Ich hätte mir gewünscht, dass sich der Gesetzentwurf mit allen zu lösenden Problematiken so detailliert auseinander gesetzt hätte.
Nach den Neuregelungen sollen sich die ehrenamtlichen Amtsvorsteher in den Fällen, in denen ein Amtsbürgermeister eingesetzt wird, nur noch auf repräsentative Aufgaben beschränken und werden so zu „Frühstücksdirektoren“ abgestuft, unabhängig davon, ob sie bislang gute Arbeit geleistet haben oder nicht. Sie wissen, dass die hervorragende Arbeit geleistet haben, weil sie nämlich die schwierige Aufgabe wahrgenommen haben, auch Verwaltungsfunktionen als Ehrenamtler mit zu übernehmen. Wenn der Satz, den Sie hier so hingeworfen haben, ernst gemeint sein soll, können Sie das an dieser Stelle beweisen.
Viele der bislang von den ehrenamtlichen Amtsvorstehern wahrgenommenen Aufgaben sollen in Ämtern ab 8.000 Einwohnern von hauptamtlichen Amtsbürgermeistern wahrgenommen werden können, wobei ab 15.000 Einwohnern die Wahl eines Amtsbürgermeisters obligatorisch, also verpflichtend, wird. Die Besoldungseinstufung des vorgesehenen Amtsbürgermeisters entlarvt allerdings die tatsächliche Zielsetzung bei der Reform der Amtsordnung. Vorgesehen sind nämlich Ämter mit über 20.000 Einwohnern. Das ist die Zielsetzung des Kollegen Hentschel. Kollege Puls sagt dann - ehrlich wie er nun einmal war - in den „Kieler Nachrichten“ vom 18. August 2004 auch klar und eindeutig, dass dieser Gesetzentwurf der erste Schritt vor einer weiteren gesetzlichen Zwangslösung ist. Aber das gilt ja nun heute nicht mehr. Denn jetzt wird gesagt: Wo sich Bürger selbst verwalten, hat sich der Staat herauszuhalten.
Was ist denn nun? Gilt das, was Sie hier reingeschrieben haben, dass Sie doch einen Zwang ab 15.000 Einwohnern einrichten wollen, oder gilt das, was Sie eben gesagt haben? Für eines müssen Sie sich entscheiden.
Zunächst erscheint schon die Begrenzung auf 15.000 Einwohner sehr hoch gegriffen, da es in SchleswigHolstein nur ein Amt gibt, das diese Marge überhaupt erfüllt. Der Landesrechnungshof hatte darauf hingewiesen, dass die Mindestgröße eines Amtes bei 6.000 Einwohnern und die Optimalgröße bei 9.000 Einwohnern liegt. Aber auch dazu ist die Diskussion überhaupt noch nicht zu Ende geführt. Den Bericht des Landesrechnungshofs haben wir noch nirgendwo diskutiert.
Sieht man allerdings in diesem Zusammenhang auf die Äußerungen der Frau Ministerpräsidentin, die sich, was die Kommunalverwaltung angeht, immer mit ganz besonderer Sorgfalt und großem Sachverstand äußert, die gesagt hat, dass man ab 2006 nicht mehr auf die Freiwilligkeit der Kommunen bei Strukturreformen setze, so ist dieses Gesetz eindeutig der Vorbote einer kommunalfeindlich ausgerichteten Politik der Landesregierung, die das ehrenamtliche Engagement der Bürgerinnen und Bürger aushöhlt und somit auf Dauer völlig infrage stellt.
Der vorliegende Gesetzentwurf stellt bei der Organstruktur der hauptamtlich verwalteten Ämter sowie bei der gesetzlichen Zuweisung der Kompetenzen auf die Vergleichbarkeit mit den Regelungen der Gemeindeordnung ab, ohne aber die erforderlichen, auch rechtlichen, juristischen Konsequenzen zu ziehen.
Wir haben in unserem Antrag „Weniger Bürokratie, mehr Bürgernähe“ Ende letzten Jahres deutlich gemacht, dass eine Neuordnung der Amtsordnung aus Sicht der CDU vorerst nicht erforderlich ist, was aber, um es deutlich zu sagen, nicht heißen soll, dass wir uns einer Überprüfung der Ämterstruktur und einer sich daraus ergebenden Neuordnung auch der Amtsordnung verschließen. Was wir aber ablehnen, sind Einzelfalllösungen wie die hier offensichtlich vorliegende „Lex Probstei“. Falls es für die beabsichtigte Kooperation der drei Ämter rechtlichen Regelungsbedarf gibt, sollte diesem über eine Experimentierklausel oder über die Charakterisierung als Modellversuch Rechnung getragen werden. Ich will ausdrücklich die freiwillige und engagierte Arbeit in der Probstei loben. Daran ist doch zu erkennen, dass Bewegung darin steckt. Das müssen Sie also über den anderen Weg nicht lösen, meine Damen und Herren.
