Was den Umgang mit Konten angeht, deren Eigentümer nicht ermittelt werden können, teile ich die in der Antwort gegebene Auffassung nicht. Wenn ein Konto mehr als 30 Jahre nicht bewegt worden ist, fließt beispielsweise in Großbritannien das Geld dieses Kontos der Allgemeinheit zu. In Großbritannien sind dies stolze Summen. Diese Beträge sollten aus meiner Sicht zielgerichtet unter anderem für den Ausbau unserer Bildung verwendet werden können. Auch diesbezüglich müssen wir in der Ausschussdebatte noch einmal nachfassen.
- Das funktioniert in Großbritannien ganz erfolgreich, sogar mit Unterstützung der Konservativen. Sie sind dort fortschrittlicher als Sie hier im Land.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir stehen zum Drei-Säulen-Modell, in dem die ertragsorientierten privaten Banken, die mitgliederorientierten Genossenschaftsbanken und die aufgabenorientierten Sparkassen nebeneinander stehen. Für die Damen und Herren aus der jetzigen und zukünftigen Opposition: Wir werden die Sparkassen in ihrer Grundstruktur auch in der nächsten Legislaturperiode und darüber hinaus erhalten.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die SPD-Fraktion hat die Landesregierung nach der Zukunft der Kreditwirtschaft in Schleswig-Holstein
gefragt. Einen schlechteren Adressaten hätte sie kaum finden können; denn die Landesregierung ist der größte unverantwortliche Schuldner SchleswigHolsteins. Wirtschaften kann sie nicht und von Wirtschaft versteht sie auch nichts.
Hätte die SPD-Fraktion wirklich wissen wollen, wie es um die Zukunft unserer Kreditwirtschaft bestellt ist, hätte sie besser uns gefragt.
Dann hätte sie auch eine ordentliche Antwort bekommen. Die Zukunft unserer Kreditwirtschaft sieht nämlich blendend aus. Herr Kollege Müller, bevor Sie darüber lachen, sollten Sie doch einmal in sich gehen.
Denn die Zukunft der schleswig-holsteinischen Wirtschaft sieht blendend aus, weil es hier ab Februar eine neue Landesregierung geben wird. Nach 16 Jahren rot-grüner Depression wird ein liberaler Ruck durch Schleswig-Holstein gehen. Die Menschen werden frohen Mutes in die Zukunft blicken, endlich wieder häufiger einkaufen gehen und die Unternehmen werden mehr verkaufen, sie werden mehr Arbeitskräfte brauchen und deshalb mehr Menschen einstellen. Sie werden investieren und die neuen Arbeitskräfte mit Kapital ausstatten. Die schleswig-holsteinische Wirtschaft wird wieder dauerhaft wachsen. Mehr Menschen werden arbeiten, weniger werden arbeitslos bleiben müssen. Das alles wird auch die Kreditwirtschaft beflügeln; denn mehr Menschen und Unternehmen werden Kredit wollen, und mehr Menschen und Unternehmen werden wieder Kredit bekommen.
Und warum? - Weil die Kreditwirtschaft viel häufiger davon ausgehen kann und auch davon ausgehen wird, dass die Kredite auch zurückgezahlt werden. Nur dann gibt die Kreditwirtschaft nämlich Kredit, und nur dann darf sie Kredit vergeben, und zwar egal, lieber Kollege Hay, ob private Bank oder öffentlichrechtliche Sparkasse. Alle unterliegen den gleichen Regeln, sowohl ökonomisch als auch juristisch. Diejenigen, die das nicht wahrhaben wollen, scheitern dabei gelegentlich.
Trotzdem danke ich der SPD-Fraktion für ihre Anfrage, denn nun belegen offizielle Zahlen der Landesregierung, warum es richtig ist, unseren Sparkassen einen zusätzlichen Weg zu mehr Eigenkapital zu öffnen.
Es ist richtig, weil es unsere Sparkassen stärken wird. Wir werden ihnen den Weg zu mehr Eigenkapital ebnen, indem wir ihren Trägern erlauben - indem wir ihren Trägern erlauben! -, ihre öffentlich-rechtlichen Sparkassen in Aktiengesellschaften umzuwandeln und Minderheitsbeteiligungen auf dem freien Markt zu verkaufen. Nicht wir machen das, die Träger machen das. Wir haben größeres Zutrauen zu den Kommunalpolitikern vor Ort, als Sie das offensichtlich haben.
