Konkret wurde nichts beantragt, was eine Ausschussbehandlung betrifft. Ich schlage Ihnen vor, den Gesetzentwurf zur Federführung dem Finanzausschuss und zur Mitberatung dem Bildungs- und dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so verfahren will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Wir haben das so beschlossen.
Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Herrn Abgeordneten Neugebauer das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Garg! Ich will gleich zu Anfang darauf hinweisen, dass es uns mit dem Antrag nicht darum geht, die aus unserer Sicht unangemessen hohen Bezüge von Aufsichtsrats- und Vorstandsmitgliedern des Mannesmann-Konzerns zu kritisieren. Wir wollen vielmehr einen Vorgang aufgreifen, der die Steuerzahler zu Recht empört hat, nämlich die Präsentation einer Teilwertabschreibung an die deutsche Steuerverwaltung in Höhe von 50 Milliarden €.
Durch diese Abschreibung soll der Bund und sollen die Länder, sollen - besser gesagt - die Steuerzahler die künstlich und sehr spekulativ erzeugten Steigerungen der Aktienkurse des Mannesmann-Konzerns im Zusammenhang mit der Übernahme durch Vodafone finanzieren. Erkennen die Finanzbehörden diesen Vorgang an - was man nicht ausschließen kann, was wir aber nicht hoffen -, müssten Bund, Länder und Gemeinden auf insgesamt mehr als 20 Milliarden € Körperschaft- und Gewerbesteuer verzichten.
Hier soll ein milliardenschwerer Großkonzern nach einigen - wie man wirklich sagen muss und Sie sicherlich auch zugeben werden - trickreichen Transaktionen zu einem Steuergeschenk kommen. In einem Zeitraum von nur acht Monaten - man muss sich das einmal vor Augen halten - soll der Unternehmenswert von Mannesmann von 146 Milliarden € auf 96 Milliarden € gefallen sein. Meine Damen und Herren, wir halten diesen Vorgang für skandalös. Weil er beispielhaft sein kann oder ist, sind wir der Auffassung, dass der Gesetzgeber gefordert ist.
- Herr Kollege Kayenburg, in der letzten Sitzung vor der Sommerpause haben Sie es verhindert, dass auch Sie zu diesem Vorgang eine Erklärung abgeben mussten. Ich denke, heute können Sie nicht mehr kneifen.
Heute müssen Sie sagen, was Sie von solchen Vorgängen eigentlich halten. Wir sind auf Ihre Reaktion gespannt.
Ich will auch Ihnen, Herr Kollege Ehlers, in Erinnerung rufen, dass es die CDU 1998 im Bundestag abgelehnt hat, den Vorschlägen der SPD/BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Bundesregierung zuzustimmen, die sehr weit gefassten Abschreibungsmöglichkeiten für Kapitalgesellschaften einzuschränken. Nur weil die CDU-Länder im Bundesrat damals noch keine Blockademöglichkeit gehabt haben, wie sie heute genutzt wird, konnte die SPD-geführte Bundesregierung ihre Maßnahmen zur Einschränkung der aus unserer Sicht sehr unsachgemäßen Abschreibungsmöglichkeiten durchsetzen.
Herr Kollege Garg, ich will an Ihre Adresse daran erinnern, dass es jetzt zum Beispiel nicht mehr möglich ist, Teilwertabschreibungen auf Beteiligungen zu machen. Eine Teilwertabschreibung ist nur noch möglich, wenn eine dauernde Wertminderung zu unterstellen ist. Es ist jetzt Gott sei Dank auch möglich, eine Mindestgewinnbesteuerung bei Verlustvorträgen vorzunehmen.
Diese gesetzlichen Veränderungen sind im Deutschen Bundestag und im Bundesrat gegen Ihren massiven Widerstand durchgesetzt worden.
Sie haben 1998 die Gesetzesänderung betreffend Mindestgewinnbesteuerung, die 1999 in Kraft getreten ist, abgelehnt.
Ich gestehe Ihnen zu, dass Sie das heute nicht mehr hören wollen. Aber das ist, ob es Ihnen passt oder nicht, die Wahrheit.
Wir sind dagegen, meine Damen und Herren, dass sich ein Steuerzahler - egal, ob ein einzelner oder eine Kapitalgesellschaft - künstlich zulasten der anderen Steuerzahler arm rechnen kann.
Deswegen fordern wir mit unserem Antrag die Landesregierung auf mitzuhelfen, die Gestaltungsmöglichkeiten von Großunternehmen bei ihrer Gewinnermittlung stärker einzuschränken. Wir wollen künftig sichergestellt wissen - so haben wir es formuliert -, dass sich nicht jemand durch spekulative Verluste oder unsachgemäße Abschreibungen von Teilwerten zulasten der Steuerzahler künstlich arm rechnen kann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das kommt dabei heraus, wenn Klein-Fritzchen und Klein-Erna - ich meine Herrn Neugebauer und Frau Heinold - im Wartezimmer beim Arzt sitzen, die „Bunte“-Illustrierte lesen und daraus Parlamentsinitiativen entwickeln, ohne zu merken, dass - wie immer bei den Zeitschriften in den Wartezimmern der Ärzte - die Zeitschrift vier Jahre alt ist. Das ist nun
einmal so. Dann kommt dabei so ein Dringlichkeitsantrag heraus mit dem Ziel zu verhindern, dass ein Großunternehmen künftig diese Teilwertabschreibungen vornehmen kann, obwohl das bereits seit 2002 durch das Steueränderungsgesetz nicht mehr möglich ist.
