(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Baden- Württemberg! - Zuruf von der CDU: Hessen! - Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Saarland!)
Hier können Sie alles und jedes versprechen, weil Sie wissen, dass Sie für die finanziellen Folgen ihres Tuns nicht aufkommen müssen.
Aber blicken wir doch einmal nach Hessen. In Hessen regieren, wie Sie wissen - ich hoffe, nicht mehr lange -, CDU und F.D.P., Kollege Kubicki, Sie werden sicherlich verfolgt haben, was der CDU-Finanz
Er hat vorgeschlagen, dass ab dem Jahr 2001 viermal hintereinander die Zuweisungen an den kommunalen Finanzausgleich um jeweils 100 Millionen DM gekürzt werden.
Ich bitte darum, sich zu konzentrieren und, wenn es geht, auch etwas Zeit einzusparen. Wir haben ein mindestens noch einstündiges Abstimmungsverfahren vor uns. - Ich erteile Herrn Abgeordneten Hildebrand das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen ist fachlich unbegründet, steht rechtlich auf äußerst tönernen Füßen und demonstriert, welches Verhältnis die rot-grüne Koalition zur Kommunalpolitik hat - nämlich gar keins.
Der gesamte Ablauf des Komplexes der FAGÄnderung ist bis zum heutigen Tag eine Ansammlung von Merkwürdigkeiten, unkooperativem Verhalten, schlechtem Spiel und purer Arroganz: Die Beschlussempfehlung des Sonderausschusses „Kommunales“ wurde ohne jede Erörterung verabschiedet und hat nichts mit den vorangegangenen Beratungen zu tun. Der Bericht der Landesregierung zur Beschlussempfehlung und der Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen wurden zeitgleich vorgelegt und gleichen sich zum Teil bis aufs Wort. Es gab keine auch nur ansatzweise erkennbare Begründung, geschweige denn Diskussion des Gesetzentwurfs in der Enquetekommission oder im Innen- und Rechtsausschuss.
Die kommunalen Landesverbände wurden und werden brüskiert. Sie übten herbe Kritik und sprachen sich einheitlich strikt gegen die Änderungen aus. Genutzt hat es nichts.
Rot-Grün hat sich augenscheinlich wieder einmal gegen alle Vernunft entschieden, dieses Vorhaben durchzuziehen.
Sehr geehrter Herr Kollege Astrup, wer immer sich diesen Gesetzentwurf ausgedacht hat, muss in der Nacht davor einen verdammt schlechten Traum gehabt haben. Die Gemeinden und Städte haben dafür jetzt einen Albtraum.
Die Inhalte des Gesetzentwurfs sind nicht nachvollziehbar. Zu allem Überfluss steht er auch verfassungsrechtlich auf ganz schwachen Beinen.
Am 11. November 1999 hat das Bundesverfassungsgericht sein Urteil über den Länderfinanzausgleich gesprochen. Dabei hat es Grundsätze aufgestellt, die nach Rechtsauffassung der F.D.P. auch für den kommunalen Finanzausgleich von Belang sind. Ich möchte an dieser Stelle nur die Leitsätze der Entscheidung zitieren.
„1. Die Finanzverfassung verpflichtet den Gesetzgeber, das verfassungsrechtlich nur in unbestimmten Begriffen festgelegte Steuerverteilungs- und Ausgleichssystem durch anwendbare, allgemeine, ihn selbst bindende Maßstäbe gesetzlich zu konkretisieren und zu ergänzen.
2. Mit auf langfristige Geltung angelegten, fortschreibungsfähigen Maßstäben stellt der Gesetzgeber sicher, dass der Bund und alle Länder die verfassungsrechtlich vorgegebenen Ausgangstatbestände in gleicher Weise interpretieren, ihnen dieselben Indikatoren zugrunde legen, die haushaltswirtschaftliche Planbarkeit und Voraussehbarkeit der finanzwirtschaftlichen Grundlagen gewährleisten und die Mittelverteilung transparent machen.
3. Die Finanzverfassung verlangt eine gesetzliche Maßstabgebung, die den rechtsstaatlichen Auftrag eines gesetzlichen Vorgriffs in die Zukunft in der Weise erfüllt, dass die Maßstäbe der Steuerzuteilung und des Finanzausgleichs bereits gebildet sind, bevor deren spätere Wirkungen konkret bekannt werden.“
Ein weiteres rechtliches Erfordernis an eine Finanzausgleichsregelung ist die Sicherstellung der Beibehaltung der Reihung der Finanzkraft. Dieser Grundsatz ist allgemein anerkannt und wird auch im Urteil
des Bundesverfassungsgerichts unter den Randnummern 292 und 325 noch einmal bekräftigt. Verbindet man nun diese Leitsätze des Bundesverfassungsgerichts, die hohe Anforderungen an Transparenz, Planbarkeit und Vorhersehbarkeit der rechtlichen Regelungen des Finanzausgleichs stellen, mit dem Verbot der Veränderung der Finanzkraftreihung, ergeben sich für den vorliegenden Gesetzentwurf massive rechtliche Bedenken.
