Protokoll der Sitzung vom 21.03.2002

- das ist die Genfer Flüchtlingskonvention

„darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seines Geschlechts, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist.“

Dann heißt es weiter:

„Die Voraussetzungen liegen bei nichtstaatlicher Verfolgung nur vor, wenn es sich um Verfolgung im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 handelt.“

Das zur sachlichen Klarstellung.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Gestatten Sie mir noch einen Hinweis an die FDPFraktion: Alles das, was der Kollege Dr. Garg hier vorgetragen hat, spricht dafür, dem Gesetz im Bundesrat zuzustimmen und den FDP-Antrag hier im Landtag zurückzuziehen. Sie sollten so verfahren.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann treten wir in die Abstimmung ein. Die Fraktionen haben signalisiert, dass sie mit dem Vorschlag der alternativen Abstimmung einverstanden sind.

Ich rufe daher zum Punkt „Zuwanderungsgesetz“ zunächst den Antrag der Fraktion der FDP, Drucksache 15/1708, auf. Wer dem Antrag der FDP-Fraktion seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Zugestimmt haben die Abgeordneten der Fraktion der CDU und die Abgeordneten der Fraktion der FDP.

Ich darf dann fragen, wer dem Antrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 15/1747, seine Zustimmung geben will. - Das sind die Abgeordneten der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW. Damit hat der Antrag Drucksachen 15/1747 die parlamentarische Mehrheit gefunden.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Der Tagesordnungspunkt ist erledigt.

(Abgeordnete verlassen den Plenarsaal)

- Gerade haben wir über Zuwanderung gesprochen. Jetzt findet Abwanderung statt.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 17:

Entlastung der Lehrerkollegien und der Schulleitungen im Bereich außerunterrichtlicher Aufgaben

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 15/1692

Antrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 15/1744

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 15/1749

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort für die zunächst antragstellende Fraktion, für die Fraktion der FDP, erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich grüße den harten Kern der noch im Hause verbliebenen Abgeordneten.

(Beifall)

(Dr. Ekkehard Klug)

Es ist höchste Zeit, die Schulen von unnötigem Ballast zu befreien. Wir wollen Lehrer und Schulleitungen damit in die Lage versetzen, ihre eigentliche Aufgabe besser zu erfüllen, nämlich Unterricht zu erteilen und dessen Qualität zu verbessern. Eine Bildungspolitik, die Lehrerinnen und Lehrer zunehmend zu Planern, Konzeptentwicklern und Programmgestaltern für mehr oder weniger sinnvolle Dinge macht, hält sie von ihrer wesentlichen Aufgabe ab. Das Gestrüpp von Aufgaben und Verpflichtungen in Bereichen, die nicht unmittelbar zum Schulunterricht gehören, muss deshalb erheblich gelichtet werden.

Wir haben dazu in unserem Antrag eine Reihe von einzelnen Punkten genannt, anders als die beiden Koalitionsfraktionen, die in ihrem Antrag nur eine sehr allgemein formulierte Zielsetzung in dem Sinne, wie ich es gesagt habe, definieren. Ich meine, die Politik ist gefordert, Nägel mit Köpfen zu machen. Ich will denn auch gern einige konkrete Punkte nennen.

Ich beginne mit dem von der Kultusministerin vor einiger Zeit angekündigten so genannten Schul-TÜV. Die Vorstellungen, die das Kultusministerium dazu bisher publik gemacht hat, lassen mich die Schlussfolgerung ziehen: Der geplante Schul-TÜV ist eine Arbeitskraft fressende Pseudoreform. Wenn künftig in den 45 Schulaufsichtsbezirken reisende Schul-TÜVPrüfgruppen, bestehend aus einem Schulrat, einem so genannten Schulentwicklungsberater und einem Schulleiter, tätig würden, so führte dies kaum zu mehr Qualität der schulischen Arbeit, aber dadurch würde in erheblichem Umfang Personalkapazität gebunden.

