Man kann feststellen: Wenn die Euro-Dollar-Parität in den letzten Jahren nicht so vernichtend gewesen wäre, dann hätte man heute tatsächlich nichts berichten können. Sogar die Waffenexporte aus Eckernförde zum CIA wurden rechenbar. Das spricht nicht für das Außenhandelspotenzial und die Qualität. Das muss sich rechnen können. Was nützen die besten Analysen eines solchen Berichts, wenn sich daraus nicht die entsprechenden Schlussfolgerungen herleiten lassen?
Es ist auffallend, dass wir wie vor zehn Jahren über 50 % in Länder der EU exportieren. Kann man das wirklich wirtschaftlichen Außenhandeln nennen, wenn dies Handel in einem Bereich ist, der nicht mehr durch Grenzen abgeschottete Märkte darstellt? Kann man in der EU noch mit Begriffen wie Export und Import arbeiten?
Wenn man sich die Zahlen genau ansieht, merkt man, wie groß der Anteil an Lieferungen innerhalb eines Konzerns ist. In sieben Monaten haben wir e i n e n gemeinsamen Markt - e i n e n gemeinsamen Arbeitsmarkt haben wir sowieso schon -, e i n e gemeinsame Währung folgt. Ist das wirklich noch Außenhandelswirtschaft, die wir so anstreben sollen? Ist das nicht Binnenmarkt? Sind nicht Lieferungen aus einem dänischen Betrieb in Flensburg - zum Beispiel Danfoss nach Dänemark nahe liegender, als wenn aus Flensburg Lieferungen nach Bayern gehen? Das ist wirtschaftlich viel näher liegend und hat nichts mit aktiver Auslandswirtschaft zu tun.
Der Bericht der Außenhandelswirtschaftspolitik zeigt zwei Aktionsfelder auf. Das Erste finde ich am besten:
„Die Außenwirtschaftspolitik der Landesregierung hat in der Vergangenheit der Tatsache Rechnung getragen, dass die großen Unternehmen ihren Weg auf die Auslandsmärkte allein finden.“
Dadurch haben wir immerhin schon 80 % abgehakt. Zum zweiten Bereich, dem mittelständischen Bereich, wird gesagt:
„Die im Lande vorherrschenden kleinen und mittleren Unternehmen können ihre Potenziale oftmals nur mit öffentlicher Unterstützung erschließen.“
Da geben wir ihnen Recht. Wir wollen anhand der Zahlen sehen, was gemacht wurde. Es zeigt sich bei der Analyse der Betriebe, dass nur die mittelständischen Betriebe agieren konnten, die Nischenprodukte hatten oder - wider Erwarten - wieder zu Leben gekommen sind, da sie - durch die Euro-Dollar-Parität besondere Vorteile hatten. Wir meinen, dass im mittelständischen Bereich nicht die Erfolge zu verzeichnen waren, wie dargelegt wurde. Allerdings sind die Ansätze, wie man dem Bericht entnehmen kann, vom Minister sehr deutlich genannt worden. Ich glaube, das ist der richtige Weg.
In dem Bericht wird auch dargelegt, was notwendig wäre. Vergessen wir aber nicht, dass diese Regierung schon seit zwölf Jahren dabei ist, neue Konzepte zu entwickeln. Es ist schon erstaunlich, wenn man auch heute wieder hört, dass bis zum Jahresende ein Außenhandelskonzept entwickelt wird. Man muss sich fragen: Was haben wir denn die ganzen Jahre vorher gemacht?
Ich bin nicht der Meinung, dass gerade die Branchen der New Economy den großen Ausgleich gebracht haben. Wenn Werke wie Motorola dominant einbezogen sind, dann betrifft das nicht den gesamten mittelständischen Bereich. Gerade die mittelständischen Bereiche der New Economy sind von den starken Verzerrungen auf den Weltmärkten überrascht worden. Sie haben gemerkt, dass sie Wettbewerbern gegenüberstehen, von denen sie überhaupt nichts wussten und die ihnen Marktanteile in Deutschland weggenommen haben. Die Exporte von diesen Unternehmen fehlen ganz und gar.
Lassen Sie uns feststellen: Der Export - auch in Schleswig-Holstein - lebt von den Fertigprodukten des verarbeitenden Gewerbes und von den Dienstleistungen. So wird es auch noch lange bleiben. Ich verweise auf die warnenden Worte der WSH vom 13. Februar 2001. Dort heißt es:
„Die Wirtschaftsförderung darf keineswegs den produzierenden Bereich vernachlässigen, weil dieser für die meisten Dienstleistungen die Basis darstellt.“
Ich meine, das muss die Regierung beachten. Wir dürfen nicht zu einseitig in unserer Wirtschaftsförderung vorgehen. Die „Brot-und-Butter-Gewerbebetriebe“ sind immer noch die, die wir im Auge behalten
Wenn die Regierung also aktive Außenwirtschaftspolitik betreiben und wesentlich stärken will, dann muss sie sich um diese produzierenden Branchen kümmern. Der schwache Euro kann keine Zielsetzung sein. Es ist Aufgabe der Regierung und des Parlaments, Maßnahmen und Rahmendaten zu entwickeln, damit sich gerade die mittelständischen Betriebe auch bei einem starken Euro in diesen Märkten behaupten können.
