Protokoll der Sitzung vom 12.07.2000

4. Uns interessiert weniger die Organisationsform, in der Wissenschaft an der CAU organisiert wird. Uns interessiert die Frage der tatsächlichen Fächerangebote -

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abgeordneter, eine Zwischenbemerkung. Ich kann die Unruhe nicht in jedem Fall als produktiv erkennen. Um es platter zu sagen: Ich bitte, das Geschwätz nach draußen zu verlagern.

Ich hoffe, dass ich mich trotzdem hier vorn verständlich machen kann. Abgeordnete und Öffentlichkeit haben ein gewisses Interesse daran, was die SPDFraktion zu dieser Frage sagt. Daher dachte ich schon, dass eine gewisse Aufmerksamkeit nicht ganz unangebracht wäre.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug [F.D.P.])

Herr Abgeordneter, wenden Sie sich Ihrer Rede zu!

Ich sagte bereits, dass uns weniger die Organisationsformen von Wissenschaft, sondern mehr die tatsächlichen Fächerangebote und ihre disziplinäre Verknüpfung interessieren. Deshalb können wir uns vor dem Hintergrund dessen, was uns heute bekannt ist, nicht vorstellen, dass der gesamte Bereich der Agrarwissenschaften zur Disposition gestellt wird.

5. Wir haben keinen Anlass, denkbare oder mögliche Pläne der Hochschulleitung zu kommentieren, bevor sie nicht auf dem Tisch liegen. Insofern erwarten wir natürlich, dass auch das Rektorat der CAU - wie auch andere Hochschulleitungen - ein Gesamtkonzept zur Weiterentwicklung - auch zum Aus- oder Abbau einzelner Studienfächer - vorlegt, das dann entsprechend bewertet werden kann.

(Jürgen Weber)

Daraus schließe ich, dass jeder Vorschlag, der auch in den Hochschulen gemacht wird und umgesetzt werden soll, für uns nur dann akzeptabel sein kann, wenn die vorhin von mir formulierten Kriterien und Messlatten angelegt werden. Daraus möge jeder ersehen, dass die Leistungselemente überprüfbar sein müssen und es auch sind. Jede Einrichtung, jeder Lehrstuhl und jede Fakultät kann sich positionieren. Wer die entsprechenden Leistungen vorgelegt hat und vorlegt, muss sich was unsere Unterstützung angeht - keine Sorgen machen.

Zum Schluss möchte ich auf die Antragslage verweisen. Aus dem Ausgeführten wurde klar, dass wir dem F.D.P.-Antrag, den Herr Dr. Klug begründet hat, in seinem ersten Teil nicht folgen können. Dem zweiten Teil - was die Fragen an die Regierung angeht - können wir allerdings zustimmen. Was den Dringlichkeitsantrag der F.D.P.-Fraktion angeht, den Frau Dr. Happach-Kasan begründet hat, so haben wir einen Änderungsantrag vorgelegt, der deutlich auf das Verfahren und die Zuständigkeiten hinweist. Ich denke, alles Weitere habe ich ausgeführt.

Ich freue mich auf die weitere Debatte.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten de Jager das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ausgangpunkt der heutigen Debatte ist der F.D.P.-Antrag, der sich auch mit dem bevorstehenden Stellenabbau an der Christian-Albrechts-Universität und damit dem Abschluss der Zielvereinbarungen beschäftigt. Kollege Weber, es ist in der Tat ungewöhnlich, dass sich der Landtag in die inneren Belange einer Universität einmischt, aber in diesem Fall ist das berechtigt, denn der Stellenabbau an der Christian-Albrechts-Universität ist immerhin Bestandteil der Zielvereinbarung, die auch Ihre Unterschrift trägt, Frau Erdsiek-Rave! Daher ist dieser Landtag der richtige Ort, sich mit dem auseinander zu setzen, was an der CAU und der Agrarfakultät geschieht.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

In diesem Zusammenhang ist es im Übrigen auch bemerkenswert, dass das Ministerium den Inhalt und die unterschriebene Fassung der Zielvereinbarung nicht dem Parlament zugeleitet hat.

(Peter Jensen-Nissen [CDU]: So ist das!)