Dazu ein kurzes Rechenmodell: Wenn sich die drei Schul-TÜV-Prüfer mit jeder Schule des Landes drei Tage lang beschäftigen - das ist für Vorbereitung, Schulbesuch und Auswertung nicht zu wenig angesetzt -, so bindet dies bei rund 1.100 Schulen in unserem Lande bei einem jährlichen TÜV-Check die volle Arbeitskapazität von immerhin 40 Stellen des höheren Dienstes, A 13 bis A 16. Würde man einen zweijährigen Schul-TÜV-Check vorsehen, so würde damit immer noch die Arbeitskraft von 20 Stelleninhabern des höheren Dienstes in Anspruch genommen. Ich denke, dass eine solche, in einem modernen Gewand daher kommende Wiederauferstehung des preußischen Oberschulrats auf Inspektionsreise in die Provinz nicht nur knappe Personalressourcen verschlingen würde, sondern dass sie auch kaum zu einer besseren Qualität der schulischen Arbeit beitragen kann. Wir Liberale halten es für sinnvoller, die Qualität der schulischen Arbeit mit anderen Mitteln zu überprüfen.

Ein gutes Instrumentarium sind aus unserer Sicht Vergleichsarbeiten, wie sie in anderen Bundesländern zum Teil schon üblich sind und zunehmend eingeführt

werden, die zu bestimmten Zeitpunkten an allen Schulen geschrieben werden, mit dem Ziel, den Kenntnisstand und die Fähigkeiten der Schüler in den entsprechenden Jahrgängen nach einheitlichen Standards zu überprüfen.

In Rheinland-Pfalz wird man zum Beispiel demnächst in den vierten Klassen der Grundschulen solche Vergleichsarbeiten in Rechnen und Deutsch schreiben. In anderen Jahrgangsstufen, etwa in der siebten Jahrgangsstufe, sind derartige Vergleichsarbeiten dort vorgesehen.

Man könnte daraus eine Grundlage für echte Leistungsvergleiche gewinnen, aber natürlich auch eine Entscheidungsgrundlage für allfällig notwendige Förderkonzepte, wenn man feststellt, dass es an bestimmten Schulen aus unter Umständen durchaus nachvollziehbaren Gründen Probleme mit dem Leistungsstand der Schüler gibt.

Auch Nordrhein-Westfalen geht diesen Weg. In der „Süddeutschen Zeitung“ vom 19. März ist berichtet worden, dass vom Schuljahr 2003/04 an entsprechende Tests zunächst in den neunten Klassen in den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik erfolgen sollen; zu einem späteren Zeitpunkt will man dort derartige Vergleichsarbeiten in den Grundschulen einführen.

In Schleswig-Holstein wird das Instrumentarium zurzeit sozusagen von der Basis her entwickelt, etwa auf Kreisebene, und zum Beispiel im Kreis Steinburg an den Hauptschulen eingesetzt. Nachdem man festgestellt hatte, dass dort im Bereich der Berufsausbildung, also nach Beendigung der Schule zunehmend über den Leistungsstand der Schüler Klagen geführt werden, hat man sich im Kreis Steinburg darauf verständigt, dass in den neunten Klassen Vergleichsarbeiten geschrieben werden. Das tut man dort seit zwei Jahren. Die Schulleiter berichten, dass generell die Tendenz festgestellt wird: Die Schulen werden eher als in der Vergangenheit auf einen einheitlichen Leistungsstand hin orientiert durch den einheitlichen Maßstab, der da gewährleistet ist.

Unser Antrag zielt darauf ab, dass wir in SchleswigHolstein einen landesweiten Pool für solche Vergleichsarbeiten, aber auch für Abschlussarbeiten, für schriftliche Abschlussprüfungen haben, aus dem sich die Schulen für die Aufgabenstellung bedienen können. Wir meinen nicht, dass man so weit gehen sollte, dass man den Aufgabenkatalog generell bei Abschlussprüfungen als verbindlich vorschreiben sollte, sondern dass es weiterhin flexibel möglich sein sollte, an den einzelnen Schulen bei Abschlussprüfungen schriftliche Aufgaben auf der Basis des Unterrichts etwa in der gymnasialen Oberstufe von der Schwerpunktsetzung der einzelnen Abiturkurse her zu definie

(Dr. Ekkehard Klug)

ren. Wichtig ist nur, dass vom Anforderungsprofil her ein vergleichbarer Schwierigkeitsgrad gewählt wird.

