Protokoll der Sitzung vom 21.02.2001

Manche Befürchtungen, die in der Vergangenheit mit der Ausweitung des Sponsoring verbunden worden sind, haben sich allerdings, wie eigentlich auch zu erwarten war, nicht erfüllt und als übertrieben herausgestellt. Ein Milky-Way-Gymnasium oder eine Snikkers-Gesamtschule gibt es heute in Schleswig-Holstein nicht und wird es bei uns im Lande auch nicht geben.

Ob dieser Themenkomplex tatsächlich, wie es die Union vorschlägt, neuer gesetzlicher Regelungen und damit auch neu zu erlassender Verordnungen durch das Kultusministerium bedarf, sollte in der Ausschussberatung unvoreingenommen geprüft werden. Grundsätzlich sind wir Liberalen der Ansicht, dass neue Gesetze und Verordnungen nur dann beschlossen werden sollten, wenn dies unbedingt erforderlich ist.

So ist zum Beispiel die im Gesetzentwurf der CDU enthaltene Formulierung, Spenden seien abzulehnen, falls sie an Bedingungen geknüpft sind, die den Bestimmungen des Schulgesetzes widersprechen, eigentlich ein Selbstgänger. Ob man eine solche Selbstverständlichkeit unbedingt noch in Paragraphen gießen muss, halte ich zumindest nicht für zwingend erforderlich.

Etwas anders stellt sich die Situation bei der Frage dar, ob man nicht eine klare Auflage machen muss, dass mit Spenden nicht die Erwartung verbunden werden darf, dass es dann irgendwelche inhaltlichen Vorgaben für den Unterricht gibt. Über diese Frage muss man - das ist eben schon gesagt worden - sehr wohl nachdenken.

(Beifall bei F.D.P., CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für problematisch erachte ich den Vorschlag der CDU, die Annahme von Spenden immer dann von der Zustimmung des Schulträgers abhängig zu machen, wenn die Annahme der Spenden zu Folgekosten führt. Man stelle sich das einmal konkret vor: Wenn sich Unternehmen bereit erklären, einer Schule eine PCAusstattung oder auch Internetanschlüsse zu spenden, dann müsste wegen der Folgekosten dazu künftig auch das Einverständnis des kommunalen Schulträgers eingeholt werden. Ich meine, eigentlich sollte man doch froh darüber sein, dass private Spender bereit sind, solche Sachinvestitionen, die eigentlich zum Verantwortungsbereich des Schulträgers gehören, zu übernehmen. Wieso in einem solchen Fall zusätzlich die Einwilligung des Schulträgers erforderlich sein soll, vermag ich nicht einzusehen, zumal es ohnehin inzwischen längst üblich ist, dass die Schulen von ihren lokalen Schulträgern Globalbudgets erhalten, über deren Verwendung sie frei verfügen können.

Glücklicherweise sind die Zeiten, wie es früher war, vorbei. Ich habe es selbst erlebt, dass bei einer Podiumsdiskussion in einer Schule einer schleswigholsteinischen Gemeinde der Schulleiter erzählt hat, er müsse bei jeder Ausgabe, die den Betrag von 300 DM übersteige, die Einwilligung des Schulausschusses der Gemeindevertretung einholen. Gott sei Dank haben wir solche Zustände längst hinter uns gelassen. Man darf solche Zustände nicht über die Hintertür einer solchen Klausel im Schulgesetz möglicherweise wieder einführen. Zumindest muss es eine klare Festlegung geben, Kollege de Jager, dass eine Einwilligung nur in den Fällen erforderlich ist, wo es um erhebliche Folgekosten geht und nicht gewissermaßen Kinkerlitzchen als Folge von Spenden eintreten.

Ich komme zum Schluss. Spenden für schulische Zwecke sind allgemeine Realität. Man sieht das im Land allenthalben. Die Autos, die von Automobilhändlern oder -unternehmen gespendet werden, sind erwähnt worden. In diesem Zusammenhang wären auch große Reinigungsmaschinen aus dem Bereich der chemischen Reinigung zu nennen. All dies sind Anlagen, die auch Folgekosten nach sich ziehen. Man sollte aber nicht jede Kleinigkeit an die Einwilligung des Schulträgers binden. Diesbezüglich sollte man über die genaue Formulierung, wie ich meine, noch einmal gründlich nachdenken.

