Protokoll der Sitzung vom 15.05.2002

Wir wissen, dass der Mittelstand schon jetzt große Probleme mit der Kreditversorgung hat. Darüber werden wir später noch diskutieren.

Ich kann Folgendes hinzufügen. Der Verband der Steuerberater in Schleswig-Holstein hat vor dem Hintergrund die Einführung von Basel II gefordert, dass der öffentliche Bereich entgegen allen Privatisierungsbestrebungen gestärkt werden müsste,

(Beifall bei SSW und SPD)

um die Kreditversorgung des Mittelstandes zu sichern. Wir sehen: Das Gegenteil wird der Fall sein.

Die Entwicklung seit Juli 2001 zeigt, dass sich große Veränderungen im Landesbanken- und Sparkassenbereich andeuten. Viele Sparkassen fusionieren bereits. Alle Landesbanken überlegen, mit welchen Modellen sie nach 2005 ihr wirtschaftliches Überleben sichern können. Diese Überlegungen will ich gar nicht kritisieren; denn die Landesbanken haben sich auf die veränderten Rahmenbedingungen einzustellen. Bisher haben ihnen die öffentlichen Haftungszusagen Spitzenbewertungen bei der Feststellung ihrer Kreditwürdigkeit durch Ratingagenturen gesichert und damit günstige Refinanzierugsmöglichkeiten auf dem Kapitalmarkt.

Ab 2005 werden die Landesbanken wie ganz normale Privatbanken beurteilt werden. Um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen die Landesbanken künftig also höhere Gewinne erwirtschaften. Somit lohnt sich ein Teil der bisherigen Geschäfte der Landesbanken nicht mehr. Man kann an drei Fingern abzählen, welche Geschäfte das sein werden.

Es herrscht in allen Bundesländern hektische Aktivität wegen der notwendigen Neustrukturierung der Landesbanken. Dabei entwickelt fast jedes Bundesland sein eigenes Modell. Auch in Schleswig-Holstein sind die Überlegungen zur Neustrukturierung schon weit vorangekommen. Wir haben es heute bereits gehört.

Dabei stimmt der SSW mit der Landesregierung darin überein, dass es darum geht, das Beste aus den schwierigen Rahmenbedingungen für die öffentlichrechtlichen Kreditinstitute und für das Land herauszuholen.

(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und vereinzelt bei der SPD)

Die Landesregierung befürwortet eine Fusion der LB Kiel mit der Hamburgischen Landesbank. Um die Voraussetzung für solch eine Fusion zu schaffen, will die Landesregierung zum einen die Investitionsbank mit den vielen Landesförderprogrammen aus der Landesbank heraustrennen und zum anderen wird eine Veränderung der Anteilseignerstruktur bei der Landesbank erwogen. Es gilt also - auch das ist schon mehrfach gesagt worden -, die Landesbank für die Wettbewerbssituation nach 2005 fit zu machen.

Der heute vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung schafft die Voraussetzungen dafür, dass die Gewährträgerhaftung und die Anstaltslast zum verbindlichen Termin am 18. Juli 2005 abgeschafft werden können. Gleichzeitig will die Landesregierung Regelungen einführen, die es ermöglichen, künftig Stammkapitalanteile auch an juristische Personen des Privatrechts zu übertragen.

(Glocke des Präsidenten)

(Anke Spoorendonk)

Dies alles geschieht deswegen, um Dritten die Möglichkeit zu geben, bis zu 5 % der Anteile des Stammkapitals der Landesbank zu erwerben. Dazu werden die Aufgaben der Sparkassen neu formuliert. Eventuell weiter gehende Änderungen, die sich aufgrund der veränderten Haftungsbedingungen für die Sparkassen und die Landesbank ergeben - einschließlich der Heraustrennung der I-Bank aus der Landesbank - sind für eine spätere Änderung des Sparkassengesetzes vorgesehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, deshalb finde ich es richtig zu sagen, wir brauchen heute nicht über alles zu diskutieren. Wir haben einen Gesetzentwurf vorliegen und um ihn geht es in dieser Landtagsdebatte.

Ich möchte auch noch einmal in aller Freundlichkeit darauf hinweisen, dass sich der Finanzausschuss schon lange mit dieser Problematik auseinander setzt. Der Finanzausschuss tut das auch viel sachlicher, als dies hier durch einige Redner heute geschehen ist.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zwei Punkte sind uns in Bezug auf den vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung wichtig. Zum einen sehen wir sehr wohl die Problematik, die sich daraus ergeben könnte, dass der Finanzminister bereits im nächsten Haushaltsjahr die Einnahmen aus einem Verkauf von 5 % der Anteile an der Landesbank mit einplanen möchte. Der strategische Ansatz dieser Entscheidung darf aber nicht dazu führen, dass das Land seine Position bei einer künftigen Fusion schwächt oder sogar durch einen zu frühen Verkauf langfristig höhere Einnahmenmöglichkeiten verliert.

