Protokoll der Sitzung vom 22.09.2004

„… mit dem vorgesehenen Volumen von 100 Millionen € aus unserem Zukunftsinvestitionsprogramm“

- das sind die Zip-Zap-Spielchen, die Herr Rohwer spielt; jetzt ist er ja anwesend -

„können bis zu 800 Millionen € generiert werden.“

Offensichtlich sind Investitionen für unser Land wichtig. Schön. Gemeinsame Erkenntnis. Die Frage ist: Warum haben sie das Investieren eingestellt?

Denn Sie haben im Haushalt 2004 ganze 200 Millionen von 800 Millionen investiert und damit wollen Sie die Beschäftigungskrise in Schleswig-Holstein bekämpfen?

Meine Damen und Herren, wo sind wir nur gelandet? Das ist ein unglaublicher Vorgang. Dass Sie jetzt diese bunten Blättchen verteilen, ist ja schön, Herr Wirtschaftsminister. Er ist ja soeben hier eingetroffen. Wahrscheinlich hat er heute Morgen noch 50 m Radweg eingeweiht.

(Zurufe)

Inzwischen sind die Dienstfahrten zu den Einweihungen dieser kleinen Teilabschnitte mit Staatskarosse, Chauffeur, persönlichem Referenten und Pressetross teurer als die so eingeweihte Maßnahme.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum Thema.

Ich bin beim Thema. Das hat nämlich etwas damit zu tun, dass in diesem Land nicht investiert, sondern nur Werbung für eine untätige Landesregierung gemacht wird.

(Beifall bei CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, der von Ihnen seit Jahren gegangene Weg führt nicht zur Bewältigung der Beschäftigungskrise in Schleswig-Holstein, er führt nicht zur Abwehr der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts, er führt nicht zu mehr Arbeit, er führt nicht zu mehr Arbeitsplätzen, nicht zu höheren Steuereinnahmen, nicht zu weniger sozialen Transferleistungen, vor allem nicht zu mehr Vertrauen der Menschen in staatliches Handeln.

(Rainer Wiegard)

Wir fordern Sie auf: Legen Sie endlich den Entwurf eines Haushaltes für beide Jahre 2004 und 2005 vor

(Glocke des Präsidenten)

- ich komme zum Schluss -, der ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Landes SchleswigHolstein vermittelt.

Hören Sie auf, dieses Land kaputt zu verwalten! Hören Sie endlich auf, Bildung zu verwalten, statt Chancen zu eröffnen, Umwelt zu verwalten, statt sie gemeinsam mit den Menschen zu pflegen!

(Glocke des Präsidenten)

Sie hatten versprochen, zum Schluss zu kommen.

Sofort, Herr Präsident; noch einen halben Satz. - Hören Sie auf, Arbeitslosigkeit zu verwalten, statt neue Arbeitsplätze zu ermöglichen, soziale Ungerechtigkeit zu verwalten, statt Gerechtigkeit herzustellen!

Hören Sie einfach endlich auf! Der Wähler wird Ihnen dabei behilflich sein.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Neugebauer das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Wiegard, nach Ihren letzten Worten fällt mir nur der Hinweis ein: Hören Sie endlich auf, das Land kaputt zu reden!

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es hätte uns auch überrascht, wenn Sie dieses Jahr keinen Antrag auf Vorlage eines Nachtragshaushaltes vorgelegt hätten. Ich bin ziemlich sicher, dass diese Absicht seit vielen Jahren im Jahreskalender der Fraktion verankert ist, eingerahmt von wichtigen Geburtstagen. Aber dieses Jahr haben Sie uns zappeln lassen. Ich habe bis zu Ihren Schlussworten darauf gewartet, dass Sie endlich zum Thema kommen und sagen, warum Sie einen Nachtragshaushalt vorgelegt bekommen wollen.

Es wundert mich nicht mehr, dass Sie Ihre Ankündigung unmittelbar nach der Steuerschätzung im Mai

vorgenommen haben, dann mehr als vier Monate gewartet haben, bis Sie diese Ankündigung in Worte gekleidet haben, und nun sagen, die Landesregierung solle das nicht jetzt tun und handeln, sondern sechs Wochen vor Jahresende. Das zeigt doch für jeden, der ein bisschen was im Kopf hat, dass es Ihnen nicht um das Wohl der Landesfinanzen geht, sondern um das Wohl der Partei, Herr Wiegard. Das ist zwar angesichts der Pannenserie verständlich, aber gehört nicht in diesen Landtag.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zurufe von der CDU)

Herr Kayenburg, für 2004 besteht weder nach der Mai-Steuerschätzung noch nach dem Haushaltsvollzug, den wir im August im Finanzausschuss diskutiert haben, Anlass für einen Nachtrag. Wir sind mit dem Finanzminister der Auffassung, dass es derzeit keinen Hinweis für einen Haushaltsfehlbetrag für dieses Jahr gibt. Die Entwicklung der Steuereinnahmen bis einschließlich August - das haben Sie eben ausgeklammert - zeigt, insbesondere bei der Umsatzsteuer und der Gewerbesteuer, dass die konjunkturelle Erholung an Fahrt gewinnt. Wir haben allen Anlass zu vorsichtigem Optimismus, auch wenn Sie das nicht gern hören wollen oder es in Ihre Wahlkampagne nicht hineinpasst, Herr Wiegard.

