Protokoll der Sitzung vom 20.02.2002

(Martin Kayenburg [CDU]: Über eine Ar- beitsgruppe können wir reden, aber nicht über einen Unterausschuss!)

- Herr Kayenburg, hören Sie mir doch einfach zu. Das ist viel besser für die Kommunikation. Auch was einen solchen Unterausschuss angeht, wäre es viel günstiger, wenn man einander erst einmal zuhört, ehe man dem anderen ins Wort fällt. Ich spreche mich nach wie vor dafür aus, einen Unterausschuss „Medien“ des Innen- und Rechtsausschusses einzuführen; denn wir brauchen dringend die Kommunikation, und zwar auch die Kontinuität bei der Kommunikation, damit wir diese, wie ich finde, komplizierte Materie einander erschließen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag erteile ich jetzt der Sprecherin, Frau Anke Spoorendonk, das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Medienpolitik in der Bundesrepublik ist föderal organisiert. Das ist auch gut so. Der politischen Struktur steht aber eine zunehmend marktförmig organisierte Medien- und Kommunikationswirtschaft gegenüber, die schon seit langem jenseits der nationalen Grenzen operiert. Deshalb wird schon seit einer Weile nach einem neuen Weg zwischen staatlicher Überregulierung und marktwirtschaftlicher Verantwortungslosigkeit gesucht. Es sollen Strukturen und Entscheidungen gebündelt werden, ohne das föderale Prinzip zu zerstören; denn aus den neuen Steuerungsbedingungen ergibt sich eben nicht gleich naturwüchsig eine weitere Zentralisierung der Medienpolitik; vielmehr müssen die Stärken einer strukturell und inhaltlich regional geprägten Medienpolitik unter neuen Rahmenbedingungen gesehen werden.

Wir teilen also nicht die Auffassung, dass lediglich eine stärkere Beschränkung auf Kernkompetenzen und Richtlinienentscheidungen die Antwort auf die Herausforderungen sind. Wer die zentrale Bedeutung der Massenmedien in der Demokratie erkennt, kann es in der Medienpolitik nicht mit der Regulierung eines Marktes oder etwas Jugendschutz bewenden lassen.

Die Medien haben sich zu einem der heißesten Märkte entwickelt. Das muss nicht von sich aus schon ein Nachteil sein. Mehr Vielfalt durch Wettbewerb ist ja gerade eine der Zielsetzungen. Aber die Kehrseite der globalisierten Medaille wird uns auch gegenwärtig

(Anke Spoorendonk)

wieder verdeutlicht. Ein amerikanischer Unternehmer übernimmt beinahe große Teile des Kabelnetzes und will dort allein die Vermarktung von Programmen übernehmen, während sich sein australisch-britischer Geschäftspartner Murdoch aufmacht, sich wichtige Teile des Kirch-Imperiums unter den Nagel zu reißen, das wiederum Herzstücke der bundesdeutschen Medien in einer Hand vereint.

Gerade angesichts der Globalisierungstendenzen dieser Märkte muss die Politik die Demokratie verteidigen. Sie muss einer Wiedergeburt von Citizen Cane oder Alfred Hugenberg durch Medienpolitik von vornherein vorbeugen.

(Beifall der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Der SSW hat bereits bei der Verabschiedung des letzten Rundfunkstaatsvertrags in Verbindung mit der Einführung neuer Regeln für die Medienkonzentration angemerkt: Wir können nicht akzeptieren, dass in der Medienpolitik mit dem Argument der Globalisierung -

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ich bitte um ein bisschen mehr Aufmerksamkeit für die Rednerin!

Wir können nicht akzeptieren, dass in der Medienpolitik mit dem Argument der Globalisierung zunehmend wirtschaftspolitischen Argumenten absoluter Vorrang gewährt wird. Wir meinen, dass die Regelungen in Fragen der Konzentration falsch sind. Es bleibt dabei, dass wir nicht eine auf Marktanteilen beruhende Konzentrationskontrolle unterstützen. Wir können immer noch nicht die 30 %-Grenze akzeptieren. Es gibt weiterhin zu viele Möglichkeiten, die Intentionen des Medienkartellrechts zu unterlaufen. Deshalb haben wir trotz allem auch Probleme mit den diesbezüglichen Bestimmungen im vorliegenden Rundfunkstaatsvertrag.

Die Wahl der richtigen Struktur fällt aber offensichtlich nicht nur in Sachen Konzentrationskontrolle schwer. Auch in Sachen föderaler Struktur der Medienaufsicht in Deutschland gibt es eine unheilige Tendenz dazu, die Arbeit in wenigen zentralistischen Gremien zu organisieren. Generell haben wir auch keine Einwände dagegen, dass die Arbeit dadurch effektiver wird, dass neue Zuständigkeiten geschaffen werden und Gremienarbeit umorganisiert wird. Die Verbesserung der Koordination darf aber nicht auf

Kosten der föderalen Einflussmöglichkeiten erfolgen. Wir halten es daher mit dem Vorsitzenden des Medienrats, der eingefordert hat, den Föderalismus in der Medienpolitik zu achten und den pluralen Gremien der Landesmedienanstalten umfassenden Einfluss zu gewähren.