Das wird nicht nur unsere Sparkassen stärken. Es wird auch unsere Wirtschaft zusätzlich beflügeln; denn unsere Sparkassen werden mehr Kredite an ihre Stammkunden, die Mittelständler, vergeben können. Denn alle Propaganda ändert nichts daran: Sparkassen sind Banken, Geschäftsbanken. Sie unterliegen den Regeln von Basel I und bald von Basel II. Auch sie dürfen Kredite nur vergeben, wenn sie keine begründeten Zweifel an der Zahlungsfähigkeit des Kreditnehmers haben und den Kredit mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Eigenkapital unterlegen können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, folglich bedeutet mehr potentielles Eigenkapital ein größeres Kreditpotential, um lohnende Investitionen zu finanzieren. Genau das brauchen wir in Schleswig- Holstein; denn Investitionen bringen neue Arbeitsplätze. Mehr Menschen finden Arbeit, mehr Menschen verdienen Geld, mehr Menschen kaufen ein; ich sagte es bereits.
Warum belegen die Zahlen der Landesregierung unsere Thesen? Schleswig-Holsteins Kreditwirtschaft steht immer stärker im internationalen Wettbewerb. Der Anteil der Kredite an ausländische Adressen hat sich seit 1998 mehr als verdoppelt. Der Anteil der Einlagen von ausländischen Adressen hat sich in der gleichen Zeit verfünffacht. Und das ist erst der Anfang; denn, wie die Landesregierung richtig ausführt, die schleswig-holsteinische Kreditwirtschaft hat noch einiges nachzuholen.
Die deutsche Kreditwirtschaft hat im internationalen Vergleich einen entsprechenden Anpassungsbedarf. Die Eigenkapitalrentabilität deutscher Geschäftsbanken liegt mit 2 % weit unter allen anderen. Um dies zu belegen, zitiert die Landesregierung den Internationalen Währungsfonds. Der hat inzwischen auch schon mehrfach darauf hingewiesen, Kollege Hay, dass die deutsche Kreditwirtschaft gestärkt würde, wenn ihre drei Säulen durchlässiger würden und die Sparkassen besseren Zugang zum Kapitalmarkt hätten. Ende des Zitats des IWF. Genauso sehen es die Bundesbank und die Bundesregierung, die ja bekanntlich von Ihnen gestellt wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt einige, die sehen es anders: öffentlich-rechtliche Funktionäre. Wohlbehütet in den stillen Kämmerchen ihrer Verbände sehen sie mit Grausen auf das, was sie bedroht. Nicht die Sparkassen und ihre Beschäftigten sind bedroht, nein, die Funktionäre. Deshalb versuchen sie, sich mit Händen und Füßen und Umfragen und Flugblättern und Zeitungsanzeigen wider besseren Wissens gegen den Fortschritt zu wehren.
Denn eines wissen sie ganz genau: Fällt das öffentlich-rechtliche Sparkassen-Monopol in einem Bundesland, dann wird es einen Dominoeffekt durch die ganze Republik geben, weil das der richtige Weg ist, das öffentlich-rechtliche Sparkassenmonopol aufzubrechen. Es traut sich nur keiner, den ersten Schritt zu tun. Ich danke der Union, dass sie mannhaft und frauhaft bei ihrer Vorlage geblieben ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Gegner behaupten, die Umwandlung von Sparkassen in Aktiengesellschaften zu erlauben, würde den Niedergang der Sparkassen einleiten, massenhaft zu Filialschließungen führen und die Arbeitsplätze der Sparkassenmitarbeiter vernichten. Welch ein Unsinn! Die Zahlen der Landesregierung belegen es nachdrücklich: Seit 1998 ist die Zahl der Sparkassen um ein Viertel gesunken. Ein Viertel der Filialen wurde bereits geschlossen. Die Beschäftigung sank um über 7 %. Die Zahl der Ausbildungsplätze sank um über 12 %. Die Ausbildungsquote der Sparkassen sank von 7,8 % auf 7,3 %. Kollege Hay, bei den Genossenschaftsbanken stieg sie im gleichen Zeitraum übrigens von 10,6 % auf 11,1 %, weshalb die Aussage zu dem qualifizierten Nachwuchs nicht ganz so stimmen kann, wie Herr Dielewicz Ihnen das erklärte.
Das machen die Verantwortlichen selbstverständlich nicht böswillig. Der Wettbewerbsdruck zwingt sie bereits jetzt dazu, und dieser Druck wird weiter wachsen. Je enger unsere Sparkassen im Korsett des öffentlichen Rechts eingeschnürt sind, desto weniger werden sie dem Druck standhalten können.
Bitte, Kollege Hay, und bitte, Kollege Rohwer, noch Wirtschaftsminister, und bitte, Kollege Stegner, erklären Sie mal, warum die Privatisierung der HSH Nordbank in eine Aktiengesellschaft unbedingt ein Werk des Teufels war.
