Protokoll der Sitzung vom 26.05.2004

Ich meine schon, dass man zur Mitte eines Haushaltsjahres in der Lage sein müsste, dazu dem Parlament eine präzise Auskunft zu geben, und nicht erst ein Vierteljahr später, wie Sie es in Ihrer Rede vorhin angekündigt haben. Früher gab es im Bildungsministerium die bekannte Arbeitsteilung: die Ministerin zuständig für die schönen Events, der Staatssekretär für die harten Probleme. Inzwischen wird Frau Erdsiek-Rave in der Leitung ihres Hauses immerhin durch zwei Staatssekretäre unterstützt, aber man kann nicht erkennen, dass sich dort das Politikmanagement spürbar gebessert hätte.

Im Übrigen stellt sich angesichts des finanziellen Aufwandes für die Hochschulstrukturmaßnahmen auch die Frage, ob das Geld überhaupt richtig angelegt ist. 3,5 Millionen € allein für den Umzug des kleinen Studiengangs Maschinenbau von Heide nach Flensburg: Das ist eine Summe, die man, denke ich, doch einmal mit anderen Zahlen aus dem schleswigholsteinischen Hochschuletat in Beziehung setzen sollte. Das Jahresbudget der Fachhochschule in Heide liegt bei 4,5 Millionen €. Die beiden Flensburger Hochschulen, die Universität und die Fachhochschule, haben für ihre gemeinsame Hochschulbibliothek jährlich einen Ankaufetat von etwa 200.000 € bei gut 5.000 Studierenden. Und für die Verlagerung eines Studiengangs - unter all diesen geradezu aberwitzigen Begleiterscheinungen - wird ein Betrag von 3,5 Millionen € angesetzt! Dies muss man einmal miteinander in Beziehung setzen und sehen, was es bedeutet.

Im Übrigen ist es jämmerlich wenig, was die beiden Flensburger Hochschulen für ihre Bibliothek zur Verfügung haben. Ich habe dieses Beispiel schon einmal genannt: Im vergangenen Jahr ist ein Kieler Privatdozent an einen Lehrstuhl in einem geisteswissenschaftlichen Fach nach Mainz berufen worden und bekommt dort wie seine anderen Kollegen an der Fakultät einen jährlichen Etat für seinen Lehrstuhl für Bücherankäufe von 20.000 €. Das heißt, in Mainz haben zehn ordentlich ausgestattete Universitätsprofessoren einen Bibliotheksetat, der dem gemeinsamen Bücherankaufetat der beiden Flensburger Hochschulen, der Universität und der Fachhochschule, bei gut 5.000 Studierenden entspricht. Dies ist das Gefälle, das wir inzwischen bei der Ausstattung der Hochschulen unseres Landes im Vergleich zu anderen Standorten haben.

Wenn man sich anschaut, was andere Länder für ihre Hochschulen tun, Frau Erdsiek-Rave, dann sollte Ihr Stolz, den Sie hier verbreitet haben, schon etwas bescheidener sein. In Rheinland-Pfalz hat der Vorsit

zende der FDP-Landtagsfraktion, Werner Kuhn, Anfang des Jahres eine Initiative zu einem Hochschulsonderprogramm des Landes ergriffen. Das hat die Landesregierung jetzt beschlossen. Auf fünf Jahre verteilt umfasst es insgesamt 125 Millionen €, also 25 Millionen € pro Jahr, als zusätzliche Maßnahme zur Strukturverbesserung im Hochschulbereich in Rheinland-Pfalz. Dies ist im Zweifelsfall bundesweit das Vorbild und nicht das, was Sie in SchleswigHolstein bislang zustande gebracht haben.

(Beifall bei der FDP)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Birk das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren von der Opposition! Man kann kontrollieren, ob die Umsetzung der beschlossenen Hochschulstrukturreform tatsächlich läuft. Hierbei ist Kritik im Detail unter Umständen berechtigt. Man kann aber auch schon vorher den Motor abwürgen. Wir jedenfalls wollen dazu beitragen, dass der Wagen läuft. Bei Ihren Beiträgen, Herr de Jager, Herr Dr. Klug, bin ich mir da nicht so sicher.

(Beifall bei der SPD)

Die Maßnahmen sind zugegebenermaßen nicht für alle bequem. Aber nur alle zusammen bringen sie den Hochschulen mehr Effizienz, Transparenz und Exzellenz und das ist wohl das Ziel, das hoffentlich das gesamte Haus verfolgt.

