Protokoll der Sitzung vom 27.09.2000

(Beifall bei der SPD)

Auf die Schwerpunkte Arbeit, Bildung und technologische und ökologische Innovation konzentrieren wir die Mittel und unsere Kräfte.

Nach unserer Meinung legen wir einen Haushalt vor, der eine sorgfältige Balance zwischen den unumgänglichen Einsparungen darstellt - - Ich höre ja immer, was nicht geht, ich höre jedoch von keinem, was denn geht und was man machen kann, um all Ihre hehren Ziele, die Sie da einfordern, überhaupt bezahlen zu können.

(Zuruf des Abgeordneten Heinz Maurus [CDU])

Wir haben uns als Ziel gesetzt, die Nettoneuverschuldung herunterzusetzen und gleichzeitig an der richtigen Stelle die notwendigen Impulse zu geben, damit sich das Land weiterentwickeln kann.

Ich bin dankbar dafür, dass uns die Fraktionsvorsitzenden der SPD und der Grünen Unterstützung bei den Beratungen zugesagt haben, und warte auf ihre Vorschläge, die sie uns bringen werden.

Ich bewundere ja Ihren Mut, nachdem Sie uns einen Bundeshaushalt hinterlassen haben mit jeweils steigenden Beiträgen in die Sozialversicherung, in die Arbeitslosenversicherung, in die Krankenversicherung, in die Rentenversicherung

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Da waren die Sozialdemokraten völlig unschuldig!)

plus 1,5 Billionen DM Schulden -, dass Sie sich hier hinstellen und überhaupt noch wagen, zu irgendeinem Haushalt irgendwann noch einmal etwas zu sagen, ohne eine Schamfrist von mindestens fünf Jahren einzuhalten. Das halte ich wirklich für ziemlich mutig.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW - Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [F.D.P.])

(Ministerpräsidentin Heide Simonis)

Heinz Eichel jedenfalls hat die größte Steuerreform in der Geschichte der Bundesrepublik durchgesetzt. Davon profitieren wir alle, aber insbesondere auch junge Familien mit Kindern und mittelständische und kleine Unternehmen.

(Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Wann denn?)

- Ab dem Jahr 2000! Sie haben dem noch nicht einmal zugestimmt. Was wollen Sie denn überhaupt? Sie haben doch Nein im Bundesrat gesagt. Wir mussten Sie mühsam davon überzeugen, überhaupt mitzumachen.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [F.D.P.] Wir sind für die Konsolidierung des Bundeshaus- halts. Aber wir haben unseren Finanzminister auch wissen lassen: Nicht jede Idee, die in Berlin geboren wird, wird von uns gleich von Anfang an mitbezahlt. Es gibt durchaus die Möglichkeit, andere Finanzie- rungswege zu finden. Die Leistungsfähigkeit unseres Haushalts stößt langsam an Grenzen. Wir müssen jetzt erst einmal auf die versprochenen Einnahmen warten. Natürlich kann ich nachempfinden, dass die Kommu- nen so, wie ich jetzt argumentiere, argumentieren, wenn es darum geht, dass leider auch beim kommu- nalen Finanzausgleich die Bäume nicht in den Him- mel wachsen. Wir haben uns bemüht, es einigermaßen fair zu machen. Wir haben in langen Diskussionen unsere Beweggründe dargelegt und ich bin davon überzeugt, dass uns dies auch im Ausschuss gelingen wird. Was man aber nicht schafft, meine Damen und Herren, ist, abstrakt Einsparungen zu fordern und jeden kon- kreten Sparvorschlag abzulehnen, wie Sie es tun, (Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Wo denn, wer denn?)

dass man alle Besitzstände verteidigt, Unterstützung zusichert und gleichzeitig beklagt, die Regierung könne nicht mit Geld umgehen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Sie müssen das einmal aus dem PC herausneh- men!)

