Dabei ist die EU der eigentliche Mitverursacher dieser täglichen Tierquälerei. Jedes Stück Lebendvieh, das zum Transport in Schlachthäuser so genannter Drittländer gelangt - in diesem Fall sind es meist arabische Staaten -, wird mit einer satten Prämie aus steuerfinanzierten EU-Mitteln subventioniert.
Im Laufe des Jahres 2000 wurden zirka 23.000 Stück Lebendvieh aus Schleswig-Holstein exportiert. Das bedeutet ein Prämienvolumen von zirka 8,4 Millionen DM. Jeder Landwirt erhält für den Export von Lebendbullen eine Sonderprämie von 313 DM pro Tier zuzüglich einer Schlachtprämie von 52,80 DM. 1995 ich habe keine aktuellen Zahlen - zahlte die EU für die Ausfuhr von über 660.000 Rindern 571 Millionen DM. Seit dieser Zeit haben die Exporte ständig zugenommen.
Ohne derartige Subventionen wären diese Transporte nicht so lukrativ. Seien Sie gewiss: In dieser Minute leiden und sterben auf der Fahrt zu einem Verladehafen oder zu einem Schlachthof auf deutschen Straßen ich betone: nicht mit Duldung, aber mit Wissen deutscher Politiker und deutscher und europäischer Behörden - Tiere.
Auf dem Verladebahnhof Husum der Deutschen Bahn konnte der Tierschutzbund eklatante Mängel bei der Versorgung der Tiere feststellen: mangelhafte Tränken, keine richtige Lüftung, abgeteilt mit Holzpaletten und so weiter.
Die bestehende EU-Richtlinie kann als völlig unzureichend bezeichnet werden. Nicht alle Mitgliedstaaten haben die Richtlinie umgesetzt. Illegale Transporte sind an der Tagesordnung. Versorgungs- und Ruheintervalle werden nicht eingehalten, Tränkebescheinigungen werden sogar gefälscht. Nicht nur in den Verladehäfen ist die tierärztliche Kontrolle völlig unzureichend. Kontrollen finden im Binnenmarkt so gut wie nicht statt. Die mangelhafte Auslastung der „Versorgungsstationen“ - das ist seit unserer letzten Debatte neu - lässt darauf schließen, dass die vorgeschriebenen Ruhepausen für die Tiere nicht eingehalten werden.
Ich freue mich, dass in diesem Haus eine so breite Mehrheit für den Ursprungsantrag wie für den neuen Antrag gefunden werden konnte. Ich betone: Auch der CDU-Antrag, dem wir in dieser Art und Weise nicht zustimmen werden - ich bitte um Abstimmung in der Sache -, ist von der Tendenz her ähnlich gelagert. Von daher betone ich, dass der Dissens nicht grundlegend ist.
Wir wollen die finanziellen Anreize für die quälerischen Transporte abschaffen. Wir wollen auch weiterhin Fleisch für die arabischen Märkte liefern. Die moslemischen Schlachtvorschriften lassen sich durchaus mit den deutschen Tierschutzvorschriften vereinbaren.
Ich komme zum Schluss. Mit den frei werdenden Mitteln sollte der Ausbau von örtlichen Schlachtkapazitäten und damit der Erhaltung der Wertschöpfung und der Aufbau von geschlossenen Kühlketten auch in arabischen Ländern gefördert werden.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ein sicherlich schwieriges Thema: Lebendviehtransporte. Die Anträge beinhalten zwei Problemkreise. Der eine ist das, was wir an Lebendviehtransporten in afrikanische und arabische Staaten haben. Das andere - das, was im Antrag steht - betrifft den Problemkreis der Lebendviehtransporte innerhalb der Europäischen Union. Wir müssen hier differenziert vorgehen.
Auch wir sagen Folgendes sehr deutlich. Ich will gar nicht aufrechnen, wo es in der Vergangenheit Versäumnisse gegeben hat. Der Kommissionsbericht beschreibt in der Tat, dass die Nationalstaaten mit unterschiedlichen Rechtsauffassungen, aber auch unterschiedlichen Kontrollintensitäten die Überwachung der Transporte nicht so umsetzen, wie die Richtlinie dies vorschreibt. Daher ist natürlich zu fragen, ob eine weitere Verschärfung zu dem Ziel führt, das wir verfolgen, nämlich mittelfristig zu einem Verbot und einem Abbau der Exportsubventionen zu kommen. Mit den Bildern wird unserer Landwirtschaft, unseren Tieren geschadet und bei den Verbrauchern großes Misstrauen geweckt.
