Zugleich wäre dies ein politisches Signal in Richtung auf unsere neuen Partner in der Europäischen Union, die Beitrittsländer Polen, Litauen, Lettland und Estland. Nach dem in der EU vereinbarten Rotationsprinzip sind die Vorschlagsrechte bereits bis 2019 vergeben. Auf der Website des Auswärtigen Amtes kann man das nachlesen: Bis zum Ende des nächsten Jahrzehnts sind nur Vorschläge alter EUMitgliedstaaten aus West-, Nord- oder Südeuropa vorgesehen. Unsere neuen Partner in Ostmitteleuropa und Nordosteuropa müssten bis 2020 warten, bis nur einer von Ihnen an die Reihe käme.
Mehrfachbenennungen von Kulturhauptstädten aus unterschiedlichen Ländern hat es in der Vergangenheit bereits gegeben. Im Milleniumsjahr 2000 waren es sogar neun europäische Städte, 2001 haben sich
Rotterdam und Porto die Aufgabe geteilt, 2002 Brügge und Salamanca, in diesem Jahr, 2004, sind es Genua in Italien und Lille in Frankreich. Was wäre das für eine Geste, wenn wir als Deutsche neben Lübeck Partner in der Ostseeregion als Kulturhauptstädte Europas für 2010 vorschlagen würden!
Wir würden durch eine solche Initiative dem schleswig-holsteinischen Bemühen um eine verstärkte Ostseezusammenarbeit zum weiteren Erfolg verhelfen. Wir würden damit das Zusammengehörigkeitsbewusstsein in der Ostseeregion nachhaltig stärken und - wie gesagt - wir gäben ein starkes politisches Signal an die Adresse unserer neuen Partner in der Europäischen Union.
An einem solchen Vorschlag, Lübeck und Partnerstädte aus der Ostseeregion, könnte die Bundesregierung bei der Auswahl der deutschen Bewerber trotz starker Konkurrenz vieler anderer namhafter und bemerkenswerter deutscher Kulturstädte nicht so leicht vorbeikommen. Das wäre ein politisches Argument, mit dem wir die Bewerbung Lübecks nachdrücklich unterstützen könnten.
Dann könnte das alte Haupt der Hanse mit Partnern und Nachbarstädten im Ostseeraum 2010 wirklich Kulturhauptstadt Europas werden.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Gratulation des Datenschutzbeauftragten dauert wohl noch an, deshalb hat meine Fraktion mich hier allein vorgeschickt, wir stehen aber alle geschlossen hinter der Bewerbung Lübecks als Kulturhauptstadt Europas. Denn unsere prächtige Hansestadt, die Königin des Nordens, 2010 mit diesem Titel, das ist eine attraktive Zukunftsvision, nicht nur für Lübeck, sondern für das ganze Land Schleswig-Holstein.
Lübeck steht in einer Reihe mit nordeuropäischen Städten, Glasgow, Dublin, Kopenhagen, Stockholm, Bergen, Helsinki, Reykjavik und Rotterdam. Es ist nicht unbescheiden, Lübeck in dieser Reihe kultureller Hafenstädte zu nennen. Natürlich ist der Ostseeraum, nicht erst seit gestern, sondern schon vor und erst recht nach der Grenzöffnung für Lübeck immer
Herr Dr. Klug, bevor wir aber einfach mal eben drei Städte aus den baltischen Staaten einvernehmen mit Lübeck, sollten wir dort ausführlich konsultieren. Ich könnte mir nämlich vorstellen, dass das eventuell als imperialistische Geste verstanden wird. Ihre Anregung ist interessant, aber sie bedarf der selbstbewussten Abstimmung mit unseren zukünftigen Partnern. Es hat schon manche Verstimmung gegeben, wenn wir so tun, als wären wir heute noch Königin der Hanse, wie wir das vielleicht waren.
Lübeck steht jetzt im Wettbewerb mit so schönen Städten wie Bremen, Regensburg, Bamberg und Potsdam, aber auch so kontrastreichen und reibungsvollen wie Köln.
Ist eine Abgeordnete aus Lübeck, auch wenn sie kulturpolitische Sprecherin ist, nicht befangen, dies zu beurteilen? Ich hatte das Glück, während meines Erwachsenenlebens nur in Städten meiner Wahl, meiner kulturellen Wahl zu leben: in Düsseldorf, in Heidelberg, in Hamburg und in Lübeck. Auch in diesem Vergleich kann ich sagen: Lübeck bewirbt sich zu Recht.