(Beifall bei der SPD)

Es ist richtig, auf die Tube zu drücken, damit Zeitpläne auch eingehalten werden. Insofern kann ich den kritischen Nachfragen der Opposition folgen. Auch wir wollen, dass Studierende überall, also auch in Flensburg und Lübeck, die von der Landesregierung angekündigten guten Studienbedingungen in ihren Fachbereichen vorfinden, auch in denjenigen, die gerade umziehen. Aber im Ernst: Viele der Details, die Sie hier vorbringen, gehören besser in den Bildungsausschuss und nicht in einen gesetzten Termin wie heute hier im Plenum.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Ich möchte Ihnen allerdings an einer Stelle Recht geben. Auch wir finden es bitter, dass der von uns immer geforderte Innovationsfonds nun als Allererstes ausgerechnet Umzugskosten decken soll, Frau

(Angelika Birk)

Ministerin. Ich sage das einmal so. Dafür ist er wirklich nicht gedacht.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Wir richten aber gleichzeitig angesichts eines beschlossenen Haushalts, den wir hier letztes Jahr vorgestellt haben, an die Opposition die Frage: Wo drucken Sie das Geld?

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Man muss dann auch Ross und Reiter nennen und sagen, welche Maßnahmen im Hochschuletat gegebenenfalls zurückgestellt werden sollen.

(Veronika Kolb [FDP]: Das muss man doch vorher überlegen und nicht anschließend!)

Sie haben hier deutlich gemacht, dass Sie das kritikwürdig finden. Wenn wir uns dieser Kritik anschließen, dann lassen Sie uns aber im Bildungsausschuss angesichts von Zielvereinbarungen mit fünf Jahren Planungssicherheit darauf schauen, woher wir das Geld nehmen.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Sie können nicht einerseits sagen, das sei irgendwie verkehrt, und zum anderen sagen, der Rest interessiert uns nicht.

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD - Martin Kayenburg [CDU]: Wer ist denn für den Haushalt zu- ständig? Das ist unglaublicher Blödsinn!)

Jetzt kommen wir nämlich auf den entscheidenden Punkt: Die Zielvereinbarungen wollen Sie jetzt einseitig dem Ministerium in die Schuhe schieben. Sie wollen auch die Probleme, die im Augenblick entstehen, einseitig dem Ministerium in die Schuhe schieben. Angesichts dessen frage ich: Wie ist das denn mit der Autonomie der Hochschulen? Wenn wir einen Mediator brauchen, um so etwas wie den Umzug von Heide nach Flensburg zu bewerkstelligen, spricht dies - das sage ich in aller Vorsicht - nicht gerade für die Mündigkeit der beteiligten Partner, nämlich für diese beiden Hochschulen. Sie brauchen jemanden, der dafür sorgt, dass sie überhaupt an einem Tisch sitzen.

(Widerspruch bei der CDU)

Eigentlich hatte ich mir vorgestellt, dass wir nicht für alle diese Prozesse Mediatoren brauchen. Ich finde es sinnvoll, dass sich jemand dieser Aufgabe annimmt. Ich unterstreiche ausdrücklich, dass wir die Bemühungen von Herrn Professor Haensel unterstüt

zen sollten. Ziel muss es aber doch sein, dass Zielvereinbarungen, die unterschrieben werden, dass Zeitpläne, zu denen sich die Hochschulen verpflichtet haben, durch entsprechende Bemühungen der Hochschulen auch eingehalten werden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Es kann doch nicht so sein, dass wir uns jetzt als Parlament zum Oberkontrolletti der Hochschulen machen und überprüfen, ob jeder einzelne Schritt von den Hochschulen auch wirklich eingehalten wird. Ich finde, in diesem Punkt fallen Sie in einen Bürokratismus zurück, den wir doch eigentlich vermeiden wollten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Jetzt komme ich zu dem Punkt, der für die gesamte Hochschullandschaft in Schleswig-Holstein entscheidend ist: Die Evaluationsergebnisse von Forschung und Lehre sollen Einfluss auf die Mittelvergabe haben. Frau Erdsiek-Rave hat hier von 15 Kriterien gesprochen, die es nun künftig einzuhalten gilt. Ich betone ausdrücklich: Es freut mich, dass Sie auch den Gender-Aspekt hier inhaltlich als eines der Kriterien vorgemerkt haben. Das war auch etwas, was Ihnen von der Opposition damals bei den Zielvereinbarungen nicht gepasst hat, dass Rot-Grün nämlich gesagt hat: Auch das muss beispielsweise ein Kriterium sein; darauf legen wir hier im Parlament Wert.