Diese Dinge dürfen wir nicht hintanstellen. Es gibt eine Befindlichkeit in der Öffentlichkeit. Deshalb müssen hier strengere Maßstäbe angelegt werden, um zu einer Beendigung zu kommen.
sen, dass auch die Frage der Schächtung am lebenden Tier einer durchaus intensiven Diskussion bedarf. Wir müssen Voraussetzungen dafür schaffen, die nicht dazu führen, dass wir mit von der Europäischen Kommission geförderten Kühlkapazitäten vor Ort nordamerikanische, australische oder südamerikanische Rinder sehr viel weiter, über die Ozeane, transportieren, also noch sehr viel schwierigere Transporte haben und wir keine Handhabe mehr haben zu kontrollieren, wie mit Tieren umgegangen wird. Diesen Punkt sollten wir sehr wohl und intensiv berücksichtigen.
Ich will mich der Forderung in Ihrem Antrag nach einer Begrenzung der Transportzeiten für Tiere auf vier Stunden zuwenden. Ich habe für die Einführung einer so strengen Begrenzung einmal die Probe aufs Exempel gemacht. Ich kann Ihnen Folgendes auch aus praktischem Erleben schildern. Wir haben hier kleine Transporte. Stellen Sie sich vor, dass Tiere, beispielsweise Schweine, an drei Stellen verladen und nach Lübeck transportiert werden. Dort ist der im Grunde einzige große Schlachthof in Schleswig-Holstein, der über eine nennenswerte Kapazität für das Schlachten von Schweinen verfügt; wir haben nämlich eine imaginäre Grenze in Richtung Dänemark. Wenn die Tiere verantwortungsvoll verladen werden, sind drei Stunden um. Dann bleibt nur noch eine Stunde Transportzeit. Ist das mit Ihrem Antrag gemeint? Das muss etwas genauer und präziser definiert werden, um nicht das Kind mit dem Bade auszuschütten. Das will ich sehr deutlich sagen.
In der Agrarpolitik gibt es die Herausforderung der Verbesserung des Tier- und Umweltschutzes, um so mehr Akzeptanz in der Bevölkerung zu erreichen. Wer allerdings versucht, Tier- und Umweltschutz allein durch zusätzliche Auflagen verbessern, riskiert, dass insbesondere die Tierhaltung im Laufe der Zeit ins Ausland abwandert. Auch das sollten Sie bedenken.
Tierhaltung ist grundsätzlich mobil. In diesem Fall würde möglicherweise die Tierhaltung im Ausland unter Bedingungen fortgesetzt, die schlechter sind als hier. Damit erreicht die Politik in dieser Frage ihr Ziel natürlich nicht. Das sind Dinge, die wir bei dieser schwierigen Situation auch zu beachten haben und die in die Diskussion eingespeist werden müssen.
Deshalb bitte ich nicht nur um Abstimmung in der Sache, sondern auch um Ausschussüberweisung. Hier sind elementare Interessen des Tierschutzes, der Menschen, der Landwirtschaft und der Agrarwirtschaft in diesem Land berührt.
Sie können nicht im Ernst wollen, dass wir in dieser Frage vom europäischen Markt abgekoppelt werden.
Denken Sie daran - der Kollege Harms wird das bestätigen -: Es gibt diese imaginäre Grenze in Richtung Norden. Es gibt keinen Lebendtieraustausch mit Dänemark. Wenn wir die dortigen Schlachtkapazitäten benutzten, hätten wir in der Tat kein Problem. Diese Frage aber stellt sich nicht. Diese Grenze ist nach wie vor dicht, auch in Zeiten der europäischen Integration.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Im Gegensatz zu meinen beiden Vorrednern bin ich nicht der agrarpolitische Sprecher, sondern der tierpolitische Sprecher meiner Fraktion. Ich bitte Sie, den Redebeitrag auch so einzuordnen.
Gestatten Sie mir ausnahmsweise zwei ganz persönliche Vorbemerkungen. Herr Jensen-Nissen, meine Großeltern waren Landwirte. Ich will hier nicht auf die Tränendrüse drücken, ganz bestimmt nicht. Aber wenn meine Großmutter bis heute in Tränen ausbricht, wenn sie Bilder von Schlachtviehtransporten und vor allem von deren so genannter Verladung sieht, stimmt mich das schon traurig. Dann frage ich auch, was dahinter steckt.
