Protokoll der Sitzung vom 17.10.2001

(Widerspruch bei Minister Klaus Buß - Heinz Maurus [CDU]: Er hat Recht!)

- Aber selbstverständlich! Dass wissen Sie doch. Wir haben in diesem Haus eine Debatte über die Ausbildungssituation und die Polizeisituation im Hamburger Randbereich geführt.

Sie haben selber zugeben müssen, dass es eine Abwanderung junger Menschen nach Hamburg gibt, die Polizeibeamte werden wollen. Was soll jetzt diese Debatte mit diesen Begriffen?

(Beifall bei der CDU)

Ich würde mir mit der gleichen Ernsthaftigkeit wünschen, dass die Ministerpräsidentin nicht einfach nur mit Polemik überdeckt, was man ja kritisch beäugen und kritisch betrachten kann, nämlich dass der zukünftige Senat der Freien und Hansestadt Hamburg sagt, er wolle eine geschlossene Heimunterbringung, und zwar in Schleswig-Holstein. Vielleicht achtet man auch einmal darauf, warum er das gesagt hat, warum Ole von Beust gesagt hat, dass das ein bisschen weiter weg vom Zentrum Hamburgs sein soll.

(Zurufe von der SPD)

Er ist nämlich der Auffassung, dass die jungen Menschen nicht ständig wieder in Konflikt geraten und in die Nähe der Verführungsmechanismen kommen sollten, die in Hamburg bestehen. Ob man das für richtig hält, ist eine andere Sache. Ich bin aber der Meinung, dass man sich über die grundsätzliche Notwendigkeit geschlossener Heimunterbringung überhaupt und über die Frage unterhalten soll, ob man das nicht in einem norddeutschen Verbund realisieren kann. Aber man darf doch nicht gleich mit Polemik die Klappen runterziehen, wie die Ministerpräsidentin das hier gemacht hat.

(Beifall bei der CDU - Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie recht- fertigen auch jeden Blödsinn! - Konrad Nabel [SPD]: Wie es in den Wald hineinschliet, so schillt es wieder raus!)

Herr Nabel, wir können darauf natürlich auch mit blanker Polemik reagieren. Ich habe das Angebot gemacht, sich darüber zu unterhalten und nachzudenken. Denn Polemik verhindert oft ein Nachdenken, bei Ihnen hoffentlich nicht.

Bei Ihrem Maßnahmepaket geht es in erster Linie nicht um Maßnahmen, die sich aus den Anschlägen vom 11. September ergeben. Bei den wenigen Maßnahmen, die sich darauf beziehen, übernehmen Sie unsere Vorschläge. Das ist auch in Ordnung so. Das hat die Ministerpräsidentin auch gesagt. Das Islamismus-Referat beim Verfassungsschutz, die Rasterfahndung - das sind Dinge, die sicherlich in Ordnung sind, und wir werden ja auch vom Grundsatz her zustimmen. Aber die Lage der Landespolizei ist doch eine andere, als Sie sie vorgeben.

Bei den Vorstellungen, die die Landesregierung jetzt entwickelt hat, geht es wirklich vor allen Dingen dar

(Klaus Schlie)

um, Versäumnisse der Regierungszeit von Frau Simonis aufzuarbeiten. - Wenn sie jetzt noch da wäre und noch Interesse an dieser Debatte hätte, könnte man ihr das auch persönlich sagen. - Ich denke schon, dass dieses Paket mit einem Kostenvolumen von 12,8 Millionen € ein erster Schritt ist, um diese Versäumnisse aufzuarbeiten.

Was ist denn tatsächlich geschehen? Seit 1996 sind real 220 Stellen abgebaut worden. Sie sind bewusst abgebaut worden, Herr Innenminister. Das ist doch die Realität. Dadurch, dass relativ immer weniger Auszubildende eingestellt worden sind, ist die Situation der Landespolizei im personellen Bereich immer weiter verschärft worden. Die Überstundenzahl hat überproportional zugenommen, aber doch nicht erst seit dem 11. September. Das wussten Sie doch vorher schon, obwohl Sie es uns als Parlament nicht sagen wollten. Sie hat in einem derart hohen Maß zugenommen, dass dies unverantwortlich ist. Da muss natürlich etwas getan werden.

