Protokoll der Sitzung vom 29.04.2004

- Der lang anhaltende fraktionsübergreifende Beifall war die Bestätigung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 16 a auf:

Wahl des Präsidenten des Landesrechnungshofs

Wahlvorschlag der Landesregierung Drucksache 15/3407

Auch hierzu ist eine Aussprache nicht vorgesehen. Ich werde über den Wahlvorschlag abstimmen lassen und schlage Ihnen auch hier offene Abstimmung vor. - Ich höre keinen Widerspruch.

Dann habe ich noch darauf hinzuweisen, dass für die Wahl die Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Landtages erforderlich ist.

Wer dem Wahlvorschlag in der Drucksache 15/3407 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das sollte mich der Mühe des Nachzählens entheben. Ich stelle fest: Die Wahl erfolgte einstimmig. Damit ist der Wahlvorschlag angenommen.

Sehr geehrter Herr Dr. Altmann, ich darf Sie im Namen des Hauses sehr herzlich zu Ihrer Wahl beglückwünschen. In Ihrer Tätigkeit im Ministerium für ländliche Räume haben wir Sie als zuverlässigen,

(Präsident Heinz-Werner Arens)

profunden und fleißigen Staatssekretär kennen gelernt. Dies fand parteiübergreifende Anerkennung. Ich bin zuversichtlich, dass Sie Ihr neues Amt mit der gleichen Souveränität wahrnehmen werden, wie Sie Ihrer vorhergehende Aufgabe wahrgenommen haben. Bei der Ausübung Ihrer Tätigkeit wünsche ich Ihnen Umsicht, Kraft und mitunter auch ein wenig Langmut gegenüber den Mitgliedern aus Regierung und Parlament. - Herzlichen Glückwunsch und alles Gute!

(Anhaltender Beifall)

Meine Damen und Herren, ich denke, es ist ein guter Zeitpunkt dafür. Daher rufe ich jetzt Tagesordnungspunkt 39 a auf:

Unterstützung der Bewerbung Lübecks zur „Kulturhauptstadt Europas 2010“

Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW Drucksache 15/3398

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Dann erteile ich zunächst der Frau Abgeordneten Schwarz das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich mich bei allen anderen Fraktionen sehr herzlich dafür bedanken, dass sie sich dem von der CDU vorgelegten Antrag so schnell und unkompliziert angeschlossen haben, sodass es nun einen gemeinsamen Antrag zur Unterstützung der Hansestadt Lübeck bei ihrer Bewerbung zur Kulturhauptstadt Europas 2010 gibt. Diese Unterstützung dokumentieren heute eine ganze Reihe von uns, indem sie Sticker tragen. Ich habe gesehen, dass der Fraktionsvorsitzende der FDP das versäumt hat. Schande über sein Haupt! Es sind noch einige andere; aber die meisten tragen ihn. Herzlichen Dank dafür!

Durch den gemeinsamen Antrag wird dem Inhalt noch größerer Nachdruck und noch größeres Gewicht verliehen; denn wenn der gesamte SchleswigHolsteinische Landtag hinter der Bewerbung Lübecks steht, wird klar, dass dies von allen kulturpolitisch gewollt und getragen wird: Das ist gut so; denn Lübeck befindet sich in harter Konkurrenz zu anderen deutschen Städten. 19 Städte im gesamten Bundesgebiet konkurrieren miteinander um den Titel „Kulturhauptstadt Europas 2010“. Diese anderen 18 Städte sind starke Mitbewerberinnen; das muss man so sehen. Alle haben ein ausgeprägtes kulturelles Profil, ganz besondere Eigenarten und hervorragende Konzepte. Aber keine kann mit Lübeck mithalten.

Lübeck als Königin der Hanse, als eine deutsche Stadt mit europäischer Geschichte, als Stadt der Kunst, der Musik, der Literatur und der Architektur, als Trägerin des Titels „Weltkulturerbe“, Lübeck mit seinen zum Teil jahrhundertealten und immer noch hochaktuellen wirtschaftlichen und kulturellen Kontakten nach Skandinavien und ins Baltikum, nach Russland und nach Polen, Lübeck kann einfach nicht übertroffen werden.

(Beifall bei CDU und SPD)

„Lübeck als geistige Lebensform, wie es Thomas Mann einmal gesagt hat, wird die Menschen im Ostseeraum ein Stück näher zueinander bringen.“

Das erwartet die Ministerpräsidentin, Frau Simonis - das wissen Sie gar nicht mehr -, laut Pressemitteilung anlässlich der Übergabe der Lübecker Bewerbung auf der ITB in Berlin. Die Kulturstaatsministerin des Bundes, Christina Weiss, pries bei ihrem Besuch in Lübeck am 29. März das „sehr enge Miteinander von Kulturgeschichte, Gegenwart und Vision“ und bewertete dies als eine gute Ausgangsbasis für die Bewerbung.