Diese sonst so resolute Dame murmelt dann nur noch ganz fassungslos: „Kein Respekt vor der Kreatur!“ Genau diesen Respekt vor dem Mitgeschöpf Tier haben mir meine Eltern und meine Großeltern jedenfalls beigebracht. Dieser Respekt stellt für mich einen gesellschaftlichen Wert dar, für den mit allem Nachdruck einzutreten sich lohnt.
Es ist eben für mich auch eine Frage der Moral und der Ethik, wie wir mit dem Mitgeschöpf Tier umgehen. Tiere weniger achtlos zu verladen - um es einmal vorsichtig auszudrücken - als irgendwelche Elektroartikel, sie zusammengepfercht bis zu 30 Stunden kreuz und quer durch Europa zu karren, immer noch oft genug das wissen wir alle - ohne Wasser und Futter, ist nichts anderes als übelste Tierquälerei.
Das zeichnet schon ein sehr seltsames Bild von einer zivilisierten Gesellschaft. Dass diese Tierquälerei auch noch mit Steuermitteln subventioniert wird, finde ich agrarpolitisch falsch, ökonomisch völlig unsinnig und unter Tierschutzaspekten schlichtweg pervers.
Aus diesem Grund müssen die Subventionen der EU, die für diesen tierquälerischen Transport aufgebracht werden, nicht mittelfristig, sondern sofort eingestellt werden.
(Beifall bei der FDP sowie der Abgeordneten Dr. Ulf von Hielmcrone [SPD] und Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ich will Ihnen ein Beispiel nennen, wozu die Kürzung dieser Subventionen geführt hat, denn auf Intervention des GATT wurden die Subventionen in den Jahren 1995 bis 1998 gekürzt, weil das GATT darauf gedrungen hatte. Die Kürzung dieses bisherigen finanziellen Anreizes, dass nämlich bis zu 1.000 DM pro Tier zusätzlich zum Verkaufserlös geflossen sind also der eigentliche Grund, warum sich diese Transporte überhaupt rechnen -, führte zu folgenden Zahlen - der Kollege Wodarz hat die erste Zahl schon genannt -: Vor Intervention des GATT zahlte die EU 1995 Subventionen für die Ausfuhr von 600.000 Rindern. Nach der Intervention des GATT lohnte sich nur noch eine Ausfuhr von 267.000 Rindern in 1998. Dabei erreichte das GATT lediglich eine Kürzung dieser Subventionierung. Das ist für mich das beste Beispiel dafür, dass die Rentabilität dieser Transporte ausschließlich an diesen Subventionen hängt.
Der Antrag der CDU-Fraktion geht mir aus diesem Grund nicht weit genug. Nur schnelles Handeln ermöglicht es, diesen lukrativen Subventionsmarkt auszutrocknen. Das wollen wir nicht mittelfristig, sondern das wollen wir sofort machen.
Dabei ist völlig klar, dass die logische Konsequenz unseres gemeinsamen Antrags darin besteht, Schlachtkapazitäten vor Ort wieder auszubauen und geschlossene Kühlsysteme vom Importland bis hin zum Bestimmungsland aufzubauen.
(Beifall bei der FDP sowie der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN] und Lars Harms [SSW])
Ich will Ihnen ein Beispiel nennen: Auch so genannte Schlachtmobile - also der fahrbare Schlachthof - haben gezeigt, dass es möglich ist, entsprechende Schlachtvorschriften der EU vor Ort, also auch am Hof direkt, tierschutzgerecht und hygienisch umzusetzen. Im Üb
rigen ein rein ökonomisches Argument: Dezentralisierung würde natürlich auch der Monopolisierung von Schlachtkapazitäten entgegenwirken.
Die Notwendigkeit von Lebendschlachttiertransporten damit zu begründen, dass die Empfängerländer schächten wollen, lässt sich ganz einfach entkräften. Bereits heute ist es aufgrund von EU-Bestimmungen möglich, das religiöse Schächten in den einzelnen Mitgliedstaaten zu erlauben. Das Argument, lebende Schlachttiere zu benötigen, ist damit völlig hinfällig, weil auf den Schlachthöfen vor Ort noch andere praktische Lösungen gefunden werden können und gefunden werden müssen.
Herr Präsident, gestatten Sie mir einen letzten Satz zum CDU-Antrag. Ich erkenne an und sehe das auch so, dass er ein Schritt in die richtige Richtung ist.