Protokoll der Sitzung vom 25.08.2004

Ich stelle das Einvernehmen der Mitglieder des Hauses fest, dass zunächst Herr Finanzminister Dr. Stegner den Bericht mündlich vorträgt, der einigen Mitgliedern mit dem Umdruck wahrscheinlich schon schriftlich ausgehändigt worden ist.

(Martin Kayenburg [CDU]: Der Presse!)

Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich werde mich nicht wörtlich, aber inhaltlich an den Bericht halten.

Sie haben mit dem Haushaltsgesetz 2004/2005 beschlossen, Anteile an NordwestLotto zu veräußern. Die Veräußerung der Kommanditanteile soll bis Ende dieses Jahres vollzogen sein. Ich bitte den Landtag, dieser Veräußerung zuzustimmen. Kritik am Zeitablauf wäre nur dann berechtigt, wenn die Landesregierung nicht alles täte, um den Haushaltsbeschluss dieses Parlamentes umzusetzen.

Nach Verabschiedung des Gesetzes über in öffentlicher Trägerschaft veranstaltete Lotterien und Sportwetten - voraussichtlich und hoffentlich in der kommenden Tagung - wird der Weg frei, staatliche Lotterien und Sportwetten durch eine Kommanditgesellschaft - als Tochter der Investitionsbank - veranstalten zu lassen. Dass wir vorbereitende Schritte unternehmen müssen, habe ich im Ausschuss gesagt.

(Minister Dr. Ralf Stegner)

Nach der ersten Befassung Ende Mai und der Überweisung an den Finanzausschuss hatten wir Anfang Juni dem Landesrechnungshof und dem Finanzausschuss alle Unterlagen zur vertraulichen Beratung zukommen lassen, die Grundlage der Transaktionskette sind, die ich Ihnen am 26. Mai 2004 an dieser Stelle vorgestellt habe und an deren Ende die Veräußerung der Kommanditanteile steht.

Wir haben dem Finanzausschuss in seiner Sitzung am 10. Juni 2004 die schriftliche Beantwortung jeglicher Anfragen zugesagt. Ich wundere mich sehr, dass von der Opposition keine Anfragen gekommen sind, obwohl ich das natürlich kenne: Ankündigungen und Kritik gibt es meistens. Wenn es zur Sache geht, ist aber oft Funkstille.

Außerdem haben wir den Mitgliedern des Finanzausschusses - wiederum zur vertraulichen Verwendung - unsere Korrespondenz mit dem Landesrechnungshof in dieser Angelegenheit zukommen lassen.

Ich glaube, mehr Transparenz kann eine noch so fantasievolle Opposition wirklich nicht verlangen.

Seit Mitte August liegt nun auch die Stellungnahme des Landesrechnungshofs vor. Diese haben wir in der vergangenen Woche im Finanzausschuss intensiv diskutiert. Ich danke dem Landesrechnungshof für die zügige Erstellung der Stellungnahme und Herrn Dr. Altmann für den konstruktiven Gedankenaustausch in der Finanzausschusssitzung.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und vereinzelt bei der CDU)

- Es ist gut, dass Sie applaudieren. Ich hoffe, Sie tun das auch nach den nächsten beiden Sätzen.

Die Interessen von Landesrechnungshof und Finanzministerium decken sich, wenn es darum geht, alle Aspekte der Wirtschaftlichkeit intensiv zu hinterfragen und zu erörtern. Dabei kann von uns aus, wie der Herr Präsident zu Recht gesagt hat, von unterschiedlichen Prämissen ausgegangen werden. Insofern kommen wir nicht immer zur gleichen Schlussfolgerung. Das ist schließlich Teil unserer politischen Verantwortung.

Dass der Bericht des Landesrechnungshofs Sie von der Union in Triumphstimmung versetzt hat, spricht eher dafür, dass Sie den Landesrechnungshof eben doch lieber als Instrument für die Oppositionsverstärkung hätten, wie das in der Vergangenheit allzu oft versucht wurde.

(Rainer Wiegard [CDU]: Dabei geht es nicht um Triumph!)

Herr Wiegard, dafür habe ich bei Ihrer Verfassung zwar Verständnis, in der Landesverfassung ist aber etwas anderes vorgesehen.

(Beifall bei der SPD)

Der Herr Präsident hat zu einem solchen Missverständnis nicht beigetragen.