In Lübeck wird nämlich alles zu Kultur. Selbst das berühmte Marzipan ist nicht einfach nur eine Süßigkeit, sondern ein Kulturgut, das jedem Besucher und jeder Besucherin des Rathauses überreicht wird. Selbst aus dem Sandstrand im Lübecker Seebad Travemünde wird alljährlich ein Festival der Sandskulpturen.
Aber Spaß beiseite, Lübeck ist eine Stadt der Musik: von der Brahms-Forschung an der Musikhochschule bis zur Rockmusik-Ausbildung auf den Media-Docks. Zur Lübecker Kultur gehören aber auch die vielen Projekte der neuen Wohnkultur, wie die Bürgerinitiative „Miteinander", die den Dialog zwischen den Religionen pflegt. Gerade vor dem Hintergrund der jüngeren Lübecker Geschichte möchte ich hervorheben, wie wichtig und gut der Dialog zwischen Christen, Muslimen und Juden in Lübeck läuft. Er drückt sich beispielsweise auch in gemeinsamen, sehr modernen Gottesdienstformen aus, die wiederum ein Zeugnis der Musik-, Lese- und Redekultur Lübecks und des kulturellen Bürgersinns abgeben.
Viele Institutionen blühen und gedeihen, weil Bürgerinnen und Bürger der Stadt sich mit ehrenamtlicher Arbeit und mit Spenden für sie engagieren. Dies verweist auf eine weitere Besonderheit Lübecks: In keiner anderen Stadt gibt es pro Kopf der Bevölke
rung so viele Stiftungen und so viel Stiftungsengagement. Ich könnte natürlich den Denkmalschutz und Ähnliches aufzählen, aber ich möchte an dieser Stelle das Stiftungsengagement auf die politische Initiative der Bürgerinnen und Bürger ausdehnen. Auch das ist wichtig für eine lebendige Städtekultur.
Ich kann an dieser Stelle nur darauf hinweisen, dass eine Diskussion, wie wir sie in den letzten Tagen über die Schließung von Theatern oder des Günter-GrassHauses hatten, natürlich überhaupt nicht zu der Bewerbung einer Kulturhauptstadt passt. Ich gehe davon aus, dass sowohl die Stadt als auch das Land Mittel finden werden, eine solche Diskussion konstruktiv zu beenden.
Ich sage das ausdrücklich nicht hier mit vollen Händen. Wir haben Lübeck in der Vergangenheit Städtebauförderung, EU-Regionalisierungsmittel, Denkmalschutzmittel, Hochschulentwicklungsförderung und andere Mittel zur Verfügung gestellt und Lübeck war geschickt, sich immer wieder ein großes Tortenstück aus diesen Mitteln zu erobern. Zu Recht, mit den Verdiensten, die es in das Land einbringt. Wir können nicht mehr versprechen, aber wir können so viel zusagen, dass diese Mittel, die allen im Lande offen stehen, natürlich auch für die Bewerbung einer Kulturhauptstadt genutzt werden.
Ein Letztes möchte ich hier nicht unerwähnt lassen: Für uns als Grüne gehört zu Lübecks Geschichte auch das 25-jährige erfolgreiche Jugendkulturzentrum „Alternative“. Gerade auch im Hinblick auf Herrn Geißlers neues Amt sage ich: Für uns wäre es für den jungen Willy Brandt und den jungen Günter Grass - um nur zwei Nobelpreisträger zu nennen - ein beliebter Treffpunkt gewesen. Ob Thomas Mann seinen Fuß dorthin gesetzt hätte, ist vielleicht zweifelhaft, aber sicher sein Bruder Heinrich, erst recht der wieder entdeckte Mitbegründer der Münchener Räterepublik Erich Mühsam. Auch dieser Lübecker repräsentiert ein lebendiges Erbe der Hansestadt.
Für unser Kulturverständnis gehört die „Alternative" genauso zu Lübecks Kultur wie die Nordischen Filmtage oder die Völkerkunde-Sammlung.
Ich möchte auch an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich hervorheben: Kulturhauptstadt Europas heißt nicht nur regionale Besonderheit, sondern heißt, tatsächlich den Anspruch, eine Brücke für Europa zu schlagen, zu erfüllen. Wer, wenn nicht Lübeck, ist geeignet, an der ehemaligen Grenze mit seinen modernen Kontakten von Schülerinitiativen bis hin zu neuen Handels- und Kulturpartnerschaften in den
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf Dänisch gibt es ein Sprichwort. Es heißt: Wer Humor nur als Spaß auffasst und ernsthafte Rede nur ernst nimmt, hat beides nicht richtig verstanden.
