Protokoll der Sitzung vom 24.09.2004

„Schnellstmöglich“ kann also nur heißen: nach Durchführung des gesetzlich vorgegebenen Verfahren. Und dann - da bin ich mir sicher - wird die Planungsbehörde die Teilfortschreibung auch umsetzen, wenn die Planungsbehörde nach der Anhörung zu dem Ergebnis gekommen ist, dass sie einen Sinn macht.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der erste Satz Ihres Antrages ist also geregelt und daher völlig überflüssig, weil unter anderem auch entsprechende Fristen vorgegeben sind.

Mir scheint aber, dass Sie die Teilfortschreibung gar nicht komplett gelesen haben. Da steht ja nicht nur

etwas über die zukünftige Zulässigkeit größerer Einkaufszentren in Schleswig-Holstein, sondern auch etwas über Hochwasserschutz.

Die Regelungen zum Hochwasserschutz, wie ich sie dort in der Teilfortschreibung erkennen kann, haben meiner Auffassung nach auch Folgen für Siedlungs- beziehungsweise Gewerbegebiete hinter dem Deich. Das ist durchaus sinnvoll, denn die Gefahr von Überschwemmungen besteht. Wenn aber beispielsweise ein Gewerbegebiet wie in Lauenburg direkt hinter dem Deich besteht und die Landesregierung der Auffassung ist, bei diesem Gebiet handele es sich um einen Überschwemmungsbereich, dann ist eine Erweiterung der dortigen Gewerbeflächen schlicht nicht mehr möglich, was meines Erachtens in diesem Fall wirklich falsch wäre, weil ja die Vorkehrungen des Hochwasserschutzes dort auch für das bestehende Gewerbegebiet vorgenommen werden müssen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die CDU mit dem vorliegenden Antrag dieses offensichtlich zusammen mit der Landesregierung zementieren will, Stichwort „schnellstmöglich umsetzen“.

(Beifall bei der FDP)

Der Schwerpunkt ihres Antrages liegt aber deutlich auf den geplanten Regelungen für die Zulässigkeit zukünftiger Einkaufseinrichtungen größeren Umfanges. Wenn Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, schreiben, dies gelte insbesondere für den Entwurf der Neufassung der Ziffer 7.5, dann frage ich, ob Sie eine Teilfortschreibung der Teilfortschreibung anstreben.

(Beifall bei der FDP)

Nach dem Entwurf der Teilfortschreibung wird die bisherige Regelung aufgehoben, dass Ober- und Mittelzentren keine Obergrenzen für eine Ansiedlung von Einkaufseinrichtungen vorgeschrieben werden. Nun will die Landesregierung festschreiben, dass nur noch Oberzentren Einzelhandelseinrichtungen mit mehr als 10.000 Quadratmetern Verkaufsfläche beziehungsweise Einzelhandelsagglomerationen mit mehr als 15.000 Quadratmetern Gesamtfläche pro Standort aufweisen dürfen. Für Mittelzentren soll dies nicht mehr zulässig sein. Darüber hinaus sollen weitere Beschränkungen bei der Sortimentsauswahl in größeren Einkaufseinrichtungen vorgenommen werden. Wissen Sie, vor Ort mögen diese Beschränkungen durchaus Sinn machen. Die Meinungen über größere Einkaufseinrichtungen, insbesondere der Streit mit Nachbarkommunen oder Innenstadthändlern, ist bekannt. Dennoch sind wir gegen immer weitere Beschneidungen der Entscheidungskompe

(Günther Hildebrand)

tenzen unserer Kommunalpolitiker in den Gemeinden.

(Beifall bei der FDP)

Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertreter können sehr wohl entscheiden, ob entsprechende Ausweisungen in der Bauleitplanung Sinn machen und sich lohnen. Spätestens die Investoren werden sich durch entsprechende Wirtschaftlichkeitsberechnungen absichern. Dazu brauchen wir keine weitergehenden Regelungen im Landesplanungsrecht. Irgendwann schreiben wir noch den Tankstellen vor, wie viele Smartipackungen an der Kasse ausgelegt werden dürfen. So weit darf es nicht kommen. Landesplanung ist wichtig. Sie soll einen Rahmen vorgeben. Landesplanung hat nicht den Zweck, immer mehr die Planungshoheit der Kommunen zu beschränken und einzugrenzen. Wir wollen den Kommunen viel mehr weitere Freiheiten im Planungsrecht einräumen. Die CDU will laut Landtagswahlprogramm auch Deregulierung. Das scheint nicht fürs Planungsrecht zu gelten. Kein Wunder, dass sie das Planungsrecht in ihrem Landtagswahlprogrammentwurf nicht explizit angeht.

