Protokoll der Sitzung vom 22.03.2001

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Die Tatsache, dass Tierfutterkontrollen auf den Höfen in den vergangenen Jahren nicht stattfanden, ist wahrhaft kein Ruhmesblatt für die Landesregierung.

(Dr. Heiner Garg [F.D.P.]: Das ist ein Skan- dal!)

Dem Tierfutter werden weiterhin einige Antibiotika zugesetzt, die als Leistungsförderer dienen, die aber nach unserer Auffassung im Futter nichts zu suchen haben.

(Beifall bei CDU, F.D.P. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten Konrad Nabel [SPD] und Lars Harms [SSW])

Gerade aber im Bereich der Futtermittel sind weiterhin Praktiken erlaubt, die niemand mit gesundem Menschenverstand akzeptieren kann. Darüber hinaus sind Stoffe, die verboten sind, im Tierfutter eingesetzt worden. Eine flächendeckende Kontrolle wird es nicht geben können, aber es müssen zusätzliche Barrieren eingebaut werden, um die Leichtigkeit, mit der manches beschafft werden konnte, zu beenden.

(Beifall der Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU] und Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Landwirtschaft hat es nicht nötig, sich auf Zusatzstoffe einzulassen, die ihren Ruf in irgendeiner Form ruinieren, den Verbrauchern den Magen umdrehen und der Politik eine neue Handhabe für ideologiebefrachtete Maßnahmen liefern. Illegale Praktiken gehören an den Pranger gestellt. Es ist aber immer noch besser, die Schwelle so hoch zu setzen, dass es dazu gar nicht erst kommt, und wenn die Landwirtschaft selbst die treibende Kraft ist, derartiges in Zukunft zu verhindern.

(Beifall bei CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es wird immer einige Mitmenschen geben, die für den eigenen Profit alles wagen und rücksichtslos vorgehen.

(Claus Ehlers)

Dies darf jedoch nicht Anlass sein, Kontrollen in der Form durchzuführen, wie es in der Vergangenheit geschehen ist. In der Vergangenheit war oftmals nichts verlässlicher als fehlende Kontrollen.

In der Lebensmittelkontrolle sind die Zahlen allein schon beeindruckend. Im Jahr 1999 wurden nahezu 54 % aller Betriebe kontrolliert. Über 18.600 der insgesamt rund 34.600 Betriebe wurden mit mehr als 30.500 Kontrolluntersuchungen auf die Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen überwacht. In den Vorjahren wurden diese Zahlen teilweise noch übertroffen. Die Kreise und kreisfreien Städte, die für diese Kontrollen zuständig sind, haben offensichtlich im Gegensatz zur Landesregierung ganze Arbeit geleistet.

Nicht minder beeindruckend sind 3,5 Seiten rechtliche Grundlagen für die Durchführung der Futtermittelkontrollen und vier Seiten rechtliche Grundlagen für die Durchführung der amtlichen Lebensmittelüberwachung. Wer sich diese Seiten zu Gemüte führt, hat den Eindruck, es werde rundum kontrolliert und überwacht. Leider wissen wir, dass dies so nicht zutrifft.

(Beifall des Abgeordneten Peter Jensen- Nissen [CDU])

Der von der Landesregierung vorgelegte BSE-Bericht ist eine Liste der Mängel und Defizite, die ich in dieser Form noch nicht gesehen habe. Ich bewundere den Mut der Landesregierung, dass sie diesen Katalog, der in aller Deutlichkeit ihre Schwächen aufzeigt, so vorgelegt hat.

(Beifall bei der CDU)

Dieser BSE-Bericht belegt das Versagen der Landesregierung in 13-jähriger Regierungsverantwortung. Aber auch die Auflistung der Mängel beseitigt diese noch nicht.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abgeordneter, bitte kommen Sie zum Schluss.

Ja, Herr Präsident, noch drei Sätze.

Hohle Phrasen sind kein Ersatz für zielgerichtetes Handeln. Wenn Sie nur einen Teil dessen, was im BSE-Bericht vorhanden ist, umsetzen können, haben Sie gerade das erreicht, was Sie schon vor Jahren hätten lösen können. Ihr vorgelegter Bericht hätte schon vor Jahren vorgelegt werden müssen, um die Mängel offen zu zeigen. Dies muss nach unserer Auffassung dazu führen, dass wir zu tief greifenden Veränderungen kommen. Die Landesregierung hat in der

Vergangenheit versagt. Es spricht vieles dafür, dass Sie nicht den Mut und die Kraft aufbringen, um die von Ihnen selbst aufgelisteten Probleme aufzuarbeiten und zu beseitigen. Es spricht leider vieles dafür, dass diese Landesregierung nicht geeignet ist, das Land voranzubringen und in dieser wichtigen Frage das Notwendige zu leisten.

