einen unterdurchschnittlichen Anteil an der Forschungskompetenz in unserer Republik. Hinzu kommt, dass der Ausbau der Hochschullandschaft in der Fläche zwar eine höhere regionale Verteilung der Studienplätze und eine Verbesserung des Angebots gebracht hat, dieser Ausbau in die Fläche hat aber natürlich auch Ressourcen gebunden, die dadurch für einen konzentrierten Einsatz in der Forschung nicht in vollem Umfang zur Verfügung standen und stehen. Es ist deswegen umso wichtiger und bedeutsamer, dass bei den Zielvereinbarungen, die das Land im Dezember mit den Hochschulen geschlossen hat, eine strukturelle Verbesserung der Forschungskompetenz der Hochschulen mit auf den Weg gebracht worden ist. Das möchte ich eindeutig unterstreichen.
Schaut man sich den Anteil der Grundmittel für Forschung und Entwicklung am Bruttoinlandsprodukt an, dann liest sich die Statistik für unser Land übrigens deutlich entspannter. Man stellt nämlich fest, dass sich Schleswig-Holstein ungefähr auf dem Niveau von Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Hessen und Bayern bewegt. Was kann man daraus schließen? - Orientieren wir uns an der bestehenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit unseres Landes, dann liegen wir bei den staatlichen Mitteln für Forschung und Entwicklung im Bundesvergleich auf einem akzeptablen Niveau. Wir haben aber ein deutliches Problem bei der Akquirierung privater Mittel im Forschungsbereich. Darüber werden wir weiter reden müssen.
Insgesamt haben wir das Problem einer bundesweiten Unterfinanzierung der Forschung sowohl im staatlichen als auch im privaten Bereich. Deswegen bin ich der Auffassung, dass es uns in der gesamten Bundesrepublik zumindest mittelfristig gelingen muss, einen Anteil von 3 % am Bruttoinlandsprodukt für Forschung und Entwicklung zur Verfügung zu stellen. Nur so werden wir künftig international bestehen können. Dabei müssen wir natürlich auch das Problem aufarbeiten, dass die Forschungsmittel des Bundes in den Jahren 1994 bis 1998, also in der letzten Legislaturperiode unter Helmut Kohl, drastisch abgesenkt wurden. Die Korrektur dessen dauert natürlich. Von 1998 bis 2001 stiegen die Bundesmittel um 10 % an, den Einbruch der Jahre 1994 bis 1998 haben wir aber bis heute auszubaden.
(Martin Kayenburg [CDU]: Wenn wir dran wären, wäre das schon längst wieder aufge- füllt! - Weitere Zurufe von der CDU)
Ich bin dankbar dafür, dass die Landesregierung in ihrer Antwort klargestellt hat, dass die Kompetenzregelung im Bereich der Forschung zwischen dem Bund und den Ländern grundsätzlich beibehalten werden soll. Das ist ein wichtiger Punkt. Ich bitte
auch die Zwischenrufer, diesen Punkt zu beachten, weil ich glaube, dass es hier eine gemeinsame fraktionsübergreifende Position im Interesse unseres Landes gibt. Das gilt nämlich sowohl für den Finanzierungsschlüssel zwischen Bund und Ländern, als auch für die Zuordnung der Forschungseinrichtungen zu den verschiedenen Forschungsringen und -gesellschaften.
Ich will nur einen kleinen Nebensatz zu den Ausführungen der Frau Kollegin Birk machen: Bei aller Transparenz kann ich mir nicht wirklich vorstellen, dass wir im Bildungsausschuss die vorliegenden Forschungsanträge beraten oder vielleicht gar beschließen.
Mit der fragwürdigen Aufkündigung der BundLänder-Bildungsplanung durch die Staatskanzleien der 16 Länder im letzten Jahr ist bedauerlicherweise ein wenig erfreuliches und produktives Element in die Entflechtungsdebatte des Föderalismus gekommen. Wir erleben das bei den Gedankenspielen zum Hochschulbau, wo es Verlagerungsüberlegungen auf die Länder gibt, und wir erleben es übrigens auch bei der Diskussion über die Neuverteilung der Lasten bei den Großforschungseinrichtungen. Wer allen Ernstes den Vorschlägen des Bundesrechungshofs und anderer nahe treten will, die Blaue-Liste-Einrichtungen, also die Einrichtung der Leibniz-Gesellschaft, aus der Mitfinanzierung des Bundes zu entlassen, der muss wissen, welche dramatischen negativen Konsequenzen das für Schleswig-Holstein mit sich bringen würde.
Das sollen und müssen wir gemeinsam verhindern. Ich hoffe, dass wir das auch gemeinsam erreichen werden.
