Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hochschulen sind Orte zukunftsfähiger Ausbildung. Sie sind Orte der Forschung zum Wohle der Allgemeinheit und sie sind Orte geistiger und kultureller Auseinandersetzung. Dieses Grundverständnis und den politischen Konsens vorausgesetzt, möchte ich anhand von drei Beispielen unsere Vorstellungen zur Entwicklung der Hochschulen in Schleswig-Holstein darstellen.
Das ist erstens die Entwicklung neuer Ausbildungswege, Studiengänge und neuer Schwerpunkte im Bereich von vorhandenen Studiengängen mit dem Ziel, unseren Absolventen eine optimale Ausbildung und eine entsprechend gute Perspektive auf dem Arbeitsmarkt zu eröffnen. Schleswig-Holstein hat im Bereich der außeruniversitären Forschungsinstitute ein klares Profil, exzellente Leistungen und Voraussetzungen.
Der zweite Punkt ist deshalb die Verknüpfung dieses Bereichs mit den Hochschulen, personell und inhaltlich. Das ist schon ein guter Weg - zukunftsweisend, aber noch ausbaufähig. Wir wollen an den Hochschulen und an den externen Forschungseinrichtungen die Voraussetzungen für Höchstleistungen in der Forschung schaffen. In der Zukunft sollen vor allem die anwendungsorientierte Forschung, die anwendungsorientierten Projekte gefördert werden, um den Transfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft weiter zu verbessern und auszubauen. Dass daneben natürlich die Grundlagenforschung ihren Stellenwert behält, muss nicht besonders betont werden. Die Grenzen zwischen Grundlagenforschung und angewandter Forschung beginnen jedoch immer weiter zu verschwimmen.
Drittens soll ein umfassendes Netz der wissenschaftlichen Weiterbildung im Sinne eines berufs- und lebensbegleitenden Lernens geschaffen werden.
Bei all diesen Überlegungen müssen wir uns eine Schlüsselfrage stellen: Reichen die vorhandenen Hochschulstrukturen aus, sind sie geeignet, um diese Zielvorgaben verwirklichen zu können?
Schleswig-Holstein zeichnet sich durch ein ebenso ausgeprägtes wie auch regional differenziertes Hoch
schulsystem aus. Ich glaube, diese positive Wirkung, die insbesondere durch die regionale Struktur entsteht, wird niemand hier im Haus ernsthaft bezweifeln. Ich gehe davon aus, dass auch das hier im Haus politischer Konsens ist. Damit dürfen wir uns aber nicht zufrieden geben und uns auf unseren Lorbeeren ausruhen. Die Hochschulen stehen unter nationalem, mehr noch unter internationalem Konkurrenzdruck. Es kommt also darauf an, die spezifischen Strukturen so weiterzuentwickeln, sodass das, was wir an wissenschaftlichem Potenzial haben, optimal genutzt wird, klare Profile weiter entwickelt werden und dass Leistungsfähigkeit und Wettbewerb gestärkt werden. Nur so können wir auf Dauer die Standorte sichern.
Natürlich ist der Finanzrahmen des Landes begrenzt. Unsere Antworten machen aber deutlich, wie konsequent die Landesregierung den Umbau und die Modernisierung der Hochschulen vorantreibt. Lassen Sie mich dazu die einzelnen Schritte in der Kürze der Zeit wenigstens grob umreißen.
Im Bereich der Strukturplanung - ich will sie zunächst nur nennen und dazu nachher noch Ausführungen machen - sind zu nennen die Fusion der Universitätskliniken, die Entwicklung der Muthesius-Hochschule zu einer Kunsthochschule, die Konzentration im Bereich der Studiengänge Architektur und Bauwesen, die Zusammenlegung der Hochschulverwaltungen an den Standorten Flensburg und Lübeck sowie ferner die Verhandlungen mit den Hochschulen über neue Zielvereinbarungen für einen erheblich längeren Zeitraum. Wir arbeiten weiter an einer Novelle des Hochschulgesetzes. Weiter ist zu nennen die Erstellung von Hochschulentwicklungsplänen für die Hochschulen und schließlich die Erarbeitung eines Landeshochschulplans mit langfristigen Perspektiven, der im März 2003 vorgelegt werden soll.
Lassen Sie mich auf einige inhaltliche Aspekte der Großen Anfrage im Folgenden kurz eingehen. In den laufenden Verhandlungen über die neuen Zielvereinbarungen mit den Hochschulen geht es zum einen um die Profilbildung der einzelnen Hochschulen, zum anderen um die Möglichkeit hochschulübergreifender Kooperation beziehungsweise Arbeitsteilung. Ein weiterer Schwerpunkt sind Maßnahmen zur Internationalisierung des Studienangebots. Auf dem europäischen und internationalen Bildungsmarkt kann nur bestehen, wer kundenorientiert, wer wirtschaftlich
(Vereinzelter Beifall bei der SPD und Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])
Das alles sind die Kernpunkte bei den Verhandlungen der Zielvereinbarung, die wir derzeit mit allen Hochschulen führen.
