Protocol of the Session on December 16, 2004

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Überall, wo Menschen Verantwortung füreinander übernehmen, verdient - -

(Zuruf: Dreiminutenbeitrag! - Minister Klaus Müller: Persönliche Erklärung! - Weitere Zu- rufe - Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, ich muss Sie auf die Redezeit aufmerksam machen.

Frau Präsidentin, es ist mein letzter Satz.

(Zurufe)

- Wenn Sie mir vielleicht den letzten Satz gestatten! - Überall dort, wo Menschen Verantwortung füreinander übernehmen, verdient das die Anerkennung und Unterstützung der Politik. Aus diesem Grund werden wir dem Gesetzentwurf zustimmen.

Ich bedanke mich für die Heiterkeit und die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei FDP, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Fröhlich das Wort.

Herr Kubicki, haben Sie sich wieder erholt? - Okay. -

(Heiterkeit)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie schön, dass es auch einmal Heiterkeit gibt, wenn Normen, sei es auch nur probeweise oder als Scherz, überwunden werden.

(Heiterkeit)

- Ja, angedacht, mal damit gespielt. Ich finde das nicht schlecht.

(Heiterkeit)

- Dass man zumindest einmal probiert, was man denken kann. Denken ist die folgenschwerste Tätigkeit. Was man schon einmal denken kann, könnte man dann auch tun.

(Zurufe)

- Herr Kubicki, ich bin ganz an Ihrer Seite. - Noch jemand!

(Peter Eichstädt [SPD]: Es wird immer schlimmer! - Weitere Zurufe)

Als ich mich mit dem Lebenspartnerschaftsanpassungsgesetz beschäftigt habe, bin ich auf das Wort „verpartnert“ gestoßen. Ich war hell entsetzt, bin durch die Räume gerannt und habe gefragt: „Wer hat sich denn bloß dieses Wort ausgedacht? Das ist ja furchtbar.“ Dann fiel mir ein, dass das Wort „verheiratet“ auch nicht so toll ist -

(Heiterkeit)

jedenfalls für die, die sich das zuerst ausgedacht haben. Als Wort ist das auch nicht gerade eine Schönheit. Wir haben daraufhin bei Google nachgeguckt. Bei Google gibt es die Nennung von „verpartnert“ inzwischen immerhin tausend Mal. Das Wort fängt also an, sich einzubürgern. Es fängt an, zur Normalität zu gehören, dass Menschen nicht nur verliebt, verlobt, verheiratet oder vielleicht geschieden, sondern auch verpartnert sein können. Wir werden uns daran gewöhnen.

Mit dem Gesetz zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts, das am 26. November den Bundesrat passiert hat - sehr wohl mit Unterstützung der FDP, wie uns durchaus klar ist -, wird die Rechtsstellung eingetragener Lebenspartnerschaften deutlich verbessert. Eine Gleichstellung mit der Ehe gibt es zum Beispiel im Güterrecht, im Unterhaltsrecht und in der Hinterbliebenenversorgung bei der gesetzlichen Rente. Lebenspartner haben gleiche Pflichten wie Ehegatten. Von daher ist es nur gerecht, dass sie zumindest ansatzweise in einem ersten Schritt auch gleiche Rechte erhalten.

Gleichgeschlechtliche Familien mit Kindern werden gestärkt. Wir ermöglichen die Stiefkindadoption von Kindern, die in einer Lebenspartnerschaft aufwachsen. Ich finde es völlig normal und in Ordnung, dass zwei erwachsene Menschen, die einander zusagen, wir wollen uns begleiten, wir wollen uns stützen, wir wollen den wesentlichen Teil unseres Lebens gemeinsam gestalten, in die Lage versetzt werden, auch ein Kind zu adoptieren und gemeinsam großzuziehen. Ob dieses Kind das Stiefkind des Partners oder der Partnerin sein muss, sei dahingestellt. In einem nächsten Schritt kann auch an eine ganz normale Adoption gedacht werden. Die Stiefkindadoption dient dem Kindeswohl und sichert die Kinder rechtlich besser ab.

Der CDU ist es nicht gelungen, die Verbesserungen des Lebenspartnerschaftsrechts zu torpedieren. Mit

(Irene Fröhlich)

ihrem Widerstand gegen das Gesetz hat die Union zumindest auf Bundesebene erneut gezeigt, dass sie eine einfallslose, ideologische Gesellschaftspolitik von vorgestern betreibt. Das Bundesverfassungsgericht hat die Gleichstellung mit der Ehe für rechtens erklärt. In der Gesellschaft findet das Lebenspartnerschaftsgesetz große Akzeptanz. Die Union steht mit ihrer hinterwäldlerischen Fundamentalopposition im Abseits. Wir wollen, dass Menschen, die in guten und in schlechten Tagen füreinander einstehen wollen, aus dieser Verpflichtung heraus auch die gleichen Rechte haben.

Unabhängig von den erfreulichen Erfolgen in Berlin sind auch die Länder gefragt. Durch das Lebenspartnerschaftsgesetz von 2001 wurde die erste bundespolitisch wichtige Weichenstellung vorgenommen. Heute verabschieden wir ein Artikelgesetz, das diese Weichenstellung konsequent auch in das Landesrecht übernimmt. Das hat verschiedene Folgen. Verpartnerte Menschen werden als mitarbeitende Familienangehörige von Inhaberinnen beziehungsweise Inhabern eines landwirtschaftlichen Betriebes angesehen und Lebenspartnerinnen werden Ehemännern bei der Gewährung von Sonderurlaub im Fall der Niederkunft ihrer Partnerin gleichgestellt.

