Protokoll der Sitzung vom 16.06.2004

(Beifall bei der FDP - Widerspruch bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ihre Parteifreunde in Berlin bekommen zwar kaum etwas hin, aber dass die Steuererhöhungspolitik von Frau Simonis unsinnig ist, das begreifen sogar Schröder, Eichel und Co.

(Vereinzelter Beifall bei FDP und CDU)

Aber man kann Frau Simonis nicht nachsagen, sie verzichte in Schleswig-Holstein auf das, was sie von anderen fordert: Im Lande treibt sie die Abgabensätze nach oben oder lässt sie nach oben treiben, in diesem Fall von Umweltminister Müller.

Im Haushaltsgesetz wurde die Grundwasserentnahmeabgabe erhöht. Weil das im Haushaltsgesetz nur befristet möglich ist, will die Landesregierung die Abgabe jetzt unbefristet erhöhen. Aber warum? Weil die Landesregierung noch mehr Geld ausgeben will, meine Damen und Herren. So steht es im Bericht und

(Günther Hildebrand)

im Gesetzentwurf. Er habe die Abgabe anheben müssen, schreibt Herr Müller, weil der Finanzierungsbedarf gestiegen sei. Dabei verwickelt er sich allerdings in zwei Widersprüche.

Erstens hat die SPD die Abgabe eingeführt, damit Menschen und Unternehmen weniger Wasser verbrauchen. Menschen und Unternehmen haben normal darauf reagiert: Grundwasser zu verbrauchen, wurde teuerer, und sie verbrauchen weniger Grundwasser. Das hat der Minister soeben auch festgestellt. Deshalb fallen die Einnahmen seit die Abgabe erhoben wird. Allerdings erklärt Herr Müller nirgendwo im Bericht oder im Gesetzentwurf, dass in Schleswig-Holstein zu viel Wasser verbraucht werde. Also gibt es auch keinen Grund, die Lenkungsabgabe zu erhöhen.

(Beifall der Abgeordneten Herlich Marie Todsen-Reese [CDU])

Zweitens hat Rot-Grün im Dezember großzügig entschieden, dass ein Viertel der Abgabe gar nicht gebraucht wird, um das Grundwasser noch besser zu schützen. Dieses Geld soll gleich in den Stegnerschen Haushaltslöchern verschwinden.

Das hat nun gar nichts mit einer umweltpolitischen Lenkungsabgabe zu tun.

(Beifall bei FDP und CDU)

Hier lenkt Rot-Grün nur die Einnahmen aus der Abgabe in die Irre. Dies ist ein kläglicher Versuch, die Folgen der unverantwortlichen rot-grünen Ausgabenwut zu kaschieren.

Wie bekannt, bleiben die Einnahmen des Landes bei Rot-Grün stets weit hinter den Ausgaben zurück. Deshalb trägt die Landesregierung seit Jahren den traurigen Titel des Schuldenmeisters. Angesichts der schlechten wirtschaftlichen Lage und der Massenarbeitslosigkeit in Schleswig-Holstein möchte man meinen, die Landesregierung sehe endlich ein, dass das Land aus der Misere nur herauskommt, wenn es seine Ausgaben seinen Einnahmen anpasst.

(Martin Kayenburg [CDU]: Herr Müller kann nicht, er hört nämlich nicht zu!)

Aber was interessieren die Landesregierung schon das Anwachsen der Arbeitslosenzahl und die Schicksale der Arbeitslosen? Wenig. Sonst würde sie zumindest versuchen, für mehr Wachstum, mehr Beschäftigung und weniger Arbeitslosigkeit zu sorgen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Was interessiert das Herrn Müller? Gar nicht. Das beweist er uns täglich mit den FFH-GebietsAusweisungen.

Es gibt weder einen wichtigen noch einen dringenden Anlass, die Grundwasserentnahmeabgabe schon jetzt für die Zeit nach 2005 zu erhöhen.

(Vereinzelter Beifall bei FDP und CDU)

Im Gegenteil: Angesichts der allgemeinen wirtschaftlichen Lage, der hohen Arbeitslosigkeit und des überdurchschnittlichen Niveaus beim Umweltschutz gibt es überhaupt keinen Grund, in Schleswig-Holstein irgendeine Abgabe oder Steuer zu erhöhen oder das auch nur anzukündigen,

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

wäre da nicht die rot-grüne Torschlusspanik. Mit operativer Hektik bemühen sich SPD und Grüne jetzt verzweifelt, 16 Jahre geistige Windstille auszugleichen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir nehmen den Bericht zur Kenntnis und lehnen den Gesetzentwurf ab. Im Rahmen der Haushaltsberatungen haben wir schon sinnvolle Änderungen beantragt. Selbstverständlich werden wir sie erneut einbringen. Im Übrigen können die Menschen und Unternehmen den Ausgang des Verfahrens getrost abwarten. Nach dem 20. Februar ist Zeit genug, diesen rot-grünen Murks zu beenden.