In der Große Anfrage wird nach Haushaltseckwerten gefragt. Zum jetzigen Zeitpunkt der Beantwortung der Großen Anfrage können das natürlich nur Haushaltseckwerte der Regierung sein. Sie kennen den Haushaltsentwurf. Er setzt eine deutliche Priorität im Hochschulbereich. Es sollen Zuschüsse in Höhe von 241,7 Millionen DM zur Verfügung stehen. Das bedeutet gegenüber dem Haushalt 2001 eine Steigerung um rund 4,6 Millionen €. Das sind fast 2 %. Ich finde, das ist angesichts der Kürzungen und der Probleme, die wir bei den Haushaltsberatungen insgesamt haben, eine deutlich hervorzuhebende Kraftanstrengung, die geleistet wird.
Ferner ist vorgesehen, in die Zielvereinbarungen eine Vereinbarung über die Tarifmehrkosten aufzunehmen, die allerdings vorsehen wird, dass die Zielvereinbarungen die Hälfte der Tarifmehrkosten jeweils für die einzelnen Jahre garantieren sollen. Dass hier die Hochschulen mehr erwarten, liegt in der Natur der Sache. Ich finde aber, das ist das, was wir maximal leisten können.
Die Strukturmaßnahmen, über die in der Großen Anfrage berichtet wird, sind alle auf den Weg gebracht worden: der Umbau und die Weiterentwicklung der Muthesius-Hochschule und die Bündelung der Kapazitäten im Raum Kiel/Eckernförde. Im Interesse eines neu zu entwickelnden und innovativen Studienfachs an der künftigen Hochschule wird der Architekturstudiengang in Eckernförde aufgegeben. Die Bauingenieurausbildung wird dort - bei Aufgabe des Studiengangs an der FH Lübeck - konzentriert. Erhalten bleibt in Lübeck der Architekturstudiengang, der allerdings im Bereich Bauwesen verstärkt wird. Insgesamt dienen alle diese Maßnahmen der qualitativen Verbesserung der Hochschulstruktur in Schleswig-Holstein. Die Muthesius-Hochschule - lassen Sie mich das noch einmal sagen - soll einen Status erhalten, der es ihr endlich ermöglicht, gleichberechtigt mit Kunsthochschulen im In- und Ausland zu konkurrieren. Die Konzentration der Architekturausbildung von drei auf nunmehr nur noch zwei Standorte entspricht einer langjährigen Forschung des Wissenschaftsrates.
Die Konzentration im Bereich Bauingenieurwesen ich will es hier gern noch einmal betonen - sichert den Hochschulstandort Eckernförde. Es hat Zeiten gegeben, in denen dieser Hochschulstandort generell infrage gestellt worden ist.
Der Hochschulstandort Eckernförde mit einem neu konzipierten Kompetenzzentrum Bau soll erhalten bleiben. Er soll auch in der Tradition der Bauschule, wie sie in Eckernförde einmal entstanden war, erhalten bleiben.
An der Fachhochschule Lübeck trägt die Erweiterung um die betriebswirtschaftliche Komponente den gestiegenen Anforderungen, wie sie heute an eine Ingenieurausbildung gestellt werden, Rechnung.
Zu den wichtigen und als eines der vielleicht größten Strukturvorhaben zu nennenden Vorhaben der Regierung, die bereits in Arbeit sind, zählt die Fusion der Universitätskliniken. Die Hochschulmedizin in Schleswig-Holstein soll ihre Kräfte bündeln. Sie muss ihre Schwerpunkte ausbauen, um leistungsfähiger zu werden. Die Effizienz der Hochschulmedizin muss gestärkt werden. Nur so wird sie für den absehbaren Umbau des Gesundheitssystems überhaupt gerüstet sein. Das dabei die Versorgung der Patienten auf einem hohen Niveau sicher zu gewährleisten ist, ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, soll hier aber noch einmal sehr deutlich gesagt werden.
Mancher glaubt, man könne alle Probleme, alle Strukturfragen, alle Standortinteressen, auch alle regionalen Probleme sozusagen mit einem einzigen Wurf lösen. Die im Sommer dieses Jahres vom Präsidenten der Unternehmensverbände und vom Beirat der CAU geäußerte Auffassung, nach der das Land die Vielzahl eigenständiger Hochschulen in der bisherigen Form nicht mehr länger halten könne, hat im Land erhebliche Unruhe ausgelöst. Die Vorstellung von nur einer Universität und einer Fachhochschule halte ich für überzogen. Aber für richtig und umsetzbar halte ich den Weg, der die regionale Vielfalt der Hochschulangebote im Grundsatz erhält, aber sehr wohl im Blick auf Effizienz, auf Nachfrage, auf finanzielle Leistungsfähigkeit alle Möglichkeiten der Kooperation und der Arbeitsteilung konsequent weiterverfolgt.