(Beifall beim SSW und vereinzelt bei der SPD)

Wir sehen natürlich auch die Schwierigkeiten des Finanzminister, 2003 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Dennoch muss eben dieser Punkt in der weiteren Ausschussberatung eine zentrale Rolle spielen.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Zum anderen sollten wir ernsthaft überlegen, einen Vorschlag des Schleswig-Holsteinischen Gemeindetages - die Kollegin Schmitz-Hübsch hat das auch schon angesprochen; sie tat es mit einem anderen Zitat als dem, das ich gleich bringen werde - in das neue Sparkassengesetz aufzunehmen. Der Schleswig-Holsteinische Gemeindetag regt in Sorge um die künftige ortsnahe Versorgung der Bevölkerung mit Geld und Krediten an, analog zu einem Paragraphen im Postgesetz konkrete Übergangsbestimmungen in § 2 des

neuen Sparkassengesetzes für den Infrastrukturauftrag der Sparkassen einzuführen.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW] - Zuruf des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU] - Glocke des Präsidenten)

Frau Abgeordnete Spoorendonk, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident.

Ich zitiere diesen Vorschlag, um hier festzuhalten, was der Schleswig-Holsteinische Gemeindetag anregt. Ich zitiere:

„... zur ausreichenden Versorgung aller Bevölkerungskreise und insbesondere des Mittelstandes bis zum 31. Dezember 2007 flächendeckend Filialen unterhalten werden, die für eine Versorgung von jeweils 10.000 Einwohnern in der Umgebung notwendig sind.“

Ich weiß nicht, ob die Umsetzung dieses Vorschlages juristisch möglich ist, aber wir sollten diesen Vorschlag ohne Scheuklappen prüfen.

(Beifall der Abgeordneten Lars Harms [SSW] und Günter Neugebauer [SPD])

Was nach der Privatisierung der Post in das Postgesetz aufgenommen werden konnte, müsste auch bei der Umwandlung der Sparkassen möglich sein.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie vereinzelt bei der SPD)

Ich erteile Herrn Finanzminister Möller das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst das Positive: Vom Grundansatz ist die Novellierung des Sparkassengesetzes unumstritten. Ich denke, zumindest auch drei der vier Eckwerte der Regierung sind unumstritten: die Fusion - natürlich unter Schleswig-Holstein-verträglichen Bedingungen -, die Separation der I-Bank und der Weg in die Aktiengesellschaft.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was die 5 % angeht, so hat deren Verkauf zugegebenermaßen Haushaltsgründe. Aber, Herr Kubicki, damit geben wir nicht etwa Sperrminoritäten auf; denn das greift ja erst in der Fusion. Nach der Fusion haben

(Minister Claus Möller)

wir mit oder ohne 5 % keine Sperrminorität; wir haben sie nur mit unseren Sparkassen. Mit unseren Sparkassen verstehen wir uns gemeinsam als schleswig-holsteinische Sperrminorität.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie behaupten - wie ich meine, wider besseres Wissen -, die Landesregierung habe vorgeschlagen, das Liegenschaftsmodell zurückzunehmen und etwa die Liegenschaften zurückzukaufen.

Meine Damen und Herren, wir werden im Ausschuss darüber diskutieren, aber ich sage hier schon Folgendes: Selbstverständlich muss unser Gutachter alle Möglichkeiten untersuchen. Aber dass wir gesagt hätten, dass wir die Liegenschaften zurückkaufen wollten, das behaupten Sie wider besseres Wissen.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, kommen Sie bitte zum Schluss.

Es ist absurd; denn das Liegenschaftsmodell wird so oder so erhalten bleiben können. Über bestimmte Rahmenbedingungen, wo es angesiedelt ist, müssen wir reden.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP] - Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, kommen Sie bitte zum Schluss; sonst eröffnen Sie eine neue „Runde“.

Wir haben Absprachen und das Gutachten wird Ende des Monats vorliegen. In dem Gutachten werden alle Aspekte ausführlich ausgelotet. Vor diesem Hintergrund sollten Sie nicht immer den Eindruck erwecken das taten Sie auch in dem anderen Punkt -, dass die Aktiengesellschaft dazu führt, dass eine Wertsteigerung bei der Landesbank eintritt. Die Wertsteigerung bei der Landesbank, die jetzt zu konstatieren ist, ist Ergebnis der erfolgreichen Politik des Vorstandes der Landesbank und war auch durch die Haftungsvergütung möglich, die wir eingebracht haben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt der SPD)

Ob sie angemessen ist, wird sich zeigen. Ich gehe davon aus, dass in der ersten Instanz am 4. Juni erstmalig entschieden werden wird.

Herr Kubicki, ich fordere Sie auf, hier nicht ohne jeglichen Beweis oder ohne eine fundierte Zahl in der Ihnen eigenen Nebelwerferei und Effekthascherei zu behaupten, wir hätten Milliardenbeträge „verbrannt“. Das ist absurd. Ich fordere Sie auf, das zurückzunehmen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zuruf des Abgeordneten Wolf- gang Kubicki [FDP])