Ich glaube, es wäre wichtig gewesen, das aufzunehmen, was die Opposition vor knapp einem Jahr im Zusammenhang mit der Diskussion über das Hochschulgesetz gesagt hat: Wir müssen nicht nur über die Mittelansätze informiert werden, sondern vor allem über den Inhalt der Zielvereinbarung, um bewerten zu können, was hier im Lande hochschulpolitisch geschieht.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Nun liegt uns gleichwohl der Inhalt dieser Zielvereinbarung vor. Wer die Zielvereinbarung durchliest, wird auch verstehen, warum Sie, Frau Erdsiek-Rave, die Presse von dem Termin zur Unterzeichnung wieder ausgeladen haben. Das war so. Zuerst wurden die Fotografen eingeladen; es sollte so einen schönen Fototermin geben. Dann wurden sie wieder ausgeladen. Das hat natürlich seinen Grund.

Wenn man sich die Zielvereinbarung anguckt, zeigt sich, dass sich im vergangenen Jahr in der Diskussion überhaupt nichts getan hat. Denn ein Jahr lang hat sich die Christian-Albrechts-Universität standhaft geweigert, die Unterschrift zu leisten. Jetzt hat sie es getan, obwohl sich an den Bedingungen eigentlich nichts geändert hat. Die Bedingungen, die die ChristianAlbrechts-Universität noch im September vergangenen Jahres gestellt hat, waren: die Ausfinanzierung einer Deckungslücke im Personalbereich, die volle Übernahme der durch Tarif- und Besoldungserhöhungen bedingten Personalmehrkosten und dass die Laufzeit der Vereinbarung muss mindestens vier Jahre umfassen.

Wenn man sich ansieht, wie die Zielvereinbarung aussieht, wird man feststellen, dass nichts davon eingetreten ist. Es gibt weiterhin ein Defizit von 7,2 Millionen DM allein im Personalhaushalt. Dabei ist der Sanierungsstau im Baubereich noch nicht berücksichtigt. Da ist auch noch nicht das drin, was wir mehr brauchen für Berufungsverhandlungen, für die Ausstattung - auch die technische Ausstattung - von naturwissenschaftlichen Lehrstühlen. Es gibt keine Garantie dafür, dass die Tarifsteigerungen vom Land übernommen werden. Es gibt eine Protokollnotiz, die diese Garantie aber eben nicht ausspricht. Es ist schon allerhand, dass eine Universität, dass ein Rektorat, eine solche Zielvereinbarung unterschreiben und eingehen muss.

Im Umkehrschluss bedeutet das: Wie sehr muss eine Universität mit dem Rücken an der Wand stehen, um sich auf solche Vorgaben einlassen zu müssen! Denn am Ende muss die CAU jetzt die Verantwortung für eine Finanzausstattung übernehmen, die sie selber gar nicht zu verantworten hat. Das ist das Problem der Zielvereinbarungen insgesamt. Sie als Landesregie

(Jost de Jager)

rung schieben die Sparnotwendigkeiten einfach weiter und stellen das Rektorat, die Universitätsleitung, in eine Verantwortung, eine Entscheidungsnotwendigkeit, die dort eigentlich nicht hingehört.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Sie verlagern damit die Verteilungskämpfe in die Universitätsgremien selbst. Das ist falsch. Sie instrumentalisieren die Universität, die Hochschulen, für hochschulpolitische Auseinandersetzungen, die eigentlich hier im Parlament geschehen müssten.

In diesem Zusammenhang darf ich auf den Antrag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingehen, den Änderungsantrag zum Änderungsantrag. Dort heißt es, es gebe ja die Autonomie der Hochschulen.

(Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Die haben Sie noch nie verstanden, Herr de Jager!)

Zu der Autonomie der Hochschulen gehört aber auch, dass in der Zielvereinbarung nicht nur steht, dass ein Rückbau um 220 Stellen zu erfolgen hat, sondern sogar ein Datum. Inwieweit das etwas mit Autonomie zu tun hat, kann man sich auch einmal überlegen.

(Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Es hat auch mit Finanzverwaltung zu tun!)

Es steht aber auch drin, es liege in der Verantwortung der Hochschulen, Strukturentscheidungen über den Ausbau ihrer Schwerpunkte und die Reduzierung oder die Aufgabe von Angeboten zu fällen.