Ich sehe jetzt die Lampe leuchten, denke aber, dass meine Redezeit, da es ja eine verbundene Debatte ist, noch etwas auszudehnen wäre.

Herr Kollege, für die verbundene Debatte wurde beim Präsidium dahin gehend angemeldet, dass wir die Redezeiten schon zusammengezogen haben. Die Redezeiten, die hier aufleuchten, sind so genannte Gesamtredezeiten. Deswegen steht keine zusätzliche - ordentliche - Redezeit zur Verfügung. - Allerdings ist dieser Hinweis des Präsidiums von Ihrem Redebeitrag zeitlich nicht abzuziehen. Insofern haben Sie noch 30 Sekunden.

(Heiterkeit - Beifall bei der SPD)

Da mir eigentlich insgesamt 15 Minuten zur Verfügung standen, ist mir die Bemerkung des Präsidenten nicht ganz verständlich, aber ich werde mich natürlich daran halten.

Ich denke schon, dass die Lage der Landespolizei im Bereich der sächlichen Ausstattung eine andere ist. Sie reagieren jetzt mit diesem Maßnahmepaket, um die Versäumnisse der Vergangenheit nachzuholen.

Gleiches gilt für den Bereich des Verfassungsschutzes. Jahrelang - wir erinnern uns alle an die Debatten, die in den letzten Jahren hier geführt wurden - sind wir dafür verteufelt worden, wenn wir das Wort „Verfassungsschutz“ überhaupt nur in den Mund genommen haben. Jahrelang ist uns gesagt worden: Wir brauchen eigentlich gar keinen Verfassungsschutz in

Schleswig-Holstein. Erst als der Rechtsextremismus um sich griff, ist die Notwendigkeit des Verfassungsschutzes wieder anerkannt worden. Aber wenn wir gefordert haben, dass der Verfassungsschutz insgesamt, also auch in seinen operativen Elementen, verstärkt werden sollte,

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das haben Sie gar nicht gefordert!)

dann - Frau Kollegin Heinold - ist immer wieder gesagt worden, dass der Verfassungsschutz gar nicht notwendig sei, dass wir ihn letztendlich gar nicht brauchten.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Ihre Anträge haben das nie umfasst!)

Sie haben die Lage, die Situation einfach unterschätzt. Ich glaube, dass wir eine weitere Arbeitseinheit „Islamismus“ brauchen, dass wir schon eine zweite vollständige Observationsgruppe brauchen. Aber ich frage mich natürlich, meine lieben Kolleginnen und Kollegen: Wo kriegen wir denn die Fachleute her? Wo sind sie denn jetzt? Natürlich braucht jetzt jedes Land diese Kräfte und das ist auch beim Bundesamt für Verfassungsschutz der Fall. Hätten wir eine richtige Politik gemacht, dann hätten wir schon vor Jahren den Verfassungsschutz langfristig tatkräftig und schlagkräftig aufgebaut und nicht erst jetzt, in letzter Sekunde, nach den Anschlägen vom 11. September, erkannt, dass wir in diesem Bereich etwas tun müssen.

(Beifall bei der CDU)

30 Sekunden!

Ähnlich - Herr Kollege Astrup, Sie sind ja auch Kommunalpolitiker - sieht das auch im Katastrophenschutz aus. Was ist denn in den letzten Wochen geschehen? Fragen Sie doch einmal bei Ihrer Kreisverwaltung nach. Gerade in den letzten Wochen und Monaten sind all diese Dinge -

(Zuruf von der SPD: Redezeit!)

