Protokoll der Sitzung vom 28.01.2005

(Zuruf des Abgeordneten Uwe Eichelberg [CDU])

- Machen Sie es einfach einmal, Herr Eichelberg!

Zur Langzeitarbeitslosigkeit, dem harten Kern, um den es heute geht und um den wir uns besonders kümmern müssen, sage ich: Der Anstieg ist schlicht zu groß. Den können wir nicht akzeptieren und den werden wir auch nicht akzeptieren. Dies eint uns hoffentlich hier.

Weil Bayern immer Ihr Musterland ist, sage ich: Schauen Sie sich mal die Raten in Bayern an. Sie sagen doch immer „Wirtschaftsland Bayern“ und so weiter. Schauen Sie sich den Anstieg der Anzahl der Langzeitarbeitslosen in Bayern an.

Der Anteil der Langzeitarbeitslosen in SchleswigHolstein ist mit 34,7 % im Dezember zu hoch - ich sage das hier deutlich -, aber er ist in anderen Ländern deutlich höher.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Es nutzt uns doch nichts, dass es in anderen Ländern schlechter ist!)

Schauen Sie sich das mal an! Dann wird auch jeder Externe erkennen, dass Sie hier Wahlkampf machen und nichts anderes.

Die Langzeitarbeitslosigkeit ist ein bundesweites Problem, aber Schleswig-Holstein - und das gehört zu einem fairen Vergleich dazu - gehört zu den Ländern, die gerade bei der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit die fortschriftlichsten Arbeitsmarktprogramme aufgelegt haben. Natürlich geschah dies nur, weil die FDP diese Programme vorgeschlagen hat; das weiß ich.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Wenn Sie sie nut- zen, ist es toll!)

Seit 2000 haben wir rund 160 Millionen € in aktive Arbeitsmarktpolitik investiert. Wir haben damit 210.000 Frauen und Männern in Ausbildung und Arbeit geholfen. Das zeigt doch nur Folgendes: Wir versuchen, in einem schwierigen Umfeld eine vernünftige Arbeitsmarktpolitik zu machen.

(Glocke des Präsidenten)

- Ich komme gleich zum Schluss, Herr Präsident.

Ich glaube, wir haben Erfolge vorzuweisen, was übrigens Externe wie die Bertelsmann Stiftung bestätigen. Trotzdem können wir mit dem Ergebnis nicht zufrieden sein; das ist völlig klar und das wissen wir auch. Aber trotzdem würde ich das gleiche Ziel wieder in die nächste Regierungserklärung hineinschreiben.

(Beifall bei der SPD)

Denn wir müssen weiter daran arbeiten. Wir können den jetzigen Zustand nicht akzeptieren.

(Glocke des Präsidenten)

Ich bin auch optimistisch genug, um zu sagen, dass wir nicht wieder drei Rezessionsjahre bekommen werden, sondern wir werden etwas bessere Zahlen bekommen. In diesem Sinne bitte ich schlicht um eine etwas sachlichere und differenziertere Betrachtung.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, meine Damen und Herren. Damit schließe ich die Beratung.

Ich lasse in der Sache abstimmen. Wer dem Antrag der Fraktion der FDP seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE

(Präsident Heinz-Werner Arens)

GRÜNEN und SSW gegen die Stimmen von CDU und FDP abgelehnt.

Die gemeinsame Beratung der Drucksachen 15/3960 und 15/3964 - Stichwort: Bahnreform - wird im Einvernehmen von der Tagesordnung abgesetzt.

Wir haben aus zeitlichen Gründen nur noch die Möglichkeit, die beiden regulären Tagesordnungspunkte 28 und 34 aufzurufen.

Ich beginne nun mit Tagesordnungspunkt 28:

EU-Chemikalienverordnung (REACH) muss die Interessen der mittelständischen Chemie- und Pharmaindustrie berücksichtigen

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 15/3930

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Ich eröffne die Aussprache und erteile Herrn Abgeordneten Eichelberg das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit Jahren tobt ein schwerer Disput über diesen Entwurf der EU-Chemikalienrichtlinie „REACH“ zwischen der Wirtschaft und den Wirtschaftsverbänden mit der Politik auf Bundes- und Länderebene. Dennoch hat es die Landesregierung nicht für nötig gehalten, die Landespolitiker und Fachausschüsse rechtzeitig zu informieren. Und erst auf Bitten der CDU-Fraktion wurde ein Bericht vom Wirtschaftsministerium erstellt.