In Lübeck, liebe Kolleginnen und Kollegen, erfährt man Geschichte tagtäglich als lebendige Gegenwart, so - wenn ich das einmal sagen darf - wie ich früher auf meinem täglichen Schulweg, vorbei an der Musikakademie, in der der Vater von Herrn Rohwer - jetzt ist der weg -, Herr Professor Jens Rohwer, war, durch das Burgtor am Burgkloster entlang, an der Jacobi-Kirche vorbei, rechts die Schiffergesellschaft liegen lassend, die Kirchtürme von St. Marien im Blick hin zum Katharineum, einem ehemaligen Franziskanerkloster. Das war mein täglicher Schulweg.

Lübeck braucht keine teuren Kulturprogramme einzukaufen, um sie ein Jahr abzuspulen und dann wieder verschwinden zu lassen. Lübeck hat ein reichhaltiges jährliches Kulturprogramm wie kaum eine andere Stadt. Lübeck hat so viel, dass es mindestens eines Jahres bedarf, um Europa zu zeigen, welch kultureller Reichtum sich hinter den Resten der Stadtmauer und den noch vorhandenen drei Stadttoren verbirgt.

Lübeck hat ein Bewerbungskonzept vorgelegt, das überzeugt und dessen Verfassern wir unsere große Anerkennung und unseren großen Respekt aussprechen möchten.

(Beifall im ganzen Haus)

Ein Exemplar des Prospekts, der in der Lobby ausliegt - einige Exemplare sind noch da -, hat sich hoffentlich jeder genommen,

(Caroline Schwarz)

In dem Konzept wird deutlich, wie in Lübeck Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft miteinander verflochten sind, wie Identität und Internationalität miteinander einhergehen und wie Wirtschaft und Kultur, die beiden Grundlagen von Lübecks Vergangenheit und Zukunft, untrennbar miteinander verbunden sind. Voll von origineller Kreativität ist der Bewerbungskatalog - er liegt, wie gesagt, zum Teil noch in der Lobby -, in dem übrigens zufälligerweise auch Schleswig als kulturelle kleine Schwester und Vorgängerin als Handelsmetropole des Nordens eine besondere Rolle spielt.

Lübeck verdient unser aller Unterstützung. Diese wollen wir Lübeck mit unserem gemeinsamen Antrag geben. Wir müssen versuchen - jeder für sich -, auf allen politischen Ebenen unseren Einfluss geltend zu machen, damit Lübecks Bewerbung von Erfolg gekrönt wird. Für das Image der Stadt und des ganzen Landes ist es ungeheuer wichtig, dass SchleswigHolstein die Kulturhauptstadt Europas im Jahre 2010 präsentiert. Deshalb ist Lübecks Erfolg unser Erfolg. Summa summarum: Lübeck muss Kulturhauptstadt Europas 2010 werden.

(Beifall bei CDU, SPD, FDP und SSW)

Ich erteile dem Herrn Abgeordneten Baasch das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Kollegin Schwarz, ich schaue meinen Fraktionsvorsitzenden immer sehr genau und sehr gern an, weil ich viel von ihm lernen kann. Wenn ich sehe, wie er mit dem Button an seinem Jackett herumläuft, dann meine ich, war die Kritik vorhin nicht angebracht.

(Caroline Schwarz [CDU]: Er hier! - Lothar Hay [SPD]: Ich war noch nie Fraktionsvor- sitzender der FDP! Das will ich auch nie werden!)

- Aber Sie haben ihn genannt.

(Caroline Schwarz [CDU]: Nein!)

- Doch, Sie haben „SPD“ gesagt.

(Caroline Schwarz [CDU]: Nein, FDP!)

- Das ist in Ordnung. Die FDP zu kritisieren, ist in Ordnung. Da sind wir uns wieder einig.

(Heiterkeit)

Es stellt sich die Frage: Warum sollte ausgerechnet im Jahre 2010 Lübeck die Kulturhauptstadt Europas sein? - Lübeck liegt in Deutschland. Lübeck ist die Stadt der Nobelpreisträger. Lübeck ist die Kulturhauptstadt des Nordens. Lübeck liegt mitten in Europa. Lübeck ist eine wunderschöne Stadt, die verzaubert, in der man klasse leben kann und die für diese Bewerbung von ganz alleine spricht.