- Nein, meine Redezeit ist nicht zu Ende. Das wird der Präsident schon entscheiden. - In den letzten Wochen und Monaten ist gerade im B- und C-Bereich Entsprechendes vernichtet, abgebaut worden. Jetzt fangen Sie wieder an, darüber nachzudenken, ob man hier nicht etwas voranbringen soll. Ich denke schon, dass das notwendig ist. Aber bisher war die angebliche politische Weltlage nicht dazu geeignet, über Katastrophenschutz in diesem Lande überhaupt nachzudenken. Wer das getan hat, war angeblich gegen Entspannungspoli

(Klaus Schlie)

tik. Wenn wir auch nur die Worte „Zivil- und Katastrophenschutz“ in den Mund genommen haben, wurden wir politisch sofort in eine bestimmte Ecke gestellt. Das ist der Fehler in Ihrer Politik gewesen. Diesbezüglich müssen Sie jetzt schnell nacharbeiten.

(Beifall bei der CDU)

Nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, zum Bereich der Justiz. Wenn wir uns einmal anschauen, was jetzt im Bereich der Justiz gemacht werden soll, fragen wir uns natürlich sehr konkret und sehr genau: Was hat das alles mit dem 11. September zu tun?

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Die Frage habe ich auch gestellt!)

Was haben denn die zusätzlichen Staatsanwälte, was haben denn die zusätzlichen Richterstellen, was haben denn die zusätzlichen Angestellten und Beamten im Justizvollzugsdienst mit dem 11. September zu tun? Was hat denn die Erkenntnis, dass man in unseren Justizvollzugsanstalten insbesondere auf die ausländischen Strafgegangenen eingehen muss, mit dem 11. September zu tun? - Nein, das ist das Eingeständnis Ihrer Versäumnisse der letzten Jahre. Sie haben in diesem Bereich einfach versagt.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wir fordern seit vielen Jahren, nachzulesen in unseren Haushaltsanträgen, eine Staatsanwaltschaft mit dem Schwerpunkt Bekämpfung der organisierten Kriminalität.

(Thorsten Geißler [CDU]: So ist es!)

Wir fordern seit vielen Jahren eine weitere Strafkammer. Immer wieder haben Sie dies abgelehnt und gesagt, alles sei ausreichend, alles sei bestens. Wir arbeiten momentan im Kern das auf, was in den letzten Jahren bei Ihnen schief gegangen ist. Deswegen glaube ich, dass es nicht legitim ist und dass es nicht in Ordnung ist, wenn Sie die Dinge jetzt einfach miteinander vermischen.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ich darf einmal eine geschäftsleitende Bemerkung machen.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Ruhe, bitte! - Im Präsidium sind wir von einer Redezeit von 25 Minuten ausgegangen. Dann gab es - das wollen wir der Ehrlichkeit halber sagen - im Rahmen dieser Diskussion ein Signal von allen Geschäftsführern, es könnten 30 Minuten sein. Mittlerweile sind

wir der Auffassung - das ist auch richtig so -, dass das Präsidium am Anfang mit 25 Minuten richtig lag, weil die Atomdebatte nicht zur verbundenen Debatte zählt.

(Holger Astrup [SPD]: Die ziehen wir dann wieder ab, Herr Präsident!)

- Jetzt wird nichts abgezogen. Das war eine Vereinbarung, die die Geschäftsführer an das Präsidium herangetragen hatten. Die Auffassung des Präsidiums war bekannterweise eine andere. Deswegen wird jetzt der Kollege Schlie seine letzten beiden Sätze formulieren und dann werden wir im Rahmen der vereinbarten Redezeit fortfahren.

(Holger Astrup [SPD]: Einverstanden!)

Für den Redner ist es eine sehr auskömmliche Situation, Gedanken im Zusammenhang vortragen zu dürfen. Aber ich werde mich natürlich an das mahnende Wort des Präsidenten halten und will abschließend sagen: Wir werden der Rasterfahndung, so wie sie im Gesetzentwurf vorgeschlagen ist, unsere Zustimmung geben, wenngleich wir bei den einschränkenden Elementen, die hier vorgesehen sind, erhebliche Bedenken haben. Sie selber, Herr Innenminister, haben ja vorgetragen, dass diese Elemente in der Bundesrepublik Deutschland einmalig sind. Diese werden zu einem unnötigen bürokratischen Aufwand führen, sie werden dazu führen, dass wir diese Fahndung nicht genauso schnell durchführen können wie andere Bundesländer.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Unsinn!)