(Beifall bei der F.D.P.)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich nun der Abgeordneten Angelika Birk das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! In Berlin vermietete vor einigen Monaten ein besonders engagierter Rektor für den Förderverein zur Unterstützung sozialer Aktivitäten in der Schule den Schulhof nachts und am Wochenende als Parkplatz, und zwar ohne Genehmigung. Die juristische Verfolgung dieses Vergehens provozierte in der Stadt eine lange, kontroverse, medienöffentliche Debatte. So weit wollen wir es in Schleswig-Holstein nicht kommen lassen. Zum einen wollen wir die Schulhöfe so kinderfreundlich und autofeindlich gestalten, dass sich diese Sponsoringidee von selbst erübrigt,

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

zum anderen brauchen wir in Schleswig-Holstein klare und gerechte gesetzliche Grundlagen für das Sponsoring von Aktivitäten rund um die Schule. So sehr auch wir vonseiten der Grünen glücklich darüber sind, dass es Sponsorinnen und Sponsoren gibt, dass dieses Thema also eine reale Grundlage hat, so sehr halten wir es für richtig, dass wir uns über die Annahme und die Verwendung der so gespendeten Gegenstände und Gelder Gedanken machen.

Höchstmögliche Transparenz und Beschränkung auf bestimmte Aufgaben, um die staatliche Bildungsverpflichtung und die kommunale Schulträgerschaft nicht zu unterlaufen, sowie Anreize, durch Sponsoring Schulen in besonders schwierigen Lagen zu unterstützen, das sind für uns die Leitlinien.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Besonderes Fingerspitzengefühl erwarten wir beim Thema Sponsoring und Werbung. Herr de Jager, Sie haben hier die berühmte Coca-Cola-Fahne erwähnt, die es nicht geben soll. Es gibt auch subtilere Formen der Werbung. Produktplacement ist nicht nur im Fernsehen ein Begriff. Was machen wir, wenn beispielsweise ein Süßwarenhersteller die I-Dötzchen zukünftig mit einer Schultüte empfängt? Sponsoring erlaubt? Das gibt es vielleicht manchmal schon. Da sind die schwierigen Abgrenzungsprobleme. Der Schulraum und das Schulleben dürfen unseren Ermessens nach nämlich nicht als Werbeträger missbraucht werden. Das geschieht schneller, als wir alle meinen.

Die Autonomie der Schule, die Öffnung zu Gemeinwesenarbeit und die Unterstützung des Schullebens durch private Dritte sollen nicht nur auf dem Papier stehen. Dieses Ziel müssen alle Schulen erreichen können Herr Höppner hat gerade auf die Schwierigkeiten bestimmter Standorte hingewiesen -, unabhängig davon, wie reich die Eltern der Schülerinnen und Schüler sind

und welcher Großinvestor vielleicht am Ort seinen Standort verteidigt.

Das Thema IT und Schulsponsoring halte ich nicht für so trivial, Herr Dr. Klug, wie Sie das glauben machen wollen. Nicht umsonst haben wir in dem letzten kontrovers diskutierten Landtagsstatement die Landesregierung aufgefordert, die Abgrenzung zwischen Kommunen als Schulträger und Landesbehörde deutlich zu bezeichnen und uns mehr Auskunft über die realen Arbeitsstunden zu geben, die für den IT-Bereich benötigt werden.

(Dr. Ekkehard Klug [F.D.P.]: Das war unser Antrag!)

Wenn nun eine Schule mit Computern ausgestattet wird und der Schulträger hinterher sowohl die Pflege der Hardware als eben auch die Schulbehörde mit entsprechenden Stunden, die die Lehrer erhalten, die inhaltliche Auseinandersetzung mit diesen Computern finanzieren müssen, dann kann eine Computerspende nicht ohne Wissen des Schulträgers und der Schulbehörde geschehen. Ich gebe Ihnen Recht: Es geht nicht um jede kleine Schraube und jede Kleinigkeit im Bagatellbereich. Aber wenn es sich um eine solche Infrastrukturmaßnahme handelt, finde ich das wichtig, weil sonst der Schulträger nämlich sagt: Ich warte auf Sponsoren, ich kümmere mich gar nicht und irgendwann erfahre ich aus der Zeitung, wie schön meine Schule vor Ort ausgestattet wurde, und habe nichts dazu bezahlt. So kann es auch nicht gehen. Deshalb finde ich es wichtig, dass auch dieser Gesichtspunkt seitens des CDU-Vorschlages bedacht worden ist.

Sie sehen also, die Änderung des Schulgesetzes, wie sie die CDU vorschlägt, eröffnet uns eine spannende fachpolitische Debatte, der auch wir als Fraktion uns nicht verschließen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag erteile ich jetzt Frau Abgeordneter Anke Spoorendonk.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf der CDU ist es aus unserer Sicht erst einmal wichtig festzustellen, dass die Schule und damit die Ausbildung unserer Kinder eine der wichtigsten gesellschaftlichen Aufgaben überhaupt ist. Für uns folgt daraus, dass die Finanzierung der Unterrichtsversorgung weiterhin von der öffentlichen Hand geleistet werden muss. Damit meine ich, dass im Einzelfall natürlich nichts gegen

(Anke Spoorendonk)

private Spenden an Schulen spricht. Dies ist auch mit dem Schulgesetz in der heutigen Form schon möglich.