Zu Ihrer offensichtlichen Überraschung wurde bei der sachlichen Diskussion im Ausschuss deutlich, dass wir den Anforderungen des Landesrechnungshofs Rechnung getragen haben.

Mit Rücksicht auf die Zeit gehe ich nur auf die wichtigsten Aspekte ein:

Erstens. Wir straffen die Organisation des Lottobetriebes und ermöglichen so Effizienzgewinne. Die Organisation des Lottobetriebes, an der bisher drei Akteure beteiligt waren, wird verschlankt. Das Lottogeschäft konzentriert sich in einer Gesellschaft, die über ihr eigenes Personal und ihre eigene Geschäftsführung verfügt.

Allein durch die Kündigung des Geschäftsbesorgungsvertrages spart das Land pro Jahr Kosten in Höhe von rund 222.000 €. Durch eine nebenamtlich tätige Geschäftsführung aus dem Bereich der Investitionsbank wird betriebswirtschaftliches und am Finanzmanagement orientiertes Know-how eingebracht. Auch der Wegfall der umsatzsteuerlichen Belastungen wird die Wirtschaftlichkeit steigern.

Zweitens. Selbstverständlich berücksichtigen wir die gültigen rechtlichen Rahmenbedingungen: Staatsverträge, Landesgesetze und Vorgaben der EU. Lotto ist und bleibt eine öffentliche Aufgabe. Darin stimmen Landesregierung, Landesrechnungshof und zumindest die Landtagsmehrheit überein.

Wir haben im Finanzausschuss intensiv darüber diskutiert, wie die Brüsseler Verständigung II berücksichtigt wird. Die Veranstaltung von Lotterien und Sportwetten wird zukünftig durch die GmbH & Co. KG NordwestLotto Schleswig-Holstein als rechtlich selbstständiges Unternehmen durchgeführt und nicht durch das Förderinstitut selbst, das so etwas nicht durfte. Die Investitionsbank übernimmt keine unbeschränkte Haftung. Somit findet auch keine Übertragung des Vorteils aus Anstaltslast und Gewährsträgerhaftung statt.

Die vorgesehene Ausgliederung von NordwestLotto wurde vom Bundesfinanzministerium als EU-konform bestätigt, und zwar von dem Staatssekretär, der die Verständigung II selbst ausgehandelt hat.

Drittens. Der Kaufpreis von 60 Millionen € wurde auf der Basis des Wertgutachtens eines renommierten

(Minister Dr. Ralf Stegner)

Bankhauses ermittelt. Dieses enthält zum Beispiel mit Blick auf die Regionalisierung eine vorsichtige Einschätzung. Das haben die Union und der Landesrechnungshof auch immer verlangt. Insofern kann jetzt doch nicht die gegenteilige Kritik gelten. Man muss sich irgendwann entscheiden, welches Argument man verwenden will. Man kann sie nicht beliebig tauschen.

Herr Wiegard, gerade der Wirtschaftlichkeitsvergleich zeigt übrigens, dass, wenn man Äpfel mit Äpfeln und eben nicht mit Birnen vergleicht, Barwertvorteile offenkundig sind. Man kann über die Prämissen streiten, es geht aber um die schlichte Alternative: Verkaufen an die IB für 60 Millionen € oder nicht, was eine höhere Kreditaufnahme von 60 Millionen € und entsprechende Zinslasten bedeuten würde.

Viertens. Es ist keine Kreditaufnahme des Landes.

(Rainer Wiegard [CDU]: Sie selbst haben den Vergleich doch eben aufgeworfen!)

Selbst, wenn man die rechtliche Position zum Thema Liegenschaftsmodell teilte, was ich für einen Moment einmal tun will: Diese Forderung lässt sich in keiner Weise aus der einstweiligen Anordnung des Bundesverfassungsgerichtes in Sachen Liegenschaftsmodell ableiten. Der Erwerber entscheidet frei, ob er zum Erwerb eines Vermögensgegenstandes Barmittel verwendet, stille Reserven durch Veräußerungen realisiert oder Kredite aufnimmt. Die Finanzierungsmethode des Erwerbers kann also keinen Einfluss auf die Höhe der Kreditaufnahme des Landes haben. Es ist ein Vorgang, der weder zurückgenommen werden kann noch ein Refinanzierungsmodell durch das Land enthält.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zusammenfassend stelle ich fest: Die Restrukturierung bietet die Möglichkeit, weitere Effizienzgewinne zu realisieren und den erfolgreichen Lottobetrieb zukunftsfähig zu machen. Die Tätigkeiten und der Status der Beschäftigten der Verwaltungsgesellschaft werden nicht verändert. Die Verbraucherinnen und Verbraucher bleiben gerade vor unlauteren Glücksspielangeboten geschützt, was bei der Landesregierung hohe Priorität genießt. Das Land erhält für den Haushalt 60 Millionen € und die Konzessionsabgaben sowie die Lotteriesteuer werden weiterhin an das Land abgeführt. Dies war und ist uns wichtig.