Die Binnenkonjunktur - da sind wir sicher - zieht an. Wenn es noch eines jüngsten Beweises bedurft hätte, haben wir ihn vor wenigen Tagen geliefert bekommen mit dem Gutachten des wahrscheinlich Ihnen etwas näher stehenden Unternehmensverbandes Schleswig-Holstein. Der hat eine Studie vorgelegt. Ich will Ihnen ein wichtiges Zitat nicht vorenthalten. In dem Gutachten des Unternehmensverbandes Schleswig-Holstein aus der Befragung vieler Unternehmen in Schleswig-Holstein geht hervor: In keinem anderen Bundesland ist die Wirtschaft so zuversichtlich wie in Schleswig-Holstein.

Reden Sie doch nicht immer das Gegenteil und zweifeln Sie nicht Daten an unter Berufung auf Juli oder das erste Halbjahr des Jahres 2004, wenn wir noch sechs weitere Monate vor uns haben, jetzt sind es immer noch vier!

(Zurufe von der CDU)

Insbesondere unsere Kommunen spüren das Anwachsen der Binnenkonjunktur bei den Einnahmen der Gewerbesteuer. Sie erreichte in SchleswigHolstein durchweg einen zweistelligen Betrag bei der Steigerung. Auch das spricht dafür: Die Konjunktur springt an und die Kommunen werden wieder Geld

(Günter Neugebauer)

für öffentliche Investitionen haben. Auch das wird Arbeitsplätze in Schleswig-Holstein sichern.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Haushaltsvollzug für das erste Halbjahr 2004 unterstreicht, dass der Finanzminister den Auftrag, den er sich selbst gegeben hat, nämlich der Haushaltskonsolidierung, sehr ernst nimmt. Die Nettoausgaben sind um 28 Millionen € oder 0,7 % gefallen. Auch das haben Sie eben nicht erwähnt. Die sächlichen Verwaltungsausgaben sind um 3,1 % gesunken. Ich denke, auch die Personalkosten werden sich übers Jahr gesehen nicht um 10 % erhöhen, wie Sie eben behauptet haben, sondern ich bin ziemlich sicher, dass sie aufs Jahr gesehen im Budget bleiben werden.

Nun haben Sie - wenn ich richtig zugehört habe - heute nicht das Risiko erwähnt, das Sie im Finanzausschuss angesprochen haben, nämlich die fehlenden Einnahmen aus der Haftkapitalvergütung. Nach dem, was wir in den letzten Tagen hören konnten, bin ich ziemlich sicher, dass auch diese globale Mehreinnahme voraussichtlich erzielbar ist nach der Verständigung mit Brüssel, den Privatbanken und den öffentlichen Banken. Das begrüßen wir.

(Zurufe von der CDU)

Also mindestens vor der November-Steuerschätzung gibt es keinen Anlass zur Panik. Im Gegenteil, wir sehen der Entwicklung angesichts des Anwachsens der Binnenkonjunktur mit Zuversicht entgegen.

(Zurufe von der CDU)

- Herr Wiegard, ich habe Ihnen doch auch zugehört. Sie quatschen die ganze Zeit dazwischen. Hören Sie mir doch einmal zu! Sonst können Sie doch gar nicht verarbeiten, was ich sage.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zurufe von der CDU)

Ich vermute, Sie verhalten sich bei den Konferenzen der finanzpolitischen Sprecher Ihrer Fraktion in Bund und Ländern genauso: Sie hören nicht zu und nehmen nicht auf, dass die von Ihnen gestellten Finanzminister, zum Beispiel in Hessen, Niedersachsen und Hamburg, mit denselben Problemen konfrontiert werden wie der Finanzminister in Schleswig-Holstein. Das können Sie doch nicht völlig ausblenden. Ein bisschen mehr Redlichkeit wäre gut. Ich verlange ja nicht, dass Sie den Finanzminister loben, aber Sie sollten in Ihrer Kritik etwas objektiver und redlicher sein. - Auch Kollege Baasch stimmt mir zu.

Nun zum Jahr 2005! Den Antrag haben Sie zwar nicht begründet, aber ich will dazu sagen: Natürlich hat die Mai-Steuerschätzung auch für SchleswigHolstein einige Fragen für 2005 aufgeworfen. Da wird man abwarten müssen.

(Zuruf von der CDU)

Wir sind gespannt auf die November-Steuerschätzung. Auch da besteht derzeit kein Anlass zur Panik. Ich empfehle für das nächstfolgende Jahr ein konstruktives Abwarten. Die Signale für 2005 müssen sein: Fortsetzung der Verschlankung der Verwaltung, keine Ausgaben für Wahlgeschenke - merken Sie sich das! - und notwendige Mehrausgaben für Personal bei Bildung und innerer Sicherheit müssen an anderer Stelle finanziert werden.

(Zurufe von der CDU)

Kollege Wiegard, Sie haben ja wenig zum Haushalt gesagt. Ich hätte mir gewünscht, Sie hätten dem hohen Hause und der schleswig-holsteinischen Bevölkerung auch gesagt, was die CDU eigentlich will - anstelle der Regierung, die Sie ablösen wollen - und wie sie das finanzieren will. Bisher hören wir nur, dass Sie im Falle eines Regierungswechsels mehr Geld ausgeben wollen.