Der Kollege Kubicki hat versucht, die Kosten der Hochwasserkatastrophe in Relation zum Bruttosozialprodukt zu stellen.
- Die Vermögensschäden! - Lieber Kollege Kubicki, wenn Sie ehrlich sind, dann müssen Sie die volkswirtschaftlichen Kosten des Umweltversagens unserer Gesellschaft in Relation zum Bruttosozialprodukt stellen. Sie wissen, dass die Reparaturkosten ungefähr 10 % des Bruttosozialprodukts ausmachen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein Satz zum Abschluss. In unserer Verantwortung liegt es, heute dafür zu sorgen, dass die 9 Milliarden Menschen, die es in 50 Jahren auf dieser Welt geben wird, eine umweltverträgliche und vor allem eine friedliche Zukunft haben. Die Ressourcenknappheit, die wir verursacht haben, wird die Kriege der Zukunft bestimmen. Deshalb geht es auch im Zusammenhang mit der Umweltpolitik um Frieden.
Wir werden dem nur gerecht werden können, wenn wir die Lebenschancen der Menschen auf dieser Erde gerechter verteilen als bisher. Das gilt für die Menschen in Dresden genauso wie für die Menschen in Bagdad. Das gilt für die Menschen in New York genauso wie für die Menschen in Mogadischu. Das ist unsere Verantwortung.
Auf der Tribüne begrüße ich die nächsten Besuchergruppen, nämlich Bürger der Dorfgemeinschaft Steinberg mit Bürgermeister Gerhard Geißler sowie Teilnehmer der Berufsvorbereitung Eckernförde.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jeder von uns hat in diesem Sommer Regengüsse von außergewöhnlicher Stärke miterlebt. Betroffen in Schleswig-Holstein - das wissen wir - waren insbesondere die Gebiete Ostholstein und Dithmarschen. Wer aber die Medien und Unwettervorhersagen verfolgt hat, konnte erfahren, dass das, was wir in Schleswig-Holstein an Niederschlägen abbekommen haben, nur ein kleiner Teil der Regenmenge war, die
an anderen Stellen in Europa heruntergekommen ist. Sintflutartige Regenmassen mit bis zu 300 l Wasser und mehr pro Quadratmeter haben sich in kurzer Zeit in Teilen Mitteleuropas ausgeschüttet und sammelten sich in den großen Flüssen. So kam es zum Jahrhunderthochwasser in der Moldau, der Donau, der Mulde und der Elbe. In Städten und weiten Teilen Brandenburgs, Sachsen-Anhalts, Sachsens, Bayerns, Österreichs und Tschechiens hieß es „Land unter“. Die Bilder dieser Hochwasserkatastrophe werden wir alle wohl so schnell nicht vergessen. Dass sie jetzt zu neuen Diskussionen über Klimaveränderungen und Erderwärmung führen, ist nur folgerichtig.
Die Durchschnittstemperatur der Erde - auch das ist schon gesagt worden - ist in den letzten 100 Jahren um ein Grad angestiegen. „Es passt ins Bild“, sagt dazu Hartmut Grasse, Direktor am Max-PlanckInstitut für Meteorologie in Hamburg. Die Wetterextreme entsprechen den Prognosen, die von Klimacomputern erstellt werden. „Das Unheil hat sich in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach angedeutet“, sagt er. „Weil es öfter und heftiger regnete, gab es mehr Erdrutsche und mehr Hochwasser. Das Wasser kommt indes nicht nur am falschen Ort, sondern auch zur falschen Zeit vom Himmel. Es scheint paradox, aber es hat zugleich ein Jahrhundert der Fluten begonnen und der Dürre.“ Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist global gesehen die andere, die schreckliche Seite dieser Medaille.