Ich möchte Ihnen jetzt das kleine Lübecker ABC aufsagen; denn daran wird deutlich, wie richtig und angemessen der Titel „Kulturhauptstadt Europas 2010“ für diese Stadt ist. Das kleine Lübecker ABC lautet wie folgt:

Archäologiemuseum, historische Altstadt, Annette Borns, AWO-Altentagesstätten, alternatives Jugendzentrum, Behnhaus, Burgkloster, Buddenbrooks, Björn Engholm, Bärbel Wartenberg-Potter, Bernd Saxe, Cutty-Sark-Segeln, Casino Travemünde, Christoph Dohnanyi, der Dom, Dietrich Buxtehude, Dräger-Werke, Eisskulpturenfestival, Emanuel Geibel, Erich Mühsam, Europa-Schulen, Fachhochschule, Fährhafen, Flughafen, FFH-Gebiete - auch das gibt es in Lübeck -, Franziska zu Reventlow, Frauenbüro, Günter Grass, Geschichtswerkstatt, Gustav Radbruch, Heide Simonis, Heinrich Mann, Haus der Kulturen, Holstentor, Ida Boy-Ed, Johannes Brahms, Jugendhanse, Jugendmusikschule, Jazzclub, Julius Leber, Kunsthalle, Königin der Hanse, Klaipeda, Kunsthaus Lübeck, Kirche im Widerstand und natürlich die Kneipenszene mit Buthmanns Bierstuben und Theaterquelle an erster Stelle, Lübecker Rotspon, La Rochelle, Lübecker Landtagsabgeordnete, Lübecker National, „Lübecker Nachrichten“, Musikhochschule, Musik- und Kongresshalle, Mediadocks, Möwenschietchor und natürlich Marzipan, Nordische Filmtage, naturnahe Waldbewirtschaftung, Overbeckgesellschaft, Ole von Beust, Ostseeküste, Oldtimerhafen, Philharmonisches Orchester, Passat, Puppentheater, quietschvergnügte Kinder, Rathaus, Rabbiner Felix Carlebach, Reichsfreiheit, St.-Annen-Museum, Schiffergesellschaft, Synagoge, St. Petri, Schleswig-Holstein Musikfestival, Theater Lübeck, Theater Partout, Theater Combinale, Travemünder Woche, Thomas Mann, UNESCO-Weltkulturerbe, Universität, natürlich auch der VfB Lübeck, Visby, Völkerkundemuseum, Volksfest, Willi Brandt, Wakenitz, Weihnachtsmarkt, Wismar, Yachthafen und unter „Z“ natürlich zweihundertfünfzehntausend Lübecker Bürgerinnen und Bürger, die diese Bewerbung unterstützen und danach fiebern, dass Lübeck Europäische Kulturhauptstadt wird. Nach dieser Debatte tut dies auch der Schleswig-Holsteinische Landtag.

(Wolfgang Baasch)

Ich meine, das sind ausreichende und sehr gute Gründe dafür, dass Lübeck den Titel „Kulturhauptstadt Europas 2010“ nicht nur verdient hat, sondern auch mit Inhalt füllen kann.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich erteile dem Herrn Abgeordneten Dr. Klug das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir Liberale unterstützen die Bewerbung Lübecks, für das Jahr 2010 von der Bundesregierung als Kulturhauptstadt Europas nominiert zu werden. Für 2010 liegt das Vorschlagsrecht nach dem in der Europäischen Union vereinbarten Rotationsprinzip bei Deutschland. Viele deutsche Städte haben sich beworben: neben Lübeck auch Kassel, Braunschweig, Osnabrück, Köln, Bremen, „im Doppelpack" Wittenberg und Dessau, ferner Augsburg, Bamberg, Münster, Halle und Regensburg.

Die Konkurrenz ist also groß. Es stellt sich die Frage: Wie kann man unter diesen Umständen ausreichend Rückenwind für die Bewerbung Lübecks schaffen?

Ich meine, der Lübecker Bewerbung kann vor allem dadurch zum Erfolg verholfen werden, dass man Partner aus dem Ostseeraum mit ins Boot holt. Lübeck als Kulturhauptstadt Europas 2010, gemeinsam mit Danzig, Vilnius, Riga und Tallinn: Das wäre ein starkes Argument für das alte Haupt der Hanse mit seinen vielfältigen kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Verbindungen in der Ostseeregion.

(Beifall bei FDP, CDU und des Abgeordne- ten Rolf Fischer [SPD])

Zugleich wäre dies ein politisches Signal in Richtung auf unsere neuen Partner in der Europäischen Union, die Beitrittsländer Polen, Litauen, Lettland und Estland. Nach dem in der EU vereinbarten Rotationsprinzip sind die Vorschlagsrechte bereits bis 2019 vergeben. Auf der Website des Auswärtigen Amtes kann man das nachlesen: Bis zum Ende des nächsten Jahrzehnts sind nur Vorschläge alter EUMitgliedstaaten aus West-, Nord- oder Südeuropa vorgesehen. Unsere neuen Partner in Ostmitteleuropa und Nordosteuropa müssten bis 2020 warten, bis nur einer von Ihnen an die Reihe käme.