Die differenzierte Kreisumlage ermöglicht es den Kreisen, sechs verschiedene Basiszahlen für die Ermittlung der Höhe der Kreisumlage heranzuziehen. Weder die Regierungsfraktionen noch das zuständige Innenministerium haben Aussagen über die Verteilungswirkung treffen können. Damit sind die Ergebnisse des Ausgleichs intransparent, nicht planbar und nicht vorhersehbar.
Meine Damen und Herren von der SPD, ich kann mir schon sehr gut vorstellen, wie der Oberstratege im Pinneberger Kreistag, Hans-Helmut Birke, schon zu Hause entsprechende Modellrechnungen durchführt, wie er es bei dieser differenzierten Kreisumlage erreichen kann, dass die Stadt Elmshorn überhaupt keine Kreisumlage mehr bezahlen muss und die Stadt Wedel dafür eine doppelte. Darauf können wir uns jetzt bereits einstellen.
- Ja, dann wünsche ich Ihnen dabei viel Glück, Herr Plüschau. Ich frage mich, was schlimmer ist, nämlich dass sich niemand um die Frage der Finanzkraftreihung gekümmert hat oder dass Sie das Problem einfach unter den Tisch kehren.
In den Ausschussberatungen hat es sich die Landesregierung einfach gemacht. Auf meine Frage, wie es um die Erhaltung der Finanzkraftreihung bestellt sei, hat der Vertreter des Innenministeriums geantwortet, die Anwendung der differenzierten Kreisumlage liege in der Verantwortung der Kreise.
Ich habe zwar viel Verständnis, dass man den schwarzen Peter an die Kreise weitergeben möchte, aber so einfach ist das nicht. Das Bundesverfassungsgericht
wendet sich eindeutig an den Gesetzgeber und nicht an den Ausführenden, Herr Kollege Astrup. Auch das sollten Sie zur Kenntnis nehmen.
Sie haben durch Ihren Gesetzentwurf sicherzustellen, dass sich die Finanzkraftreihung nicht in ihr Gegenteil verkehrt.
Das Land kann sich aus rechtlicher Sicht nicht einfach aus seiner Verantwortung stehlen. Doch damit nicht genug. Der Staatsgerichtshof Baden-Württemberg hat in seinem Urteil vom 10. Mai 1999 - auch dieses Urteil ist den Unterlagen beigefügt, Sie müssten oder könnten es zumindest kennen, Herr Kollege Astrup;
er will es nicht, das ist ja genau der Punkt, der dahinter steht - verfassungsrechtliche Ansprüche an ein Verfahren zur Änderung des kommunalen Finanzausgleichs definiert. Ausgangspunkt der Überlegungen des Berichts war das Problem, dass die objektive Feststellung, wann die finanzielle Mindestausstattung der kommunalen Gebietskörperschaften durch den Finanzausgleich gewährleistet ist und wann nicht beziehungsweise nicht mehr, nur sehr schwer zu treffen ist. Die nachträgliche materielle Kontrolle weist Defizite auf, da - so das Gericht - ein einmal beschlossener Finanzausgleich für das laufende Ausgleichsjahr nicht mehr reversibel ist und die fehlenden materiellen Maßstäbe einen sehr weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers erlauben. Das Gericht hat aus diesem Grund den bisherigen Weg der Rechtsprechung verlassen. Nicht mehr die Überprüfung von Art und Umfang des Ausgleichs ist wichtig, sondern der Weg, wie die rechtliche Regelung entstanden ist.
„Sollte sich der Gesetzgeber auf einen offenen Dialog mit den an dem Finanzverbund Beteiligten beschränken, hätte dieser weit über die reine Anhörung nach Artikel 71 Abs. 4 Landesverfassung hinauszugehen. Das Land müsste entsprechend den verfassungsrechtlichen Geboten der Transparenz
und Publizität rechtzeitig vor anstehenden Entscheidungen zum kommunalen Finanzausgleich eine Land und Kommune umfassende Analyse der Entwicklung der Aufgaben- und Ausgabenlasten sowie der zu erwartenden Einnahmen und Möglichkeiten, diese mittels Hebe- und Umlagesätze zu verändern, vorlegen und diese im Benehmen mit den Beteiligten nachvollziehbar bewerten, gewichten und zum Ausgleich bringen.“
Von der Einhaltung dieser Prozessnormen kann in Schleswig-Holstein keine Rede sein. Weder wurde eine Analyse der finanziellen Auswirkungen der differenzierten Kreisumlage oder der Zusatzumlage durchgeführt noch wurde eine nachvollziehbare Bewertung der Maßnahmen geleistet.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, anstatt die Ergebnisse des von der Enquetekommission in Auftrag gegebenen Gutachtens und dessen Diskussion abzuwarten, haben die Regierungsfraktionen mit den vorgeschlagenen Änderungen des Finanzausgleichsgesetzes einen Schnellschuss vorgelegt.