Meine Sorge ist, dass es, wenn die Grundschulgutachten für verbindlich erklärt werden, wie die CDU es will, zu einem Ansturm auf Gesamtschulen kommt, dem wir im Augenblick natürlich überhaupt nicht Rechnung tragen können.
Wir haben nämlich eine bemerkenswerte Verteilung von Gesamtschulen. Es gibt sie am Kieler Rand, in Eckernförde, Segeberg, Norderstedt, Trappenkamp, Neumünster-Rand, Plön, Ostholstein, Lübecker Rand, Pinneberg, Wedel, Elmshorn, Ratzeburg und selbstverständlich auch in Lübeck.
Es gibt sie nicht in Nordfriesland, Dithmarschen, Steinburg und Flensburg. Flensburg als Stadt hat wieder eine, der Kreis aber nicht.
Das ist, glaube ich, nicht ganz zufällig, wenn wir uns die Mehrheitsverhältnisse in den Kreistagen ansehen.
Wenn wir davon ausgehen, dass alle Eltern, die in diesen Kreisen wohnen, auch eine Wahl treffen möchten - aber keine Gesamtschule haben, wo sie dies tun könnten -, dann brauchten wir mindestens doppelt so viele Gesamtschulen. Wir können im Augenblick etwa 8 % der Kinder einen Gesamtschulplatz anbieten, brauchten aber für 15 % der Kinder einen Platz, um dem tatsächlichen Bedarf Rechnung zu tragen,
Gerade die Kooperation in der Oberstufe mit vielen Gymnasien - bei immerhin 19 ist das der Fall - zeigt, dass die Gesamtschule offensichtlich - das bestätigt ja die Ministerin auch in ihrem Beitrag - im Leistungsspektrum mit den Gymnasien nicht nur mithalten kann, sondern man wirklich von einem gleichen Niveau sprechen kann. Das betrifft sowohl die Leistungs- als auch die Grundkurse.
Was folgt nun für uns daraus? Für uns folgt daraus: Die Gesamtschule ist für viele Kinder ein attraktives Schulangebot. Deshalb muss geprüft werden, ob und wie sichergestellt wird, dass dieses Angebot auch allen Kindern in allen Landesteilen zur Verfügung steht.
Die Gesamtschulen liefern eine Menge Erfahrungen bei der Weiterentwicklung des Schulsystems. Im Bericht steht ja auch viel über die Beteiligung an Modellversuchen. Da sind die Gesamtschulen Pionier gewesen. Auch das sollte noch mehr als bisher genutzt werden.
Die Grundschulgutachten werfen Probleme auf. Sie verstärken die soziale Auslese. Hier müssen wir, gerade auch, wenn wir über die Orientierungsstufe und die Kooperation zwischen Grundschule und weiterführenden Schulen sowie über die Kooperation der Schulen untereinander nachdenken, zu neuen Lösungen kommen. Wir hatten uns anlässlich der Hauptschuldebatte auch schon bezüglich erster Schritte verständigt.
Wir müssen auch noch einmal darüber nachdenken, was das Sitzenbleiben eigentlich bringen soll. Das Gesamtschulwesen kennt das Sitzenbleiben als genuines Element nicht.
Wenn wir das Geld, das wir durch das Ersparen des Sitzenbleibens gewönnen, in Lehrerstunden, in Förderstunden umsetzten, damit die Kinder nicht sitzen bleiben, hätten wir für alle Schulen viel gewonnen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Bericht wird erstmals - wenigstens meines Wissens - zusammenhängend dargestellt, was die Gesamtschule in Schleswig-Holstein als Schulart leistet.
Dafür gilt es der antragstellenden Fraktion zu danken, was ich hiermit tue. Dank auch dem Bildungsministerium für den lesenswerten Bericht.
Wir begrüßen, dass dabei mit einigen Vorurteilen aufgeräumt wird; denn eine Konklusion dieses Berichtes könnte lauten, dass die Gesamtschule nicht besser gestellt ist als andere Schularten. Im Gegenteil. Bedenkt man, was geleistet wird, ist bemerkenswert, wie viel mit den eher begrenzten Ressourcen in gesellschaftlicher Hinsicht erreicht wird.
