Protokoll der Sitzung vom 28.05.2004

In den anstehenden Bundesratsverhandlungen haben wir somit eine gute Ausgangsposition geschaffen.

Die FDP schreibt in ihrem Antrag weiter von der Umverteilung des Direktausgleichs zwischen den Betrieben. Also, von einem Direktausgleich zwischen landwirtschaftlichen Betrieben höre ich durch Ihren Antrag zum ersten Mal in einer agrarpolitischen Debatte. Vielleicht könnten Sie erklären, was das sein soll. Ich kann mir natürlich denken, dass Sie damit das Regionalmodell meinen und ansprechen wollten, in welcher Geschwindigkeit wir dahin kommen. Drücken Sie das doch einfach korrekt aus.

Bei der FDP geht es mit Nebelkerzen weiter. Maßnahmen sollen sein: In den Bereichen der Milchviehhaltung und Tierhaltung erst 2010 mit dem Abschmelzen der entkoppelten Betriebsprämie zu beginnen. Sie wissen doch genau oder Sie wissen es nicht - beides ist gleich schlimm -, dass die bisherigen Agrarprämien so verteilt sind, dass die milchwirtschaftenden Gründlandbetriebe deutlich im Nachteil sind. Wenn Sie die so ungerechte Verteilung bis 2010 einfrieren wollen, dann hat die Milchwirtschaft, der Sie angeblich helfen wollen, dadurch eindeutig den Schaden.

Die FDP schreibt dann noch etwas von Modulation. Machen Sie bitte einen Vorschlag, Herr Hildebrand, wie Sie sich das vorstellen, zugunsten der Grünlandbetriebe hier weitere Programme zu kreieren. Selbstverständlich sind wir da für solche Vorschläge offen.

Cross Compliance! Dazu hatten wir uns im Ausschuss verständigt - weil es sich um eine sehr komplexe Thematik handelt, zu der ich jetzt etwas sagen könnte, aber nicht will -, dass uns das Ministerium zu diesen komplizierten Fragen noch einmal etwas vortragen wird.

Ich finde es schade, dass die FDP nach der sehr konstruktiven Diskussion im Ausschuss - der SPDKollege Fritz Wodarz hat das schon angesprochen; wir hatten dort alle Anträge auf dem Tisch und haben dann aus dem SSW-Antrag, dem CDU-Papier und den rot-grünen Vorstellungen gemeinsame Positionen erarbeiten können -, nun heute hier im Plenum trotzdem Ihren Antrag vorlegt. Das hat nur etwas mit Profilierung zu tun. Das gelingt allerdings in keiner Weise. Phrasen, weiße Salbe und Nebelkerzen, gewürzt mit „Antiumwelt“ und Unkenntnis - das ist die Agrarpolitik der FDP! Wir lehnen den Antrag ab.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich aus aktuellem Anlass noch auf eine Sache hinweisen: Es besteht im Plenarsaal absolutes Handyverbot. Das gilt auch für Abgeordnete und Mitglieder der Regierung.

(Vereinzelter Beifall)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Harms.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie auch schon die Vorredner sagten, muss man den Antrag der FDP natürlich vor dem Hintergrund unseres Antrages zur Entkoppelung in der Landwirtschaft vom November 2003 betrachten. Wir haben ja den FDP-Antrag deshalb schon in der letzten Agrarausschusssitzung quasi mit beraten, auch wenn dies leider nicht protokolliert wurde. Ich nehme an, das ist der Hintergrund, warum der Antrag noch einmal gestellt worden ist.

(Günther Hildebrand [FDP]: Unter ande- rem!)

