eine FehmarnbeltQuerung in Angriff nimmt.
Wir sind nicht gegen die Fehmarnbelt-Querung; das will ich auch noch einmal sagen. Zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur gehören der Bau der westlichen Elbquerung und eine Verbesserung des Schienenverkehrs. Auch der grenzüberschreitende Schienenverkehr muss dringend verbessert werden.
Dass Totgesagte auch einmal länger leben können, zeigt der Erfolg der Wiedereröffnung der Strecke Niebüll - Tønder. Statt der geplanten 11.000 haben bereits über 23.000 Passagiere diese Verbindung bis heute genutzt. Vielleicht kann man das auch bald über die INTERREGIO-Verbindung nach Flensburg sagen, die leider laut Planungen der Deutschen Bahn nach 2002 gestrichen werden soll.
Der SSW begrüßt, dass die Landesregierung die Werftenhilfe fortsetzen will. Solange die wichtigsten Konkurrenten eine staatliche Hilfe gewähren, müssen auch wir unseren Werften unter die Arme greifen, damit sie ihre hochwertigen und wettbewerbsfähigen Schiffe auf den Markt bringen können.
In den nächsten Jahren müssen wir noch größere Anstrengungen im Bereich Küstenschutz unternehmen. Die verschwindenden Sände vor den Inseln und die Abbruchkanten an den Küsten zeigen deutlich, dass wir neben den üblichen Maßnahmen wie Sandvorspülungen und Deichverstärkungen auch andere alternative Küstenschutzformen erforschen und vorantreiben müssen. In einem ausführlichen Bericht will die Landesregierung auf Antrag des SSW in einer der kommenden Landtagstagungen darstellen, was derzeitiger Stand der Technik ist. Deshalb müssen wir aber auch die finanziellen Mittel für Forschung und Entwicklung bereitstellen, um das hohe Niveau des Küstenschutzes halten zu können.
Ich fasse zusammen: Trotz schwieriger Haushaltslage wird sich der SSW in den Haushaltsberatungen dafür einsetzen, dass der Entwurf des Haushalts 2001 in vier für uns wichtigen Punkten verbessert wird.
Erstens: Die Kommunen in Schleswig-Holstein können eine Kürzung von 100 Millionen DM nicht verkraften.
Der SSW fordert die Landesregierung auf, zumindest einen Kompromiss anzustreben, der die Kommunen wesentlich entlastet. Zu diskutieren ist beispielsweise, ob die Landesregierung in Zukunft statt der Kürzung des Finanzausgleichs nicht die Schulbaufinanzierung über Mittel aus dem kommunalen Investitionsfonds vornehmen könnte. Wir sind uns natürlich darüber im Klaren, dass dies nicht die optimale Lösung ist, da der kommunale Finanzausgleich sozusagen das Tafelsilber der Kommunen ist.
Zweitens: Wir können keine weiteren Kürzungen bei den Minderheiten akzeptieren. Hier muss nachgebessert werden. So habe ich auch die Aussage des Kollegen Hay verstanden. Sonst vergrößert sich die Schieflage im Grenzland weiter, das heißt die Schieflage zwischen den deutschen und dänischen Zuschüssen für die jeweilige Minderheit.
Drittens: Ein Kahlschlag im sozialen Bereich ist für uns nicht hinnehmbar. Wer den Rechtsradikalismus ernsthaft bekämpfen will, darf gerade im Kinder- und Jugendbereich nicht sparen. Neben den Kürzungsvorschlägen fehlen uns hier insbesondere Konzepte, wie man im Einzelnen trotz Sparvorhaben weiterkommen will.
spielsweise die Kürzung im Regionalprogramm 2000, noch einmal überdenken. Trotz vieler Fortschritte in den betroffenen Regionen, nicht zuletzt im Landesteil Schleswig, brauchen wir weiterhin gezielte Investitionen, um die wirtschaftsnahe Infrastruktur zu verbessern.
Die öffentliche Aussage des Finanzministers, dass es überhaupt keine Alternativen zu dem vorgelegten Entwurf gibt, ist aus Sicht des SSW nicht nachvollziehbar. Ich füge hinzu: Es ist jetzt auch so, dass das Parlament gefordert und gefragt ist. Wir können nicht einfach sagen: Das ist es.
Natürlich ist die Haushaltslage des Landes unverändert kritisch zu sehen. Aber es gibt noch Spielraum für Änderungen und Umschichtungen auch in diesem Haushalt. Zum einen ist der laufende Haushaltsvollzug 2000 wesentlich besser als ursprünglich geplant, zum anderen wird die Verbeamtung der Lehrerinnen und Lehrer kurzfristige Einsparungen von über 50 Millionen DM erbringen.
Dennoch ist uns bewusst, dass die Farbe der Wirklichkeit grau ist. Wir wissen, dass es auch auf die Ergebnisse der Steuerschätzung im November ankommt. Doch hier am Anfang der parlamentarischen Beratung muss gesagt werden, dass Sparen kein Ersatz für Politik ist. In diesem Sinne wird sich der SSW in gewohnter konstruktiver Weise an den Haushaltsberatungen beteiligen.
In der Loge begrüße ich die Damen und Herren Preisträger des Gewinnspiels der Wöhrdener Theatertage.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Als ich heute Morgen den Oppositionsführer und die mit Sicherheit zur Heiterkeit anregende Slapstick-Rede des F.D.P.Fraktionsvorsitzenden gehört habe, habe ich mich gefragt, wo Sie eigentlich wohnen, Herr Kubicki.
Diesem Lande geht es gut. Wir schaffen für die Jugendlichen genügend Ausbildungsplätze. Das Wachstumstempo ist relativ gut. Der Strukturwandel zeigt sich an allen Orten.