Lassen Sie uns unsere Exportbranchen der Vergangenheit angucken: Exportbranchen Nummer 1 und 2 in unserem Land waren die Elektroindustrie - insbesondere Firmen wie Motorola - und der eigentlich schon lange totgesagte Maschinenbau. Der Maschinenbau liefert heute gleichzeitig in großem Umfang die Dienstleistungen der New Economy. Mit diesem Paket ist er exportfähig geworden. Das sollten wir mehr und mehr zusammenfügen.
Es wird ebenso deutlich, dass die Lieferungen der Chemie bei den Exporten bedeutend waren. Das war die drittstärkste Branche. Das sind nicht nur Tochterunternehmen internationaler Konzerne, sondern es handelt sich um Produktverschiebungen innerhalb eines Konzerns. Das sind Auslieferungen, die anderswo vermarktet werden. Ich komme aus diesem Bereich. Das ist kein Import und Export im Sinne volkswirtschaftlicher Wertschöpfung. Dennoch ist es gewollt. Auch zum Beispiel Brunsbüttel sage ich: Mehr Wirtschaft ist immer gut. Sie dürfen nur nicht sagen, deshalb seien wir gut im Export. Das kann von heute auf morgen anders sein. Sie sehen am Beispiel Motorola, wie gefährlich das ist. Wir streben kontinuierliche Lieferungen von hoch qualifizierten Produkten in Weltmärkte an. Das sind Massenprodukte.
- Das müssen Sie mir noch einmal erklären. Ich kann es nicht positiv sehen, dass die Nahrungsmittelindustrie in den letzten Jahren - wie vom Minister geschildert - zusammengebrochen ist. Wir belegen nur noch Platz 4. Früher hatten wir 14,6 % Exporte in diesem Bereich. Heute sind es nur noch 8,8 %. Gerade hier sind die Versäumnisse der Landesregierung offenkundig. Die Lebensmittelbranche gehört in unser Land, weil hier die Rohstoffe erzeugt werden. Die Wertschöpfung daraus muss so erarbeitet werden, dass wir im Export in diesem Bereich etwas auf die Beine stellen können.
Minister, ich durfte Sie auf Ihrer Reise in die USA begleiten. In Ihrer Rede haben Sie die positiven Akzente herausgehoben. Wir haben Feuer gefangen und dort Möglichkeiten gesehen, etwas anzupacken. Ich bedaure aber, dass wir bisher noch von keinen Initiativen gehört haben. Nichts kühlt schneller ab als menschliche Beziehungen. Daher muss schnell etwas getan werden, denn diese menschlichen Beziehungen entscheiden über wirtschaftspolitisches Handeln. Bei Ihren Verhandlungen über die Ansiedlung des Chipwerks in Itzehoe haben Sie das gemerkt. Das geht nur durch intensiven persönlichen Einsatz.
Wir haben aber auch mit Betroffenheit festgestellt, wie aktiv die anderen Bundesländer und andere Länder wie Dänemark in ihrem Bemühen sind, sich als Tor in den baltischen Raum darzustellen. Da müssen wir viel mehr tun. Wir haben das für den Mittelstand als wichtig angesehen. Die Maßnahmen, die Sie in Ihrem Bericht darstellen, sind die richtigen Maßnahmen wie Beteiligung an Messen, wirtschaftsbezogene Symposien, Außenwirtschaftsberatung und außenwirtschaftliche Kontakt- und Beratungsstellen. Nur, was haben Sie denn gemacht? - Sie haben die dafür zur Verfügung stehenden Mittel 2001 noch einmal um ein Drittel gekürzt. Das ist doch ein Riesenfehler und steht im Widerspruch zu all unseren Aussagen und den Aussagen dieses Berichts! Das darf man so nicht hinnehmen.
Da sollte auch die Ministerpräsidentin einmal sehr deutlich sagen, wieso man auf der einen Seite erkennt, was zur Stärkung des Mittelstandes getan werden muss, und auf der anderen Seite ein Drittel der entsprechenden Haushaltsansätze streicht. Das ist nicht hinnehmbar und konterkariert alle Zielsetzungen, die in dem Bericht genannt werden. Das können wir so nicht akzeptieren.
Sie haben auch die Reisen angesprochen, die in der Vergangenheit durchgeführt wurden. Wenn man diese Reisen analysiert, stellt man fest: Es ist sehr viel ziellose Reiserei ohne wirklichen Effekt für unsere Wirtschaft dabei gewesen. Das haben Sie richtig erkannt und das sollte verbessert werden.
Schade finde ich zum Beispiel auch, dass die Beziehungen zur Region Pays de la Loire nicht ausreichend genutzt wurden; da hätte man viel mehr machen können.
