Protokoll der Sitzung vom 10.11.2004

(Zuruf des Abgeordneten Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Ganz ruhig bleiben! Jahrelang haben die Besitzer bereits die Mittel des Tierseuchenfonds - -

(Zuruf des Abgeordneten Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Herr Kollege Matthiessen, die Geschäftsordnung kennt die Möglichkeit der Zwischenfragen, nicht die des Zwischenrufs.

Wenn er warten würde! Herr Kollege, wir wollen in diesem Bereich gar nichts ändern. Wie gesagt, wenn

(Günther Hildebrand)

Sie gewartet hätten, dann wäre das klar. Anders als in vielen anderen Bundesländern sind die Beiträge praktisch jetzt schon von den Landwirten aufgebracht worden. Auch jetzt beim Gesetz zur Ausführung des Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetzes haben sich Kreise und Land im Gegensatz zu vielen anderen Bundesländern vollständig aus der Kostenbeteiligung zurückgezogen, und zwar obwohl sie Träger der Aufgabe sind. Stattdessen werden die Kosten im Hinblick auf gefallene Tiere voll auf die Landwirte übertragen. Da wäre es meines Erachtens nur recht und billig gewesen, dem Berufsstand wenigstens ein Mitwirkungs- oder Prüfrecht bei der Kostenprüfung und bei der Entgeltfestsetzung einzuräumen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Aber Fehlanzeige! Jegliche Änderungsbemühungen, wie sie beispielsweise auch von der Landwirtschaftskammer angeregt wurden, wurden sofort im Keim erstickt. Eine berufsständische Mitwirkung im Bereich Landwirtschaft ist bei dieser Landesregierung einfach nicht erwünscht. Dabei leidet unsere hiesige Landwirtschaft wahrlich genug unter Wettbewerbsverzerrungen. Die Landesregierung bräuchte nicht immer noch weitere Steine ins Getriebe zu werfen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Es steht außer Frage, dass wir unter dem Gesichtspunkt der Gesundheitsvorsorge als Landesgesetzgeber bei der Erzeugung von Lebensmitteln nicht die Verantwortung der Produzenten übernehmen können. Die Beseitigung von Tierkörpern ist aber nicht nur eine Sache des Produzenten. Sie dient vorrangig dem Schutz der tierischen und der menschlichen Gesundheit sowie der Verhütung der Verbreitung von Krankheitserregern. Das stellt eine originäre Schutzaufgabe des Staates dar. Diese sollten wir deshalb mit den Beteiligten lösen. Mitwirkungs- oder Prüfrechte hätten dem Ausführungsgesetz deshalb gut zu Gesicht gestanden.

(Beifall bei der FDP)

Unsere Aufgabe ist es, keine weiteren Belastungen durch Landesgesetze hervorzurufen. Dem wird das vorliegende Ausführungsgesetz nicht gerecht. Aus diesem Grund lehnen wir es ab.

(Beifall bei FDP und CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Das war ein abgrundtief unglaublicher Vortrag der FDP. Vor dem Hintergrund der Diskussion über Subventionen, die wir gerade geführt haben, möchte ich Ihnen nur sagen, dass in einer Marktwirtschaft der Preis die Knappheit von Gütern auszudrücken hat.

(Günther Hildebrand [FDP]: Sie hätten zuhö- ren sollen!)

Sie haben vorhin gefordert, dass sich die Kreise, nur weil sie als Beseitigungspflichtige Träger der Aufgabe sind, an der Finanzierung beteiligen sollen.

(Günther Hildebrand [FDP]: Das habe ich nicht gefordert!)

Ja, sagen Sie einmal: Wo leben wir denn? Soll denn beispielsweise die öffentliche Hand Müllgebühren bezahlen? Oder sollen die Abwassergebühren die Gemeinden und nicht die Bürger bezahlen? Ich bin sprachlos.

(Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Das merkt man aber gar nicht! - Rainer Wiegard [CDU]: Es wäre eigentlich hilfreich, wenn Sie sprachlos wären!)

An einer Stelle haben mir der agrarpolitische Sprecher der CDU, der Ausschussvorsitzende des Agrarausschusses und an einer anderen Stelle der Oppositionsführer vorgeworfen, ich sei ein Lobbyist,

(Zurufe von der CDU)

weil ich einen Industrieverband unter Einschluss der Windenergie und unter Einschluss der großen Elektrizitätsversorgungsunternehmen und sehr vieler Wissenschaftler geleitet habe.