1201 begab sich die Stadt Lübeck unter die Oberherrschaft des dänischen Königs und wurde zugleich die größte Stadt des damaligen Königreiches. Über den ersten dänischen König, Knuth VI., ist wenig überliefert. Umso mehr weiß man um die Tätigkeiten Waldemars II., Waldemars des Siegers. Er stellte Privilegien für die Kaufleute aus, sodass sie ungehindert Handel treiben konnten, Salz aus Lüneburg und Hering aus der Ostsee gewinnbringend vermarkten konnten.
Von 1201 bis 1225 vergrößerte sich die Stadt. Neues Bauland wurde gewonnen. Eine neue Stadtmauer wurde in Angriff genommen. Diese Zeit des Friedens und des Fortschritts endete 1227 mit der Schlacht von Bornhöved. Typisch dänisch, könnte man sagen.
Typisch Lübeck war, dass diese Geschichte der Stadt im letzten Jahr wirkungsvoll und sehr professionell vermarktet wurde. Hilfreich war dabei sicherlich auch, dass eine herausragende Vertreterin des archäologischen Berufsstandes, die dänische Königin, die Ausstellung „Dänen in Lübeck“ eröffnete. Zur Erinnerung: Diese archäologische Ausstellung war ein grenzüberschreitendes Projekt und soll auch darauf aufmerksam machen, dass sich Lübeck immer noch ein richtiges archäologisches Museum wünscht, um das herausragende Museumsangebot zu vervollständigen. Dieser Meinung bin ich auch.
Es wäre sicherlich vermessen zu sagen, schon 1225 stand fest, dass Lübeck heute eine überzeugende Be
werbung zur Kulturhauptstadt Europas einreicht, eine Bewerbung, die es verdient, von uns allen unterstützt zu werden. Das tun wir mit unserem gemeinsamen Antrag.
Ich befürchte allerdings, es wird nicht einfach sein. Mittlerweile befinden sich meines Wissens rund 20 Städte im Rennen. Für Lübeck spricht aber nicht nur, dass die Altstadt mit ihrer einzigartigen Architektur der Backsteingotik UNESCO-Weltkulturerbe ist, für Lübeck sprechen insgesamt auch die Geschichte der Stadt und ihr kulturelles Leben.
Vor diesem Hintergrund ist es ein interessanter Ansatz, dass dabei vonseiten Lübecks auch mit einer Partnerschaft mit Ungarn geworben wird. „Wieso Ungarn?“, heißt es in der Bewerbung. Diese Frage wird deutlich beantwortet. Es dreht sich nicht um eine ungarische Minderheit, die dargestellt werden soll. Es hat auch nichts mit einer eventuell bestehenden Schifffahrtslinie zwischen Lübeck und Ungarn zu tun. Die Lübecker wollen - so sagen sie selbst - die Öffnung Europas nach Osten unterstützen und bieten Ungarn daher die Möglichkeit, sich das gesamte Jahr über in Lübeck zu präsentieren. Schöner kann sich das Zusammenwachsen zu einem geeinten Europa nicht präsentieren. Wir freuen uns über die Bewerbung und unterstützen sie mit allen Kräften.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe den bisherigen Beiträgen entnommen, dass Sie alle die Bewerbung Lübecks zur europäischen Kulturhauptstadt 2010 fraktionsübergreifend unterstützen wollen. Das wird bestimmt helfen.
Die Hansestadt hat sich auf der ITB am 12. März vorgestellt. Trotz des Gewimmels dort ist es ihr gelungen, sich gut zu präsentieren, mit jungen Gesichtern, mit jungen Menschen, aber auch mit Kulturträgern, mit Botschaftern aus den umliegenden Ostseeanrainerstaaten.
Ganz ohne Zweifel hat Lübeck das kulturelle Potenzial, um in der ersten Phase im innerdeutschen Wettbewerb zu bestehen und es mit der Konkurrenz in Europa aufzunehmen. Es sprechen viele starke Argumente für die Hansestadt, Argumente aus Geschichte, Kultur, Wirtschaft und Politik, der Vergan
genheit und der Gegenwart. Natürlich sind andere Städte in Schleswig-Holstein auch schön. Sie sind auch sehr alt, Frau Schwarz. Immerhin ist Schleswig 1.200 Jahre alt. Die dänische Königin kommt in diesem Sommer auch, um Ihre Stadt zu besuchen. Lübeck hat doch noch ein klein wenig mehr zu bieten. Das sollten die anderen neidlos anerkennen.