Meine Damen und Herren, ein anderer Punkt: Das Personalentwicklungskonzept. Dieses Regelkonzept, das ja vor allem der Gewinnung künftiger Schulleiter dienen soll, wirkt - das ist unser Eindruck - tatsächlich durch den damit verbundenen Aufwand tendenziell eher kontraproduktiv. Wenn jeder Schulleiter künftig alle zwei Jahre mit jeder Lehrkraft Personalentwicklungsgespräche führen soll, so bedeutet das mit Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung bei einem 40-köpfigen Lehrerkollegium bereits eine zusätzliche jährliche Arbeitsbelastung für die Schulleitungen im Umfang von 40 bis 60 Stunden, wenn man zwei bis drei Stunden Zeitaufwand pro Personalentwicklungsgespräch ansetzt. Wir meinen, die Aufgabe Personalentwicklung sollte besser den Schulen in Eigenverantwortung übertragen werden.

Wenn ich eine kleine Arabeske hinzufügen darf: In der letzten Ausgabe „Schule aktuell“, der Informationszeitung des Kultusministeriums, gibt es einen Artikel „Personalentwicklungsseminare und Coaching im Schulbereich“, in dem es um eine Personalanalyse geht, die in den Personalentwicklungsseminaren durchgeführt werden soll. Darin heißt es:

„Die Potenzialanalyse durch Personalentwicklungsseminare stellt hierbei eine wegweisende Stufe in einem systematischen Personalentwicklungskonzept dar. Empfohlen wird nach der Potenzialanalyse ein auf das individuelle Profil abgestimmter Entwicklungsplan. Am Ende kann die Übernahme von Führungsaufgaben stehen, ein automatischer Anspruch auf Übernahme eines Leitungsamtes lässt sich aus der erfolgten Potenzialanalyse und einer möglichen Qualifizierung aber natürlich nicht ableiten.“

Und so geht das hier endlos weiter.

Ich finde, dass wir für so etwas Geld ausgeben, wo wir dringend Kapazitäten für Unterricht brauchen, ist schlicht und ergreifend ein Unding.

(Beifall bei FDP und CDU)

Hier wird viel Müll produziert. Das könnte man vernünftiger regeln.

Ein anderes Beispiel ist der Entwurf einer neuen Landesverordnung für sonderpädagogische Förderung und in dem Zusammenhang auch der neue Lehrplan Sonderpädagogik. Da ist von individuellen Förderplänen die Rede, von halbjährlichen Förderplankonferenzen, alles verbunden - das geht inzwischen auch aus

allen Stellungnahmen der Lehrerverbände hervor - mit einem unglaublich hohen Personalaufwand.

So wichtig das Ziel einer individuellen Förderung von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf ist, muss man sich, was das Instrumentarium und den damit verbundenen Zeitaufwand anbetrifft, wirklich noch einmal Gedanken darüber machen, ob man das angestrebte Ziel nicht mit einem deutlich reduzierten Aufwand in den Schulen erreichen kann, Frau ErdsiekRave, zum Beispiel dadurch, dass man statt halbjährlicher Förderplankonferenzen das in einem jährlichen Abstand macht, möglicherweise den Teilnehmerkreis begrenzt oder zeitliche Vorgaben gemacht und gegebenenfalls Entlastung gewährt. Das Ministerium denkt sich viele „gute“ Dinge aus, lädt sie auf den Schulen ab und sagt dann: Macht das alles mit euren Kräften und seht zu, wie ihr damit irgendwie zurechtkommt! So geht es nicht weiter.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Stichwort „Hilfestellung für die Schulen“! Was wir brauchen, ist eine landesweite, einheitliche Schulverwaltungssoftware, die zum Beispiel auch die gesamte geforderte Jahresstatistik abdeckt, alles, was an Daten vom Ministerium, von den Schulämtern und vom Statistischen Landesamt abgefordert wird. In NordrheinWestfalen gibt es das seit fünf Jahren. In SchleswigHolstein gibt es keine einheitliche Schulverwaltungssoftware. Es gibt keine, die alles, was an Datenübertragung gefordert wird, abdeckt.

Der Erhebungsbogen des Statistischen Landesamtes für die gymnasialen Oberstufen der Gymnasien und Gesamtschulen umfasst zehn Seiten, eng Kästchen an Kästchen, das muss alles handschriftlich ausgefüllt werden, Hunderte von Zahlen - ein Riesenaufwand!