(Zuruf des Abgeordneten Claus Ehlers [CDU])

Das war ein Job, den ich einmal gemacht habe, den ich aber zu diesem Zeitpunkt nicht mehr ausgeübt habe.

Für Sie scheint es ein sehr virulentes Thema zu sein, dass sich möglichst Leute, die in wirtschaftlichen Interessenverbänden involviert sind, nicht äußern sollen. Wen schicken Sie hier eigentlich regelmäßig ins Rennen? Der Vizepräsident des Bauernverbandes vertritt hier online die Interessen des Bauernverbandes - wider den öffentlichen Finanzinteressen der Kreise und des Landes.

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

(Detlef Matthiessen)

So viel nur zum Thema Lobbyismus. Mir wäre das ja nicht eingefallen. Ich halte sehr viel davon, dass hier Leute mit Sachverstand zum Thema reden. Ich sage das nur, weil Sie andere Leute mit Lobbyismusvorwürfen überzogen haben. Und Sie schicken hier Claus Ehlers ins Rennen, sich zu dieser Sache zu äußern.

(Zuruf des Abgeordneten Claus Ehlers [CDU])

Die Bedeutung des in Rede stehenden Gesetzes, des Gesetzes, das wir verabschieden wollen, wird in der Öffentlichkeit häufig sehr unterschätzt. Die Bedeutung der Tierkörperbeseitigung und des Tierseuchengesetzes für Hygiene und Tierseuchenbekämpfung und zum Beispiel BSE werden wir nicht nur an dieser Stelle diskutieren. Wir haben unter Tagesordnungspunkt 25 den Bericht der Ministerin zur Kontrolle der Verwendung von Tiermehl und dergleichen vorgesehen.

(Zuruf des Abgeordneten Claus Ehlers [CDU])

Es handelt sich um ein wirtschaftlich sehr bedeutsames Thema.

Nun ist es so, dass die damit verbundenen Kosten vor allen Dingen in der Aufgabenwahrnehmung seitens der Kreise dort Probleme machen. Das haben wir immer anerkannt. Das sehen wir auch so.

Wir sind der Frage nachgegangen, ob diese Gesetzesneuformulierung nicht die Gelegenheit bietet, die zum Teil sehr langfristig bestehenden Verträge zwischen Kommunen und Firmen wegfallen zu lassen. Das BGB kennt zum Beispiel bei Gesetzesänderungen den Wegfall der Geschäftsgrundlage und die Auflösung der Verträge. Dem sind wir nachgegangen. Dann hätte sich die Chance ganz anders geboten, die Kommunen von dieser Aufgabe zu befreien und ein völlig neues Konzept zu schreiben. Da wir diese Frage leider mit negativem Ergebnis geprüft haben, ist das nicht möglich. In dieser Situation können wir nicht mit leichter Hand sagen: „So, Land, mach mal“, und dann das entsprechende Kostenrisiko übernehmen, das damit verbunden ist.

(Claus Ehlers [CDU]: Unsere Auffassung!)

Insofern sagen wir: Der vorgelegte Gesetzentwurf, den wir heute verabschieden wollen, ist sachgerecht. Wir setzen das EU-Recht und das Bundesrecht in schleswig-holsteinisches Recht um. Ich glaube, dass wir mit den Kreisen in dieser wichtigen Frage mit gutem Ergebnis weiter wirtschaften können.

Zum Schluss will ich auf die Behandlung von FDP und CDU im Ausschuss eingehen. Eine fristgerechte

Einladung zur KMV der FDP in Dithmarschen ist ebenso wenig gelungen wie die schriftliche Vorlage eines Änderungsvorschlags in der Ausschussbefassung, obwohl die Vorläufe sehr langfristig waren. Die Vertreterin der FDP kündigte dann an, das in fünf Minuten schriftlich nachreichen zu wollen. Auch das gelang nicht. Die CDU kannte noch nicht einmal die versendeten Unterlagen, um Stellung dazu zu beziehen, und war äußerst schlecht vorbereitet. Hier gilt wieder einmal: Wer so schlecht Opposition betreibt, ist zum Regieren erst recht nicht in der Lage.