Lassen Sie mich deshalb abschließend Folgendes sagen. Die Hochschulen in Schleswig-Holstein werden sich auch weiterhin im wissenschaftlichen Wettbewerb national und international behaupten können. Unerlässlich für den Erfolg aber ist, dass die skizzierten Strukturveränderungen konsequent weiterbetrieben werden und dass Profilbildung und Schwerpunktsetzung allein garantieren, dass der Fortbestand der Schleswig-Holsteinischen Hochschullandschaft mit seinen Besonderheiten gesichert bleibt. Daran arbeiten wir mit Hochdruck, nicht immer ohne Konflikte, aber in konstruktiver Zusammenarbeit mit unseren Hochschulen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die Fraktion der CDU hat der Herr Abgeordnete Jost de Jager.
Solange Herr de Jager auf dem Weg zum Mikrofon ist, begrüße ich in der Loge Herrn Professor Dr. Block, den Direktor der Technologiestiftung, ganz herzlich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, ich glaube, das Ziel, Zentren wissenschaftlicher Exzellenz in Schleswig-Holstein zu erreichen, einigt uns alle hier im Parlament, zumindest verbal. Der interessante Punkt - deshalb haben wir die heutige Debatte - ist die Frage, ob Ihre Politik das tatsächlich erreicht. Als wir die Große Anfrage gestellt haben das war im Juni -, ging es darum, dass die Landesregierung ein ums andere Mal isolierte Strukturentscheidungen mit Auswirkungen auf einzelne Standorte beschlossen hat, ohne dass irgendjemand genau wüsste, wohin die Reise eigentlich gehen soll - inklusive der Landesregierung selbst.
Ein Charakteristikum der Antwort auf die Große Anfrage besteht darin, dass ein erkennbare Vision für die Weiterentwicklung der schleswig-holsteinischen Hochschullandschaft komplett fehlt. Wir wissen von Ihnen eigentlich nur, was nicht geht. Nicht geht - das haben Sie eben noch einmal ausgeführt - der Vorschlag des Präsidenten der Unternehmensverbände Nord, Professor Dr. Driftmann, der eine Neuordnung der Hochschulen durch ein gemeinsames Dach vorgeschlagen hat. Ebenfalls geht aus Ihrer Sicht nicht das Holding-Modell unseres Fraktionsvorsitzenden. Schweigen herrscht in der Antwort auf die Große Anfrage allerdings darüber, wie das nach Vorstellung der
Landesregierung funktionieren soll. Gar nicht. Denn weit reichende Vorstellungen sucht man vergebens.
Wohin diese Planlosigkeit führt, kann man geradezu beispielhaft an dem Bäumchen-wechsel-dich-Spiel erkennen, das die Pläne hinsichtlich der Aufwertung der Muthesius-Fachhochschule ausgelöst hat, was Sie eben fälschlicherweise versucht haben, als Profilbildung darzustellen. Wir haben seinerzeit beklagt, dass mit den Plänen hinsichtlich der Muthesius-Fachhochschule erneut nur Stückwerk betrieben worden ist, dass erneut Teile der Hochschullandschaft Schleswig-Holsteins neu geordnet werden sollten, ohne dass ein Gesamtbild bekannt wäre. Anfangs waren nicht einmal die Einzelheiten klar.
Natürlich war die Resonanz in der Öffentlichkeit auf diese Pläne zunächst einmal positiv. Klar, denn wer will im eigenen Land nicht eine eigene Kunsthochschule haben? - Nur, nachdem wir die Bedingungen dieser Aufwertung der Muthesius-Fachhochschule kennen, sagen wir: Uns ist der Preis dieser Aufwertung zu hoch. Denn deren Grundlage ist ein Ringtausch an den Studiengängen unter den Fachhochschulen Kiel, Lübeck und der Muthesius-Fachhochschule.
So sollen die Bauingenieure komplett von Lübeck nach Eckernförde gehen. Dafür soll der Architekturstudiengang der Fachhochschule Kiel von Eckernförde an die Muthesius-Kunsthochschule verlagert werden. Im Gegenzug gibt die Muthesius-Schule den Studiengang Technisches Design an die Fachhochschule Kiel ab, die wiederum sieben Professoren in der Betriebswirtschaft an die Fachhochschule Lübeck abgeben soll, damit erstmals in Lübeck Betriebswirtschaftslehre angeboten werden kann - mit dem Ergebnis, dass die Personaldecke und die Personalausstattung für BWL weder in Kiel noch in Lübeck reicht.
Mit Profilbildung hat das gar nichts zu tun. Mit Profilbildung hat übrigens auch die Konzentration der Bauingenieure in Eckernförde nichts zu tun. Von allen Fachverbänden ist immer wieder angeführt worden, dass gerade die Tatsache, dass Bauingenieure und Architekten in Eckernförde wie in Lübeck unter einem Dach waren, hervorragend zur inhaltlichen Stärkung dieser Standorte beigetragen hat. Das auseinander zu reißen, ist eine falsche Politik.