Was auffällt, ist die Tatsache, dass die Gesamtschule kein flächendeckendes Angebot dargestellt. Das ist schon gesagt worden. Es gibt sie - das wissen wir jetzt auch - in den kreisfreien Städten und in erster Linie im südlichen Teil des Landes. Dennoch belegen Zahlen die Attraktivität der Gesamtschule. Auch, wenn es lokale Unterschiede gibt, steht fest, dass die Zahl der Anmeldungen in der Regel weit über den Aufnahmemöglichkeiten liegt.
In einer ausführlichen Pressemitteilung - als der Bericht vorlag - haben die Bündnisgrünen hervorgehoben, dass die Gesamtschule eine Aufsteigerschule ist und zu mehr Chancengleichheit führt. Diese Einschätzung teilt der SSW. Der Bericht belegt, dass die Gesamtschulen mittlerweile für den Übergang von Realschülerinnen und Realschülern auf das Gymnasium eine besondere Rolle spielen. Die Erklärung hierfür wird mitgeliefert. Aufgrund ihrer Stundentafel bieten die meisten Gesamtschulen Kurse in einer neu beginnenden zweiten Fremdsprachen ab Klasse 11 an. Solche Kurse - so heißt es weiter - werden an den Gymnasien in der Regel aus strukturellen Gründen nicht eingerichtet. Diesen Punkt könnte man sehr wohl hinterfragen. Er zeigt, dass es durchaus möglich ist, den Unterricht der gymnasialen Oberstufe so zu
Weiter stellt der Bericht fest, dass die Abschlüsse der Gesamtschulen im Durchschnitt nicht anders aussehen als bei den Gymnasien. Auch hier gab es ein Vorurteil, das endlich aus der Welt geschafft werden kann!
Der Bericht belegt eindrucksvoll, dass die Gesamtschulen vieles von dem, was jetzt in Zusammenhang mit der PISA-Studie im Gespräch ist, schon jahrelang vorgelebt haben. So sind 17 der 23 Gesamtschulen in Schleswig-Holstein Ganztagsschulen mit Mittagsverpflegung. Die schleswig-holsteinischen Gesamtschulen beteiligen sich sehr aktiv an pädagogischen Schulversuchen und anderen Modellvorhaben. Aus der Sicht des SSW ist es an der Zeit, dies alles einmal lobend zu erwähnen.
Ich hoffe, dass der Schock über die PISA-Studie und der nun von allen Seiten erkannte Handlungsbedarf auch dazu beitragen, die Verteufelung der Gesamtschulen zu beenden, die in gewissen konservativen Kreisen seit Jahrzehnten gepflegt wird. Es würde der wichtigen schulpolitischen Debatte für die Zukunft jedenfalls gut zu Gesicht stehen, wenn man sich der Vorzüge dieser Schulart wieder stärker annimmt und einiges davon auf andere Schularten übertrüge.
Das Fazit des SSW ist jedenfalls klar: Die Gesamtschulen in Schleswig-Holstein leisten eine gute Arbeit zum Wohl der Schülerinnen und Schüler hier im Land.
Ich könnte natürlich noch viel mehr über die Gesamtschule sagen. Sie kennen die Einstellung des SSW dazu. Sie wissen, dass ich mich immer herrlich darüber aufregen kann, wenn wir eine verbohrte Schuldiskussion führen,
Ich stimme mit dem Kollegen Klug überein, dass wir keine weiteren Grabenkämpfe benötigen. Darum muss eine Pointe deutlich gemacht werden: Die Vorzüge der Gesamtschule oder - wie wir sagen - die Vorzüge der ungeteilten Schule bestehen ausschließlich darin, dass die Kinder gemeinsam unterrichtet werden, sodass man schneller und flexibler auf Probleme reagieren
kann, sodass man Förderunterricht und Unterricht für hoch Begabte schneller hinkriegen kann. Man braucht sich nicht immer mit der Schulart auseinander zu setzen, man kann sich auf Sachprobleme, auf PISAProbleme und auf die Kinder konzentrieren. Das ist der Vorteil der ungeteilten Schule - nicht mehr und nicht weniger.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit schließe ich die Beratung. Ich schlage vor, den Bericht zur abschließenden Beratung in den Fachausschuss zu überweisen. Wer so verfahren will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dann haben wir einstimmig so beschlossen.
Wir werden um 15 Uhr mit dem Tagesordnungspunkt 20, Qualitätssicherung an den Schulen, und anschließend Punkt 37, Extremismus, fortfahren.