Protokoll der Sitzung vom 20.02.2004

(Beifall bei der FDP)

Der von der Landesregierung vorgelegte Bericht zeigt einige interessante Details auf, insbesondere wird der Strukturwandel bei der Aufschlüsselung der einzelnen Berufe nach Qualifikation und Geschlecht deutlich. In den letzten zehn Jahren ist die Zahl der Frauen und Männer, die einen klassischen Beruf in der Landwirtschaft gewählt haben, von der Tendenz her rückläufig. Der Bericht zeigt noch ein weiteres und sehr wichtiges Detail auf: Frauen scheinen ihren Beruf und ihren Bildungsweg noch nach traditionellen Gesichtspunkten auszuwählen. Deutlich wird dies zum Beispiel dadurch, dass in den meisten Berufszweigen mit der klassischen Ausnahme Pferdewirtin und bei Labortätigkeiten Frauen in der Minderzahl sind. Ähnlich verhält es sich auch bei Existenzgründungen von Frauen in der Landwirtschaft.

Bei der Beurteilung, ob neue Dienstleistungen am Markt eine Chance haben und deshalb über Kredit finanziert werden können, fällt es vielen Kreditinstituten noch schwer, Tätigkeitsfelder wie zum Beispiel Kinderbetreuung auf dem Bauernhof, Urlaub auf dem Bauernhof, die Direktvermarktung von regionalen Produkten und Serviceagenturen entsprechend einzuschätzen. Dies wird auch aus den Erfahrungsberichten der Landwirtschaftskammer oder der Investitionsbank deutlich, weisen doch die Existenzgründungen von

Frauen häufig immer noch eine Reihe von Unterschieden, Gründungsvoraussetzungen, Verhalten, Unternehmenszielen gegenüber Gründungen von Männern auf. Dabei haben sich viele Unternehmensgründungen von einem Zubrot zur klassischen Landwirtschaft inzwischen zu einem wichtigen Standbein entwickelt, das mittlerweile schon deutlich Arbeitsplätze schafft. Als erfolgreiches Beispiel nenne ich das Projekt Serviceagenturen. Das ist hervorzuheben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben das Glück, dass derzeit eine Generation von hoch qualifizierten Frauen die Chance sucht, in ländlichen Bereichen in Schleswig-Holstein neue Arbeitsplätze zu schaffen und durch den Strukturwandel in der Landwirtschaft positiv zu begleiten. Auf dieses Wissen und die Fähigkeit dieser Frauen darf und, wie ich glaube, will die Gesellschaft nicht verzichten. Deshalb ist es Aufgabe der Politik, hierbei unterstützend mitzuhelfen. Ich glaube, da sind wir uns auch alle einig.

(Beifall bei der FDP)

Dazu gehört für mich nicht nur die bereits etablierte Existenzgründungsberatung, es müssen vor allem auch zahlreiche Auflagen, bürokratische Hemmnisse verschwinden, die nicht nur Frauen an der Gründung von Existenzen und der Schaffung weiterer Arbeitsplätze hindern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, packen wir die Beratungen im Ausschuss zügig an und machen wir den Weg freier für Frauen in den so genannten grünen, aber nicht mehr wegzudenkenden Berufen!

(Beifall bei der FDP)

Ich erteile das Wort der Frau Abgeordneten Fröhlich.

Sehr geehrter Herr Präsident! Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Zurufe: Guten Morgen!)

- Das hört sich aber nett an, das finde ich schön. Guten Morgen, Herr Astrup!

Ich möchte die für mich zentrale Aussage des vorliegenden Berichts meiner Rede voranstellen: Frauen sind durch den Strukturwandel im ländlichen Raum doppelt betroffen. Dies wird niemanden unter Ihnen verwundern, genauso wenig wie mich. Allerdings ist diese besondere Betroffenheit nicht nur negativ, wie man feststellen kann. Frauen im ländlichen Raum leiden unter der Krise der Landwirtschaft als Ehe

(Irene Fröhlich)

frauen und Töchter von Landwirten. Als mithelfende Familienangehörige sind sie ganz direkt von deren Existenznöten betroffen.

Frauen, die eigenständig einen landwirtschaftlichen Betrieb betreiben, werden deutlich härter von Rentabilitätsgrenzen betroffen, da sie durchweg kleine Höfe betreiben. Frauen können in den seltensten Fällen wie ihre männlichen Kollegen auf eine Unterstützung durch einen Lebenspartner oder eine Partnerin mit eigenem Einkommen zurückgreifen, was ein wesentlicher Unterschied ist. Aber Frauen im ländlichen Raum nutzen diese Strukturkrise in der Landwirtschaft erfreulich positiv und kreativ, indem sie der Familie einen weiteren wirtschaftlichen Spielraum eröffnen, im touristischen Bereich durch Heuhotels, Kaffeestuben oder Ferien auf dem Bauernhof, im ernährungswirtschaftlichen Bereich als Direktvermarkterin mit Hofladen, im Sozialbereich als Beraterinnen in eigener Sache, Vermittlung von Betreuung, Pflege und anderen sozialen Dienstleistungen, was ganz ohne Zweifel den ländlichen Raum stärkt. Nicht selten wird ein solches zweites Standbein letztendlich zum ersten und sichert die Existenz der gesamten Familie.