Lassen Sie mich abschließend kurz zusammenfassen: Die Außenhandelswirtschaftspolitik - sollte sie wirklich etwas erreichen - muss die Großen und Kleinen an die Hand nehmen und sie orientiert begleiten. Die Konzepte fehlen noch. Ich hoffe, dass die Konzepte bald auf den Tisch kommen, damit wir sie intensiv diskutieren können. Dann haben wir vielleicht eine Außenhandelswirtschaftspolitik, die ihren Namen verdient. Ich halte es für dringend notwendig, die Streichung der Mittel für die Außenhandelsförderung 400.000 DM bei einem Haushaltsvolumen von 20 Milliarden DM - unbedingt wieder rückgängig zu machen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Fakt ist: Die Wirtschaft in Schleswig-Holstein hat ihren Exportanteil in den letzten Jahren deutlich steigern können. Die Exportquote unseres Landes - der Minister hat es gesagt - hat sich von 1980 bis 2000 mit einem Anstieg auf 32,5 % knapp verdoppelt. Der Bund legte im selben Zeitraum nur um rund 50 % zu. Diese Zahlen lassen die Entwicklung noch positiver erscheinen, wenn man bedenkt, dass sich in der Exportquote nur das verarbeitende Gewerbe widerspiegelt, das in Schleswig-Holstein unterdurchschnittlich vertreten ist.
Unser Land ist ein überdurchschnittlich ausgeprägter Dienstleistungsstandort, dessen außenwirtschaftliche Verflechtung bisher nicht erfasst wird. Mit 73 % ist der Anteil des Dienstleistungssektors an der Bruttowirtschaft bei uns ähnlich hoch wie bei den Stadtstaaten. Wir sind ein ganz überwiegend mittelständisch strukturiertes Land, kleine und mittlere Unternehmen sind in aller Regel regional orientiert.
Dennoch dürfen uns die schwierigen Rahmenbedingungen und die Erfolge in den letzten Jahren nicht davon abhalten, noch intensiver und - wenn möglich noch effektiver Außenwirtschaftspolitik zu betreiben. Vor dem Hintergrund nur begrenzter finanzieller Möglichkeiten - auf den Haushaltsansatz komme ich noch zurück - muss man zunächst Schwerpunkte benennen und die Aktivitäten auf Erfolg versprechende Märkte und Branchen sinnvoll fokussieren. Hierbei ist es besonders wichtig, dass alle an diesem Prozess Beteiligten dieselben Schwerpunkte setzen. Wirtschaftsminister und SPD-Fraktion stehen zu diesem
Fragenkomplex in ständigen Gesprächen mit Unternehmensverbänden und Kammern, um noch mehr einheitliches Vorgehen zu fördern. Die wichtigsten ausländischen Handelspartner sind für die Wirtschaft in Schleswig-Holstein in der Reihenfolge ihrer Bedeutung: Europa, Asien und Amerika. In Europa ist der wichtigste Markt für unsere Unternehmen Großbritannien.
Diese nackte Tatsache veranlasst mich an dieser Stelle zu der Empfehlung, dass bei allem Verständnis und meiner Unterstützung für jede Förderung der Ostseekooperation der Wirtschaftsraum Nordsee nicht vernachlässigt werden darf.
Lassen Sie mich den Satz noch spitzer formulieren: Lassen Sie uns die Ostseekooperation nicht mystifizieren.
Besonders deutlich war die Zunahme der Exporte nach Osteuropa; die Ausfuhr nach Polen etwa stieg um 170 %. Wir müssen unsere strategisch-geographische Position zwischen West- und Nordosteuropa noch intensiver nutzen. Hier kann gelegentlich ein Blick auf die Größe von Märkten nicht schaden. In Polen gibt es allein 40 Millionen Verbraucher. Auch für den Bereich der Außenwirtschaftsförderung gilt: Kosten-Nutzen-Analysen können hilfreich sein. Der Aufbau und Unterhalt von Kontaktstrukturen, die Überwindung sprachlicher Barrieren allein durch Übersetzungsleistungen und die Analysen des jeweiligen Marktes verschlingen ähnlich viele Mittel, ob ein Land nun 6 Millionen Menschen zählt oder 40 Millionen.
Lieber Uwe Eichelberg, du hast in deinem Beitrag die Frage aufgeworfen, ob man wirklich das wirtschaftliche Handeln auf dem nicht mehr durch Grenzen abgeschotteten Markt noch mit den Begriffen Export und Import belegen kann. Ich warne davor zu glauben, dass mit dem Abbau der physischen Grenzen und der Einführung einer gemeinsamen Währung alle europäischen Märkte als Inlandsmärkte bewertet werden können, und insbesondere die Märkte in Mittel- und Osteuropa zu unterschätzen. Hier liegen die größten Potenziale unserer Wirtschaft, die wir noch erobern müssen. Hier fallen die Handelsbeschränkungen, hier eröffnen sich neue Märkte, die natürlich von ihren Gesetzmäßigkeiten her weiter Außenhandelsmärkte sind, aber Märkte, die schnell und mit immer weniger Hemmschwellen zu erreichen sind.