Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hoffe, Klaus-Peter, es ist immer noch okay. Das ist ganz ungewohnt, aber ich mache das gern.
Bis vor ein paar Jahren haben Gefahren oder Belästigungen durch Hunde in der politischen Debatte um öffentliches Ordnungsrecht kaum eine Rolle gespielt. Daher ist die parlamentarische Auseinandersetzung über die widerstreitenden Interessen der Hundehalterinnen und Hundehalter und der Allgemeinheit relativ neu. Sie hat sich zudem aus dem traurigen Anlass der Tötung eines kleinen Jungen heraus leider auf die Frage nach der Gefährlichkeit von so genannten Kampfhunden reduziert.
Zu diesem traurigsten Kapitel, das man sich vorstellen kann, will ich Ihnen nur in Erinnerung rufen: Das waren gefährliche Hunde. Es war ein „gefährlicher Hund“, der nicht angeleint, nicht erkennbar und nicht mit Maulkorb versehen war, der damals den kleinen Volkan in Hamburg getötet hat. Sicherlich waren in erster Linie die Halterin und der Halter dafür verantwortlich; das ist keine Frage. Aber die Tötung direkt ist durch den Hund erfolgt. Es war ein gefährlicher Hund. Das will ich nur noch einmal in Erinnerung gerufen haben, damit wir wissen, worüber wir reden.
Durch die in den letzten Jahren oft absurd zugespitzt geführten Debatten hat sich mir erstmals offenbart, welche Bedeutung der Hund und auch die öffentliche Wahrnehmung des eigenen Hundes für viele Menschen hat. Leider geriet durch die erbitterten Auseinandersetzungen um „gute“ und „böse“ Hunde manchmal das eigentliche Thema aus dem Blickfeld, nämlich die Entwicklung einer gesellschaftsverträglichen Form der Hundehaltung, besonders in Gebieten, in denen für Menschen der Platz auf Gehwegen, in Parkanlagen und auf Spielplätzen knapp wird, Gärten und Einzelhäuser eher nicht vorhanden sind.
egal ob im öffentlichen oder im privaten Raum, und daneben auch die Berücksichtigung des subjektiven Sicherheitsgefühls. Daher ist es uns wichtig, dass Spaziergänger und andere Unbeteiligte auf den ersten Blick erkennen können, ob ein Hund von den Behörden als gefährlich eingestuft wird. Ich weiß, dass die Halsbandregelung nach wie vor viel belächelt wird. Sie ist auch schwierig. Wir wissen noch nicht ganz genau, ob sie das tut, was sie tun soll, nämlich deutlich machen: Hier ist ein gefährlicher Hund, hier muss eingeschritten werden, wenn der Halter das nicht von sich aus tut. Uns ist erst einmal nichts anderes eingefallen. Vielleicht ergibt sich aus der Anhörung eine bessere Methode, kenntlich zu machen, bei welchen Hunden es sich um gefährliche Hunde handelt.
Besonders begrüße ich die Einführung einer obligatorischen Haftpflichtversicherung und Sachkundeprüfung. Bei Letzterer sollte es vor allem auch darum gehen, die große Anzahl der gefährlichen Vorfälle im privaten Raum zu reduzieren. Nach einer Untersuchung des Instituts für Tierschutz und Tierverhalten der FU in Berlin sind 70 % aller Hundebisse im Haushalt der Hundebesitzer zu verzeichnen. Zu 80 % sind die eigenen Kinder oder die der Nachbarn betroffen, so der Professor des besagten Institutes. Das heißt natürlich: Hundebesitzer selber haben offensichtlich kein Interesse daran, mit Sachkunde und mit Verantwortungsgefühl an Hunde heranzugehen. Ich sage das auch einmal in dieser Schärfe: Ich bekomme das in vielen Briefen gesagt. Die Zahlen von 70 und 80 % betroffener eigener Kinder oder Kinder der Nachbarn sprechen eine andere Sprache.
Ein Problem kann leider auch das beste Gesetz nicht lösen. Jede Vorschrift ist nur so wirksam wie ihr Vollzug. Der Vollzug der Gefahrhundevorschriften lag und liegt in den Händen der kommunalen Ordnungsbehörden. Wir hoffen, dass mit erhöhten gesetzlichen Anforderungen an die Halter gefährlicher Hunde kein neues Kontrolldefizit entsteht. Ich rege auch die Überlegung an, ob Kommunalbehörden mit dem Umgang mit aggressiven Hunden und den oft nicht minder aggressiven Haltern nicht überfordert sind, weil ihre Mitarbeiter aufgrund von Ausstattung und Ausbildung gar nicht in der Lage sind, sich selber wirksam zu schützten, geschweige denn die gesetzliche Normierung durchzusetzen.