Wir wollen eben nicht eine einmalige Einnahmemaximierung um jeden Preis, sondern wir wollen Kontinuität bei den laufenden Einnahmen.

(Beifall bei der SPD)

Ihre übliche Kritik, wir würden Landesvermögen verschleudern - das sagen Sie ja jedes Mal -, greift nicht. Ein Mehrerlös wäre nur dann möglich, wenn man auf die laufenden Konzessionsabgaben und Lotteriesteuern verzichten wollte. Die Widersprüchlichkeit der CDU-Haushaltsanträge aus den letzten drei Jahren - mal mit und mal ohne Zweckerträge - spricht doch Bände. Erklären Sie das einmal den Verbänden, mit denen Sie immer vor dem Landeshaus demonstrieren.

Die Position der FDP ist aus meiner Sicht zwar auch falsch, sie ist aber wenigstens konsequent. Das ist anders als bei Ihnen.

Mit Blick auf Ihre Einwände halte ich es mit Winston Churchill: Der kluge Mann macht nicht alle Fehler selber. Er „gibt anderen auch eine Chance." - Sie haben sie reichlich genutzt.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die Fraktion der CDU hat Herr Kollege Hans-Jörn Arp.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, um es gleich am Anfang zu sagen: Die Veräußerung der Kommanditanteile an der künftigen GmbH Co. KG NordwestLotto ist nichts anderes als eine erneute verdeckte Kreditaufnahme des Landes SchleswigHolstein.

(Beifall bei CDU und FDP)

Der Landesrechnungshof sieht das ebenfalls anders, als Sie das gesagt haben. Darauf komme ich nachher noch.

60 Millionen € weniger Schulden des Landes Schleswig-Holstein bedeuten 60 Millionen € mehr Schulden für die I-Bank. Diese gehört uns zu 100 %. Der Taschenspieler Stegner spielt also das gewohnte Spiel: linke Tasche raus, rechte Tasche rein. Das kennen wir auch schon von seinem Vorgänger. Natürlich wollen Sie Ihre katastrophale Schuldenpolitik der letzten 17 Jahre vor der von Ihnen befürchteten Landtagswahl ein ganz klein wenig schönen; das ist uns allen klar. Diese 60 Millionen € retten Sie aber auch nicht mehr.

Wie Ihr jüngster Bericht zum Haushaltsvollzug im ersten Halbjahr 2004 zeigt - Sie haben Ihn selbst vorgelegt -, sind Sie schon jetzt pleite und brauchen Sie eine erneute erhöhte Kreditaufnahme. Ein Nachtrags

(Hans-Jörn Arp)

haushalt ist spätestens im Herbst fällig. Wir werden ihn fordern. Sie werden eine deutlich höhere Kreditaufnahme als 2004 benötigen. Davor haben Sie Angst und das soll jetzt geschönt werden.

Die Konsequenz daraus ist - das stellt der Landesrechnungshof ganz eindeutig fest -, dass die I-Bank als Förderbank des Mittelstandes erheblich belastet wird. Sie schaden mit diesem Deal nicht nur der IBank, sondern auch dem Mittelstand; denn dem stehen jetzt höhere Refinanzierungskosten ins Haus.

Schon 1998 ist Ihnen bei dem Immobiliendeal höchstrichterlich bescheinigt worden, dass dieses Geld als Kreditaufnahme des Landes im Haushalt auszuweisen ist. Das bestätigt auch der Landesrechnungshof in seiner Stellungnahme auf Seite 10 letzter Absatz. Ich bin dem Landesrechnungshof außerordentlich dankbar für seinen umfangreichen Bericht. Er hat relativiert, was Sie uns da vorgelegt haben. Schönen Dank auch dem Präsidenten.