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Claus Ehlers [CDU]: Dürftiger Beifall von der linken Seite! - Friedrich-Carl Wodarz [SPD]: Claus, den kannst du auch mit Pöbelei nicht übertönen!)

Das Wort für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag erteile ich jetzt dem Herrn Abgeordneten Lars Harms.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf basiert auf einer Einigung zwischen dem Land, den Kreisen und den kreisfreien Städten. Deshalb gab es auch vonseiten der kommunalen Landesverbände keine grundsätzlichen Bedenken gegen das Gesetz. Ich glaube, es ist durchaus begrüßenswert und erwähnenswert, dass sich das Land und die kommunale Seite in Bezug auf dieses Gesetz einig sind.

Von den kommunalen Landesverbänden kam die Anregung, im Falle der Beleihung der Betreiber von Tierkörperbeseitigungsanstalten eine Entgeltregelung vorzusehen. Allerdings sieht das Landesverwaltungskostengesetz vor, dass im Fall der Beleihung, die jeweilige Tierkörperbeseitigungsanstalt hoheitlich tätig werden würde und Gebühren und nicht Entgelte zu erheben habe. Damit sind die Regelungen, wie im Gesetz vorgeschlagen, für diesen Fall auch in Ordnung. Außerdem hat sich aber herausgestellt, dass man, wollte man eine Tierkörperbeseitigungsanstalt beleihen, die Aufgaben auszuschreiben hätte. Da man aber im Falle der Beleihung nur Gebühren erheben kann, die kostendeckend sind, wird es keinen privaten Anbieter geben, der sich hierauf einlassen wird, denn er darf ja bei den Gebühren keine Gewinne einkalkulieren. Für Private wäre ein solcher Auftrag also nicht lohnenswert. Deshalb ist es auch nicht realistisch, dass es jemals zu einem solchen Fall kommen könnte. Ich glaube, in den Ausschussberatungen wurde sehr deutlich, dass dieser einzige Einwand der kommuna

(Lars Harms)

len Landesverbände doch nicht so gravierend war, wie es am Anfang schien.

Eine weitere Anregung kam vonseiten der Landwirtschaftskammer. Die Kammer regte an, dass der jeweilige Berufsstand Mitwirkungsrechte bei der Berechnung von Kosten und bei der Festlegung der Entgelte bekommen sollte. Hintergrund ist ein ständiger Streit in der Vergangenheit um die Entgelthöhe. Allerdings lässt sich auch hier sagen, dass natürlich jedermann der Rechtsweg offen steht, um die Rechtmäßigkeit der Entgelthöhe nachprüfen zu lassen. Sollte es tatsächlich gravierende Falschkalkulationen gegeben haben, so wird dies vor Gerichten zu klären sein. So ist unser Rechtssystem aufgebaut. Das hätten Sie, Herr Hildebrand, bei Ihrem Kollegen Kubicki sicherlich nachfragen können. Wenn Sie ihn gefragt hätten, hätten er Ihnen genau das erzählt.

Eine solche Regelung, wie sie die Landwirtschaftskammer vorgeschlagen hat, würde dazu führen, dass nicht nur Landwirte - es betrifft nämlich nicht nur Landwirte -, sondern natürlich auch Zirkusse, Tierheime oder auch Privatpersonen Mitwirkungsrechte haben müssten, denn auch bei ihnen handelt es sich um Tierhalter, die die Leistungen der Tierkörperbeseitigungsanstalten in Anspruch nehmen könnten und ein Anrecht auf Beteiligung bei der Entgeltermittlung hätten.

Wenn wir das Ansinnen der Landwirtschaftskammer beispielsweise auf die Abfallwirtschaft übertragen wollten, so müssten die Müllbürger auch ein Mitwirkungsrecht bei der Gebührenkalkulation erhalten.

(Friedrich-Carl Wodarz [SPD]: Genau das ist es!)

Das ist natürlich illusorisch. Gleichwohl hat jeder Müllbürger das Recht, gegen seine individuelle Gebührenhöhe zu klagen. Man hat hierbei auch in Schleswig-Holstein schon durchaus Erfolg vor Gerichten gehabt.