Auch wenn Rasselisten vom Verfassungsgericht für verfassungsgemäß erklärt wurden, sehr geehrter Herr Minister, stelle ich ihren Sinn in Frage. Rassebezogene Regeln wie zum Beispiel der Maulkorbzwang können kaum kontrolliert werden. Das wird aber nötig sein. Aus vielen Briefen und Gesprächen habe ich
den Eindruck gewonnen, dass Rasselisten bei den Hundehaltern eher Uneinsichtigkeit als Verantwortungsgefühl erzeugen. Eine solche Liste ist aus Gründen der Bundeseinheitlichkeit auch nicht erforderlich, denn zumindest das Land Niedersachsen ist aus der Phalanx der einheitlichen Hundegesetzgebung bereits ausgeschert. Ich vermute, auch NordrheinWestfahlen. Wir sind noch dabei, das zu überprüfen.
Wir wollen Regelungen, die niedrigschwellig eingreifen und auf erwiesenes Verhalten abzielen. Hierbei ist auch auf subjektive Eindrücke Rücksicht zu nehmen. Es sollen nicht erst dann Sanktionen greifen, wenn Hunde gebissen haben, sondern auch dann, wenn sich das Tier ständig in Angst machender Weise verhält.
(Beifall des Abgeordneten Detlef Matthies- sen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Wolf- gang Kubicki [FDP]: Erklären Sie, was das ist!)
- Ich weiß, dass das ein unbestimmter Rechtsbegriff ist. Ich weiß, dass es schwierig ist, das zu beurteilen. Trotzdem möchte ich in dieser Debatte anmelden dürfen, dass es auch um diese Art Fragen geht, dass es auch darum geht, dass Hundebesitzer nicht das Recht haben, ihre Hunde in Angst machender Weise auf die Mitwelt loszulassen.
Jemand wie ich, der mit Hunden überhaupt nicht aufgewachsen ist, mit Hunden keine Erfahrungen hat, reagiert empfindlich auf einen Hund, der bellend auf einen zurast. Ich erhebe den Anspruch, dass ich in dieser Gesellschaft in einem Park, wo auch immer spazieren gehen kann, ohne dass irgendein wild gewordenes Etwas auf mich zurast, und sei es noch so klein. Ich bitte um Verständnis.
Für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag erteile ich jetzt der Frau Abgeordneten Silke Hinrichsen das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! - Ich hatte einmal einen sehr großen Hund, einen Bernhardiner. Das war mein absoluter Lieblingshund.
- Nein, das war er nicht. Er liebte zwar andere Hunde, aber leider hatten die anderen Hundebesitzer Angst, wenn so ein riesiger Bernhardiner auf sie zugestürmt
kam. Insofern kann ich die von der Kollegin Fröhlich geäußerten Befürchtungen verstehen, dass Personen Angst bekommen, wenn so ein Hund auf sie zugelaufen kommt. Der Hund wollte zwar nur spielen, aber das konnte er ja nicht sagen.
Wir erinnern uns noch gut an die Medienbilder von Opfern von Kampfhundattacken vor einigen Jahren. Dies hat seinerzeit in der Öffentlichkeit Diskussionen in Gang gesetzt und die Politik veranlasst, Regelungen zu finden, um die Gefahr vor gefährlichen Hunden zu minimieren.
Seit dieser Zeit hat es in Deutschland auf Bundes- sowie auf Länderebene mehrere Anläufe gegeben, um Regelungen zum Schutz der Menschen auf den Weg zu bringen - so auch hier. Im Juni 2000 wurde die so genannte Gefahrhundeverordnung erlassen. Mittlerweile müssen wir erkennen, dass die schleswigholsteinische Gefahrhundeverordnung vor dem Bundesverwaltungsgericht aufgrund der in der Verordnung genannten Hunderassen nicht Stand gehalten hat.
Im Nachhinein ist es natürlich immer leicht, zu sagen: Siehst du, liebe Landesregierung, genau das haben wir bereits vor Jahren kritisiert.
Der SSW hat seinerzeit zwar die Gefahrhundeverordnung kritisiert, wir waren aber der Auffassung: Solange es keine bundeseinheitliche Regelung zum Schutz der Menschen gibt, müssen Regelungen auf Landesebene gefunden werden. Dies hat aber leider nicht funktioniert.
