Wenn wir es erreichen, durch Wachstum und Strukturpolitik wieder auf einen höheren Wachstumspfad zu kommen, werden sich natürlich auch diese Eingliederungsquoten erhöhen. Das ist der Sinn einer integrierten Strategie.
Das entspricht einer Erfolgsquote von 23 %. Das ist für eine Gesamtbilanz in der Arbeitsmarktpolitik nicht schlecht. Man muss dazu sagen: Pro Vermittlungserfolg sind im Durchschnitt Kosten von rund 11.000 € angefallen. Wenn man das mit den wesentlich höheren Kosten der Arbeitslosigkeit, also mit den Kosten, die Arbeitslose verursachen, vergleicht, dann ist das noch ein effizienter Mitteleinsatz. Ich kann nur dazu raten, dass wir in Deutschland insgesamt dann, wenn wir Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanzieren wollen, immer auch darauf achten, dass wir Umfinanzierungen machen, die eine solche Arbeitsmarktpolitik auch künftig ermöglichen. In diesem Zusammenhang ein Appell an die Bundesregierung: Es darf nicht sein, dass die Hartz-Reformen dazu führen, dass die Mittel für die Arbeitsmarktpolitik insgesamt gekürzt werden.
Was sagen uns die Zahlen? Wie wir alle wissen, stößt die Überprüfung der Wirkung von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen insgesamt auf Grenzen. Ich habe Verständnis für die Fragen, die aus Ihren Fraktionen immer wieder gestellt werden. Wir müssen aber akzeptieren, dass es Grenzen gibt. Ich bin nicht bereit, dadurch einen neuen bürokratischen Zahlenfriedhof aufzubauen, dass wir die Statistikpflichten in Unternehmen oder bei den Arbeitsämtern weiter erhöhen.
Wie Sie alle wissen, stößt die Überprüfung also auf Grenzen. Vergleichbar ist die Wirksamkeit einzelner Programmpunkte, die bei uns in Schleswig-Holstein ein positives Gesamtbild ergeben. Ich nenne ein paar dieser positiven Beispiele: Die ASH-Maßnahmen, die sich an Jugendliche und junge Erwachsene richten, haben fast alle die für sie jeweils im Programm vorgegebenen Erfolgsquoten erreicht. Erfolgreich läuft auch das Anfang 2003 auf den Weg gebrachte Sofortprogramm für mehr Ausbildung und Qualifizierung von Jugendlichen. Die sich bereits jetzt abzeichnende schwierige Situation für Jugendliche im Jahr 2004 macht es erforderlich, gerade in diesem Bereich die Aktivitäten zu steigern. Wir werden das tun.
Auch die Weiterbildungsmaßnahmen für Arbeitslose sind mit Blick auf die Eingliederungsquote in den Arbeitsmarkt durchaus erfolgreich zu nennen. Das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit beziffert die Eingliederungsquote der seitens der Arbeitsverwaltung geforderten beruflichen Weiterbildung im Bundesdurchschnitt auf rund 42 %. Für die vom Land über ASH 11 geforderten Weiterbildungsmaßnahmen für Arbeitslose, mit denen Kurse gefördert werden, die von der Arbeitsverwaltung gar nicht oder nicht in vollem Umfang gefördert werden können, liegt die in den Jahren 2000 bis 2003 erzielte Eingliederungsquote mit 55 % in Schleswig-Holstein deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Auch das ist ein Erfolg der schleswig-holsteinischen Träger.
Nun sind wir beim Thema Effizienz, denn das gilt bei Kosten von nur 2.400 € pro tatsächlich vermitteltem Teilnehmer. Unser Workshop mit externen Akteuren der Arbeitsmarktpolitik und der Wirtschaftsförderung zum Thema Qualifizierung im Dezember letzten Jahres hat diese Linie bestätigt. Besonders die regionalen Akteure unterstreichen die Bedeutung der Förderung der Qualifizierung aus ASH. Die neuen Vorschläge und Ergebnisse dieses Workshops werden gerade dokumentiert. Die Neuausrichtungen von ASH werden dabei einfließen.
Wir haben auf Bundesebene Probleme mit den Bildungsgutscheinen. Wir werden sie in SchleswigHolstein nicht vollständig lösen. Wir werden uns aber bemühen, diese Probleme dadurch so gering wie möglich zu halten, dass wir ergänzend aus ASH auch Weiterbildungsangebote unterstützen. Das ist ein
Ich deutete es an: Deutlich niedriger fallen dagegen die Eingliederungsquoten bei den über ABM und SAM durchgeführten Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahmen für Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger aus. Der Bundesdurchschnitt liegt in der ESFHalbzeitbewertung bei 11 %. Die hier durch ASH 21 vorgenommene Förderung liegt für die Jahre 2000 bis 2002 - die Zahlen für 2003 liegen noch nicht vor - mit 16 % im oder sogar über dem Bundesdurchschnitt.