Dass Sie einen gewissen Hang haben, sich populistisch zu äußern, kann man an der Ökosteuer wunderbar nachvollziehen.

(Martin Kayenburg [CDU]: Das haben wir bei Herrn Schröder gelernt!)

Ich darf einmal zitieren:

„Als Umweltministerin halte ich es für erforderlich, die Energiepreise schrittweise anzuheben und so ein eindeutiges Signal zum Energiesparen zu geben.“

(Zuruf von der CDU: Auch das schon wie- der!)

Das hat nicht Klaus Müller gesagt, sondern Ihre Bundesvorsitzende Angela Merkel, und das schon vor längerer Zeit.

Und dass die Energie- und Rohstoffpreise teurer werden müssen, die Arbeitsplätze dagegen billiger, steht nicht im Programm der Grünen, sondern das steht im Zukunftsprogramm der CDU von 1998. Ich empfehle Ihnen die Lektüre.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das zeigt, dass man früher mit der CDU wenigstens noch vernünftig reden konnte. In der Zwischenzeit ist ja nur noch Geschrei dazu zu vernehmen. Jedenfalls stehen Sie nicht zu dem, was Sie selber einmal aufgeschrieben haben. Wenn es schwierig wird, kneifen Sie. Nach meiner Meinung ist Regierungsfähigkeit daran gebunden, dass man auch einmal gegen Widerstände steht. Das habe ich von Ihnen noch nicht erlebt; auf unserer Seite dagegen habe ich es erlebt.

(Beifall bei SPD und SSW sowie der Abge- ordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Übrigens darf ich Sie, Herr Oppositionsführer, in diesem Zusammenhang auf die Drucksache 468/00 des Bundesrats, einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Vergütung der Mineralölsteuer für die Land- und Forstwirtschaft, verweisen, wonach ein Ausgleich für die Ökosteuer in der Form vorgenommen wird, dass die Erhebung der Ökosteuer für Landwirte in ihrem beruflichen Bereich nicht zu befürchten ist. Sie hatten heute Morgen ja die kühne Aussage getroffen, dass die Landwirte Ökosteuer bezahlen. Sie tun es natürlich als Privatleute, aber nicht in dem Bereich, in dem sie als Landwirt tätig sind. Gucken Sie einmal nach!

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Dann lesen Sie einmal durch, was da steht! Sie begreifen gar nichts mehr! - Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Das stimmt ja nicht! - Konrad Nabel [SPD]: Sie haben von der Ökosteuer gesprochen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wissen, dass wir vielen Menschen, vielen Verbänden und den Kommunen vieles zumuten müssen. Aber wenn wir das nicht tun, werden wir eines Tages gefragt werden,

(Ministerpräsidentin Heide Simonis)

ob wir wirklich sehenden Auges in ein finanzpolitisches Desaster hineingegangen sind, das die zukünftige Generation belastet und ihr keine Möglichkeit gibt, sich eigene politische Wünsche zu erfüllen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Regierung hat klare Prioritäten gesetzt. Wir versuchen, den nötigen Spielraum zu bekommen, um unsere politischen Schwerpunkte durchzusetzen, nämlich Arbeit, Bildung und Innovation - und dies bei möglichst gerechter Lastenverteilung. Es ist leider nicht ohne deutliche Einschnitte in allen anderen Bereichen möglich, den Landeshaushalt zu konsolidieren, neue Programme anzuschieben, gleichzeitig das Euro-Programm zu bedienen, mit dem Milliarden-Programm „ziel“ die wirtschaftsnahe Infrastruktur auszubauen, Nahverkehre zu stärken und so weiter. Da muss man an anderer Stelle Einschnitte machen, wenn man diese Punkte als die wichtigsten Punkte betrachtet.

(Zuruf der Abgeordneten Brita Schmitz- Hübsch [CDU])

- Gucken Sie sich doch einmal an, was das mit den Schienenverkehren im Nahverkehr kostet! Da brauchen Sie doch nur einmal den Herrn Wirtschaftsminister zu fragen; der gibt Ihnen das alles.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Das sind doch Bundesmittel!)