Ein Blick auf die Einrichtungen der so genannten Blaue-Liste zeigt, dass wir hier in Schleswig-Holstein einen besonderen Schwerpunkt haben. Ich nenne hier nur Borstel - die Ministerin hat das schon erwähnt -, das Institut für Weltwirtschaft, das IPN mit seiner Bildungsforschung und nicht zuletzt natürlich das fusionierte Leibniz-Institut für Meereswissenschaften. Ich betone das, ohne die anderen Forschungseinrich
tungen der Helmholtz-Gemeinschaft, wie beispielsweise das GKSS in Geesthacht oder das FraunhoferInstitut für Siliziumtechnologie in Itzehoe oder gar die Limnologie des Max-Plack-Institutes in Plön in irgendeiner Weise in ihrer Bedeutung schmälern zu wollen.
Wir müssen weitere Initiativen starten, wenn wir besser werden wollen. Wir sollten meines Erachtens darüber nachdenken, über die bestehenden Sonderforschungsbereiche hinaus in unseren Universitäten Exzellenzcluster in einer Kooperation von Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichten in einzelnen Wissenschaftsbereichen zu schaffen. Diese Spezialität der Kooperation von Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen ist eine typisch deutsche, die sich historisch entwickelt hat. Wir sollten die Stärken daraus nutzen und sie weiterentwickeln.
Natürlich werden wir auch die Mittel für Forschung und Entwicklung - bundesweit orientiert am Bruttoinlandsprodukt - weiter steigern müssen. Das bedeutet aber nicht nur mehr Geld, sondern auch mehr Qualität für die eingesetzten Mittel. Ich glaube deshalb, dass es sinnvoll ist, eine Debatte über die Zielrichtung, die wir dort einschlagen wollen, zu führen. Für uns sind sechs Stichworte bei dieser Zielführung zentral. Wir brauchen erstens mehr Wettbewerb zwischen den Forschungseinrichtungen; wir brauchen zweitens eine Weiterentwicklung der Kooperation in der dualen Struktur von universitärer und außeruniversitärer Forschung;
(Beifall der Abgeordneten Dr. Gabriele Köt- schau [SPD], Rolf Fischer [SPD] und Ange- lika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
wir brauchen drittens eine verbesserte Vernetzung für strategisch organisiertes Arbeiten an den großen Themen unter Einbindung der Wirtschaft;
wir brauchen viertens die Vergrößerung der Zahl der Nachwuchswissenschaftler in unseren Forschungseinrichtungen; wir brauchen fünftens neue Förderwege für unkonventionelle Forschungseinsätze, die nicht ohne weiteres in die bisherigen Förderungsinstrumentarien hineinpassen; und dazu gehört natürlich auch als sechstes und letztes - das muss man bei der Organisationsstruktur, die wir jetzt haben, sagen - ein Abbau bürokratischer Hemmnisse beim Umgang mit Forschungsanträgen.
Keine dieser Zielrichtungen können wir in SchleswigHolstein allein oder von Schleswig-Holstein aus allein gestalten und erreichen. Sie sind aber für einen
Weg der Qualitätsverbesserung unerlässlich. Deshalb sollten wir uns konstruktiv an diesem Prozess, der bundesweit in der Diskussion ist, beteiligen.
In der Kürze der Zeit kann ich nicht auf alle Fragen eingehen. Die Frage des Technologietransfers, die für uns von großer Bedeutung ist, kann ich heute Morgen in dieser Diskussion nicht ausführlich erörtern. Wir sollten das intensiv im Ausschuss tun.
Ein kleines Wort zum Abschluss kann ich mir dann doch nicht verkneifen. Es gibt durchaus Momente, in denen mir ein Ministerium, das eine Große Anfrage beantworten muss, auch etwas Leid tut. Das gilt zum Beispiel für die Frage Nr. 50 der Großen Anfrage, in der nach sämtlichen Publikationen von schleswigholsteinischen Forscherinnen und Forschern gefragt wird, dabei gleichzeitig die Frauenquote ermittelt und der Ort der Veröffentlichung dargelegt werden soll.