Es sollte die Anstrengung unternommen werden, gemeinsam mit der kommunalen Ebene Leitlinien zu formulieren, die zu neuen, leistungsstarken Verwaltungsstrukturen im kommunalen Bereich insgesamt führen können, und zwar ohne in sich widersprüch
Für uns steht fest, dass sich die Ämterstruktur in Schleswig-Holstein grundsätzlich bewährt hat, selbstverständlich weiterentwicklungsfähig ist und den veränderten Voraussetzungen angepasst werden muss. Ich will noch einmal auf die Stellung der Amtsvorsteherinnen und Amtsvorsteher und auf ihre Doppelfunktion hinweisen. Einmal sind sie Repräsentanz des Amtes, das keine Gebietskörperschaft ist, zum anderen nehmen sie Verwaltungsaufgaben wahr. Sie sind einen herausragende, in Schleswig-Holstein seit langem bewährte Einrichtung. Ihr ehrenamtliches Engagement sollte man nicht zunichte machen. Alles andere kostet mehr Geld, meine Damen und Herren.
Das Präsidium teilt diese Irritation und hat deswegen eine größere Uhr. Für den Fall, dass die Redezeit abläuft, werde ich rechtzeitig ein Signal geben. Sie haben noch eine Minute Redezeit.
Ich bedanke mich, Herr Präsident. - Herr Kollege Puls, die Amtsverwaltungen sind in der Regel schon in den ländlichen Räumen tätig. Wo sonst? - Die hohe Akzeptanz der Amtsverwaltungen und ihrer Entscheidungs- und Aufgabenträger in den ländlichen Räumen also, die sich unter anderem auch in einer hohen Wahlbeteiligung äußert und damit auch ein Ausdruck der besonderen Anerkennung der Demokratie durch die Bürgerinnen und Bürgern ist, ist weiter aufrecht zu erhalten und darf nicht gefährdet werden. Dies schließt überhaupt nicht aus, dass die Verwaltungsstrukturen in den Ämtern wie auch alle anderen Verwaltungsstrukturen zur Disposition stehen. Effektivität, Bürgernähe und vor allem auch Kosteneinsparungen sind der Maßstab für eine umfassende Strukturreform der kommunalen Verwaltungen.
- Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. - Abschließend möchte ich noch einmal auf den schön klingenden Titel „Gesetz zur Verbesserung der kommunalen Verwaltungsstruktur“ eingehen. Dieses Gesetz hätte wirklich einen besseren Inhalt verdient. Von einer effektiven Verwaltungsstruktur sind wir weit entfernt. Um wirklich zu einer wirtschaftlichen, professionellen und bürgernahen Verwaltung zu
kommen, bedarf es eines anderen Ansatzes. Hierzu darf ich zum Schluss noch Folgendes sagen: Will man die Verwaltungsstruktur verbessern, so müssen Ziel, Methode und Auswirkungen zu Anfang klar definiert sein. Sämtliche Verwaltungsaufgaben gehören auf den Prüfstand. Der Staat muss sich auf seine Kernaufgaben konzentrieren, da die Reduzierung von Aufgaben den größten Einspareffekt bei den laufenden Verwaltungskosten erzielt.
Um diese Aufgabe haben Sie sich wieder einmal gedrückt. Wir werden die Beratungen im Innen- und Rechtsausschuss intensiv begleiten und werden Ihnen unsere Alternativen für eine schlanke, effiziente und bürgernahe Kommunalverwaltung deutlich machen.
Zunächst eine geschäftsleitende Bemerkung! Wir haben zu Beginn des 21. Jahrhunderts darauf zurückgegriffen, die Redezeit - so ich hätte beinahe gesagt - mit der Stoppuhr zu messen. Sie können am Rednerpult zurzeit leider keine Redezeitanzeige sehen. Sie ist defekt. Wir bemühen uns, die Redezeit per Hand zu stoppen. Ich werde jeweils mit der Klingel die letzte Minute einläuten. Dann wissen Sie, dass Ihnen noch rund 60 Sekunden zur Verfügung stehen.
- Das Präsidium bedankt sich. Der Kollege Neugebauer hat mitgeteilt, er werde morgen eine Eieruhr mitbringen. Diesem technischen Fortschritt wollen wir nicht im Wege stehen.
Ich darf zunächst weitere Gäste auf der Tribüne begrüßen: die Soldaten des Leichten Flakraketen Lehrbataillons 610 aus Lütjenburg. - Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit Jahren reden wir in diesem Haus von einer Funktionalreform und über eine Verwaltungsstrukturreform. Seit Jahren wollen wir definieren, welche Aufgaben das Land und welche Aufgaben die kommunale Ebene zu erfüllen hat. Wir haben in diesem gesamten Prozess sogar lange auf die Landesregierung gewartet und wollten als Parlament gemeinsam mit ihr neue, sinnvolle Verwaltungsstrukturen im ganzen Land erarbei
ten. Herausgekommen ist - das müssen wir am Ende der Legislaturperiode feststellen - eigentlich nur lauwarme Luft.