Meine Damen und Herren, dieser Bericht ist sehr gut und umfassend - um es vorwegzusagen; Herr Minister Dr. Rohwer, sagen Sie es bitte Ihren Mitarbeitern.

(Beifall bei CDU und FDP)

Denn es wurde nicht nur die Problemstellung sehr konsequent und gut darstellt, sondern auch die Schwächen und Änderungsnotwendigkeiten dieses EU-Richtlinienentwurfs wurden präzise herausgearbeitet,

(Beifall bei CDU und FDP)

und zwar unter ganz besonderer Berücksichtigung des Kerns der Richtlinie, nämlich des Schutzes der Verbraucher und des Schutzes der Natur. Das fanden wir sehr gut.

Zunächst sahen wir als CDU-Fraktion den Bericht des Ministeriums als Aussage der Regierung an. Dann wurden wir überrascht, als im Ausschuss völlig konträre Darstellungen seitens des Umweltministeriums und des mitgebrachten Mitgliedes des Sachverständi

genrates für Umweltfragen aus Berlin auf den Tisch kamen.

In öffentlicher Sitzung wurde nicht nur der Bericht des Wirtschaftsministeriums - genauso wie die Äußerungen der Vertreter - schwer angegriffen. Nein, die Herren zeigten ein sehr einseitiges, ideologisch verfremdetes Verständnis von Wirtschaftspolitik; ich dachte, dieses Verständnis hätten wir in den 80erJahren abgelegt. Es war sehr verwunderlich, dies zu erleben.

Deswegen fragen wir heute Sie, Frau Ministerpräsidentin; Sie tragen ja die Richtlinienkompetenz für diese Regierung: Welche sind die gültigen Aussagen der Landesregierung zu diesem Richtlinienentwurf REACH?

Das Wirtschaftsministerium spricht von „Millionen von Erzeugnissen auf dem EG-Markt, die Bestandteil von Erzeugnissen sind, die registriert werden müssen“.

Weiterhin steht im Bericht; ich zitiere:

„Insofern würde durch die Umsetzung der Chemikalienpolitik in der vorgeschlagenen Form eines Verlustes von Arbeitsplätzen an europäischen Standorten nicht nur unmittelbar in der chemischen Industrie, sondern auch bei anderen Schlüsselindustrien mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein.“

Und es steht dort:

„Die Industrie und deren Verbände gehen davon aus, dass durch die hohen Kosten der Registrierungsverfahren eine Vielzahl von Produkten vom Markt genommen werden müssen, gleichwohl sie für verschiedenste Verfahren und Prozesse benötigt und nicht substituiert werden können.“

Als Beispiel wurde das Coating von Airbus und anderen Flugzeugherstellern genannt. Es würde eine erheblicher Verzug und Schaden für Europa entstehen, wenn dieses Verfahren durch irgendeine entsprechende Essenz nicht mehr verfügbar wäre und die ganzen Produkte neu entwickelt werden müssten.

Erstaunt war Folgendes zu hören:

„Die bestehenden Mängel sind entgegen der Auffassung der Bundesregierung erheblich und dürften die Wettbewerbsfähigkeit der chemischen Industrie beeinträchtigen.“

Das ist doch ein entscheidender Punkt für uns. Denn Deutschland und Europa nehmen im chemischen

(Uwe Eichelberg)

Sektor weltweit eine führende Rolle ein. Dann schaden wir uns doch selbst.

(Beifall bei CDU und FDP)

Dann wurde in diesem Bericht sehr deutlich gebracht - das war auch überraschend für mich -, dass die REACH-Belastungen nicht die einzigen Belastungen seien, die die Industrie tragen müsse. Es wurde darauf hingewiesen, dass die chemische Industrie unter dem Bezug des Klimaschutzes, der Energieeinsparung, der Emissionsminderungen, des Anlagengenehmigungsrechtes, des Emissionshandels leiden müsse. Vergessen hat der Autor, die Oberflächenwasserabgabe und ähnliche Dinge zu erwähnen. Also, die Belastungen sind riesig groß, sodass man von Abwanderungen sehr schnell reden konnte.