Es gibt aber auch Einschränkungen, wie zum Beispiel die, dass Verpartnerte ebenso wie Ehepaare nicht gleichzeitig bei einer Gemeindekasse arbeiten dürfen. Kurzum: Es zieht gesellschaftliche Normalität ein.

Die rot-grüne Koalition in Berlin bereitet nun als zweiten Schritt ein Ergänzungsgesetz zur Lebenspartnerschaft vor. Das Ergänzungsgesetz wird die noch ausstehenden zustimmungspflichtigen Elemente enthalten wie zum Beispiel die Anerkennung im Steuerrecht. Es wird dann die Nagelprobe für die FDP sein, ob sie im Bundesrat Länderstimmen für die Gleichstellung der Lebenspartnerschaft organisieren kann. Wir werden sehen, was dabei herauskommt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Hinrichsen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Hüte dich!)

- Sehr geehrter Herr Kubicki, ich möchte sozusagen nicht an Ihrer Seite sein, wenn ich meinen Vorrednern gegenüber meinerseits eine bestimmte Position klar

stellen möchte. Ich werde jetzt eine Rede zum Lebenspartnerschaftsgesetz halten.

Mit diesem Gesetzentwurf wird eine Umsetzung des heute gültigen Lebenspartnerschaftsgesetzes in Landesrecht vorgenommen. Wie bekannt wird auf Bundesebene gerade erneut über weitere Gleichstellungen in diesem Bereich verhandelt. Wie bisher werden vom SSW alle Bestrebungen unterstützt, die eine Verbesserung der Stellung von Lebenspartnerschaften beinhalten. In einer modernen und aufgeklärten Gesellschaft sollten gleichgeschlechtliche Lebensweisen prinzipiell die gleichen Rechte wie Ehegemeinschaften von Mann und Frau bekommen.

Nach unserer Ansicht kann es nämlich nicht so sein, dass die Lebenspartnerschaft nur Verpflichtungen beinhaltet, aber nicht mit Rechten unterstützt wird. Für uns ist es logisch, dass dann, wenn jemand eine Verpflichtung eingeht, diese auch mit Rechten verbunden sein muss. Hier wäre auch der Weg einzuschlagen, solange es in Deutschland noch eine steuerliche Begünstigung von Eheleuten gibt, diese Möglichkeit auch für Lebenspartnerschaften zu eröffnen. Ich möchte in diesem Zusammenhang aber unterstreichen, dass der SSW dafür eintritt, zukünftig nicht die Ehegemeinschaft, sondern Familien mit Kindern steuerlich zu begünstigen. Das ist aber ein anderes Thema.

(Beifall beim SSW)

Hier tun sich jedoch einige Parteien hervor, die zwar gern die Pflichten aus der Ehe weitergeben, aber auf keinen Fall die Rechte. Dies kann so nicht sein. Auch die Lebenspartnerschaft muss eindeutig mit dem Signal verbunden werden, dass man in guten und schlechten Zeiten zusammensteht. Auf Landesebene wird durch die hier vorgeschlagenen Gesetzesänderungen der Weg geöffnet, soweit es dem Landesgesetzgeber möglich ist. Vor- und Nachteile werden umgesetzt. Die Änderungen im Landesbeamtengesetz sind hierfür ein Beispiel.

Im Gegensatz zu dem Kollegen Dr. Wadephul meine ich, dass dieses Gesetz von sehr vielen Menschen gelesen wird, weil sie von diesem Gesetz Regelungen in Bezug auf Bezahlung, Freistellung und Ähnliches erwarten. Im Übrigen möchte ich die Kolleginnen und Kollegen gern auffordern, sich dafür einzusetzen, dass die Regelungen insbesondere auf Bundesebene umgesetzt werden, damit eine faktische Gleichstellung von Lebenspartnerschaften und Ehen stattfinden kann. Dabei sehe ich insbesondere Sie an, meine Da

(Silke Hinrichsen)

men und Herren von der CDU. Es wäre schön, wenn auch Sie sich dem anschließen könnten.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Frau Ministerin Lütkes das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bedanke mich beim gesamten Parlament für die sich abzeichnende Einstimmigkeit. Einstimmigkeit ist hier selten. In diesem Falle bewerte ich sie als Ausdruck eines beginnenden kulturellen Wandels. Sie haben hier sehr einleuchtend die Geschichte der Antidiskriminierungspolitik, aber auch des Rechtes in der Bundesrepublik dargestellt. Ich möchte mich insofern auf zwei Punkte beschränken.

Zum einen ist es mir wichtig, noch einmal zu betonen, dass wir hier eine gesetzgeberische Fleißarbeit vorlegen, die Antidiskriminierungspolitik und Antidiskriminierungsansätze in den Alltag und damit in das Alltägliche wendet. Wir haben jetzt den gesetzgeberischen Istzustand an das Lebenspartnerschaftsgesetz nach den Vorgaben des Bundes anzupassen. Wir hatten nicht die Aufgabe, alles, was - wenn ich es richtig im Kopf habe - beispielsweise seit 1960 existent ist, mit diesem Gesetz zu ändern. Insofern finde ich es nur konsequent, dass wir die Verordnung über die gemeinsame Fischerei in der Flensburger Förde hier anpassen.

(Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wenn schon, denn schon: Normalität im Alltag, und zwar auch bei der gemeinsamen Fischereiverordnung.

Als weiteres Beispiel nenne ich die Sonderurlaubsverordnung. Wir können Ihnen gerne eine Fülle von Untersuchungen und Erklärungen zur Situation lesbischer Mütter übermitteln. Zur Frage der Familienplanung und deren Instrumenten brauche ich hier keine weiteren Ausführungen zu machen. Die lesbische Mutter ist Realität, um nicht zu sagen: Normalität.