Nun hat zum Glück die Landesregierung auf die Vorlage einer kompletten Bibliographie verzichtet. Trotzdem hat sie sich bemüht - dafür ist sehr zu danken -, ein paar verfügbare Übersichten zu präsentieren. Nun wissen wir also, Frau Ministerin, dass an der Meeresstation Helgoland und an der Wattenmeerstation Sylt des Alfred-Wegener-Instituts 58 % der veröffentlichten Beiträgen von Frauen stammen, während auf der anderen Seite - nun ist Herr Geißler leider nicht im Saal - die 13 Publikationen der Musikhochschule Lübeck ausschließlich männliche Autoren haben.
nicht, um die Erkenntnis zu übergehen, das wir einen dramatischen Nachholbedarf an Frauen bei der Förderung im wissenschaftlichen Bereich haben. In der Tat besteht hier eine trichterförmige Verteilung - das ist klar -: Wir haben über 50 % weibliche Studierende - Frau Birk hat das gesagt -, bei den Promotionen haben wir eine deutlich positive Entwicklung, aber es ist richtig, dass an der Spitze der Forschung noch ein Nachholbedarf besteht. Das ist auch ein Qualitätsproblem, weil es dort eine Bildungsressource gibt, die noch nicht genutzt wird. Dennoch sollte man die Ministerin nicht mit übertriebener Beschäftigungstherapie von ihrer eigentlichen Arbeit abhalten.
Ich hoffe, dass wir eine intensive Detailberatung im Ausschuss haben werden, sowohl zur Großen Anfrage als auch zum Rahmenplan Hochschulbau, und freue mich auf die weitere Debatte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir erlebten in den vergangenen Tagen und Wochen eine verdächtige Häufung von Berichten und Großen Anfragen, die die Landesregierung oder die Regierungsfraktionen sich selbst abverlangen. So hatten wir zum Beispiel in der letzten Woche den Bericht der Bildungsministerin über Bildung und Erziehung in Schleswig-Holstein, so eine Art OECD-Studie im Selbstbausatz, bei der erstaunlicher Weise herausgekommen ist, dass alles wunderbar ist. Heute haben wir jetzt die Antwort auf die Große Anfrage von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Es ist klar, wir befinden uns im Vorwahljahr.
Das erklärt vielleicht auch, dass durch die Darstellung heute und die Aspekte, die in der Beantwortung der Großen Anfrage eine große Rolle spielen, dann vielleicht doch nicht alle Seiten und alle Facetten dieses Themas beleuchtet werden. Sie erzählen uns hier - das ist ja auch korrekt - von der Fusion der beiden Institute, die sich mit Meeresforschung beschäftigen, zum Leibniz-Institut in Form einer Stiftung. Das ist auch gut. Frau Ministerin, Sie haben allerdings nicht erwähnt, dass es drei Anläufe gebraucht hat, um einen neuen Chef für das Institut für Weltwirtschaft in Kiel zu finden. Auch das ist Teil der Forschungs- und Hochschullandschaft hier in Schleswig-Holstein.
- Nein, nein, aber es gehört mit zu einem abgerundeten Bild. Dass Sie selber das auch als Desiderat empfunden haben und sich ertappt fühlen, zeigt Ihre Reaktion.
schaft. Sie sind darüber hinaus strategisch wichtige Felder der Landespolitik. Sie sind deshalb strategisch wichtig, weil die Forschungs- und Hochschulpolitik von heute unter anderem der Teil der Landespolitik ist, der sich sehr wohl und sehr maßgeblich mit der Zukunftsfähigkeit eines Landes beschäftigt. Es ist auch deshalb ein strategisches Feld, weil es einer der Bereiche ist, in dem die Landespolitik die allermeisten Stellschrauben eben immer noch selbst in der Hand hat. In diesem Zusammenhang ist es schon bemerkenswert, dass wir auch in dieser Großen Anfrage noch einmal feststellen müssen, dass das letzte wirklich bedeutsame und zentrale Dokument der Landesregierung in diesen Tagen zu diesen Themen aus dem Jahr 1991 stammt. Das ist der Landeshochschulplan, der seitdem nicht fortgeschrieben worden ist. So zieht sich durch die ganze Beantwortung dieser Großen Anfrage die Erkenntnis, dass Sie am Ende immer noch in den Kategorien von 1991 denken und nicht in den Kategorien von 2005. Das ist nachteilig für dieses Land.
Sie nennen zum Beispiel die Liste derjenigen Institute und Forschungseinrichtungen, die seit 1991 neu hinzugekommen sind. Es sind einige dabei, die in der Tat recht interessant sind, aber es sind auch sehr viele dabei, die sich eher wie eine Liste der Selbstverwirklichung einer 68er-Generation lesen, wenn man sich einmal anschaut, wer alles dazu gekommen ist: das Institut für Zeit- und Regionalgeschichte, das Institut für Friedenswissenschaften an der CAU, das Zentrum für Interdisziplinäre Frauenforschung an der CAU, das Institut für Frauenforschung und Genderstudien an der FH Kiel und so weiter.