Die Frage ist nun, wie sehr der Mensch das globale Klima beeinflusst, ob er die Verantwortung für die Klimaveränderung mit seinen globalen Folgen trägt oder ob wir uns im Verlauf einer neuen Warmzeit befinden. Diese Frage wird die Klimaforschung weltweit noch lange beschäftigen. Aber gleichgültig, wer oder was an der globalen Klimaerwärmung Schuld hat, wissen wir, dass der Mensch durch seinen CO2-Ausstoss auf keinen Fall zu einer Besserung der Situation beiträgt. Das genaue Gegenteil ist der Fall. So herrscht breites Einvernehmen in der Wissenschaft darüber, dass langfristig die Emission von Treibhausgasen gesenkt werden muss, wie es auch das KiotoProtokoll vorsieht. Umweltschützer und Klimaforscher sind sich indes darin einig, dass eine Verminderung der Treibhausgase frühestens in 30 bis 50 Jahren Wirkung zeigen wird.
Um aber eine befürchtete Erwärmung des Weltklimas zu verhindern, werden wesentlich drastischere Schritte zur Senkung dieser Emission notwendig. Hier tragen die Industriestaaten die größte Verantwortung. Anfang diesen Monats wurde ein besonderes Augenmerk auf das Weltgipfeltreffen für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg gelegt. Man muss sagen,
dass die Bilder von der Hochwasserkatastrophe und das Gipfeltreffen in Johannesburg gut zusammenpassten. Das Ergebnis dieses Gipfels war, zehn Jahre nach Rio, eher ernüchternd. Ich weiß, auch da kann man fragen: Ist das Glas halb voll oder halb leer?
Natürlich kann man sich darüber freuen, dass Kanada, China, Russland und Indien zugesagt haben, nun auch das Kioto-Protokoll zum Klimaschutz zu unterzeichnen. Das ist auf jeden Fall ein Erfolg. Doch die ablehnende Haltung der USA und der Ölförderstaaten, sich auf den Ausbau erneuerbarer Energien zu einigen, ist beschämend. Vielleicht hört sich das überheblich an, aber ich denke, da ist es wenig mehr als ein Trostpflaster, dass die EU erfreulicherweise mit den lateinamerikanischen Ländern in einer Initiative für erneuerbare Energien genaue Ziele, Zeitrahmen und Finanzierungswege festlegen will.
Dass die Einhaltung der verbindlichen Zielbestimmungen des Kioto-Protokolls nicht einfach ist, erleben wir auch immer wieder. Deutschland ist hier aber auf dem richtigen Weg. Der Ausstieg aus der Atomenergie, die Förderung regenerativer Energien, die energetische Sanierung von Altbauten und die Ökosteuer als Steuerungsinstrument dienen ausschließlich einer fortschrittlichen Klimaschutzpolitik, die auch der SSW will.
Inwieweit der Mensch Schuld an der globalen Klimaerwärmung hat, steht immer noch in der Diskussion. Unbestritten ist jedoch, dass wir Menschen viele Unwetterkatastrophen selbst zu verantworten haben. Was wir bisher an Überflutungen vom Rhein in Köln oder von der Donau in Passau kannten, hat in diesem Sommer in Bayern und einigen der neuen Bundesländer einen neuen Höhepunkt erreicht. Viele dieser Probleme sind das Ergebnis einer falschen Flächennutzungs- und Siedlungspolitik. Der Kollege Steenblock sprach dies bereits eindrucksvoll an. Ich will es noch einmal sagen: In Deutschland werden täglich cirka 130 ha Fläche bebaut. Es entstehen Wohnflächen, Gewerbeflächen und Straßen auch in Bereichen, in denen Bäche und Flüsse ihre Retentionsräume haben. Mit der Versiegelung der Landschaft nehmen wir der Natur wertvolle Stauräume.
Gleiches hat die Flurbereinigung der Landwirtschaft geleistet. Um quadratische, praktische und trockene Anbauflächen zu bekommen, wurden Konzepte ent
wickelt, wie das Land möglichst schnell trocken und somit bearbeitbar gemacht werden kann, was zur Folge hat, dass Regenwasser nicht vernünftig versickern kann, stattdessen aber schnell fortgeleitet wird.
Für den SSW steht fest: Zwar hätten Überschwemmungsbereiche diese Rekordregenmengen nicht vollends aufnehmen können, aber sie hätten den Druck der Wassermassen erheblich gemindert, wodurch weniger Schäden angerichtet worden wären. Hier muss ein Umdenken stattfinden. Wir benötigen also Konzepte, wie wir unsere begradigten und kanalisierten Bäche und Flüsse aus ihrem Korsett herausholen. Wie dies zu machen ist, zeigt uns die Renaturierung des Skern Å in Nordjütland, das größte Projekt dieser Art in der EU, das der Umweltausschusses vielleicht einmal besuchen sollte.