Mit Gesamtkosten von 22.000 € pro vermitteltem Teilnehmer ist dieses Programm im Bundesvergleich teuer.
Deswegen sind wir dabei - wie Sie wissen -, in den Eckpunkten beziehungsweise in den neuen Maßnahmen, die wir vorschlagen, in diesem Bereich eine Änderung vorzunehmen.
Ich will nicht auf weitere Details der Beantwortung der Großen Anfrage eingehen; mir lag es daran, die Grundzüge vorzustellen. Sie können alle Details der Beantwortung entnehmen. Ich möchte mich für die Arbeit bedanken, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in meinem Haus, aber auch in der Arbeitsverwaltung und anderswo geleistet haben. Es war viel Arbeit. Es ist wichtig, diese Fragen zu beantworten. Ich richte also einen herzlichen Dank an diese Kolleginnen und Kollegen.
Ich würde mich sehr freuen, wenn wir die Große Anfrage und die Antworten auf diese Große Anfrage auch im Ausschuss dazu nutzen würden, die Eckpunkte, die ich vorgestellt habe, konstruktiv zu diskutieren und - ich glaube, dass es bei dem Thema gelingen kann - eine möglichst fraktionsübergreifende
Ich danke dem Herrn Minister für die Beantwortung der Großen Anfrage. - Ich eröffnete jetzt die Aussprache und erteile zunächst Herrn Abgeordneten Dr. Garg das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung, die länger ist als zwei Sätze, weil es in diesem Haus offensichtlich eine neue Sichtweise dessen gibt, was eine aktive Arbeitsmarktpolitik - so nenne ich sie immer -, also eine sozial flankierende, begleitende Arbeitsmarktpolitik in der Tat zu leisten vermag.
Es war in den vergangenen zehn Jahren nicht immer so, dass insbesondere die Regierungsfraktionen die Auffassung, die der Wirtschaftsminister heute vorgetragen hat, unbedingt geteilt haben, dass nämlich aktive Arbeitsmarktpolitik alleine nicht in der Lage sein wird, die Probleme, die wir am Arbeitsmarkt haben, zu lösen. Da gab es in der Vergangenheit durchaus andere Auffassungen, Herr Minister Rohwer. Deswegen bin ich dankbar, dass Sie das hier so klargestellt haben.
Ich will an dieser Stelle überhaupt keinen Konflikt herbeiführen. Den gibt es möglicherweise später bei der politischen Bewertung von ASH.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Arbeitslosigkeit ist in der Tat eines der größten Probleme überhaupt. Es ist eine Tragödie für jeden Einzelnen, der davon betroffen ist, und eine Tragödie für die Familien, die davon mit betroffen sind. Es ist aber auch volkswirtschaftlich eine Katastrophe. Aus diesen beiden Fakten resultiert die Kenntnis, dass wir Ende Dezember 2003 in Schleswig-Holstein fast 140.000 offiziell arbeitslos gemeldete Männer und Frauen hatten.
Das zeigt mir auch, dass so unendlich erfolgreich die Bemühungen um Wachstum und Innovation in diesem Land nicht gewesen sein können. Denn es ist die höchste Arbeitslosigkeit seit 51 Jahren gewesen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das ist wahrlich kein Ausweis für eine gelungene Politik in den vergangenen 17 Jahren.
Das IAB hat auf der Basis von Opportunitätskosten errechnet, was Arbeitslosigkeit kostet, was uns ent
geht, also auf welches Bruttoinlandsprodukt wir verzichten. Da kam man auf einen Betrag von 18.500 € pro Jahr pro Arbeitslosen. Allein auf dieser Basis hat sich Schleswig-Holstein im vergangenen Jahr 2,6 Milliarden € an entgangenem Bruttoinlandsprodukt geleistet, weil wir uns diese Arbeitslosigkeit geleistet haben. Auch das ist kein Ausweis für eine besonders gelungene, auf Wachstum zielende Politik, Herr Minister.
Die Probleme der Arbeitslosigkeit sind mannigfaltig und vielfältig. Es wäre albern, irgendeiner Seite eine monokausale Schuldzuweisung zu geben. Die Ursachen sind hohe Lohnnebenkosten, ein kompliziertes und intransparentes Steuersystem, ein geringes Wirtschaftswachstum, eine derzeit niedrige Investitionsneigung sowie natürlich ein starrer und unflexibler Arbeitsmarkt.