Zukünftig werden Direktzahlungen von der Produktion entkoppelt und an andere Kriterien gebunden. Man will auch in der Landwirtschaft weg von Produktionsprämien hin zu einer mehr marktwirtschaftlich orientierten Landwirtschaft - das wird auch vom Bauernverband inzwischen so gesehen. Worauf wir hierbei aber zu achten haben ist, dass bei der Umstellung der Prämienzahlungen die Interessen des Landes gewahrt bleiben. Dieses Ziel haben wir seinerzeit auch in unserem Antrag zur Entkoppelung formuliert.

Deshalb ist es positiv, dass man sich auf Bundesebene weitgehend auf das so genannte Regionalmodell geeinigt hat. Das heißt, die auszuzahlenden Prämien orientieren sich an dem, was bisher in den einzelnen Bundesländern gezahlt wurde. Es wird zwar nach heutigem Stand Einbußen für uns geben, aber wenn wir bisher bezogen auf unser Land überdurchschnittlich hohe Prämienzahlungen erhalten haben, weil die Produktionsbedingungen hierzulande so gut sind, dann mussten wir auch mit Einschnitten rechnen. Würden wir eine nationale einheitliche Prämie erhalten, müssten wir mit Verlusten von bis zu 50 Millionen Euro rechnen. Das galt und gilt es zu verhindern und dies war ein Ziel unseres Antrages von November letzten Jahres.

Weiter haben wir seinerzeit in unserem Antrag gefordert, dass der Übergang von Betriebs- zu Flächenprämien über einen längeren Zeitraum erfolgen sollte. Dieses Ziel wird von der Landesregierung leider

eher halbherzig verfolgt. Im Bericht zur Entkoppelung in der Landwirtschaft steht, dass sie die im Referentenentwurf zur Entkoppelung vorgesehene Übergangsphase bis ins Jahr 2012 als zu lang ansieht. Wir sehen dies anders. Die Betriebe haben mittel- und langfristig in ihre Strukturen investiert und haben sich auf die bestehende Förderkulisse verlassen. Wenn diese jetzt – weil politisch gewollt - geändert wird, müssen wir auch eine entsprechende Übergangsphase haben. Die EU erlaubt eine Übergangsphase bis 2012 und ich glaube, acht Jahre sind nicht zuviel. Deshalb muss die Landesregierung hier ihre Haltung korrigieren und wir freuen uns natürlich, dass wir anhand unseres Antrages für diese Sichtweise auch eine Mehrheit gefunden haben. Denn so hat sich der Ausschuss geäußert.

Die Modulationsmittel werden inzwischen schon für alle möglichen Maßnahmen verplant. Da wurde in der Vergangenheit vorgeschlagen, diese Mittel in Programme für die Direktvermarktung zu stecken und es gibt natürlich auch den berechtigten Wunsch, das Geld in die Entwicklung des ländlichen Raumes zu leiten. Andere sagen, das Geld soll in AgrarUmweltmaßnahmen fließen und der Umweltminister wird dabei schon konkret, in dem er das Geld für die Entschädigungen in den Vogelschutzgebieten Eiderstedt und Eider-Treene-Sorge verplant. Die FDP schlägt nun vor, die Finanzmittel für benachteiligte Grün-landbetriebe zu verwenden. Die Vielzahl der Vorschläge zeigt, dass wir mehr Geld brauchen als wir haben. Wenn wir aber wollen, dass Naturschutzmaßnahmen wie Vogelschutz- und FFH-Gebiete akzeptiert werden, müssen wir deren Finanzierung auf sichere Beine stellen und da bieten sich die Modulationsmittel an.

Der Strukturwandel in der Landwirtschaft muss sozialverträglich gestaltet werden. Die EU-Verordnung zur Entkoppelung der Prämien erlaubt den Mitgliedstaaten, bis zu 10% der bisherigen Ausgleichszahlungen in einem bestimmten Sektor für spezielle Ergänzungszahlungen einzusetzen. Ein solcher bestimmter Sektor könnte zum Beispiel der von der Entkoppelung besonders betroffene Sektor der intensiven Rindermastbetriebe sein. Die Ergänzungszahlungen könnten dort für besondere Formen der landwirtschaftlichen Tätigkeit, zum Beispiel für Verbesserung der Umwelt, Qualität des Produktes oder Direktvermarktung, eingesetzt werden. Dass sich die Landesregierung und auch die Parlamentsmehrheit hierzu nicht durchringen konnten, bedauern wir sehr, weil man so besondere Härten für diese Betriebe und deren Beschäftigte abmildern und gleichzeitig - ebenso wie an anderer Stelle - nachhaltige Ziele erreichen könnte.