Wichtige Entwicklungen für Frauen im ländlichen Raum sind durch das Modellprojekt „Servicebörse“ des Landfrauenverbandes, die Beratungsstelle „Perspektiven für Bäuerinnen“ der Landwirtschaftskammer, ehemals „Frau & Beruf“, unter dem Dach von „Arbeit für Schleswig-Holstein“ angestoßen worden. Stetige Unterstützung leisten die Fortbildungsangebote, Existenzgründungsberatung und Hilfe durch den Landfrauenverband und die Landwirtschaftskammer, alles selbstverständlich mit Unterstützung durch das Land.

Liebe Ursula Sassen, da, wo EU-Mittel eingesetzt werden - das weißt du selbst, hast es hier aber falsch dargestellt -, sind natürlich auch immer Eigenmittel des Landes erforderlich. Erzähl also hier nicht solche falschen Sachen!

(Zuruf von der CDU: Das eine schließt das andere nicht aus!)

Überaus erfreulich ist die Aussage des vorliegenden Berichts, dass keine frauenspezifische Förderprogramme wegen mangelnder Nachfrage eingestellt werden mussten. Welche Interpretation frau auch immer daraus ziehen mag: „Es gab gar keine weiteren als die genannten“ beziehungsweise „der Bedarf ist so groß, dass alles Angebotene auch dringend benötigt ist und Bestand hat“. Eher stellt sich die Frage, ob noch mehr Angebote notwendig wären, die im Be

richt leider nicht zu finden sind, aber auch nicht abgefragt worden sind.

Sehr erfreulich sehen die Finanzvolumina aus, die durch das Agrarinvestitionsförderprogramm, den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds und das LEADER-Programm durch EU und Land Schleswig-Holstein zur Verfügung gestellt werden. Bescheiden nehmen sich im Vergleich dazu die konkreten Mittel aus, die direkt für eine gezielte frauenspezifische Förderung vorgesehen und verausgabt worden sind.

Weitere Zahlen, Daten und Angaben im Sinne des Gender-Mainstreaming-Prinzips werden leider nicht erhoben. Ich finde, das ist eine Nachbesserung wert. Die Landesregierung hat sich verpflichtet, dieses Prinzip überall anzuwenden. Mich wundert auch, dass die EU nicht mehr darauf achtet, denn die EU hat ja schließlich dieses Prinzip mit diesem etwas sperrigen Namen eingeführt. Ich finde, dann müsste die EU auch an dieser Stelle kontrollieren, ob die Programme in dieser Hinsicht überhaupt greifen und das bewirken, was sie nach dem Willen der EU sollen.

Aus dem Bericht geht natürlich noch eine Vielzahl von weiteren Informationen und Aussagen hervor, die über die Landwirtschaft im engeren Sinne hinausgehen.

Ich komme zu meinem letzten Satz. Der Bericht zeigt, Frauen im ländlichen Raum sind eine starke und verlässliche Säule der ländlichen Entwicklung, gerade auch in der Krise. Sie schaffen mit relativ bescheidenen Mitteln, viel Eigeninitiative, Kreativität und Engagement geförderte Arbeitsplätze, sie geben sich und ihren Familien Stabilität und sie helfen maßgeblich, die wirtschaftliche Existenz des gesamten Betriebes zu sichern. Ihre Einbindung in das Erfolgskonzept ländliche Strukturentwicklung, die ich für überfällig halte - jetzt passiert das ja -, ist zu begrüßen.

Auf unserer Tour durch Eiderstedt, über die ich gestern schon gesprochen habe, konnten wir mit vielen interessierten Bäuerinnen nicht nur über die Probleme der Landwirtschaft reden, die es zweifellos gibt, sondern ebenso auch über Kinderbetreuungskonzepte und Bildungsangebote in Kindergarten und Schule.

Einen letzten Nachtrag gestatten Sie mir noch zu der gestrigen etwas schwierigen - mir jedenfalls erschien sie so - Debatte zur Hochschul- und Frauenförderung.

Ich möchte nur einige Zahlen gegenüberstellen: Im Bereich Ernährungswissenschaften und Ökotrophologie stehen zehn Promotionen von Frauen und einer Promotion eines Mannes vier Professoren - Männer - und zwei Professorinnen gegenüber. Ich finde, das ist

(Irene Fröhlich)

bedenkenswert und ganz sicher kein Beleg für eine Bestenauslese.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile dem Herrn Abgeordneten Harms das Wort.

Aufgrund des Berichtsantrags der CDU legt die Landesregierung nunmehr einen Bericht zur beruflichen Situation insbesondere der Frauen im ländlichen Bereich und in den so genannten grünen Berufen vor.

