Herr Präsident, ich möchte noch zwei Sätze sagen. Es ist nicht zu leugnen, dass einige, die Mitantragsteller waren, nunmehr erklärt haben, dass sie diesen Antrag nicht unterstützen wollen.
Sie unterstützen einen Antrag, weitere zwei Jahre nach dem geltenden Recht zu verfahren. Ich bedauere das. Wir werden unseren Antrag dennoch in der nächsten Woche einbringen und es wird sich zeigen, wer ihn unterstützt.
Aber ich sage Ihnen: Das Thema Erbschaftsteuer Wahlkampf hin oder her - steht aufgrund der Verfassungsrechtsprechung auf der Tagesordnung der Politik. Ich scheue diese Diskussion nicht.
(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Widerspruch bei CDU und FDP - Klaus Schlie [CDU]: Das Protokoll schi- cken wir Schröder!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Etwas mehr gehört, glaube ich, zu dem Sachverhalt hinzu, Herr Minister. Zunächst danke ich Ihnen herzlich, dass Sie heute die Güte hatten, dem Parlament dieses Landes zu berichten, was Sie im Namen dieses Landes an Steuererhöhungsgesetzen in den Bundesrat eingebracht haben.
Dass wir Sie mit diesem Berichtsantrag erst zur Stellungnahme zwingen mussten, wird uns sicherlich in diesem Jahr noch an anderer Stelle beschäftigen, nämlich dann, wenn wir zur Föderalismusdebatte kommen; denn ich denke, wir als Parlament werden es nicht ertragen, dass Sie weiterhin Gesetze, bei denen es um Landessteuern geht, die wir als Parlamentarier im Lande zu vertreten haben, ohne unsere Beteiligung und Mitwirkung in den Bundesrat einbringen und - das
gehört ja auch noch zum Verfahren - auch noch in aller Heimlichkeit über Monate vorbereiten, um dies dann der Öffentlichkeit so lange vorzuenthalten, bis die Wahllokale - wie bei den Landtagswahlen in Stuttgart und in Mainz am 27. März - geschlossen waren.
Wegen dieser Vorgehensweise, die Sie gewählt haben, waren wir bisher gezwungen auf die Berichterstattung in den Medien zu horchen, weil wir bis heute von Ihnen selbst, Herr Minister, noch nichts dazu erfahren haben. Es ist schon sehr eindrucksvoll, was da zu lesen ist, und steht etwas im Widerspruch zu dem, was Sie eben dargestellt haben. Die Ihnen ansonsten durchaus wohlgesonnene „Frankfurter Rundschau“ schreibt vorgestern „vom Ende eines Reförmchens“ und - hören Sie genau zu -, dass dieser Gesetzentwurf, den Sie ja federführend eingebracht haben, wie Sie selbst erklärt haben, dilettantisch eingefädelt ist.
(Beifall bei der CDU - Klaus Schlie [CDU]: Das passt doch! - Günter Neugebauer [SPD]: Lesen Sie den Kommentar zu Ende vor!)
Es sollte ein besonders feiner Coup werden, herausgekommen ist aber - wie immer - ein Rohrkrepierer.
Das „Handelsblatt“ vom selben Tage beschreibt Ihr sozialdemokratisches Handlungschaos. Sie sagen, dass diese Steuererhöhung nicht zu Mehrbelastungen für kleine und mittlere Unternehmen und Besitzern von Wohneigentum führen wird. Ministerpräsident Clement von Nordrhein-Westfalen sagt genau das Gegenteil - Zitat „Handelsblatt“ -:
„Wolfgang Clement befürchtet wegen der Neuregelung der Immobilienbewertung vor allem Nachteile für kleine und mittlere Firmen sowie für Besitzer von Wohneigentum.“
Das genau ist der Unterschied, der da anzusprechen ist. Sie erklären in Ihren Pressemitteilungen, dass Sie durch diese Erhöhung Mehreinnahmen, wie Sie es eben verkündet haben, in Höhe von einer halben Milliarde DM erwarten. Herr Clement sagt - Zitat „Handelsblatt“ -, dass es bei der Neuregelung nie um zusätzliche Einnahmen für die Länder, sondern immer um eine aufkommensneutrale Änderung gegangen sei.
