Protokoll der Sitzung vom 01.06.2001

Aber, Frau Simonis, Sie haben mit dem jetzt anstehenden Verkauf der LEG-Anteile den Mund gespitzt, gepfiffen haben Sie aber wieder einmal nicht. Warum haben Sie denn nicht gleich die ganze LEG zu einem besseren Preis verkauft? Sie werden jetzt einwenden, dass Sie den beherrschenden Einfluss des Landes hätten sichern wollen. Ich sage Ihnen voraus: Der beherrschende Einfluss des Landes wird so, wie es bisher

(Martin Kayenburg)

öffentlich von Ihnen dargestellt worden ist, durch die Kaufverträge nicht abgesichert sein können. Wenn ich nur ein bisschen von Verhandlungen, Markt und Immobilienunternehmen verstehe, dann wird sich, Frau Simonis, der kleinere Partner ausbedungen haben, dass wichtige Unternehmensentscheidungen eben nicht gegen ihn und ohne ihn getroffen werden können. Und wenn das richtig ist, stimmt Ihre Version vom beherrschenden Einfluss des Landes eben nicht mehr. Einvernehmen in wichtigen Unternehmensentscheidungen bindet nur den Stärkeren.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Frau Simonis, Sie werden auch nicht verhindern können, dass das neue Unternehmen gewinnorientiert arbeitet. Dies wird dazu führen, dass unrentable Wohnungen irgendwann einmal abgestoßen werden, zum Beispiel die Wohnungen hinter dem Bahndamm. Dann wären genau diejenigen Mieterinnen und Mieter betroffen, die Sie nun vermeintlich mit dem halben Sprung, dem halben Geschäft schützen wollen. Das Gegenteil wird passieren - das garantiere ich Ihnen -, nämlich das, was Sie mit dem Festhalten an den WOBAU-Wohnungen unbedingt verhindern wollten.

(Beifall bei der CDU)

Ich verspreche Ihnen, Frau Simonis, dass wir die Verträge in der nicht öffentlichen Sitzung des Finanzausschusses genau prüfen werden. Danach werden wir sagen, ob wir als Opposition, deren Aufgabe es ist, die Regierung zu kontrollieren, damit zufrieden sind. Wir wollen das Geschäft bis ins Kleingedruckte nachvollziehen und prüfen, denn wir haben in der Vergangenheit zu oft feststellen müssen, dass diese Landesregierung nachlässig verhandelt und das Wohl des Landes eben nicht gemehrt hat.

(Beifall bei der CDU und der Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP] und Dr. Christel Happach-Kasan [FDP])

An diesem entscheidenden Punkt, an dem es sich beinahe um das letzte Stück des noch vorhandenen Tafelsilbers handelt, werden wir Sie messen.

Warum ich auf diesen Punkt besonders hinweise, Frau Simonis, ist Folgendes: Eines wird diesem Parlament nicht passieren. Wir werden uns nicht so veräppeln lassen - ich hätte lieber einen unparlamentarischen Ausdruck gebraucht -, wie der Beirat der LEG am Dienstagabend veräppelt worden ist. Das war geradezu eine Unverschämtheit.

(Zuruf von der CDU: So ist es! - Beifall bei CDU und FDP)

Der Aufsichtsratsvorsitzende weilte irgendwo. Der

Staatssekretär des Finanzministeriums hatte keine Zeit. Die Vorsitzende des Beirates glänzte von Ahnungslosigkeit und die Geschäftsführung kam mir vor wie die drei Affen: nichts sehen, nichts hören, nichts sagen!

Ich will das auch begründen. Der Kollege JensenNissen hat zum Beispiel gefragt, wie viele Angebote auf die 129 Anfragen hereingekommen seien. Die 129 Anfragen hat man uns genau mitgeteilt. Wie viele Angebote hineingekommen sind, wusste kein Mensch!

Oder: Ich habe gefragt, ob es möglicherweise eine Einvernehmensklausel in den Verträgen gebe. Die Geschäftsführung hat nur Fakten zugeliefert und keine Ahnung von den Verträgen gehabt - wie auch die Vorsitzende des Beirats nicht.

(Ursula Kähler [SPD]: Hören Sie doch auf! Ich bin doch nicht Vertragspartner!)

Oder: Ich habe gefragt, ob es eine Untergrenze von 15.000 Wohnungen in dem Vertrag gebe.

(Holger Astrup [SPD]: Lesen Sie das Ge- setz!)

Unkenntnis!

(Zuruf der Abgeordneten Ursula Kähler [SPD])

- Sie sind die Vorsitzende des Beirates, Frau Kollegin! Unkenntnis auf der ganzen Linie!

Oder: Wir haben gefragt, ob die Landesplanung Bestandteil der Ausschreibung gewesen sei. Nicht einmal das konnte man uns beantworten, Herr Astrup!

Und dann steht in der Bilanz der LEG - da sind wir bei einem ganz spannenden Thema - eine stille Beteiligung von 37,5 Millionen DM an der Landesbank. Da habe ich mir erlaubt zu fragen, wie eine Quotenkonsolidierung möglicherweise die Anteile verschieben würde, die Sie aus den „49 Komma irgendetwas“ vergeben.

Es konnte keine Antwort gegeben werden! Und diese Antwort wollen wir haben!

(Klaus Schlie [CDU]: So ist es! - Beifall bei CDU und FDP - Holger Astrup [SPD]: Das ist hart an der Grenze, Herr Kollege!)

- Ich weiß nicht, wo die Grenze ist.