Für die Zukunft des Schulwesens ist aber ungemein wichtig, dass die private Finanzierung nicht überhand nimmt. Werden Schulen abhängig von privaten Spenden oder von dem Sponsoring eines Unternehmens, besteht die Gefahr, dass es demnächst Schulen erster oder zweiter Klasse geben wird, je nachdem wie viele private Zuschüsse eingeworben werden können. Diese Entwicklung wünscht sich sicherlich keine der hier im Landtag vertretenen Parteien. Die Redebeiträge haben das schon deutlich gemacht.

Dennoch haben wir heute in Schleswig-Holstein eine Situation, in der Spenden an Schulen eine gewisse Rolle spielen. Viele Schulen sind besonders bei der Anschaffung von neuen Computern auf Spender angewiesen. Dabei möchte ich einmal die Frage stellen, ob es sinnvoll ist, immer nur auf die Anschaffung von Computern zu fokussieren. Folgekosten und Probleme der Netzwerkbetreuung werden oft vergessen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben die Probleme, die sich daraus zum Beispiel für die betroffenen Lehrkräfte ergeben, bereits in der Januar-Tagung angesprochen.

Es ist aber nicht von der Hand zu weisen, dass das Problem des Sponsorings bisher nicht eindeutig geregelt ist. Es gibt also eine Art von Grauzone. In diesem Sinn begrüßen wir den Gesetzentwurf der CDU. Dieser Gesetzentwurf ermöglicht es uns, uns mit dieser Grauzone zu beschäftigen.

Wir möchten allerdings schon jetzt klarstellen, dass wir mit einigen Formulierungen des Gesetzentwurfs Schwierigkeiten haben. So ist der SSW der Meinung, dass es genügt, im Gesetzestext darauf hinzuweisen, dass „Spenden... abzulehnen“ sind, „wenn sie an Bedingungen geknüpft sind“. Alle weiteren Begründungen führen dazu, dass der Interpretationsspielraum viel zu weit gefasst wird. Alle weiteren Zusätze sollten daher unserer Ansicht nach gestrichen werden.

(Beifall beim SSW)

Auch bei der Frage der Folgekosten sind wir für eine Vereinfachung des Gesetzestextes und schlagen vor, nur die Formulierung, „Wenn Folgekosten entstehen..., muss dieser“- der Schulträger - „zustimmen“, zu übernehmen.

Auch mit dem Satz, „Wird die Schule bei der Erfüllung ihres Bildungs- und Erziehungsauftrages durch Spenden Dritter unterstützt, kann hierauf in geeigneter Weise hingewiesen werden“, haben wir echte Schwierigkeiten. Was bedeutet die Wendung „in geeigneter Weise“? Und überhaupt: Wie viel Werbung in eigener

Sache will man dem Spender oder Sponsor zugestehen? „Sollte dies den einzelnen Schulen überlassen werden?“, kann man fragen. Oder wie regeln wir das?

Zusammenfassend gilt aus unserer Sicht: Gerade weil wir der Meinung sind, dass die öffentliche Hand für die Finanzierung des Schulwesens sorgen muss, bereitet es uns Bauchschmerzen, wenn wir es in diesem sensiblen Bereich zulassen, dass eine Grenze überschritten wird. Ich denke, dass wir im Ausschuss eine informative und spannende Diskussion zu diesem Thema bekommen werden.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die Landesregierung hat in Vertretung der erkrankten Kultusministerin Frau Ministerin Moser.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich versuche, mich des Themas würdig zu erweisen.

(Beifall im ganzen Haus)

Die drei Ps, Public Private Partnership, fehlen heute in kaum einer Rede, wenn es um das Thema Bildung geht. Ich stelle allerdings fest: In Ihren Reden hat es heute gefehlt.

(Heiterkeit)

Erst am Montag dieser Woche in den Eröffnungsreden zur Bildungsmesse 2001 in Hannover wurden diese Ps aufs Äußerste strapaziert. Wirtschaft und Regierung waren sich dort einig, dass es eine gemeinsame Verantwortung für die Zukunft der Bildung gibt. Diese Verantwortung findet auch Ausdruck in Sponsoring. Insoweit ist Sponsoring auch Ausdruck einer Bürgergesellschaft und einer entsprechenden Gesinnung.

Ich will hier aber, auch als Sozialministerin, hinzufügen: Wie die freiwillige Arbeit ersetzt auch das Sponsoring in den Bereichen Bildung, Soziales und anderen keinesfalls die öffentliche Verantwortung dafür.

(Beifall bei F.D.P. und SSW)

Um die Partnerschaft zwischen Schulen und Wirtschaft und anderen privaten Institutionen zu ermöglichen, hat das Bildungsministerium bereits 1998 das Schulgesetz in § 49 geändert.

(Jürgen Weber [SPD]: Der Landtag!)

(Ministerin Heide Moser)