Das Hochwasser hat uns gezeigt, dass sich Naturkräfte durch Deiche nicht aufhalten lassen. Es hat uns aber auch gezeigt, dass die Solidarität unter den Menschen in Zeiten von Katastrophen und Not größer ist, als manch einer gedacht hat. Das und nur das ist die positive Botschaft der Hochwasserkatastrophe. Daher möchte auch ich mich im Namen des SSW an dieser Stelle bei all den Menschen bedanken, die durch ihren Einsatz deutlich gemacht haben, dass Solidarität in Deutschland wie Hilfe buchstabiert wird. Wir wissen, dass freiwillige Helferinnen und Helfer nicht nur in Lauenburg zum Schutz des Lauenburger Elbdeichs sowie der Elbufer in Geesthacht bis zur Erschöpfung gearbeitet, sondern auch tatkräftige Hilfe in den neuen Bundesländern geleistet haben. So haben sich auch Menschen aus Schleswig-Holstein auf den Weg gemacht, um in Dresden mit anzupacken. Auch diesen Menschen gilt unser Dank.
Unter das Stichwort „Solidarität“ fällt auch die Finanzierung der Hilfen für die Flutopfer und die Überschwemmungsgebiete. Hier nutzt es wenig und schon gar nicht den Betroffenen, wenn sich die Politik in parteipolitischen Streitereien verzettelt. Denn es werden Milliarden von Euro benötigt, um den Opfern
Mit dem Flutopfersolidaritätsgesetz und der Einrichtung des Aufbauhilfefonds hat die Bundesregierung ein Instrument geschaffen, das schnell und auch unbürokratisch eingesetzt werden kann. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist gut so. Wer daran herummäkelt, will nur das berühmte Haar in der Suppe finden. Wir finden, es ist richtig, dass zur Finanzierung des Flutopfersolidaritätsgesetztes die zweite Stufe der Steuerreform auf das Jahr 2004 verschoben wird. Das sagte ich gestern schon.
Für den SSW ist also die Verschiebung der Steuerreform ein wirksames Mittel, um schnell und gerecht auf diese nationale Katastrophe zu reagieren. Unter dem Aspekt der Solidarität wird es wichtig sein, das Signal zu setzen, dass die Last auf allen Schultern verteilt sein muss. Bei gleichzeitiger befristeter Erhöhung der Körperschaftsteuer um 1,5 % leisten auch die großen Unternehmen ihren Solidarbeitrag. Auch wenn wir uns weitere Änderungen der Körperschaftsteuer wünschen, ist der gefundene Weg zumindest in der jetzigen Situation richtig und vernünftig.
Das von der Union vorgeschlagene Finanzierungsmodell, den Bundesbankgewinn des vergangenen Jahres für die Finanzierung zu verwenden, wollen wir nicht; denn diese Gewinne dienen alleine dazu, den Schuldenberg der deutschen Einheit abzubauen. Sie sind also schon im Haushalt verplant. Würde man also den Gewinn zur Finanzierung der Flutschäden verwenden, stiege gleichzeitig der Schuldenberg. Das ist nach Adam Riese so.
Auch der Finanzierungsvorschlag der FDP - das Einsparen von Haushaltsmitteln, Umschichtungen im Haushalt - ist wenig geeignet, um die Hochwasserschäden abzudecken. Denn dadurch werden unweigerlich Investitionsmittel eingespart, sodass sie der Wirtschaft verloren gehen.
Wer von Einsparungen und Umschichtungen redet und meint, damit der Größenordnung dieses Themas gerecht zu werden, steht nicht nur in der Pflicht zu sagen, wo konkret Geld weggenommen werden soll,
sondern hat auch nicht begriffen, worum es geht. Darum möchte ich noch einmal sagen: Es ist ja ein „Pfiff“, ideologische Aussagen als Tatsachen zu verkleiden. Wenn sich der Kollege Kubicki heute hinstellt und sagt, das könnten wir machen, indem wir nur kurz mit dem Finger schnippen, dann ist das - -