(Lars Harms)

Die meisten im Antrag der FDP aufgeführten Punkte sind entweder schon entschieden oder aber schon in unseren Antrag vom November angesprochen, deshalb ist der Antrag eigentlich inhaltlich nicht nötig. Wir werden diesen Antrag ablehnen und natürlich der Beschlussempfehlung zustimmen.

(Beifall beim SSW und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort hat Herr Minister Klaus Müller.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren! Lieber Claus Ehlers, das Interesse der CDUFraktion an diesem Thema, das uns zurzeit vorliegt, ist momentan bombastisch. Das hat offensichtlich etwas mit eurem internen Einfluss zu tun.

Verehrte Damen und Herren! Die heutige Debatte ist bereits die dritte oder vierte zu diesem Thema.

(Zuruf von der CDU: Das spricht für die Be- deutung des Themas!)

Wir hätten uns nach der langen und eigentlich sehr konstruktiven Debatte im Agrarausschuss die heutige Behandlung ersparen können. Da aber das Anliegen der FDP besteht, auf die Kernpunkte noch einmal einzugehen, möchte ich das gerne tun.

Es ist schon merkwürdig, dass hier die Reform des Kommissars Fischler als Scherbenhaufen bezeichnet wird. Man soll doch nie vergessen, dass er Mitglied einer christdemokratischen Partei in Österreich ist und insofern von den heutigen Hauptkritikern ideologisch und politisch nicht weit entfernt ist. Ich will mich an dieser Stelle ausdrücklich hinter Franz Fischler stellen, weil er mit seiner Agrarreform, die die Unterstützung der Mehrheit der Agrarminister der EU - die momentan tendenziell eher christdemokratisch orientiert sind - gefunden hat, eine Reform eingeleitet hat, die ihresgleichen suchen kann und wirklich Bahnbrechendes für die Landwirtschaft bewegt.

Warum tut sie das? - Weil sie endlich dazu führt, die Kompliziertheit der verschiedensten Prämienzahlungen, die es zurzeit gibt, zu entrümpeln und das Prämiensystem zu einem einfacheren marktwirtschaftlichen und damit ökologischeren Bestandteil der Agrarunterstützung zu machen. Darauf hat die Agrarpolitik seit Jahren - eigentlich seit Jahrzehnten - gewartet. Dies ist höchst überfällig und dass dieses jetzt Renate Künast und Franz Fischler gemeinsam Hand

in Hand auf den Weg gebracht haben, ist ein eindeutiger Fortschritt für die Landwirte.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt gehe ich in die Historie zurück und schaue, was die CDU in dieser Husumer Erklärung kundgetan hat, was die FDP-Fraktion seit Jahren vertreten hat; RotGrün weiß das schon viel länger. Vor diesem Hintergrund sehe ich einen großen Konsens und die kleinlichen Auseinandersetzungen, die hier zu schüren versucht werden, eigentlich schlicht überflüssig und eher von Peinlichkeit getragen.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Die Position der Landesregierung ist in diesem Punkt ausgesprochen konsistent. Seit dem ersten Mal, seit wir dieses diskutierten, hat die Landesregierung Ja zu einer schnellen vollständigen Koppelung gesagt; dieses wird so eintreten. Wir haben von Anfang an Ja zu einer einheitlichen regionalen Flächenprämie als Honorierung der Gemeinwohlleistung der Landwirte gesagt; dieses wird kommen. Wir haben von Anfang an Ja zu ausreichenden Übergangsfristen zur Vermeidung von Einkommenseinbrüchen gesagt; dieses wird so kommen. Wir haben von Anfang an Ja zu Cross Compliance gesagt, das heißt zur Verknüpfung von Subventions- und Umweltrecht; dieses wird so kommen. Und wir haben uns von Anfang an für die Modulation stark gemacht, als CDU und FDP davon noch nichts wissen wollten; dieses wird so kommen.

