Sehen Sie sich einmal die deutschen Meister, die Weltmeister, die Europameister aus SchleswigHolstein an. Es wäre sicherlich hilfreich, zu der Meisterehrung des Landessportverbandes zu kommen, Herr Hildebrand. Der Innenminister und der Vorsitzende des Landessportverbandes, Herr Präsident Wienholz, werden Sie sicherlich gern einladen, daran einmal teilzunehmen. Dann erfahren Sie, was in der Breite in diesem Land auch im Leistungssport los ist. Ich glaube, dass der Leistungssport ein ganz wichtiger Bestandteil des Sports ist,
weil wir damit Vorbilder erzeugen, Leute motivieren, in den Breitensport hineinzugehen. Deshalb ergänzen sich Leistungssport und Breitensport auch in Schleswig-Holstein hervorragend.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dies nur am Rande! Die Große Anfrage der CDU ist eigentlich nicht zu dem Thema „Sport in Schleswig-Holstein“ gestellt worden, sondern konzentriert sich auf den Bereich des Schulsportes. Ich finde es auch in Ordnung, wenn man sich auf bestimmte Bereiche konzentriert, weil man diesen dann vernünftig abhandeln kann.
Spielräume im doppelten Wortsinn sind für unsere Kinder eher die Ausnahme geworden. Stattdessen werden Kinder in eine konsumorientierte, bewegungsfeindliche Freizeit eingebunden. Es besteht zunehmende Demotorisierung. Die elektronischen Medien tun ihr Übriges zur Einschränkung von Bewegungs- und Spielerfahrungen.
Experten sind sich schon lange darüber einig, dass vielen Kindern und Jugendlichen elementare motorische Fähigkeiten fehlen. Die Aussagen der Mediziner
sind eindeutig: Haltungsschäden, Übergewicht, psychische Störungen, Fitnessmängel, Koordinationsstörungen finden sich in erschreckend hohem Anteil bei Kindern und Jugendlichen aller Altersgruppen. In Zahlen ausgedrückt liest sich das so: 30 % aller Kinder haben heute Übergewicht, 20 % Haltungsschäden, mindestens 15 % - besonders alarmierend! - sind psychisch auffällig.
Vor allem für jüngere Kinder gilt: Wer sich nicht ausreichend bewegt, verpasst wichtige Entwicklungschancen. Aber es sind nicht nur die Gesundheitsprobleme, die die Konsequenzen des Bewegungsmangels verdeutlichen. Es geht auch um die Förderung von Intelligenz, Selbstvertrauen und sozialem Verhalten. Nicht zuletzt: Bewegungsangebote können Leistungen in anderen Schulfächern positiv beeinflussen.
(Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN], Lothar Hay [SPD], Jutta Schümann [SPD] und Anke Spoorendonk [SSW])
Auch das haben meine Vorrednerinnen und Vorredner schon gesagt. Ich würde das gern umdrehen. Das zeigt unsere Verantwortung für den Sport. Diejenigen, die nicht in der Lage sind, sich ausreichend körperlich zu bilden, werden auch Defizite in den anderen Bereichen haben. Das ist nicht nur ein positiver Effekt, sondern es kann genauso gut ein negativer Effekt sein, dass diejenigen, die nicht die Chancen haben, sich körperlich eine Identität zu bilden, auch in anderen Bereichen Schwierigkeiten haben. Deshalb haben wir in diesem Bereich eine besonders hohe Verantwortung.
Der Schulsport ist - darin sind wir uns einig - im Fächerkanon unseres Schulwesens unverzichtbar. Körper- und Bewegungserfahrung, die mit dem Schulsport vermittelt werden, sind wichtige Elemente der Persönlichkeitsentwicklung. Das Vertrauen in den eigenen Körper, in die eigene körperliche Leistungsfähigkeit, sind eine ganz wichtige Basis für die Entwicklung einer Identität. Gesundheit und Wohlbefinden bilden sich auf der Grundlage von Lebenszufriedenheit und Lebensqualität. Die Freude, den eigenen Körper zu spüren, seine Belastbarkeit zu testen und ihn zu beherrschen, sind wichtige Aspekte eines positiven Selbstwertgefühls. Die Kinder entwickeln ihre Sinne weiter und stellen fest, dass beharrliches Üben zu Fortschritten führt. Der Schulsport liefert so einen wesentlichen Beitrag zu einer physischen und psychischen Gesundheitserziehung.
