Protokoll der Sitzung vom 21.03.2001

(Beifall beim SSW)

Ich habe auch nichts anderes erwartet.

Zur Ökosteuer sagte sie eigentlich nur, dass diese zu Einsparungen im Verbrauch von mehr als 4 % führe und dass damit das Ziel erreicht sei. Das ist sachlich richtig und begrüßenswert. Dass wir das geschafft haben, ist eigentlich auch entlarvend für die Kritiker dieser Regelung. Es zeigt nämlich, dass eine ökologische Wirkung dieser Steuer durchaus gegeben ist.

(Dr. Heiner Garg [F.D.P.]: Welche?)

- Wir sparen, Herr Kollege Garg! Ist Ihnen noch nicht aufgegangen, dass auch das Ökologie ist?

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der SSW ist aus diesem Grunde schon immer für verbrauchsabhängige Steuern eingetreten. Derjenige, der verbraucht, zahlt. Das ist echte Marktwirtschaft. Vielleicht ist das der F.D.P. noch nicht aufgegangen. Derjenige, der verbraucht, hat somit eigene Möglichkeiten, die Steuern zu senken: indem er spart, indem er sich etwas Kluges einfallen lässt.

(Zuruf von der SPD)

- Eben!

Die Bundesregierung hat dabei drei abschwächende Komponenten eingebaut: zum Ersten die Heizkostenbeihilfe für Niedrigverdiener und sozial Schwache, zum Zweiten die Entfernungspauschale und zum Dritten den geringeren Steuersatz für energieintensive Wirtschaftsbereiche. Diese drei Komponenten machen das Ganze sozial. Das ist schon einmal in Ordnung: Man hat sich vorher Gedanken gemacht, welche Auswirkungen eine solche Steuer haben könnte, und versucht, die Belastungen abzuschwächen.

(Martin Kayenburg [CDU]: Aber das Ergeb- nis ist doch anders!)

Ich stelle mir allerdings die Frage, ob ein geringerer Steuersatz für energieintensive Betriebe überhaupt noch vertretbar ist. Sonst hieße es - da gebe ich Ihnen Recht -, die kleinen Leute sollen bezahlen und die großen Firmen brauchen es nicht. Ich bin der Meinung, wir müssen versuchen, den Verbrauch gerade auch dort, wo viel verbraucht wird, zu senken. In Kyoto wurde ein CO2-Ziel festgelegt: Reduzierung um 23 Millionen t. Wenn wir als verantwortliche Politiker dieses Ziel wirklich erreichen wollen, dann müssen wir auch entsprechend handeln. Ich komme von der Küste, lebe unter Normal Null und habe ein massives Interesse daran, nicht abzusaufen, meine lieben Leute!

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vom Kurs abzuweichen, hätte im Übrigen genau die gleichen Effekte in der Öffentlichkeit wie die wenig vorausschauend denkenden Äußerungen des amerikanischen Präsidenten. Bush hat gesagt, er wolle das vereinbarte Ziel zur Verringerung des KohlendioxidAusstoßes ablehnen. Das ist, glaube ich, ein verheerendes Signal. Ich habe nicht übel Lust, die Bundesregierung aufzufordern, über Sanktionen nachzudenken, wenn sich die Amerikaner nicht an die Beschlüsse von Kyoto halten wollen. Das wäre wirklich eine Aktuelle Stunde wert.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Das wird die unglaublich beeindrucken!)

Stattdessen veranstalten Sie heute einen solchen Eiertanz.

Wir haben jetzt noch eine Frist bis 2005, innerhalb der wir alle anderen Unternehmen an die heutige Ökosteuer angleichen können. Ich denke, wir sollten jetzt das Signal setzen - das tut ja auch die Regierung -: Bereitet euch darauf vor, liebe Firmen, ihr müsst damit rechnen, ab 2005 die volle Ökosteuer zahlen zu müssen. Damit haben die Unternehmen schon heute die Chance, entsprechend zu investieren und sich auf diesen Schritt vorzubereiten. Ich denke, dass ist auch fair. Das wäre die Umsetzung der Regelung, dass die energieintensiven Betriebe zunächst noch nicht zu zahlen brauchen, dass sie später aber sehr wohl zahlen müssen. Sie sind darauf vorbereitet; sie wissen, was auf sie in der Marktwirtschaft zukommt.