Das heißt, die Position der Landesregierung hat von Anfang genau an auf der Linie gelegen, wie sie jetzt von 13 von 16 Bundesländern unterstützt wird.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Unruhe)

Ich bitte um etwas mehr Ruhe. Es ist eindeutig zu laut. - Herr Minister, Sie haben wieder das Wort.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch drei Bemerkungen machen und dann die Debatte zum Abschluss führen.

Erstens. Eine Position - wie von CDU und FDP vertreten -, die besagt, wer leistungsstark sei - ja, das ist unsere Landwirtschaft in Schleswig-Holstein -, der müsse auch dauerhaft mehr Subventionen bekommen

(Minister Klaus Müller)

als andere, empfehle ich Ihnen in anderen Politikbereichen durchzudeklinieren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich kann mir kaum vorstellen, dass Sie für diese Vorstellung bei einem normal sterblichen Menschen draußen auf der Straße irgendein Verständnis fänden. Ihrer Ansicht nach muss jemand, der stark, produktiv und effizient ist, auch noch ein überdurchschnittliches Mehr an staatlichen Subventionen bekommen. Lassen Sie uns, verehrte Damen und Herren Agrarpolitiker der traditionellen Schule, einmal darüber nachdenken, ob das nicht ein Hauptargument dafür ist, warum die Öffentlichkeit leider nicht so hinter der Agrarpolitik und der Unterstützung unserer Landwirte steht, wie sie es eigentlich verdienen würden.

Gleiches gleich, Ungleiches ungleich behandeln. - Natürlich geht das. Dann sollten aber wettbewerbsstarke Regionen auf diese Wettbewerbsstärke vertrauen können. Unsere Landwirte können und tun das.

Zweite Bemerkung. Hier wird immer wieder kritisiert, Schleswig-Holstein werde 18 Millionen € von seinem historischen Vorteil verlieren. Ja, danach sieht es aus. Verehrte Damen und Herren, Ihre Politik eines Status quo, eines Kopf-in-den-Sand-Steckens wie bei Straußen und eines einfachen lauten Nein-Blökens würde dazu führen, dass wir 50 Millionen € verlieren.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Sie wissen, dass die treibenden Kräfte in BadenWürttemberg - CDU und FDP -, die treibende Kraft im Saarland - CDU - und die Kräfte in vielen anderen Bundesländern mit dazu beitragen, dass wir zu einer Umverteilung kommen. Sie wissen genau, dass diese Position im Bundesrat die Mehrheit hat. Sie sind scheinheilig und unredlich in dieser Angelegenheit. Sie streuen den Landwirten Sand in die Augen. Das ist keine ehrliche Politik, die Sie hier betreiben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Letzte Bemerkung. Sie setzen sich für eine lange Übergangsfrist ein. Ich hätte mir gewünscht, dass Frau Todsen-Reese, Frau Sassen und andere dazu geredet hätten. Sie betreiben eine Politik, mit der Sie gerade den Eiderstedter Landwirten, die darauf angewiesen sind, eine Grünlandprämie zu bekommen, in den Rücken fallen. Da ist die Position der Landesregierung ehrlicher, fairer und gerechter.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Zu einem Kurzbeitrag nach § 58 Abs. 2 der Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Hildebrand das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will nicht auf alles Gesagte eingehen, aber einige Punkte bedürfen der Erläuterung.