Die Abhilfen, über die wir seit Jahren und vor allem in den vergangenen zwei Jahren diskutiert haben, sind ebenso vielfältig. Es wird immer wieder über Sozialreformen, Steuerreformen sowie über eine auf Wachstum ausgerichtete Wirtschafts- und Finanzpolitik gesprochen. Und bezüglich der Inflexibilität des Arbeitsmarktes kann ich nur an beide Tarifparteien appellieren, diesem Arbeitsmarkt ein Stück mehr Flexibilität zurückzugeben.
Aber darum geht es heute nicht. Es geht um die Frage: Brauchen wir zusätzlich zu einer auf Wachstum gerichteten Steuer- und Finanzpolitik eine so genannte sozial flankierende aktive Arbeitsmarktpolitik? Die FDP-Fraktion hat diese Frage seit 1992 immer eindeutig und unmissverständlich mit Ja beantwortet. Wir haben die Notwendigkeit einer sozial flankierenden Arbeitsmarktpolitik nie bestritten.
Aber eine solche aktive Arbeitsmarktpolitik setzt voraus, dass eine sinnvolle Wirtschafts- und Finanzpolitik die Rahmenbedingungen setzt, die es einer flankierenden Arbeitsmarktpolitik möglich machen zu wirken. Das heißt erstens, eine flankierende aktive Arbeitsmarktpolitik passt nur in einen gesunden Rahmen, der auf wirtschaftliches Wachstum ausgerichtet ist.
Zweitens. Das ist der Vorwurf, den ich Ihnen mache, Herr Minister: Aktive Arbeitsmarktpolitik muss ganz exakt zielgruppenorientiert sein.
Wir haben die aktive Arbeitsmarktpolitik in Schleswig-Holstein betrachtet, insbesondere die Programme ASH III und ASH 2000. Die parlamentarische Begleitung durch die FDP als Oppositionsfraktion war aus unserer Sicht konsequent. Denn seit 1995, also
seit Beginn der Laufzeit von ASH III, haben wir dieses Programm parlamentarisch begleitet. Die Begleitung war fair, weil wir nie die platte Forderung nach Abschaffung erhoben haben und wir ASH im Übrigen auch nie als Sparschwein für Haushaltsanträge missbraucht haben - ganz im Gegensatz dazu, wie es die Landesregierung in den beiden letzten Jahren getan hat.
Die Begleitung war kritisch, weil wir stets den Blick auf die Weiterentwicklung gerichtet haben. Das heißt, wir waren erfolgsorientiert. Wir wollten wissen, was bei den Menschen, für die diese Programme gedacht waren, tatsächlich angekommen ist und wie viele wieder in den Arbeitsmarkt vermittelt werden konnten.
Auch die Große Anfrage von uns, die wir im Juli 2003 gestellt haben, hat all diese drei Kriterien - kritisch, fair und konsequent - erfüllt.
Herr Minister, ich frage Sie: Wie fair soll eine Oppositionsfraktion noch sein? Wir haben Anfang 2000 der zuständigen Arbeitsministerin Heide Moser angekündigt, dass wir uns das Programm zwei oder drei Jahre anschauen würden. Dann wollten wir nachfragen, zu welchen Ergebnissen dieses Programm geführt hat.
Selbstverständlich wollten wir auch immer wissen - es ist nicht nur das legitime Recht einer Oppositionsfraktion, sondern es sollte auch Ihr Anliegen sein, das zu erfahren -, zu welchem Erfolg diese Programme geführt haben.
Wir brachten zugleich - vielleicht werden Sie sich daran erinnern; die Mitglieder des Sozialausschusses werden sich mit Sicherheit daran erinnern - einen Antrag mit dem Ziel ein, messbare Erfolgskriterien zur Evaluierung der einzelnen Maßnahmen zu erarbeiten. Diesen Antrag habe ich ein Jahr später für erledigt erklärt, nachdem der damalige Sozialstaatssekretär Alt einen Kriterienkatalog vorgelegt hatte, der meine Erwartungen übertraf. Er sprach damals schmunzelnd von einem „konditionierten Rückzug“. Dieser konditionierte Rückzug war allerdings nur möglich, weil unser Antrag über ein Jahr im Ausschuss schmorte und es nicht möglich war, dass man sich interfraktionell auf entsprechende Erfolgskriterien einigen konnte.