(Beifall bei SSW und SPD)

Hohe Energiekosten und höhere Benzinpreise sind auch eine Chance zur Weiterentwicklung von neuen Energieformen, für Maßnahmen zugunsten eines Besseren Ausnutzungsgrades von Energie. Möglicherweise bieten sie auch einen Anlass für die Weiterentwicklung der Forschung bezüglich der Speicherung

(Lars Harms)

von Energie, was für uns enorm wichtig sein wird. Dies erhält unsere Lebensgrundlagen. Gerade für ein Land wie Schleswig-Holstein, zwischen den Meeren, ist das besonders wichtig.

Sie, liebe Kollegen von der CDU und der F.D.P., scheinen dies nicht zu wollen. Oder aber Sie sind nur willens, bis zu einem bestimmten Horizont zu denken und bloß nicht darüber hinaus. Diese eingeschränkte Sichtweise wollen wir uns in keinem Fall zu Eigen machen. Wir fordern: Die Ökosteuer muss bleiben. Sie muss über kurz oder lang für alle gelten. Auf EUEbene muss eine Harmonisierung erreicht werden.

Darüber hinaus sagen wir: Steuererhöhungen stehen immer erst dann zur Debatte, wenn sie auch wirklich beschlossen werden sollen. Dann aber sind sie in einem Kontext zu sehen, dann muss das Für und Wider abgewogen werden. Vorher darüber ohne jeden konkreten Grund zu philosophieren und Aktuelle Stunden zu beantragen, ist Kaffeesatzleserei und purer Populismus.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile das Wort der Frau Ministerpräsidentin.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Einer Zeitungsnotiz habe ich heute Morgen entnommen, dass ich einen neuen Fanklub habe. Die CDU-Opposition hat sich gestern das Videoband „Vorsicht, Friedman“ angesehen. Das hat etwas: Alle Abgeordneten aus der Opposition hängen staunend und strahlend an meinen Lippen und schauen sich das an, um sich alles noch einmal einzuprägen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich biete an, Ihnen zum Dank ein paar Autogrammkarten zukommen zu lassen.

Wenn Sie nun aber schon zugesehen haben, dann ist das, was Sie hier heute Morgen geliefert haben, Herr Oppositionsführer, für mich nicht mehr nachvollziehbar. Denn ich habe an keiner Stelle etwas von Erhöhung gesagt. Der Hessische Rundfunk hat mich vollkommen richtig zitiert: Ich bin für eine Beibehaltung der Ökosteuer. Das ist auch gar kein Geheimnis. Dafür hätte es keiner Aktuellen Stunde bedurft. Sie hätten mich einfach nebenher fragen können. Dann hätte ich Ihnen erzählt: Das habe ich immer gesagt, das habe ich hier vor aller Öffentlichkeit gesagt, genauso wie in allen Wahlkämpfen. Wo eigentlich ist die

Neuigkeit, die Sie in dieser Aktuellen Stunde verkaufen wollen?

(Beifall bei der SPD)

Nebenbei gesagt, Herr Oppositionsführer und Herr CDU-Landesvorsitzender: Ich bin eine strikte Anhängerin des Rechtes einer Partei, sich eigene Gedanken über die Gestaltung der Zukunft zu machen - auch wenn ich sie nicht teilen würde. Dazu hat die Basis einer Partei immer das Recht.

(Beifall bei SPD und SSW)

Bei Ihnen ist das offensichtlich anders. Wir haben in meiner Partei übrigens demokratische Wege, wie man mit solchen Beschlüssen umgeht. Irgendwann kommt heraus, ob sie angenommen sind oder ob nicht. Nun warten Sie doch erst einmal in aller Ruhe ab! Sie müssen allerdings noch ein bisschen bei sich üben, wie man so etwas macht, stelle ich fest. Sie haben noch keine innerparteiliche Demokratie, bei Ihnen darf man keine eigenen Köpfe haben, wenn man die Regierung stellt, sondern das ist dann strikt verboten.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD - Zuruf von der CDU)

- Sie liefern Ihrem Nachfolger schon die Interpretation. Aber auch ich habe die abgeschriebene Version. Ich habe mit keinem Wort von Erhöhung gesprochen, lieber Herr Oppositionsführer! Lediglich von Beibehaltung steht dort eine Menge drin.