(Holger Astrup [SPD]: Wir kommen gleich darauf zu sprechen! Machen Sie nur weiter!)

Es geht hier darum, dass wir im Parlament wissen wollen, was in dem Geschäft nun wirklich steckt.

(Beifall bei CDU und FDP)

Herr Astrup, ich sage Ihnen, warum das spannend ist. Da gibt es eine Beteiligung dieser LEG an der Lan

(Martin Kayenburg)

desbank. Da gibt es einen Kauf, an dem die Hamburgische Landesbank beteiligt ist.

(Zuruf von der CDU: So ist es!)

Da gibt es eine Beteiligung unserer Landesbank an der Hamburgischen Landesbank. Das heißt, wenn Sie genau gucken: Die LEG ist selbst am Kauf auf der Seite der „49 Komma Prozent“ beteiligt. Ich will wissen, was dahinter steckt! Wir werden diese Regierung nicht aus der Verantwortung lassen, Herr Astrup!

(Anhaltender Beifall bei CDU und FDP - Zu- ruf des Abgeordneten Holger Astrup [SPD])

Mit diesem Verkauf, Herr Möller, und mit dem Ergebnis der Steuerschätzung haben Sie Ihre Haushaltsprobleme offensichtlich im Wesentlichen für 2001 gelöst gehabt. Um so unsinniger ist es doch - Sie müssen uns erst einmal erklären, wie das kommt -, eine Haushaltssperre fünf Monate nach Inkrafttreten des Haushaltes verhängen und dann einen Nachtragshaushalt erlassen zu wollen. Wer kann Ihnen bei solch einer Verfahrensweise in Zukunft noch glauben? Oder steckt dahinter doch, dass Sie zum Zeitpunkt des Erlassens der Haushaltssperre möglicherweise das 35-MillionenDM-Loch bereits gekannt haben, das Sie eben nicht mehr stopfen können? Auch diese Antwort möchte ich gern von Ihnen haben.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben zwar selbst erläutert, dass Sie die Haushaltssperre brauchten, um 2002 über die Runden zu kommen. Ich sage Ihnen heute: Dies werden Sie in dieser Form nicht schaffen! Sie haben doch selbst die Ergebnisse der Steuerschätzung 2002 gesehen. Ihr Haus war doch beteiligt. Wenn die Steuerschätzer noch von einem Wirtschaftswachstum von 2,5 % ausgegangen sind, wissen Sie auch, dass sie heute vollständig anders aussieht. Ich möchte mir das Vergnügen machen, doch einmal die konjunkturpolitische Weitsichtigkeit der Ministerpräsidentin aus der Haushaltsrede vom 13. Dezember letzten Jahres zu dokumentieren. Da hat Sie mich auf einen Zwischenruf böse angegriffen, aber sie hat dann gefragt:

„Wann haben Sie in der CDU für sich eigentlich das letzte Mal 3 % reklamieren können? Das möchte ich gern einmal wissen.... Das ist eine ordentliche Leistung. 3 % und 2,5 %. Das bedeutet Sicherung in den Haushalten und das bedeutet Sicherung der Bezahlung der Aufgaben, die wir uns vorgenommen haben.“

So die Ministerpräsidentin vor gerade einmal fünf Monaten!

Am 15. Mai erlässt der Finanzminister seine Haus

haltssperre, weil er seine Felle wegschwimmen sieht. Claus Möller in seiner Presseerklärung vom 22. Mai: Die Ursache für die erheblichen Steuermindereinnahmen ab 2002 sei die Reduzierung des prognostizierten Wirtschaftswachstums von 2,75 auf 2,25 %. Wie war das noch im Dezember, Frau Simonis? Ich zitiere Sie noch einmal: „Das ist eine ordentliche Leistung, 3 % und 2,5 %. Das bedeutet Sicherung in den Haushalten...“

Erstens. Keine Sicherung!

Zweitens. Die 2,5 % erreichen Sie lange nicht mehr. Sie wissen genau, dass die letzten Schätzungen längst unter 2,1 % liegen. Was machen Sie? Haushaltssperre statt Sicherung von Haushalten! Deutlicher kann man wohl nicht machen, Frau Simonis, dass Sie versuchen, die Menschen hier im Lande zu verdummen!

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP] - Glocke des Präsi- denten)

Herr Kayenburg -

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Lauter!)

Der Herr Präsident hat darauf hingewiesen, dass dies keine verbundene Debatte ist. Ich kann mich daran erinnern, dass Tagesordnungspunkt 16 und ein weiterer Punkt aufgerufen wurden. Wir sind auf Einsparvorschläge gespannt.

(Holger Astrup [SPD]: Aber nicht in verbun- dener Debatte!)

Ich würde mich - nicht nur im Zusammenhang mit dem Verkauf der LEG, sondern vor allem nach Einführung des Euro - nicht wundern, wenn diese Regierung es als finanzpolitische Großtat feiern würde, dass der Euro eingeführt wird. Ich sehe die Überschriften schon vor mir: „Einmalige Sparleistung - Schulden des Landes auf 16 Milliarden DM halbiert“. Wir werden die Regierung dann genauso auf den Boden der Tatsachen zurückholen. 1 Euro bleibt auch 2002 1 Euro und 30 Milliarden DM Schulden bleiben auch ab 2002 30 Milliarden DM Schulden. Der Erlös der LEG ist insgesamt zu niedrig und deshalb werden wir bei der Akteneinsicht nachweisen, dass hier nicht zum Nutzen des Landes entschieden worden ist.

(Beifall bei CDU und FDP)