Als Vergleich zu dem, was Sie in Ihrem Antrag schreiben, darf ich Ihnen einmal ein Zitat von einem Herrn Brenner vorlesen, der von allen politischen Seiten gern zitiert wird. Er hat in der „Welt“ geschrieben:

„Qualitätsmanagement beginnt bei der Führung, und das sind die Kultus- und Wissenschaftsminister. Ihnen ist es in den letzten Jahren sehr erfolgreich gelungen, den Eindruck zu verbreiten, dass sie mit den aktuellen Fehlentwicklungen im Bildungswesen nichts zu tun hätten. Wenn aber jetzt unter den Modewörtern Deregulierung, Autonomisierung, Globalhaushalt die Verantwortung einfach nach unten gereicht wird, dann ist das der falsche Weg.“

(Zuruf des Abgeordneten Jürgen Weber [SPD] - Beifall bei CDU und F.D.P.)

Haargenau so ist es, meine Damen und Herren!

Vernünftig wäre gewesen, den Landeshochschulplan gleich zu Beginn der Legislaturperiode fortzuschreiben, um den einzelnen Hochschulen und den einzelnen Hochschulstandorten eine Gewissheit und eine Gewähr zu geben, in welche Richtung sie sich entwickeln sollen.

Was jetzt passiert, ist, dass an jedem Standort, in jeder Hochschule für sich eine Hochschulentwicklung gemacht wird, die meistens, weil sie unter Spardiktaten läuft, dazu führt, dass einzelne Angebote aufgegeben werden. Sie, Frau Erdsiek-Rave werden, wenn Sie in zweieinhalb Jahren Ihren Landeshochschulplan vorlegen werden, gar nicht mehr sehr viel mehr machen können, als die Scherben zu kitten, den Sie mit Ihrer Politik angerichtet haben. Deshalb wäre es richtig, wenn die Hochschulen jetzt eine Entscheidung treffen müssten, einen Landeshochschulplan vorzulegen, um eine hochschulpolitische Richtlinie für die Weiterentwicklung des Wissenschaftsstandortes SchleswigHolstein zu geben. Das machen Sie nicht. Das ist fahrlässig, Frau Erdsiek-Rave!

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Das ist deshalb fahrlässig, weil wir erleben werden, dass es Entwicklungen in den einzelnen Wissenschaftsstandorten geben wird, die in der Tat das Profil schleswig-holsteinischer Wissens- und Forschungseinrichtungen zum Nachteil verändern werden.

Damit bin ich beim Rückbaukonzept und dem Stellenabbau. Es geht, wie eben bereits gesagt wurde, um 220 Stellen, die an der Christian-Albrechts-Universität abgebaut werden sollen. Davon sollen allein 28 bei der kleinsten, die Agrarfakultät, abgebaut werden, wenn man das jetzige Rückbaukonzept des Rektorats zugrunde legt. Das würde bedeuten, dass die kleinste Fakultät den größten Beitrag an Stellenstreichungen leisten müsste. Allein dies würde die Leistungsfähigkeit der Agrar- und Ernährungswissenschaftlichen Fakultät in ihrer jetzigen Form beenden und eigentlich das Aus der Agrarfakultät bedeuten.

(Beifall der Abgeordneten Peter Jensen- Nissen [CDU] und Martin Kayenburg [CDU])

Das sind die Zahlen, die an der Fortführung der Christian-Albrechts-Universität als Volluniversität zweifeln lassen. Das hat mit Profilbildung zunächst einmal nichts zu tun. Profilbildung würde bedeuten, dass ich bei einer vernünftigen Finanzausstattung Schwerpunkte dort setze, wo ich Profile bilden will. Das geschieht im Moment nicht. Was im Moment geschieht, ist, dass überall abgebaut werden wird. Weil

(Jost de Jager)

dieser Abbau überall erfolgen wird, kann von einer Volluniversität keine Rede mehr sein.

Insofern ist es auch keine Beruhigung, dass der Begriff „Landesuniversität“ in den Zielvereinbarungen steht. Im Gegenteil, es ist beunruhigend, dass der Begriff „Volluniversität“ vermieden wird.

Ich möchte hinzufügen: Eine Landesuniversität, die keine oder nur noch eine reduzierte Agrarwissenschaftliche Fakultät hat, ist den Begriff Landesuniversität auch nicht mehr wert.

Lassen Sie mich aus aktuellem Anlass noch Folgendes anfügen.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abgeordneter, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Weber?