(Martin Kayenburg [CDU]: Sie haben nicht zugehört!)

Dann habe ich mich den Gründen zugewendet. Das sind dieselben Gründe, die ich immer nenne, weil es sich um Fakten handelt, die Sie nicht aus der Welt schaffen können: Erstens - darauf wurde bereits hingewiesen - ist der Benzinverbrauch allein im letzten Jahr um 4,3 % gesunken. Das ist doch gut, weil damit unsere Abhängigkeit von den Ölproduzenten gelockert wird und dies zudem einen umweltpolitischen Effekt hat.

(Beifall bei SPD und SSW)

Zweitens. In der Zeit von 1998 bis heute haben wir die Rentenbeiträge von 20,3 auf 19,1 % senken können. Bei Ihnen ging es mit den Beiträgen immer nur herauf. Bei uns dagegen sinken die Beiträge. Deswegen können Sie sich das nicht vorstellen. Sie haben den falschen Blick.

(Beifall bei der SPD)

Vielleicht sollten Sie einmal einen Kopfstand machen, damit Sie Ihre komische Einstellung zur Wirkung der Ökosteuer richtig begründen können.

(Ministerpräsidentin Heide Simonis)

Die Senkung der Lohnnebenkosten ist gerade für die mittelständische Industrie positiv, weil die Arbeitskosten für sie leichter zu verkraften sind. Denn mittelständische Firmen können nicht, so wie große Firmen, ad hoc ihre Firmensitze verlegen, um damit überhaupt keine Steuern mehr zu zahlen. Ich finde, dass dieser Schritt eine große Hilfe für den Mittelstand ist.

Abgesehen davon, dass Sie uns schon zugestanden haben, dass wir im Jahre 2002 gewinnen werden sonst würden Sie sich ja nicht so aufregen -, möchte ich nun einmal von Ihnen wissen: Wie wollen Sie die 32,8 Milliarden DM, die wir bis dahin in der Rentenversicherung eingenommen und zur Senkung der Lohnnebenkosten verwandt haben werden, aufbringen? Machen Sie einen Vorschlag, dann können wir uns darüber unterhalten.

(Beifall bei der SPD - Martin Kayenburg [CDU]: Sie wollen das doch gar nicht mehr in die Senkung der Lohnnebenkosten stecken!)

Ich halte diese Debatte für eine Phantomdebatte. Im Übrigen: Dass Sie sich auf einmal auf das berufen, was Herr Kuhn von den Grünen gesagt hat, das hat auch etwas! Schwarz-rote, gelb-grüne und sonstige Koalitionen tun sich ja schon am Himmel auf; jetzt kommt eine schwarz-grüne dazu. Was Herr Kuhn zu diesem Thema sagt, ist interessant, aber für die SPD nicht bindend. Wir machen uns unseren eigenen Kopf. Anschließend werden wir das unserem grünen Koalitionspartner und den Wählern mitteilen.

(Beifall bei der SPD)

Von Herrn Schäuble bis zu Frau Merkel, von der CSU bis hin zum Chefvolkswirt der Deutschen Bank sind alle der Meinung, dass die Ökosteuer beibehalten werden soll, auch wenn sie der Meinung sind - das ist in Ordnung, darüber kann man sich unterhalten -, dass sie besser ausgestaltet werden sollte. Sie soll beibehalten werden, weil sie ihre Ziele erfüllt: Lenkungsfunktion in Sachen Umweltschutz und Energieverbrauch und hinsichtlich eines Arbeitsmarktes, der noch nicht als in Ordnung zu bezeichnen ist. Genau so haben uns das die Dänen vorgemacht.

Weil wir aus meiner Sicht mit der Ökosteuer gut gefahren sind und weil ich nie vor Sachen kneife, die ich gesagt habe - wie Sie mir das unterstellen -, sondern anders als mancher Mann immer dazu stehe, muss ich sagen: Ich bin der Meinung, dass ich das Richtige gesagt habe, als ich - wie übrigens meine Partei in Schleswig-Holstein auch - für eine Beibehaltung der Ökosteuer plädiert habe.