(Anhaltender Beifall bei CDU und F.D.P.)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Wodarz das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! BSE - das war lange der Aufmacher, das war der Schocker, das war eine Horrorvision. Es ist nicht besser geworden, denn die Maul- und Klauenseuche ist hinzugekommen. Allerdings ist die Diskussion über das Problem sachlicher und teilweise tiefgründiger geworden, nur - muss ich feststellen - nicht hier im Landtag. Das gilt insbesondere für die Ausführungen des Oppositionsführers, Herrn Kayenburg. An Ihnen ist die eben von mir beschriebene positive Entwicklung offensichtlich vorbeigegangen.

(Beifall bei der SPD - Widerspruch Abge- ordneten Martin Kayenburg [CDU] - Klaus Schlie [CDU]: Sie haben nicht zugehört!)

Was Sie hier an Beschimpfungen und Sprechblasen losgelassen haben, spottet wirklich jeder Beschreibung.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie schon von einem Kleingärtner sprechen, dann hätten Sie sich lieber von einem Kleingärtner beraten lassen sollen.

(Martin Kayenburg [CDU]: Auch hier haben Sie nicht zugehört! Ich habe „Gärtner“ ge- sagt!)

Dann wäre Ihre Rede wesentlich inhaltsvoller geworden. Vielleicht hätten Sie sich auch noch vom Herrn Kollegen Ehlers informieren lassen können. Auch dann wäre Ihre Rede besser geworden.

(Beifall bei der SPD - Widerspruch bei der CDU)

Und dann kommen Sie mit Ihren Rücktrittsforderungen! Das ist doch wirklich der Gipfel, wo Sie doch vielleicht an Herrn Stoiber oder Herrn Koch hätten

(Friedrich-Carl Wodarz)

denken können! Das war so daneben. Das war kaum zu ertragen.

(Zurufe von der CDU: Oh, oh! - Martin Kay- enburg [CDU]: Warten Sie erst einmal den Sonntag ab! - Klaus Schlie [CDU]: Schauen Sie sich einmal das Wahlergebnis an!)

Wo sind denn - frage ich Sie - die konzeptionellen Anträge der Opposition gewesen? Frau HappachKasan, Sie haben inhaltlich interessante Frage gestellt. Das ist richtig. Aber ich kann keine Konzeption und keine Alternative zu dem Vorgehen der Regierung erkennen.

(Zuruf der Abgeordneten Dr. Christel Hap- pach-Kasan [F.D.P.])

Zur Versachlichung der Diskussion gehört auch die Tatsache, dass BSE nichts mit der Größe eines Betriebes zu tun hat. Frau Happach-Kasan, darin stimmen wir überein.

(Beifall der Abgeordneten Dr. Christel Hap- pach-Kasan [F.D.P.] und Lars Harms [SSW])

Es hat aber sehr wohl etwas mit den Fütterungsstrategien zu tun. Dann kommen wir doch wieder sehr schnell auf die industrielle Agrarpolitik mit all ihren Begleiterscheinungen, die Sie ja richtig beschrieben haben.

(Martin Kayenburg [CDU]: Das ist auch nicht erwiesen!)

Sie haben sie nur wieder infrage gestellt. Ein landwirtschaftlicher Betrieb, der von BSE betroffen ist, hat selten unsachgemäß gewirtschaftet. Er ist meist der Leidtragende am Ende einer Kette aus Ignoranz, Missachtung des Tieres als Mitgeschöpf, Profitgier, Regelungsversäumnissen und Regelverstößen sowie - das sollten wir nicht unter den Tisch kehren - Verbrauchern, die bei den Dingen, die nun wirklich zum Lebensunterhalt notwendig sind, den Nahrungsmitteln, oft jede Sorgfalt außer Acht lassen und nach dem Billigsten greifen. Damit ist aber nur ein Teilaspekt beschrieben.

(Beifall der Abgeordneten Bernd Schröder [SPD] und Jutta Schümann [SPD])

Nun hat die Schwachstellenanalyse Schwachstellen bei den Lebensmittel- und Futtermittelkontrollen aufgedeckt. Das ist gut so. Darüber ist schon lange gesprochen worden. Die Ministerpräsidentin hat in ihrer Rede deutlich gemacht, wo wir handeln müssen und es zu Veränderungen kommen muss.

Liebe Frau Kollegin Happach-Kasan, Sie können es noch so gebetsmühlenartig wegreden: Es ist gesagt worden!

(Martin Kayenburg [CDU]: Was ist gesagt worden?)

Man wird die Kontrollen effektivieren müssen. Das ist richtig. Zum Teil sind zusätzliche Mitarbeiter eingestellt worden. Nur wäre es ein grundlegender Fehler, wenn man annähme, wir könnten das Problem BSE mit staatlichen Kontrollen lösen.

Meine Damen und Herren, das „Bauernblatt“ schreibt - und der Bericht bestätigt den Verdacht -, dass zwischen 1994 und 1997 Tiermehle nach Deutschland eingeführt worden sind, die mit unwirksamen Sterilisationsverfahren hergestellt worden sind.

Dann wieder eine ganz interessante Zahl: In diesem Zeitraum 1994 bis 1997 wurden 27 der 29 bis zum 13. Februar dieses Jahres in Deutschland bestätigten BSE-Kühe geboren. Die EU hatte diese Verfahren bis 1997 zugelassen.