Nun liegt uns der Gesetzentwurf der Landesregierung zur Vorbeugung und Abwehr der von Hunden ausgehenden Gefahren vor. Und das Erste, was ich feststelle, ist die Tatsache - das haben meine Kolleginnen und Kollegen auch schon gesagt -, dass die Landesregierung im Gesetzentwurf wieder spezielle Hunderassen auflistet und sie diesmal per Gesetz als gefährlich einstuft.
Obwohl die Landesregierung die Liste von elf auf vier Rassen gekürzt hat und dies wohl rechtlich abgesichert ist, stelle ich diese Vorabverurteilung jedoch infrage. Es kann nicht sein, dass bestimmte Hunde quasi per Geburt als gefährlich eingestuft werden können. Vielmehr sollte das Augenmerk mehr auf die Hundehalter gerichtet werden, die durch falsche Erziehung, Dressur oder Abrichtung einen Hund erst gefährlich machen können.
tern mehr Verantwortung übertragen und sie mehr in die Pflicht nehmen, indem Haftpflichtversicherungen für gefährliche Hunde abzuschließen sind und diese durch Mikrochips gekennzeichnet werden müssen.
Am wichtigsten ist aber, dass erst mit Vollendung des 18. Lebensjahres und mit entsprechendem Zuverlässigkeits-, Eignungs- und Sachkundenachweis die Haltung eines gefährlichen Hundes erlaubt wird. Durch diese Vorgaben hat sich der Gesetzgeber an dem eigentlichen Problem orientiert und hier entsprechende Vorgaben getroffen. Derartige Regelungen haben wir bereits früher gefordert; daher unterstützen wir dieses im Gesetz geschilderte Vorgehen.
Kritisch sehen wir im Moment jedoch § 13 Abs. 5 des Gesetzentwurfs, da dieser eine gesetzliche Einschränkung des Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung darstellt. Demnach dürfen der Bürgermeister und seine Bediensteten Grundstücke aufsuchen. Wir sollten uns noch einmal darüber unterhalten, wann dieser Paragraph in Anspruch genommen werden darf. Da sehen wir noch Probleme, aber diese werden wir ohne weiteres im Ausschuss klären können.
Auch im Zusammenhang mit der Halsband-, Leinen- und Maulkorbpflicht tauchen Fragen auf; dies haben meine Kollegen schon angesprochen. Dem Entwurf ist zu entnehmen, dass gefährliche Hunde an einer geeigneten Leine zu führen sind. Darüber hinaus müssen diese gefährlichen Hunde ein leuchtend hellblaues Halsband tragen. Ich frage mich, warum ein Hund, der bereits einen Maulkorb trägt, zusätzlich ein hellblaues Halsband tragen muss. Also, wenn ich einen Hund mit Maulkorb sehe, gehe ich davon aus, dass das ein gefährlicher Hund ist.
Für den SSW möchte ich festhalten, dass dieser Gesetzentwurf eine Verbesserung gegenüber der Gefahrhundeverordnung darstellt, und wir freuen uns auf die Ausschussberatungen, um die noch offenen Fragen zu klären. Es wäre in diesem Zusammenhang wünschenswert, wenn dieses Gesetz dann auch vor dem Bundesverwaltungsgericht und Bundesverfassungsgericht standhalten kann, damit wir endlich eine vernünftige Handhabe gegenüber gefährlichen Hunden beziehungsweise deren Haltern haben.
Ich möchte zunächst neue Gäste im SchleswigHolsteinischen Landtag begrüßen. Ich begrüße die Damen der evangelischen Frauengruppe Süderholm sowie die Damen und Herren des SPD-Ortsvereins
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedanke mich bei den Kolleginnen und Kollegen, die mir aus der Patsche geholfen haben, mit einem freundlichen „Wau, wau!“.
Das Bundesverfassungsgericht hat mit einem Missverständnis aufgeräumt, das zeitweise insbesondere von der FDP, tendenziell aber auch von der GrünenFraktion gepflegt wurde. Es hat klargestellt, dass es bei Gefahrhundegesetzen nicht um Tierschutz, sondern vorrangig und in erster Linie um den Schutz von Menschen geht.
Das Grundgesetz schützt nicht die Würde und nicht die Freiheit des gefährlichen Hundes, sondern das Leben und die Gesundheit der gefährdeten Menschen. Diese von uns schon immer vertretene eindeutige verfassungsrechtliche Werteordnung ist endlich vom dafür zuständigen Bundesverfassungsgericht bestätigt worden.