Leider ist dem Bericht nicht allzu viel Neues zu entnehmen, was nicht bereits hinlänglich bekannt ist. Trotzdem ist es wichtig, dass dieses Thema aufgegriffen wird. Der Bericht macht deutlich, dass die Arbeitsmarktsituation im ländlichen Bereich nicht rosig ist. Dies ist ein Grund dafür, warum es insbesondere für Frauen schwierig ist, in so genannten grünen Berufen - aber auch in anderen Berufen - Fuß zu fassen.

Die Frauen/Männer-Verteilung in der Übersichtstabelle des Berichts über die grünen Berufe zeigt die überwiegende Männerdominanz - mit wenigen Ausnahmen - in diesen Berufen. Gleiches gilt im Übrigen auch für Bereiche der Weiterbildung. Entsprechend gestaltet sich somit auch die Verteilung von Frauen im akademischen Lehrkörper der Agrarwissenschaftlichen Fakultät und der Fachhochschule sowie in verantwortlichen Positionen, womit ich Beschäftigte im gehobenen und höheren Dienst meine. Es ist erfreulich, dass der Anteil an Frauen in der Agrarverwaltung des Landes und in der Landwirtschaftskammer im Zeitraum von 1994 bis 2003 gestiegen ist. Jedoch sind Frauen auch in diesen Bereichen immer noch unterrepräsentiert.

Nun kann natürlich gefordert werden, dass Gender Mainstreaming eine stärkere Berücksichtigung in den grünen Berufen findet. Dieser Ansatz ist auch nicht verkehrt, sondern logisch. Dies wird von allen akzeptiert und so gesehen. Jedoch müssen wir uns ehrlicherweise die Frage stellen, inwieweit es sinnvoll ist, die grünen Berufe sektoral zu betrachten, da wir wissen, dass in vielen Bereichen der grünen Berufe seit Jahren ein Strukturwandel stattfindet, der noch nicht beendet ist. Dies geht auch klar aus dem Bericht hervor, durch den deutlich gemacht wird, dass die Zahl der beschäftigten Personen in der Land- und Forstwirtschaft in Schleswig-Holstein im Zeitraum von 1998 bis 2001 - innerhalb von drei Jahren - um 10 % gesunken ist. Der zunehmend enger werdende Arbeitsmarkt in der Landwirtschaft wird sich daher

auch weiterhin negativ auf die Situation der Frauen in landwirtschaftlichen Berufen auswirken.

Ich will hier keinen falschen Eindruck entstehen lassen. Natürlich dürfen wir diese Entwicklung nicht zum Anlass nehmen, das Ungleichgewicht zu akzeptieren. Wir müssen uns aber die Frage stellen, wie der Strukturwandel anderweitig abgefangen werden kann. Durch den Bericht erhält man einen guten Überblick über Förderprogramme und -maßnahmen, die derzeit explizit für Frauen im ländlichen Bereich angeboten werden.

Hervorheben möchte ich hier insbesondere die Beratungsstellen Frau & Beruf, die sich seit 1989 kontinuierlich weiterentwickelt haben.

(Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ursprünglich als reine Weiterbildungsberatungsstelle für Berufsrückkehrerinnen entstanden, haben sie mittlerweile eine erweiterte Konzeption unter Federführung des Frauenministeriums erarbeitet. Die Grundlagen des Konzepts sind arbeitsmarktorientierte Beratung der Frauen, Abstimmung des regionalen Weiterbildungsangebots auf die Situation der Frauen und strukturpolitische Aktivitäten in der Region zur Verbesserung der Arbeitsmarktsituation der Frauen.

Frau & Beruf hat ein Netzwerk im Land aufgebaut, das flexibel auf regionale Anforderungen an Frauen reagieren kann. Darüber hinaus behandeln die Beratungsstellen besondere regional-spezifische Schwerpunktthemen, die sich aus den Besonderheiten vor Ort ergeben. Die erfolgreiche Tätigkeit von Frau & Beruf macht deutlich, dass es wichtig ist, dass wir arbeitsmarktpolitisch auch den regionalen Ansatz berücksichtigen; denn nur so schaffen wir es bezogen auf den städtischen Raum, die Chancengleichheit für Frauen im ländlichen Raum herzustellen.

Wichtig ist und bleibt aber die qualifizierte Aus- und Weiterbildung der Frauen. Durch den Bericht wird deutlich, dass es im ländlichen Raum durchaus Alternativen zu den grünen Berufen gibt. Diese Alternativen müssen weiter genutzt werden. So können wir mehr für die Frauen im ländlichen Raum tun. Gerade Frau & Beruf zeigt, dass es im ländlichen Bereich möglich ist, neue Jobs entstehen zu lassen und neue Ideen umzusetzen. Das bedeutet nicht nur für das Land Schleswig-Holstein, sondern vor allen Dingen auch für die Kreise und Kommunen, die sehr viel Gutes davon haben, dass Institutionen wie Frau & Beruf unterstützt werden müssen.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit schließe ich die Beratung.

Es wurden keine Anträge gestellt. Ich schlage vor, den Bericht an den Agrarausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so verfahren will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dann verfahren wir so.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 36 auf:

Sechster Forstbericht

Berichtszeitraum 1998-2002

Bericht der Landesregierung Drucksache 15/3210