(Beifall bei FDP und CDU)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen.

Danke, Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Das Bundesverfassungsgericht hat die Grundwasserabgabe Ende 2002 für rechtens erklärt. Wer mehr Wasser als andere verbrauche, habe einen größeren Vorteil. Dieser Sondervorteil könne abgeschöpft werden, so wörtlich die Richter in der Begründung ihres Urteils.

Seit 1994 ist die Abgabe nicht mehr angepasst worden. Gleichzeitig erfordert der Schutz des Grundwassers zunehmend erhöhte Aufmerksamkeit. In den tiefen Grundwasserschichten ist meist noch keine Belastung durch Nitrate und Pestizide festzustellen. In den oberflächennäheren Schichten wurde und wird das Grundwasser jedoch in zunehmendem Maße durch die übliche landwirtschaftliche Praxis belastet. Deshalb mussten in der Vergangenheit in SchleswigHolstein eine Unmenge von Haus- und Gemeinde

(Detlef Matthiessen)

brunnen geschlossen werden, so auch in meiner Gemeinde Osterby. Belastungen durch Wasser gefährdende Stoffe aus Industrie und Gewerbe dagegen sind in Schleswig-Holstein meist lokal begrenzt und von geringer Bedeutung. Die jetzt als Änderung des Grundwasserabgabengesetzes vorgeschlagene Regelung vollzieht die durch das Haushaltsgesetz beschlossene Änderung der Grundwasserabgabe nach und schafft eine dauerhafte gesetzliche Grundlage, da das Haushaltsgesetz mit Ende des Haushaltsjahres 2005 nicht mehr fortgilt.

Ich weise außerdem ausdrücklich darauf hin, dass die Ressource sauberes Wasser eine endliche ist, selbst bei uns in Schleswig-Holstein, auch wenn es uns hier relativ gut geht. Wir haben im Wasserdargebot ausschließlich eine Entnahme aus Grundwasser, fast keine Uferfiltratbrunnen und gar keinen Oberflächenentnahmen. Das haben wir nur als Reserve vorgesehen, zum Beispiel durch die Ausweisung der fünf größten Seen als Dargebotsreserve. Ich hoffe, da werden wir nie hinkommen.

Der Umgang mit dem Lebensmittel Nummer 1 muss auch in unseren Breiten zukünftig bewusster und sparsamer erfolgen als bisher. Wenn der Minister von einem Wasserverbrauch von 123 l je Tag und Bürgerin beziehungsweise Bürger berichtet, so zeigt dies, dass wir Trinkwasser immer noch auf recht hohem Niveau verbrauchen. Insofern kann die Erhöhung auch der Schärfung des Verbraucherbewusstseins dienen. Wasser ist ein kostbarer Rohstoff.

(Zuruf der Abgeordneten Ursula Sassen [CDU])

- Frau Sassen, es ist richtig: In zehn Bundesländern wird die Grundwasserabgabe erhoben. Sechs Bundesländer verzichten darauf. Das ist machbar, wenn in den Landeshaushalten genügend Mittel zur Verfügung stehen, um den Grundwasserschutz öffentlich zu finanzieren. Dies widerspricht allerdings dem Gebot einer verursachergerechten Kostenanlastung bei der Nutzung von Gütern.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die EU hat in Artikel 174 Abs. 2 des EG-Vertrages das Verursacherprinzip verankert. Der Verzicht auf eine Abwasserabgabe ist insofern in den Bundesländern, die darauf verzichten, marktverzerrend. Es ist auch ein Verdienst der Grünen, das Bewusstsein dafür geschärft zu haben, dass Luft, Wasser, Boden und andere Umweltmedien nicht freie Güter in unserer Volkswirtschaft sind.

