Protokoll der Sitzung vom 27.09.2000

Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass viele Förderprogramme nicht nur gegenüber den Anmeldungen der Ressorts für das kommende Jahr, sondern auch gegenüber dem laufenden Jahr deutlich reduziert wurden.

Auch der große Ausgabenblock Zahlung des Landes an die Kommunen wird über einen zeitlich befristeten Vorwegabzug einen Beitrag zur Konsolidierung leisten müssen. Der Haushaltsentwurf sieht für die Jahre 2001 bis 2004 einen Vorwegabzug des KFA um 100 Millionen DM vor. Gleichzeitig hat die Landesregierung aber deutlich gemacht, dass der kommunale Finanzausgleich nur ein Baustein einer gerechten Lastenverteilung zwischen Land und Kommunen darstellt.

(Klaus Schlie [CDU]: Das haben Sie vor al- lem im Sonderausschuss deutlich gemacht; sehr überzeugend!)

Auch der Sonderausschuss hat angesichts der dramatischen Haushaltssituation des Landes für einen Konsolidierungsbeitrag der kommunalen Gebietskörperschaften plädiert.

(Reinhard Sager [CDU]: Donnerwetter!)

Es gibt keine Formel, aus der der Betrag von 100 Millionen DM abzuleiten wäre.

(Reinhard Sager [CDU]: Eben, eben! - Klaus Schlie [CDU]: Eben, blamiert haben Sie sich!)

Aber es ist klar, dass ein solcher Konsolidierungsbetrag notwendig ist, damit wir überhaupt in der Lage sind, einen verfassungskonformen Haushalt vorzulegen.

(Reinhard Sager [CDU]: Unsinn ist das, was Sie erzählen!)

Auch wenn wir den Anlass, die Belastungen durch die Steuerreform betrachten, ist die Kürzung nach meiner Ansicht gerechtfertigt. Das Land wird durch die Steuerreform deutlich stärker als die Kommunen belastet. Unseren Belastungen bis 2004 von 1,23 Milliarden DM stehen Belastungen der Kommunen in Höhe von 533 Millionen DM gegenüber. Das entspricht einer Verteilung der Belastung von 70 zu 30 %. In den sonstigen Belastungsrechnungen - Fonds Deutsche Einheit und anderen - wird immer von einem Belastungsverhältnis von 60 zu 40 % ausgegangen.

Wir haben im Vermittlungsausschuss zum Steuersenkungsgesetz gerade deutliche Verbesserungen für die Kommunen erreicht. Das Land ist durch das Ergebnis des Vermittlungsverfahrens zwar auch mit 107 Millionen DM entlastet worden, die Kommunen allerdings mit 258,3 Millionen DM.

Ich will weder das Land ärmer als arm noch die Kommunen reicher als reich rechnen.

(Klaus Schlie [CDU]: Das ist Ihnen schon einmal nicht geglückt!)

Aber diese Zahlen machen deutlich: Wir wahren die Balance. Es gibt keine einseitige Belastung der Kommunen. Richtig bleibt auch: Die Steuereinnahmen der Kommunen werden trotz Kürzung in den kommenden Jahren etwas stärker ansteigen als die des Landes. Die Finanzkraft der Gemeinden Schleswig-Holsteins ist mit 105 % überproportional hoch. Schleswig-Holsteins Gemeinden haben nach Baden-Württemberg die geringste Verschuldung pro Einwohner, das Land nach dem Saarland die zweithöchste.

(Klaus Schlie [CDU]: Überlegen Sie einmal warum!)

Ich sage, das ist ein Erfolg guter Haushaltspolitik der Kommunen, aber es ist auch der Erfolg eines fairen kommunalen Finanzausgleichs

(Vereinzelter Beifall bei der SPD - Lachen und Widerspruch bei der CDU)

und fairer Zuwendungs- und Erstattungspolitik des Landes.

(Zuruf von der CDU: Das glauben Sie doch selbst nicht! - Reinhard Sager [CDU]: Tosen- der Beifall bei der SPD!)

Da können wir uns mit jedem anderen Land, auch mit jedem unionsregierten Land, messen.

Wir wollen die Belastung für die Kommunen jedoch abpuffern. Der Bundesrat wird am Freitag eine von Schleswig-Holstein initiierte Tilgungsstreckung bei den Annuitäten des Fonds Deutsche Einheit beschließen, durch die die Kommunen von 2001 bis 2003 um 76,4 Millionen DM entlastet werden. Weitgehende Einigkeit zwischen Land und Kommunen besteht darüber, dass aus einer Kombination aus Schulbaufonds und kommunalem Investitionsfonds in den nächsten fünf Jahren ein Schulbau- und Sanierungsprogramm in Höhe von 600 Millionen DM realisiert werden soll

(Klaus Schlie [CDU]: Was hat das miteinan- der zu tun?)

wir haben einen gewaltigen Nachholbedarf in diesem Bereich -, und ich denke, das ist richtig.

(Klaus Schlie [CDU]: Deswegen greifen Sie den Kommunen trotzdem in die Tasche!)

Ich verweise darauf, dass der Landesrechnungshof die unterschiedliche Finanzsituation der kommunalen Gebietskörperschaften festgestellt hat. Es soll die Möglichkeit geschaffen werden, hier auch interkom

(Minister Claus Möller)

munal einen Ausgleich zu schaffen, zum Beispiel durch eine differenzierte Kreisumlage. Das ist nur ein Mosaikstein.