Ich finde, es ist ein Riesenschritt nach vorn, wenn wir tatsächlich zu dieser Art der Mittelvergabe kommen. Dann entsteht nämlich ein Anreizmechanismus in den Hochschulen selbst, ihr Management so zu regeln, dass sie tatsächlich das erfüllen, was sie sich mit den Zielvereinbarungen vorgenommen haben. Natürlich baut sich hiergegen Widerstand auf - das ist gar nicht anders zu erwarten -, weil bestimmte Arten von Entscheidungen, wie sie bisher getroffen wurden, damit über den Haufen geworfen werden. Insofern finde ich es auch richtig, dass wir uns der Hilfe von Mediatoren und Moderatoren bedienen. Das kann aber eigentlich nur für eine Übergangsphase gelten. Die Mechanismen der Zielvereinbarungen und die entsprechende Evaluationsergebnisse müssen in Zukunft für sich selbst wirken. Es muss zukünftig so sein, dass wir hier im Parlament die Grundlagen festlegen, dass wir über einen Hochschulplan diskutieren, der für die nächsten Jahre Planungssicherheit gibt. Es kann aber nicht so sein, dass wir hier im Parlament nun jeden einzelnen kleinen Schritt nachjustieren, der eigentlich Thema zwischen Hochschulen untereinander oder Thema innerhalb einer Hochschule oder

(Angelika Birk)

allenfalls zukünftig Thema zwischen einer Hochschule und einer Akkreditierungsinstitution sein sollte.

Frau Abgeordnete Birk, erlauben Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich bin am Ende meines Beitrags. - Ich muss sagen, dass ich in dieser Debatte von der Opposition ein bisschen mehr Substanz erwartet hätte.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Was Sie hier vorgelegt haben, war wirklich Kleinklein und lohnt nicht zehn Minuten der Kritik.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Ich erteile jetzt der Frau Abgeordneten Spoorendonk das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der SSW begrüßt den Berichtsantrag der CDU, denn nach der Phase der Weichenstellung im letzten Jahr wüssten auch wir gern, wie es mit der Umsetzung der Strukturmaßnahmen im Hochschulbereich aussieht. Dabei möchte ich noch einmal daran erinnern, dass wir vom SSW den Reformprozess von Anfang an positiv begleitet haben. Aus unserer Sicht geht kein Weg daran vorbei, diesen Prozess weiterzuführen.

(Beifall beim SSW)

Der neue Hochschulvertrag und die Zielvereinbarungen stellen nicht nur unter finanziellen, sondern auch unter inhaltlichen Gesichtspunkten eine wesentliche Verbesserung der Rahmenbedingungen für unsere Hochschulen dar.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Das sollte man wirklich nicht vergessen, auch wenn es bei der Umsetzung an der einen oder anderen Stelle noch hakt.

Zu den guten Nachrichten gehört ohne Zweifel, dass die grenzüberschreitenden Studiengänge in Flensburg gestärkt worden sind. Hinzu kommt - auch darüber darf man sich freuen -, dass sich die Syddansk Universitet Odense mehr als bisher in Flensburg engagiert, da man sich unter anderem mit der Einführung der Bachelor/Master-Abschlüsse von einigen

altbekannten Problemen verabschieden konnte. Aber mehr darüber, wenn wir über den Tagesordnungspunkt betreffend den „Bologna-Prozess“ sprechen! Dieses gesteigerte Engagement ist wirklich keine Selbstverständlichkeit, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das möchte ich in Klammern noch hinzufügen.

Darüber hinaus haben die beiden Flensburger Hochschulen nun auch ein gemeinsames Konzept für die grenzüberschreitenden Studiengänge erarbeitet. Also ein Erfolg auf ganzer Linie.

Zum Problem des Umzugs des Bereichs Sonderpädagogik hat die Ministerin schon einiges gesagt. Ich denke mir, dass es auch hier zu einem Erfolg kommen wird. Ich erwarte von den beiden beteiligten Hochschulen jedenfalls nichts anderes.