- Nein, das sind auch Landesmittel! Mein lieber Gott!

Mir ist jedenfalls bewusst, meine sehr verehrten Damen und Herren,

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Wie viel Lan- desmittel? 2 Millionen DM?)

dass alle Abgeordneten, die diesen Haushalt später vor Ort vertreten müssen, durchaus mächtig unter Druck stehen. Ich weiß, dass das nicht immer einfach ist; ich war selbst einmal Abgeordnete.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Jetzt darf ich auch einmal um ein bisschen Ruhe auf der linken Seite bitten.

Ich denke aber, wir haben zu diesem Haushalt keine Alternative. Ich freue mich auf die Beratungen, weil es nie darum gegangen ist, dem Parlament das Budgetrecht vorzuenthalten. Aber wenn schon Listen kursieren und durchgesteckt worden sind, dann ist es wohl zwecklos, der Presse zu sagen: Es gibt keine Listen! Dann kann man nur noch hingehen und die Listen

veröffentlichen. Ich habe sie niemandem durchgesteckt; das können Sie mir wirklich glauben,

(Martin Kayenburg [CDU]: Das haben wir Ihnen auch nicht unterstellt!)

weil unkommentierte Sparlisten alles andere als erfreulich sind, wenn sie in den Zeitungen stehen.

Wer jedenfalls an einer Stelle weniger sparen will, muss uns leider sagen, was er denn an anderer Stelle dafür auf den Tisch legen will, damit beides ausgeglichen ist und wir einen Konsolidierungseffekt erzielen.

Die zentralen Zukunftsthemen wie Bildung und Ausbildung sind - wie heute Morgen ebenfalls bereits angemerkt wurde - ein wirklich wichtiger und unser einziger Rohstoff. Wir investieren in Köpfe, und es ist ziemlich egal, ob das ein Investitionsbegriff ist oder ein Konsumbegriff - das Ergebnis ist entscheidend: dass wir in der Lage sind, Schritt zu halten und mitzumachen, Wettbewerbsfähigkeit aufzubauen und durch etwa 30 % des Gesamtetats, die in die Bildung und in die Hochschulen hineinfließen, unser Land fit zu machen, um auf dem Weltmarkt Chancen zu erkennen und diese auch umzusetzen. Das bedeutet nicht, dass wir alles in diesem Bereich fördern, sondern es bedeutet, dass wir auch hier Schwerpunkte setzen, auf Strukturwandel drängen müssen, neue Schwerpunkte einfordern müssen und mit der Universität gemeinsam darüber reden, wo sie eigentlich in Zukunft ihre größten Chancen hat. Ich habe beispielsweise den Eindruck, dass die Universitäten und Fachhochschulen noch gar nicht begriffen haben, dass sie im Weiterbildungsbereich durchaus sehr interessante Möglichkeiten haben, um sich selbst als Serviceeinrichtungen für andere und nicht nur für Studenten darstellen zu können.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Immer mehr Unternehmen aus den Zukunftsbranchen Biotechnologie, Medizintechnologie und Kommunikationstechnik siedeln sich bei uns an. Wir haben die Förderung von Existenzgründungen noch mehr konzentriert und noch enger an die Bedürfnisse der Wirtschaft angepasst. Unsere Perspektive heißt: SchleswigHolstein ist ein Hightech- und Gründerland.

Unser Land bietet die besten Voraussetzungen für die Entwicklung zu einer anerkannten Wellness- und Gesundheitsadresse. Ich habe ja das Klatschen mitbekommen, als Herr Späth hier bei der Industrie- und Handelskammer seine Rede gehalten hat. Sie konnten sich ja gar nicht beruhigen; Ihnen sind vor lauter Klatschen fast die Hände davongeflogen. Jetzt aber, da wir