Ich kann nur sagen, es ist eben gefordert worden, dies in den Ausschuss zu überweisen. Dem werden wir uns natürlich anschließen. Ansonsten wären wir in der Lage, auch hier eine Entscheidung zu treffen.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich jetzt dem Herrn Fraktionsvorsitzenden Karl-Martin Hentschel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die rechtlichen Ausführungen zum Landesplanungsgesetz und dem Ablauf von Änderungen des Landesraumordnungsplans von Herrn Hildebrand waren einfach Klasse. Ich sage das auch im Auftrag von Holger Astrup, der sich auch sehr über diese Ausführungen gefreut hat. Es ist gut, dass hier jemand das Planungsrecht kennt und wie das abläuft. Das ist schon einmal von Vorteil.

Zur Sache! Wir haben die Situation in SchleswigHolstein, dass wir 170 % der Einzelhandelsflächen pro Kopf der Bevölkerung im Verhältnis zum Durchschnitt der USA haben, die bekanntlich mit Einzelhandel sehr gut gesegnet ist. Wir haben einen massiven Verdrängungswettbewerb, insbesondere - das

kann man ruhig sagen - durch Lidl- und Aldi-Märkte, die angesiedelt werden und dazu führen, dass einheimische Einzelhändler ihre Standorte verlieren. Es handelt sich dabei nicht nur um Lebensmittel, sondern in hohem Maße um Sortimente, die andere Güter umfassen, von Computern über Fahrräder und Kleidungsstücke, Sportgeräte und so weiter, alles Dinge, die in den ganz normalen Einzelhandel hineinfallen, der praktisch die Beratung macht, der vor Ort seine Geschäfte aufrechterhält. Wenn die mit einer Sonderaktion den Rahm abschöpfen und anschließend nicht mehr präsent sind, hat dies die Wirkung, dass die Einzelhandelsgeschäfte in den Orten verloren gehen. Es gehen aber nicht nur die Einzelhandelsgeschäfte verloren, es geht viel mehr verloren. Es gehen Geschäftsführer verloren, die ein Engagement einbringen in die Kommunalpolitik, die sich für ihren Ort engagieren, die auch spenden, wenn etwas notwendig ist, die Feste organisieren und so weiter.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gehen aber auch Geschäfte verloren, die Steuern zahlen, denn diese Supermärkte zahlen keine Steuern. Bekanntlich sind sie alle so konstruiert, dass die Gewinne in der Zentrale bei Wilhelm Tell, nämlich in Uri in der Schweiz, anfallen und dass die Supermärkte keine Gewinne machen und deswegen auch keine Steuern zahlen. Raisdorf, das klassische Beispiel, das wir im Umland von Kiel erleben, ist ein typisches Beispiel von Supermärkten. Raisdorf hat im letzten Jahr weniger Gewerbesteuer gehabt als Klausdorf, eine Gemeinde, die nebenan liegt und die keines dieser Gewerbegebiete besitzt. Das heißt, die Bürgermeister, die dort riesige Flächen ausgewiesen haben, haben sich verspekuliert. So kann man es deutlich sagen.

Wenn das eine Einzelentscheidung einer Gemeinde wäre, wäre es ja o.k., nur ist es so, dass diese Entscheidungen benachbarte Gemeinden erheblich treffen. Häufig ist es so, dass kleine Gemeinden im Umfeld von Großstädten und Zentralorten Flächen ausweisen, wo die Zentralorte sagen, wir weigern uns, wir wollen das nicht, und dass dann im Umland die Flächen ausgewiesen werden zum Schaden der gesamten Region, zum Schaden der Zentralorte, zum Schaden der Urbanität, der Lebensqualität der Menschen. Ich glaube, das muss strukturpolitisch geregelt werden, und von daher bin ich natürlich sehr froh, dass wir diese Initiative der Landesplanung haben, um diese Fragen zu regeln und voranzugehen.