Wir dürfen in der Medienpolitik das Regionale nicht auf dem Altar einer globalisierten Medienwirtschaft opfern. Wir dürfen nicht der Versuchung erliegen, nur durch Zentralisierung und Konzentration die Effizienz zu steigern. Wir brauchen ein starkes regionales Element.

Das gilt nicht nur organisatorisch in der Medienaufsicht, sondern auch technisch, nämlich wenn es um die länderübergreifende Planung des digitalen terrestrischen Fernsehens geht. Auch diese kann durchaus zulasten der Vielfalt gehen. Die Möglichkeiten von regionalem und lokalem Fernsehen dürfen auf keinen Fall geschmälert werden.

Gerade bezüglich kleiner Anbieter spielt die Frage der Chancengleichheit bei der Digitalisierung eine Rolle. Die digitale Technik kann die Vielfalt der kleinen, örtlich begrenzten Programme einschränken, weil diese in mehrfacher Hinsicht nicht mit der neuen Technik mithalten können.

Mit dem digitalen terrestrischen Fernsehen wird eine neue Technologie eingeführt, deren Umsetzung die potenzielle Gefahr birgt, dass nicht alle mithalten können. Deshalb muss unter anderem der parallele Betrieb von analogen und digitalen Kanälen - der so genannte Multicastbetrieb - so lange wie möglich stattfinden. Deshalb müssen die Landesregierungen vor allem erreichen, dass die so genannten Set-TopBoxen als „Übersetzer“ zwischen digitalem Sender und analogen Fernsehern für jedermann und jedefrau erschwinglich werden. Die Regierung ist aufgefordert, in diesem Punkt zu beweisen, wie ernst sie es mit der sozialen Verantwortung in der Informationsgesellschaft nimmt.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Wir sind am Ende der Aussprache angelangt. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir treten in die Abstimmung ein. Es ist beantragt worden, die Drucksachen 15/1561 und 15/1562 an den zuständigen Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen, wobei die Drucksache 15/1420 mit dem Bericht erledigt ist.

Gibt es zu diesem Abstimmungsverfahren einen weiter gehenden Vorschlag?

(Gisela Böhrk [SPD]: Herr Präsident, ich bitte, den Wirtschaftsausschuss mitberatend mit den beiden Vorlagen zu befassen!)

- Das werde ich dem Haus vorschlagen. Es ist beantragt, die beiden genannten Drucksachen federführend an den Innen- und Rechtsausschuss und mitberatend an den Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer diesem Vorschlag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? -Stimmenthaltungen? - Das ist so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ausführung und Ergänzung des Bundes-Bodenschutzgesetzes (Landesbodenschutz- und Altla- stengesetz)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 15/1049

Bericht und Beschlussempfehlung des Umweltausschusses Drucksache 15/1545 (neu)

Änderungsantrag der Fraktion der CDU Drucksache 15/1646

Ich erteile zunächst der Berichterstatterin des Umweltausschusses, Frau Abgeordneter Tengler, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Umweltausschuss hat den ihm durch den Plenarbeschluss vom 11. Juli 2001 überwiesenen Gesetzentwurf in drei Sitzungen, darunter einer Anhörung, zuletzt am 30. Januar 2002, beraten. Er empfiehlt dem Landtag mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU bei Enthaltung der FDP, den Gesetzentwurf in der Fassung der ihnen vorliegenden rechten Spalte der nachstehenden Gegenüberstellung anzunehmen. Änderungen gegenüber der Gesetzesvorlage sind durch Fettdruck kenntlich gemacht.

Vielen Dank, Frau Berichterstatterin. Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Einzelberatung. Für die Fraktion der SPD erteile ich Herrn Abgeordneten Helmut Jacobs das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Entwurf des Landesbodenschutz- und Altlastengesetzes ist im Juli in erster Lesung eingebracht worden und

war mit ursprünglich 16 Paragraphen sehr schlank gehalten. Es ist ein Ausführungsgesetz des BundesBodenschutzgesetzes. Mit dem Gesetz wird beabsichtigt, die vielfältigen Funktionen des Bodens - zum Beispiel als Rohstofflagerstätte, als Fläche für Siedlung und Erholung, als Standort für Land- und Forstwirtschaft sowie für sonstige wirtschaftliche und öffentliche Nutzungen - in ein vernünftiges Gleichgewicht zu bringen. Es sollen möglichst frühzeitig Bodenbelastungen vermieden werden. Auch sollen die durch bereits eingetretene Schäden verursachten Sanierungskosten nicht - wie in der Vergangenheit - von der Allgemeinheit, sondern von den Verantwortlichen getragen werden.