Nun auf einmal kommen die Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht mit Vorschlägen zur Funktionalreform, auch nicht mit Vorschlägen zur Verwaltungsstruktur, nein, sie präsentieren uns einen Gesetzentwurf zur Änderung der Amtsordnung mit dem Ziel, einen Amtsbürgermeister einzuführen. Auf die Schnelle haben sie den Formulierungsvorschlag des Innenministers annähernd 1:1 übernommen. Es ist schon praktisch, wenn man das Ministerium für sich arbeiten lassen kann beziehungsweise dessen Erfüllungsgehilfe ist. Ob der Entwurf allerdings auch von den Kollegen der Koalition gelesen, geschweige denn verstanden wurde, möchte ich dahingestellt sein lassen.
Meine Damen und Herren, für uns gilt: Zuerst muss in einer Funktionalreform geprüft und festgelegt werden, welche Aufgaben überhaupt und wenn ja, wo und von wem am besten wahrgenommen werden sollen. Danach muss untersucht werden, ob die entsprechenden Verwaltungsebenen auch in der Lage sind, die Aufgaben durchführen.
So weit, so gut. Aber dass Rot-Grün jetzt der Meinung ist, die Einführung des so genannten Amtsbürgermeisters besitze höchste Priorität, erstaunt uns doch sehr. Als ob wir keine anderen Probleme hätten!
„Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der kommunalen Verwaltungsstruktur“ nennen Sie das vorliegende Papier. Wie mit der Einführung des Amtsbürgermeisters die Verwaltungsstruktur verbessert werden kann, müssen uns SPD und Grüne noch erklären. Ich habe das zumindest in den Erläuterungen des Kollegen Puls nicht gehört. Ich erwähne nur zwei Dinge:
(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Gehen Sie doch einmal nach Heikendorf und reden Sie mit dem Bürgermeister!)
Die zurzeit tätigen leitenden Verwaltungsbeamten werden nach A 13, in Ausnahmefällen im höheren Dienst nach A 14 besoldet. Der von Ihnen gewollte Amtsbürgermeister soll zum Beispiel in Ämtern mit 15.000 bis 20.000 Einwohnern nach A 16, mit Aufstieg nach zwei Jahren nach B 2 besoldet werden.
Das ist eine happige Differenz. Dabei behalten die leitenden Verwaltungsbeamten selbstverständlich ihren Besitzstand, nämlich A 13 beziehungsweise A 14, und das bis zur Pensionierung, und dürfen dann als Sachbearbeiter tätig sein.
Zweitens. Die neue Verwaltungsstruktur verliert aber auch an Kompetenz. Während der leitende Verwaltungsbeamte mindestens die Laufbahnprüfung für den gehobenen Verwaltungsdienst vorweisen muss, also absolute Fachfrau oder absoluter Fachmann in Sachen Verwaltung ist, besteht die geforderte Qualifikation für den Amtsbürgermeister lediglich in der Wählbarkeit für den Bundestag, der Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der EU oder dem Lebensalter zwischen 27 und 60 Jahren.
(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Werfen Sie einmal einen Blick auf die Landräte, Herr Kollege!)
Falls trotz Kandidatur nach sechs beziehungsweise acht Jahren keine Wiederwahl erfolgt, darf sie oder er sich auf eine schöne Pension freuen. Ich kann nur sagen: Herzlichen Glückwunsch!
Meine Damen und Herren, das kann doch alles nicht wahr sein. Mit diesem Gesetzentwurf werden bewährte und kostengünstige Strukturen in Frage gestellt.
Insbesondere unsere grünen Freunde haben bei diesem Gesetzentwurf so richtig die Maske fallen lassen. Gerade die Grünen, die sich doch immer so bürgernah geben, die immer eine größtmögliche Bürgerbeteiligung in kommunalen Angelegenheiten fordern, beantragen jetzt, den Amtsbürgermeister von der neu zu wählenden Amtsversammlung, also nicht in Direktwahl, wählen zu lassen. Bei den hauptamtlich verwalteten Gemeinden, auf die Sie im Entwurf immer Bezug nehmen, ist das aber vorgeschrieben. Das Dilemma, in das Sie sich damit begeben, besteht natürlich darin, dass bei einer Direktwahl des Amtsbürgermeisters für die ehrenamtlichen Bürgermeister der amtsangehörigen Gemeinden, die nur von der Gemeindevertretung gewählt werden, eine andere demokratische Legitimation vorläge.