Die Kinder lernen - auch das ist wichtig - über den Sport den Umgang mit Aggressionen, mit Gewalt. Sie lernen verlieren, sie lernen das Zusammenspielen und sie lernen das Gewinnen. Der Sport ist aber auch - das ist ein wichtiger Hinweis auf PISA; in diesem Zusammenhang haben wir das Problem der Integration der Migranten angesprochen -, ein hervorragendes Instrument, um die Migranten, die zu uns kommen, in unsere Gesellschaft einzubinden.
Nicht nur im Schulsport, aber auch da, haben diese Menschen, die Jugendlichen und die Kinder, die zu uns kommen, die Möglichkeit, sich in Gemeinschaften zu integrieren, mit den anderen zusammen zu kämpfen und gerade ihre Körperlichkeit einzubringen. Deshalb sind all diejenigen, die sich über Integration Gedanken machen, auf den Sport hinzuweisen.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten Lothar Hay [SPD] und Anke Spoorendonk [SSW])
Kinder brauchen Bewegung. Deshalb müssen einige der Forderungen, die ich hier noch einmal aufstellen werde, aus unserer Sicht - aus Bündnis/Grüner-Sicht im Schulsport realisiert werden. Es geht darum, ein Minimum von drei Sportstunden für die allgemein bildenden Schulen zu gewährleisten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, es geht auch darum, dass ein regelmäßiger Sportunterricht für die Schülerinnen und Schüler an den berufsbildenden Schulen unverzichtbar ist.
Ein Drittes ist mir ganz besonders wichtig, das ist die zügige Einführung einer zusätzlichen täglichen Bewegungszeit an allen Grundschulen.
Gerade in diesem Bereich der Grundschulen brauchen wir über den traditionellen Sportunterricht hinaus die Chancen einer pädagogisch motivierten Bewegungszeit. Sie ließe sich hervorragend in den Unterricht integrieren.
Die Diskussion hierüber hat begonnen; Frau ErdsiekRave hat das schon angesprochen. Es muss natürlich über neue Konzepte nachgedacht werden. Wenn der Schulsport nur unter dem Stichwort: kein Bock auf Bockspringen, realisiert wird und nur noch diejenigen,
die die besten Entschuldigungen haben, die Leistungsträger in der Klasse sind, müssen sich natürlich auch diejenigen, die den Sport in den Schulen zu vertreten haben, Gedanken darüber machen, wie man es anders machen kann.
Der Sport hat ein immenses pädagogisches Potenzial. Es geht nicht nur darum, tatsächlich die körperlichen Übungen zu machen, sondern auch die pädagogischen Implikationen des Sportes zu nutzen.
Hier gibt es hervorragende Chancen, wenn wir sie im Rahmen einer ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung nutzen. Deshalb sind auch die Sportwissenschaft und die Sportpädagogik gefordert, neue Ansätze zu finden und neue Sportformen zu integrieren.
Es geht nicht nur darum, die traditionellen Sportgeräte zu nutzen, sondern ich könnte mir auch vorstellen, andere Bewegungsformen einzuführen. Man könnte im Sportunterricht zum Beispiel Jonglieren oder Tai-Chi lehren. Der Umgang mit dem Körper, die Belastung des Körpers und das Ausprobieren des Körpers muss dabei im Vordergrund stehen.
Frau Erdsiek-Rave, ich glaube, es wäre ausgesprochen hilfreich, wenn die KMK ihren Widerstand aufgeben würde, eine repräsentative Untersuchung zur aktuellen Situation des Schulsports in Deutschland in Auftrag zu geben.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vereinzelt bei der SPD sowie Beifall der Ab- geordneten Christel Aschmoneit-Lücke [FDP])
Es geht nicht nur um Schleswig-Holstein, sondern wir brauchen diese Grundlage auch in der gesamten Bundesrepublik. Es gibt eine massive Weigerung der KMK, aller Kultusminister. Vielleicht schaffen wir es unter dem Eindruck des Ergebnisses von PISA, hier ein Stück weiterzukommen. Dann hätten wir eine Datengrundlage, aufgrund der wir feststellen können, was wir zusätzlich brauchen und was an Sport ausfällt. Dann können wir neue Akzente setzen.
Zum Schluss möchte ich noch ganz kurz - weil es eigentlich hauptsächlich um Schulsport geht - auf den außerschulischen Sport eingehen. Die zweite Säule des