Mit dem Steueränderungsgesetz 2002 und 2003 haben Sie das Steueränderungsgesetz 2000 geändert, sodass Verlustverrechnungen nicht mehr möglich sind.
Herr Neugebauer, Sie wollen das, was Sie anfangs verneint haben, Sie wollen sich ein bisschen von der emotionalen Welle wegholen, Sie wollen verschweigen, dass Sie das Desaster in der Steuerpolitik im Wesentlichen selbst angerichtet haben. Ich werde darauf gleich zu sprechen kommen.
Was mich am meisten verwundert, ist, dass Sie einen Dringlichkeitsantrag daraus machen und dass das in den letzten zehn Wochen, seitdem Sie den hier eingebracht haben, in dieser Angelegenheit offensichtlich nichts unternommen wurde, und zwar zu Recht, weil eigentlich auch nichts zu unternehmen ist. Denn die Dringlichkeit, die Sie hier im Juni vorgelegt haben, bezieht sich auf einen Vorgang aus dem Jahr 2001 beziehungsweise 2002, nämlich die Steuererklärung der Firma Vodafone. Der Kollege Dr. Garg hat mich eben darauf hingewiesen, dass ich hier eigentlich befangen bin, weil ich bei denen auch einen Vertrag habe. Ich werde meine Position hier trotzdem vertreten.
Es geht darum, ob diese Teilwertabschreibung möglich ist. Herr Neugebauer, zuständig dafür ist nicht die Steuerpolitik, sondern die Steuerverwaltung. Es geht nicht um Steuerpolitik, sondern um Steuerrecht, ob das anzuwenden ist, was im Steuerrecht geregelt ist, und zwar für das Jahr 2001.
Ich habe eben auf die verschiedenen Stufen hingewiesen. Sie haben 2000 ein Steueränderungsgesetz gemacht, mit dem Sie es ermöglicht haben, dass Unternehmen über 40 Milliarden Körperschaftsteuer nicht bezahlt haben, die sie ansonsten im Durchschnitt der Jahre bezahlt haben - 40 Milliarden €! Für Schleswig-Holstein hat das einen Einnahmeausfall von 370 Millionen € bedeutet. Herr Neugebauer, damit könnten Sie 30 Jahre lang - der Verkehrsminister ist nicht da - das Landesstraßenbauprogramm 2005 des Landes Schleswig-Holstein finanzieren. Es ist eigentlich dreist, sich hier hinzustellen und andere zu beschimpfen, sie würden irgendetwas versäumen, wenn Sie selbst dies versäumt haben.
Ich habe mindestens ein halbes Dutzend Mal in den vergangenen vier Jahren auf diese Lücke hingewiesen, die erstmals 2002 und dann 2003 bereinigt worden ist. Die Landesregierung hat von diesem Problem nicht nur gewusst, sie war daran sogar beteiligt. Ich zitiere einmal den ehemaligen Verfassungsrichter Paul Kirchhof, der die Bundesregierung und die Landesregierung zu dieser Zeit in dieser Frage beraten hat. Er sagt: Die Auswirkung der Reform auf die öffentlichen Haushalte war vorauszusehen, ist in der Steuerwissenschaft trefflich analysiert und auch zahlenmäßig quantifiziert.
Eine ganze Menge, auch die Landesregierung von Schleswig-Holstein war an diesem Vorgang beteiligt, an dem Schaden, der durch Ihre Steuerpolitik entstanden ist, die 2002 und 2003 korrigiert wurde.
Sogar der Nachhaltigkeitsminister, der jetzt auch nicht da ist, Klaus Müller, der sich immer dann nicht zu Wort meldet, ist daran beteiligt gewesen. Er war damals finanz- und haushaltspolitischer Sprecher der Grünen im Deutschen Bundestag. Er hat schon 2001 festgestellt: Wir haben damals einen Fehler gemacht; wir haben uns zu sehr auf die Zahlen des Finanzministeriums verlassen.
Claus Möller, Ihr Finanzminister, hat dasselbe gesagt: Immer wieder, klagt der schleswig-holsteinische Finanzminister - so schreibt der „Spiegel“ am 28. Januar 2002 -, hätten die Ländervertreter 1999 bei der Gestaltung dieser Steuerrechtsänderung bei den Beratungen mit dem Bund auf die Risiken dieser Reform hingewiesen.
Was wollen Sie denn nun eigentlich? Wollen Sie, nachdem Sie 2002 und 2003 Ihr Steueränderungsgesetz 2000 geändert haben, für 2001 noch einmal eine rückwirkende Steuerrechtsänderung machen mit all den Folgen oder was eigentlich wollen Sie?
Wie behandeln Sie eigentlich, dass der Bundesfinanzminister die UMTS-Lizenzen für 100 Milliarden € verkauft hat - Sie haben eben gesagt, künstlich und sehr spekulativ erzeugt, die 100 Milliarden - und jetzt 20 Milliarden € an Steuern wieder zurückzahlen muss, weil Sonderabschreibungen erforderlich sind, weil der Preis überhöht ist? - Das alles kann nicht zusammenpassen.
Die Bundesregierung hat die Ladenkasse mit dem Gesetz geöffnet, die Landesregierung hat zugestimmt, hat zur legalen Selbstbedienung aufgefordert und sie
Herr Neugebauer, hier wird Europaliga gespielt und nicht Kreisklasse. Am besten wäre es, sie würden Ihren Antrag noch einmal überdenken.