Die anderen Fragen möchte ich jetzt nur streifen. Ich finde es richtig, dass man die Fragen des Gewässerschutzes, der Überschwemmungsgebiete, endlich

(Karl-Martin Hentschel)

regelt. Es ist eine Absurdität, dass wir teilweise Bauvorhaben in Überschwemmungsgebieten haben, wo die Kellergruben bereits während der Bauphase bis zur Oberkante voll Wasser stehen. Dass so etwas genehmigt wird, ist meiner Ansicht nach bauplanerisch eine Absurdität und sollte geregelt werden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Über die Einzelheiten des Landesplanungsrechtes müssen wir noch weiter reden und es wäre gut, das auch im Ausschuss zu beraten. Ich habe kein Problem damit, das in den Ausschuss zu geben und das vernünftig zu besprechen. Ich muss allerdings sagen, der Antrag hat mir eine große Freude bereitet. Dass die CDU selbstständig mit eigenen Inhalten nur noch wenig zustande bringt, ist ja bekannt in diesem Lande, aber dass die CDU einen Antrag einbringt, dass die Landesregierung das, was sie sowieso tut, nun auch tatsächlich tun möge, das heißt, eine Vorlage, die die Landesregierung selbst macht, wird nun noch verabschiedet, das ist schon Klasse. Es wundert mich nicht, dass Herr Schlie die ganze Zeit verzweifelt um sich guckt und sich fragt: Wer hat mir das nur eingebrockt? Und das Herr Maurus die Hände vor das Gesicht geschlagen hat, das war einmalig in diesem Landtag. Ich bedanke mich also für diese schöne Debatte und die Beiträge von Ihrer Seite.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag erteile ich jetzt dem Herrn Abgeordneten Lars Harms.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da wir bereits im April durch die Landesregierung über die Teilfortschreibung des Landesraumordnungsplanes unterrichtet wurden, fordert die CDU nun, dass insbesondere der Teil zu den Einkaufseinrichtungen größeren Umfanges schnellstmöglich umgesetzt wird. Nun kann man natürlich der Auffassung sein, dass fünf Monate ausreichen sollten, um eine Teilfortschreibung umzusetzen. Ich glaube aber, dass der CDU in diesem Fall nicht bewusst ist, wie wichtig dieser Bereich für die Planungsmöglichkeiten der Städte, Kommunen und auch für die betroffene Wirtschaft ist. Man kann sich doch an fünf Fingern abzählen, dass wir es hier mit einem Mosaik von unterschiedlichsten Interessen zu tun haben, die vernünftig gegeneinander abgewogen werden müssen, bevor die Fortschreibung in den Landesraumordnungsplan übernommen wird. Ich

nungsplan übernommen wird. Ich bin der Auffassung, dass wir uns diese Zeit nehmen müssen, um im Sinne aller Betroffenen zu tragbaren Planungsentscheidungen zu kommen.

Zum Verfahren möchte ich nur kurz sagen, dass die Anhörung zur Teilfortschreibung noch in vollem Gange ist und dass diese im Oktober abgeschlossen sein wird. Danach wird sie nochmals im Landesplanungsrat diskutiert und dann möglicherweise noch länger debattiert werden müssen, weil die Auswirkungen so gravierend sind. Es ist also nicht so, dass die Teilfortschreibung jetzt im Ministerium nur still herumliegt, sondern man richtet sich nach den hierfür vorgesehenen Regelungen. Der Kollege Hildebrand hat das eben noch einmal deutlich gemacht.

Für den SSW möchte ich feststellen, dass wir die Ziele der Teilfortschreibung durchaus unterstützen. Mit der Fortschreibung zu Einkaufseinrichtungen soll künftig vermieden werden, dass es zu einem Wildwuchs im Land kommt. Unsere Aufgabe als Politik ist es, dem entgegen zu wirken. Dies wird auch von Einzelhandelsvertretern gesehen, die davor warnen, dass wir in Schleswig-Holstein bereits eine Überversorgung auf dem Einzelhandelssektor und speziell im Lebensmitteleinzelhandel haben.

Mit der Erweiterung des Landesraumordnungsplans ist eine Stärkung der Ober- und Mittelzentren vorgesehen, wenn es um einzelhandelsbetriebliche Neuansiedlungen geht. Es wird unter anderem vorgesehen, dass es zu einer Stärkung der innerstädtischen Bereiche kommt. Diese Vorgabe unterstützt der SSW, da das Problem der aussterbenden Innenstädte bereits seit Jahren fortschreitet.

Raumordnung hat aber auch die Aufgabe, weitsichtig zu planen. Ich stelle fest, dass das hier der Fall ist. Denn durch die Stärkung der Innenstädte wird dem Aspekt der demographischen Entwicklung Rechnung getragen. Immer mehr ältere Menschen leben in den Innenstädten und sind auf Versorgungseinrichtungen angewiesen; das sind eben auch Einzelhandelsgeschäfte.