Es geht im Gesetz um Mitteilungs-, Mitwirkungs- und Duldungspflichten bei Grundstücksflächen. Weitere Regelungsbereiche liegen in den Betretungs- und Untersuchungsrechten, in der Datenerfassung, im Datenschutz, im Boden- und Altlastenkataster und in den Altlasten-Informationssystemen. Konkrete Regelungen für den vorsorgenden Bodenschutz können bedauerlicherweise nicht vorhanden sein, da das Bundesrecht der alten unionsgeführten Bundesregierung dies nicht zulässt.

Bei der Anhörung im Oktober haben sich 13 Verbände in schriftlicher oder mündlicher Form geäußert. Obwohl stets der Ruf nach Deregulierung laut ist, sind viele Bedenken vorgebracht worden, die einen größeren Regulierungsbedarf im Gesetz erforderlich gemacht hätten. Wir haben in intensiven Gesprächen die Vorschläge aus der Anhörung ausgewertet und Teile in Änderungsanträgen übernommen. Damit sind wir den Angehörten große Schritte entgegengekommen. Beispielsweise haben wir den Wunsch der Ver- und Entsorgungsunternehmen, auf Ersuchen Zugang zu Daten im Boden- und Altlastenkataster zu bekommen, erfüllt.

Den Begriff „Bodenschutzgebiet“ haben wir eliminiert und durch den Begriff „Bodengefährdungsgebiet“ ersetzt. Der bisherige Begriff ist im Vergleich zu Natur- und Wasserschutzgebieten irritierend, weil nicht der Schutz im Vordergrund steht, sondern die Sanierung bereits eingetretener oder zu erwartender Schäden.

Außerdem haben wir die Möglichkeit eingebracht, dass für Grundstückseigentümer pauschalierte Ausgleichszahlungen, wie es bereits in Wasserschutzgebieten möglich ist, möglich werden.

(Helmut Jacobs)

Auf weitere kleinere Änderungsvorschläge möchte ich hier jetzt nicht weiter eingehen.

Von der FDP kam noch der Antrag im Ausschuss, in dem neuen § 2, der die Mitteilungs- und Auskunftspflichten regelt, das Wort „Anhaltspunkte“ mit dem Wort „konkrete“ zu verbinden und einzugrenzen. Viele Angehörte haben diesen Vorschlag gemacht und auch wir haben uns damit intensiv befasst. Wir wollen aber nicht warten, bis ein Verdacht konkret wird, da der Sinn und Zweck des Bodenschutzgesetzes eine frühzeitige Erkennung von schädlichen Bodenveränderungen ist.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Ein Vorgehen aufgrund unfundierter Vermutungen verbietet sich und es muss ohnehin ein Anfangsverdacht bestehen.

Den CDU-Vorschlag, in dem Gesetz das Konnexitätsprinzip zu verankern, haben wir ablehnen müssen und lehnen wir auch weiterhin ab. Dieser Antrag liegt ja heute auch wieder vor. Das steht bereits in der Landesverfassung und muss nicht gesondert in jedem Gesetz auftauchen.

(Lothar Hay [SPD]: Das sollte man einmal lesen, Herr Kollege!)

Wenn sich herausstellen sollte, dass durch das Gesetz auf die Kreise neue Aufgaben zukommen, dann muss das auch finanziell ausgeglichen werden. Das ist für mich völlig klar und steht auch so im Gesetz. Ich kenne die Befürchtungen der kommunalen Landesverbände, dass auf die Kreise finanzielle Mehrbelastungen zukommen könnten. Es wird von der Übertragung neuer Aufgaben gesprochen und behauptet, dass die neue Rechtslage eine qualitativ andere Aufgabenerledigung verlange. Das ist nicht richtig. Die so genannten neuen Aufgaben sind mit der bisherigen Altlastenbearbeitung bereits identisch. Es ist festgestellt worden, dass es Kreise gibt, die der Altlastenbearbeitung in der Vergangenheit vorbildlich nachgekommen sind. Es gibt aber auch Kreise, die das weniger gut gemacht haben. Ein Kreis hat sogar eine Auflistung von Aufgaben vorgelegt, die angeblich neu auftreten würden. Es hat sich aber herausgestellt, dass sie auch nach alten gesetzlichen Regelungen bereits ausgeführt werden mussten.

Meine Damen und Herren, da unser Boden unsere wichtigste Lebensgrundlage, unser Kapital und Grundlage für gesunde Nahrungsmittel ist, gilt es, ihn für künftige Generationen zu bewahren. Ich bitte darum, diesem Gesetz so zuzustimmen.

Herr Präsident, ich habe noch einen kleinen Fehler in der Beschlussempfehlung gefunden. Da ist ein Para

graph aufgrund eines neu eingeführten Paragraphen nicht richtig umgewandelt worden. Ich bitte das nachher bei der Abstimmung zu berücksichtigen.