(Beifall der Abgeordneten Ursula Kähler [SPD] - Zurufe von der CDU)

Über die Deregulierung, Standardabsenkung und eine Funktionalreform wird noch im Laufe dieses Jahres verhandelt und es wird Beschlüsse geben.

(Zuruf des Abgeordneten Klaus Schlie [CDU])

Erst dann wird zu beurteilen sein, wie hoch die Belastung der Kommunen wirklich ist.

Zur mittelfristigen Finanzplanung: Auch hier muss der Kurs einer nachhaltigen Finanzpolitik beibehalten werden. Im Rahmen unserer Zielsetzung wollen wir die Nettoneuverschuldung auf 634 Millionen DM senken. Selbstkritisch anmerken möchte ich, dass die mittelfristige Finanzplanung noch zu hohe globale Minderausgaben in den Jahren 2002 bis 2004 aufweist. Ihr Abbau bleibt eine vorrangige Aufgabe in der erstmals vorgesehenen Fortschreibung im Rahmen der Nachschiebeliste. Wir müssen auf die nächsten Stufen der Steuerreform 2003 und 2005 und die steuerlichen Folgen einer Rentenreform, die wir alle wollen, vorbereitet sein. Ich vermute einmal, dass auf die 19 Milliarden DM, die jetzt bis zum Jahr 2008 genannt worden sind, in einem Rentenkonsens durch die Opposition eher noch etwas draufgepackt werden wird. Zur letzten Stufe der Steuerreform im Jahre 2005 gibt es noch keine Schätzungen, aber ich vermute, dass uns das bis zu 600 Millionen DM nach KFA treffen kann.

Um diesen Herausforderungen begegnen zu können, sind weitere strukturelle Maßnahmen zur Entlastung des Landeshaushaltes erforderlich. Ich nenne neben den Personalkosten und den bereits genannten Punkten den Abbau der dreistufigen Landesverwaltung, länderübergreifende Zusammenarbeit, die Fortsetzung der Funktionalreform, Deregulierung und Abbau von Standards und die Modernisierung in der Verwaltung durch neue Kosten-Leistungs-Rechnungen oder durch Datenverarbeitung. Hierzu wird das Kabinett im November erste Beschlüsse fassen.

Von erheblicher Bedeutung ist natürlich auch der Länderfinanzausgleich ab 2005. Bei der anstehenden Neugestaltung des Finanzausgleichs wird sich zeigen, ob dieses föderale Solidaritätsprinzip, um dessen Wirksamkeit uns viele andere Länder beneiden, auch weiterhin funktioniert. Die Interessenlage unseres Landes ist nicht die von Bayern und BadenWürttemberg. Wir bauen vielmehr auf eine gute, funktionierende norddeutsche Zusammenarbeit über Parteigrenzen hinweg.

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Karl-Martin Hentschel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Einigkeit zwischen allen Ländern und dem Bund besteht darin, dass das Maßstäbegesetz, der Länderfinanzausgleich und ein notwendiger Solidarpakt noch in dieser Wahlperiode des Bundestages verabschiedet werden. Einigkeit zwischen den Ländern besteht darin, dass der Bund auch in Zukunft seine Verantwortung, insbesondere die für den Solidarpakt, in bisherigem Umfang wahrnehmen muss. Ich bin gedämpft zuversichtlich, dass sich nach der Ministerpräsidentenkonferenz im Oktober auch erste Konturen für einen zukünftigen Länderfinanzausgleich abzeichnen werden noch nicht das endgültige Ergebnis, aber eben erste Konturen.

Ich zitiere noch einmal aus der Regierungserklärung:

„Wir wollen dieses Land weiter voranbringen. Wir handeln heute, weil wir an morgen denken.“

(Thorsten Geißler [CDU]: Das tun Sie aber nicht!)

„Dafür setzten wir deutliche Prioritäten und investieren in die richtigen politischen Schwerpunkte.“

Mit diesem Haushalt 2001 bringen wir unser Land ein Stück voran.

(Beifall bei der SPD und bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Lachen bei der CDU - Klaus Schlie [CDU]: Tosender Beifall!)

Wir setzen die richtigen Schwerpunkte und investieren in Arbeit, Bildung und Innovation. Wir handeln verantwortungsbewußt für morgen durch einen konsequenten Konsolidierungskurs.

Bei der Vorstellung des Haushalts habe ich hinsichtlich der Sparmaßnahmen eine Rundumverteidigung der Landesregierung prognostiziert.

(Thomas Stritzl [CDU]: Verteidigung! - Dr. Ekkehard Klug [F.D.P.]: So etwas nennt man auch Wagenburg! - Heiterkeit bei der F.D.P. und bei der CDU)

Natürlich gibt es heftige Proteste und damit die Frage: Haben wir den Betroffenden zu viel zugemutet? Ich meine, nein. In einer Reihe von Gesprächen mit Kommunen, Verbänden, Vereinen und der Wirtschaft, aber auch in der veröffentlichten Meinung hat es viel Zu

(Minister Claus Möller)

stimmung zum Konsolidierungskurs der Landesregierung gegeben.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Von wem? - Martin Kayenburg [CDU]: Nicht einmal von der eigenen Fraktion!)

Mut zu Zukunftsinvestitionen und Mut zur Haushaltskonsolidierung gehören zusammen. Es gibt in der derzeitigen Situation weder eine Alternative zu mehr Lehrerstellen noch zur Reduzierung der Nettokreditaufnahme und mittelfristig keine Alternative zum Schuldenabbau.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)