Da fragt man sich: Was gilt nun eigentlich? Wer sagt die Wahrheit? Wer mogelt? Gleichzeitig Ja zu sagen zu Mehrsteuereinnahmen und ebenso Ja zu sagen zu aufkommensneutralem Steueraufkommen - das kann ja wohl nicht sein. Zweimal Ja, Herr Minister, kann wohl
Nun geht es hier um eine Steuer, die ausschließlich den Ländern zusteht. Insofern ist eine Initiative durch die Länder durchaus angemessen und angebracht. Umso erstaunlicher ist, dass das nicht von den Ländern zurückgezogen wird, sondern vom Bundeskanzler. Wie man ebenfalls dem „Handelsblatt“ entnehmen kann, hat der Bundeskanzler diesen Gesetzentwurf in der Gesprächsrunde mit den sozialdemokratischen Ministerpräsidenten am Wochenende „einkassiert“. Frau Simonis übrigens - anders, als Sie das eben dargestellt haben, und anders, als Sie das auch im Lande publizieren - hat dieser Weisung des Kanzlers, so das „Handelsblatt“ nicht widersprochen. Stattdessen tönt sie hier. In Berlin kleinlaut und in der Provinz die Muckis spielen lassen. Das kann wirklich nicht funktionieren.
(Beifall bei CDU und FDP - Holger Astrup [SPD]: Das ist so, wie sich Klein-Fritzchen Politik vorstellt!)
Interessant ist die Begründung für das Verschieben um zwei Jahre. Die Genossen wollen die Stimmung bis zur Bundestagswahl nicht durch eine Steuerdebatte beeinträchtigen.
Diese Rechnung wird nicht aufgehen. Die Katze ist jetzt aus dem Sack. Wir haben die Katze aus dem Sack geholt. Deshalb wird dieses Thema auf der Tagesordnung bleiben.
Dass Sie mit Ihrem Antrag genau das Gleiche beantragen, was Herr Schröder und die sozialdemokratischen Länderminister nun beschlossen haben, ist allerdings ein dolles Ding. Ich muss Ihnen sagen: Das kann nicht sein.
Beenden Sie diese unselige Neiddiskussion! Ziehen Sie diesen Steuererhöhungsgesetzentwurf zurück! Streichen Sie zunächst die Fristsetzung aus dem Bewer
tungsgesetz und bringen Sie Ihre Vorschläge zur Bereinigung von strukturellen Mängeln, die möglicherweise vorhanden sind, in die ordentliche Beratung im Landtag und in der Öffentlichkeit ein! Dann werden wir das im Ausschuss mit aller Sorgfalt beraten. Hören Sie auf, durch Ihr wirklich dilettantisches Vorgehen in vielen Sachfragen dem Land weiterhin Schaden zuzufügen!
Ich weiß angesichts dieser Vorgehensweise, die auch in der deutschen Presse ihren Niederschlag gefunden hat, nicht mehr, was bei meinen Gefühlen überwiegt das Bedauern über die Unfähigkeit oder mein Mitleid, dass Sie unfähig sind, dieses Land ordentlich zu regieren.
Meine Damen und Herren! Herr Wiegard, auch uns Sozialdemokraten ist natürlich die Zurückhaltung des Bundeskanzlers und einiger Ministerpräsidenten bei der Frage der Reformierung der Erbschaftsteuer nicht entgangen.
Dieser politische Fehler bleibt auch vor dem Hintergrund des schon vom Minister zitierten Urteils des Bundesverfassungsgerichts, aber - ich sage das ausdrücklich - auch vor dem Hintergrund der Parteitagsbeschlüsse der SPD unverständlich.
Deswegen scheuen wir nicht nur die politische Diskussion nicht, Herr Wiegard, auch die Zeit bis zur Bundestagswahl macht uns keine Angst. Nein, wir unterstützen die Landesregierung in ihrer Initiative und