Der Wasserpreis in Schleswig-Holstein ist bundesweit einer der niedrigsten. Dies ist ein zweifellos

positiver Standortfaktor. Das wollen wir erhalten. Dafür müssen wir etwas tun. Die Grundwasserabgabe dient auch dazu, das zu finanzieren. Wir werden dies zu 75 % aus den Erträgen der erhöhten Grundwasserabgabe einsetzen. Zum Beispiel werden zur Vermeidung von Stoffeinträgen aus der Landwirtschaft im Vorfeld der Ausweisung von Wasserschutzgebieten - erst 16 von 53 landesweit sind ausgewiesen - vertragliche Regelungen getroffen und eine freiwillige betriebliche Beratung für eine Grundwasser schonende Landwirtschaft angeboten. Mehrere Landkreise - wir wissen, dass in unseren durchgeschwärzten kommunalen Familien auch CDU-Landkreise sind - forderten es bereits. Daher ist neu in der Zweckerfüllung des Gesetzes die Waldwirtschaft aufgenommen. Das freut mich besonders. Das bezahlt dem Waldbesitzer einen Teil der Wohlfahrtsfunktion seines Waldes. Wasserschutz ist Investition in die Zukunft.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Das Wort für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag erteile ich Herrn Abgeordneten Lars Harms.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der Einführung der Grundwasserentnahmeabgabe hat die Landesregierung ein Steuerungsinstrument auf den Weg gebracht, das dazu beiträgt, dass sparsamer und schonender mit der Ressource Wasser umgegangen wird.

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zuruf von der CDU: Dummes Zeug!)

Gleichzeitig ist es aber auch eine Einnahmequelle für das Land. Bereits Ende letzten Jahres wurde die Erhöhung der Grundwasserentnahmeabgabe strittig diskutiert. Das mag niemanden weiter verwundern, da Abgaben immer unangenehm sind. Wir müssen uns aber vor Augen führen, dass es in diesem Land politische Ziele gibt, die sich nur durch diese Einnahme verwirklichen lassen. So werden 75 % der GruWAGMittel für Maßnahmen des Gewässerschutzes, zum Grundstücksankauf für den Gewässerschutz sowie für die Neuwaldbildung oder für den Bau von Wasserversorgungsanlagen ausgegeben.

(Beifall des Abgeordneten Friedrich-Carl Wodarz [SPD])

Der SSW hat bereits im Dezember letzten Jahres einer Erhöhung der Abgabe durch das Haushaltsge

(Lars Harms)

setz zugestimmt, da diese Maßnahmen angesichts leerer Kassen anderweitig nicht finanzierbar wären. Wir wollen diese Maßnahmen politisch. Also bleibt nur die Einnahmeverbesserung. Das geht nun einmal nur über Steuern oder Abgaben. Die Grundwasserentnahmeabgabe ist eine solche Abgabe, die dazu dient, anstehende Aufgaben zu lösen. Darauf hat schon die Landwirtschaftskammer seinerzeit hingewiesen. So geht aus dem Geschäftsbericht der Landwirtschaftskammer hervor, dass die forstliche Förderung dank der Zweckbindung der Mittel auch in den nächsten Jahren auf dem alten Niveau fortführbar ist. Man hat also bei der Landwirtschaftskammer erkannt, wie wichtig die Grundwasserentnahmeabgabe ist, um die forstliche Förderung erhalten zu können. Sie würde sonst wegfallen.

(Vereinzelter Beifall bei SSW und SPD)

Wir wissen, dass genau diese Förderung in den vergangenen Jahren immer wieder bedroht war und nur unter erheblichem Aufwand aufrechterhalten werden konnte. Wir haben alle draußen bei den Demonstrationen einmal im Jahr während den Haushaltsberatungen gestanden. Daher ist es begrüßenswert, dass die Landesregierung hier die Wünsche und Planungen der Waldbesitzer berücksichtigt hat, damit die Forstwirtschaft weiterhin gefördert werden kann. Der vorliegende Gesetzentwurf sichert diesen Bereich der forstlichen Förderung endgültig. Das begrüßen wir ausdrücklich.

(Beifall des Abgeordneten Detlef Matthies- sen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Jedoch möchte ich darauf hinweisen, dass der SSW bei der Haushaltsberatung 2004/2005 angemerkt hat, dass er in die 75-prozentige Zweckbindung nur einwilligt, wenn sie lediglich für einen begrenzten Zeitraum gilt. Denn gerade die Zweckbindung stellt den Zusammenhang zwischen Abgabe und notwendiger Maßnahme her. Wir erheben eine Abgabe auf die knappe Ressource Wasser. Daher sollten die Einnahmen zu 100 % den Maßnahmen des Grundwasserschutzes zugute kommen. Ursache und Wirkung gehören zusammen. Dabei sollte es auch nach 2005 bleiben.