Damit einhergehend bedeutet dies, dass die Infrastruktur die damit zusammenhängende Entwicklung auffangen kann. Eine Stärkung der Innenstädte bedeutet aber auch einen Rückgang von Flächenversiegelung auf der grünen Wiese. Auch dies ist durchaus ein positiver Nebeneffekt.

Es ist aber auch vorgesehen, dass künftig echte Nahversorgungseinrichtungen stärker nach dem Bedarf ausgerichtet werden sollen. Denn nur dadurch sichern wir die bedarfsorientierte Versorgung mit Waren des

(Lars Harms)

täglichen Bedarfs in allen Gemeinden. Hierauf kommt es uns an.

Daher ist es zu begrüßen, dass vorgesehen ist, Discountmärkte nur noch in Kerngebieten oder Sondergebieten anzusiedeln. Wenn es um größere Ansiedlungen geht, müssen wir feststellen, dass die Ober- und Mittelzentren durch die Teilfortschreibung einen längeren Hebel an die Hand bekommen haben, jedenfalls im Verhältnis zu den angrenzenden Gemeinden. Wir verstehen das so, dass angrenzende Gemeinden nicht mehr ohne weiteres größere Ansiedlungen vornehmen können. Hier eröffnet die Fortschreibung aber die Möglichkeit, dass dies nur dann zulässig ist, wenn die entsprechenden Ober- und Mittelzentren dem zustimmen. Das bedeutet, dass Umlandgemeinden verstärkt das Gespräch mit den Städten suchen müssen. In diesem Zusammenhang sind wir uns durchaus der Problematik bewusst, dass es zwischen den vielen kleinen Kommunen auch Konkurrenzen gibt.

Damit es hier aber nicht zu einem Ungleichgewicht kommt, wäre ein Zusammenschluss von Kommunen sinnvoll und würde vieles vereinfachen. Auch dieses Thema spricht für eine kommunale Gebietsreform. Das darf man nicht außer Acht lassen.

Die von mir genannten Punkte sind nur ein Teil dessen, was aus der Fortschreibung hervorgeht. Wir sind der Auffassung, dass wir uns durchaus die notwendige Zeit nehmen sollten, bevor die Teilfortschreibung in den Landesraumordnungsplan übernommen wird.

Auch wir verschließen uns natürlich nicht einer Ausschussüberweisung, wären aber in der Tat heute auch beschlussfähig.

(Beifall beim SSW)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag gemäß § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich dem Herrn Abgeordneten Uwe Eichelberg.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ihren Worten habe ich zumindest entnommen, dass Sie sich dem Problem inhaltlich stellen und dass das, was von der Landesregierung erarbeitet wurde, in der Praxis der letzten Jahre deutlich gezeigt hat, dass es Handlungsbedarf gibt.

(Beifall bei CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber warum soll man sich dem verwehren, was richtig ist? Wir haben uns in der Fraktion Fachverstand besorgt. Wir haben mit verschiedenen Leuten gesprochen. Herr Minister Buß, Sie wissen selber, dass wir Mitarbeiter gebeten haben, an unserer Sachauseinandersetzung teilzunehmen. Das war schon lange, liebe Frau Kruse, bevor das Problem mit Lidl in Siek auftauchte. Nein, meine Damen und Herren, wir sind als Kommunalpolitiker darauf gestoßen, weil sich vor Ort gewisse Entwicklungen ergeben.

Durch die Vorlage dieser Landesplanung ist der Sturm der Discounter in Schleswig-Holstein losgebrochen. Plötzlich wurden zum doppelten Marktwert Grundstücke aufgekauft und es siedelten sich Märkte an, wo wir sie überhaupt nie haben wollten. Diesen Problemen müssen wir uns stellen. Als Kommunalpolitiker können wir nichts machen. Die Landesplanung kann uns im Augenblick gar nicht helfen, weil die Maßnahmen nicht greifen.

Natürlich müssen die Verfahren rechtlich einwandfrei laufen. Aber parallel könnten wir uns in den Ausschüssen doch schon einmal darüber auseinandersetzen, indem wir Anhörungen und Ähnliches machen. Wir müssen uns fragen: Wie sind wir gerüstet, um das Vorgehen der Landesregierung zu unterstützen?