Ich habe gehört, das sei die einzige Möglichkeit gewesen, um sie für den Wettbewerb fit zu machen. Erklären Sie mir mal, warum die Umwandlung der
Provinzial in eine Aktiengesellschaft des Teufels war. Ich habe gehört, das sei notwendig gewesen, damit sie dem Wettbewerb standhalten kann. Erklären Sie bitte mal Ihren Hamburger Parteifreunden, warum die HaSpa als Aktiengesellschaft organisiert wurde, um den Mittelstand nicht mehr mit Kredit versorgen zu sollen, warum die Mitarbeiter drangsaliert werden, warum dort die Renditeerwartungen alles andere beflügeln. Erklären Sie das den Leuten bei der Sparkasse in Lübeck, bei der Bordesholmer Sparkasse, bei der Sparkasse in Bredstedt, bei der Sparkasse Mittelholstein. Alles Teufelszeug! Die Vorstände dort sind böse Kapitalisten, die die Mittelstandsversorgung nicht mehr organisieren, die Mitarbeiter drangsalieren. Eine bodenlose Unverschämtheit ist ein solcher Ansatz!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Zahlen zu den Forderungen und Verbindlichkeiten der schleswigholsteinischen Kreditwirtschaft sind noch interessanter. Der erste Fixpunkt ist, dass die Bundesbank die HSH Nordbank zu den Privatbanken zählt, wie wir das seit Jahr und Tag sagen.
Vergleichen wir jetzt die Geschäfte bei den öffentlich-rechtlichen Sparkassen und den privaten Geschäftsbanken inklusive Genossenschaftsbanken; denn das sind auch private Geschäftsbanken. Von 1998 bis 2003 sank der Anteil der Sparkassen an der Kreditvergabe in Schleswig-Holstein von über 30 % auf unter 28 %, Kollege Hay. Dabei sank der Anteil der Sparkassen an den Krediten an Unternehmen von über 24 % auf unter 18 %. Der Anteil der Kredite an Selbstständige sank von über 43 % auf unter 40 %. Der Anteil an den Krediten an Unselbstständige sank von über 44 % auf unter 33 %. Auch bei den Einlagen sank der Anteil der Sparkassen von fast 36 % auf 30 %. Einzig bei den Spareinlagen konnten die Sparkassen ihr Niveau von gut 50 % mit Mühe halten.
Das zeigt: Die Sparkassen sind immer noch wichtig, aber sie sind auf dem Rückzug. Wir wollen das nicht, denn uns sind unsere Sparkassen zu wichtig. Wir wollen, dass unsere Sparkassen unseren Mittelstand auch weiterhin mit Krediten anständig versorgen können. Deshalb wollen wir die Öffnung.
Ein weiterer Grund, warum wir nach dem 20. Februar 2005 die Teilprivatisierung der Sparkassen erlauben werden: Es entspricht auch unserem Menschenbild, Kollege Hay. Wir vertrauen darauf, dass die Menschen in ihrem Lebensumfeld am besten Bescheid wissen und mit ihrer Freiheit verantwortlich umgehen. Nicht immer alle, aber die meisten meistens,
Rot-Grün hingegen steht für die Konzepte der Vergangenheit: die gängelnde Obrigkeit, die immer noch meint, im 21. Jahrhundert bräuchten die deutschen Untertanen noch staatliche Geschäftsbanken.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, was sagen moderne Sozialdemokraten dazu? Hören Sie ein Zitat eines modernen und in Fragen der Kreditwirtschaft höchst qualifizierten Sozialdemokraten. Es stammt von KarlOtto Pöhl - nicht Pröhl, sondern Pöhl -, dem ExPräsidenten der Bundesbank, SPD-Mitglied seit 1948. In einem Interview in der „Wirtschaftswoche“ antwortete er auf die Frage, ob die Gesetze geändert werden müssten, die verbieten, dass sich Privatbanken an öffentlich-rechtlichen Banken beteiligen können: „Das ist noch das Denken aus dem vorigen Jahrhundert. Wir leben in einer Wettbewerbsgesellschaft, da darf es solche Schutzvorschriften für Banken nicht mehr geben.“ Recht hat er!
Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN darf ich jetzt dem Herrn Fraktionsvorsitzenden Karl-Martin Hentschel erteilen. Gleichzeitig darf ich die Gelegenheit nutzen, Herr Hentschel, Ihre Eltern auf der Tribüne ganz herzlich willkommen zu heißen.
Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Ich möchte mit einem Zitat von Josef Stieglitz beginnen, der als Nobelpreisträger für Ökonomie im Jahre 2000 und als ehemaliger Chefökonom der Weltbank und auch als enger Berater von Bill Clinton sicherlich ein unverdächtiger Zeuge ist:
„Ein eigenständiges regionales Bankensystem ist aber die Basis für Kreditvergaben an kleine einheimische Firmen. Während Großbanken multinationalen Konzernen und auch großen inländischen Unternehmen bereitwillig Kredite geben, fällt es der mittelständischen Wirtschaft schwer, sich nötiges Kapital zu beschaffen. Werden die lokalen Banken aber aufgekauft, steigen meistens die Gewinnerwartungen und damit die Zinsen.“
Wir in Deutschland haben zum Glück ein eigenständiges regionales Bankensystem, nämlich unsere Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Angesichts der aktuellen Debatte ist es gut, dass wir heute darüber