im nächsten Frühjahr wieder neu besiedelt werden können, müssen wir unsere Erkenntnisse zum Schutz der Ostsee trotzdem nutzen und müssen schon jetzt handeln. Das, was wir jetzt tun, ist nämlich langfristig angelegt. Daher müssen wir bei all unseren Maßnahmen und vor allem bei der EU-Wasserrahmenrichtlinie langen Atem haben, damit sich am Zustand unserer Gewässer nachhaltig und langfristig etwas verbessert.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratung. Es ist beantragt worden, den Bericht federführend an den Umweltausschuss und mitberatend an den Europaausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen.
- Er soll noch mitberatend an den Agrarausschuss überwiesen werden. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dies ist einstimmig so beschlossen.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Wiegard.
(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei einer Dringlichkeitsdebatte hätte ich schon den Oppositionsführer als ersten Redner erwartet!)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Im Augenblick wird darüber diskutiert, Steuern gravierend anzuheben. Die Mehrwertsteuer ist im Gespräch, eine Erweiterung der Ökosteuer ebenfalls. Bei der Gewerbesteuer soll die Bemessungsgrundlage erweitert werden. Die Tabaksteuer soll erneut angehoben werden, mit der Versicherungsteuer ist das soeben geschehen. Erbschaftsteuer und Vermögensteuer sind in der Diskussion. Es ist gut, wenn man die Lage betrachtet, bevor man an diese Dinge herangeht.
Wie ist die Lage? Martin Kayenburg hat vorhin in seinem Beitrag auf einen Teilaspekt hingewiesen. In dieser Woche haben wir die Arbeitsmarktzahlen für September erfahren. 116.000 Menschen in SchleswigHolstein sind arbeitslos, 6.000 mehr als vor einem Jahr, über 40.000 mehr als zu Beginn der Amtszeit dieser Landesregierung. Das ist ein Zuwachs von 60 %. Das ist ein bemerkenswertes Zeichen. Die „Landeszeitung“ schreibt am 9. Oktober, also gestern: Zum ersten Mal seit fünf Jahren stehen am Ende der Bemühungen um Lehrstellen für alle ausbildungsfähigen und -willigen Jugendlichen mehr Bewerber mit leeren Händen da, als Plätze unbesetzt geblieben sind. Das ist die wirtschaftliche Lage.
Das „Handelsblatt“ bewertet: In Deutschland liegt die Erholung der Konjunktur auf Eis. Dem Land droht ein neuer Abschwung. Die deutsche Wirtschaft steht am Rande einer Rezession. Der zu Jahresbeginn von vielen gesehene Aufschwung bleibt damit rein virtueller Natur.
Das ist die Beschreibung der Lage. In dieser Lage will diese Landesregierung die Steuern erhöhen und sogar neue einführen.
Dabei haben wir bereits die höchsten Steuereinnahmen aller Zeiten in der Geschichte unseres Landes. Das gilt auch real, wenn auch nicht mehr mit den gravierenden Zuwächsen wie in den Jahren der Regierung Kohl in Berlin,
Auch die virtuellen Steuereinnahmen, die der Finanzminister in seine Haushaltsentwürfe hineinschreibt, sind die höchsten aller Zeiten. Aber Steuererhöhungen schaffen keine neuen Arbeitsplätze. Das ist die entscheidende Aussage. Sie haben beides erreicht. Sie haben die Zahl der Arbeitslosen in Ihrer Regierungszeit um 60 % gesteigert und die Steuereinnahmen ebenfalls um 60 %.
Ich will ein paar Fakten nennen. Die Umsatzsteuer haben Sie in dieser Zeit verdreifacht, die Gewerbesteuerumlage - die Gemeinden lassen grüßen - vervierfacht, die Grunderwerbsteuer verdreifacht, die Feuerschutzsteuer verdoppelt, die Kfz-Steuer nahezu verdoppelt. Bei der Lohnsteuer gibt es ein Plus von 50 %. Nur bei der Körperschaftsteuer haben Sie durch
eine stümperhafte Steuerreform wieder das Niveau des Beginns Ihrer Regierungszeit von 1988 erreicht. In den letzten drei Jahren haben Sie einen Nachlass von 400 bis 500 Millionen gegeben. Das haben wir nun auszubaden.
Nun hat die Ministerpräsidentin wieder „erfunden“, dass wir doch die Vermögensteuer neu einführen sollten. Ich erinnere daran, dass sie 1996 aufgrund eines Verfassungsgerichtsurteils abgeschafft worden ist. Das ist für den einen oder anderen ein bisschen kompliziert; das können wir im Ausschuss gern noch einmal nachvollziehen, wenn der Einzelne nicht genau weiß, worum es geht.
Da ist eine Kompensation hergestellt worden, indem die Bemessungsgrundlagen für die Erbschaftsteuer angepasst und deutlich erhöht worden sind.
Frau Simonis sagt in diesen Tagen: Wir haben durch die Abschaffung der Vermögensteuer eine Mindereinnahme von jährlich 110 Millionen €. Das ist die dreiste Unwahrheit, Frau Simonis! Das ist die dreiste Unwahrheit! Das sage ich in dieser dezenten Form nur deshalb, weil alles andere unparlamentarisch wäre.
Im Jahr der Abschaffung der Vermögensteuer, 1996, haben wir Mindereinnahmen bei der Vermögensteuer von 90 Millionen € und im nächsten Jahr bei der Erbschaftsteuer ein Plus von 110 Millionen € gehabt. Das war der Ausgleich dieser Maßnahme. Insofern ist Ihre Aussage schlichtweg falsch.
Da man sich in der Finanzpolitik nicht immer nur Teilsegmente heraussuchen darf, sage ich Ihnen auch noch einmal Folgendes: Wenn Sie einen längeren Zeitraum betrachten und für die ersten neun Jahre Ihrer Regierungszeit bis zur Abschaffung der Vermögensteuer beide Steuern zusammennehmen, dann haben Sie jährlich etwa 130 Millionen € eingenommen und nach Abschaffung der Vermögensteuer jährlich immer noch etwa 115 Millionen €. Also die 110 Millionen Miese stimmen nicht. Wenn man dann noch hinzurechnet, dass die Zinsabschlagsteuer Mitte der 90er-Jahre eingeführt worden ist, aus der wir jährlich zusätzlich 110 Millionen € erzielt haben, dann stimmt Ihre Rechnung überhaupt nicht. Der Saldo ist nicht negativ, der Saldo ist positiv.
Frühere Steuern haben keine neuen Arbeitsplätze geschaffen, wie man objektiv feststellen kann. Ihnen, Frau Simonis, fehlen nicht mehr Steuern, Ihnen fehlt schlicht der Mut, Ihnen fehlt die Kraft, Ihnen fehlen die Phantasie und die Kreativität für Reformen, die nötig sind.
Steuererhöhungen sind jedenfalls nicht das richtige Signal, sie sind das falsche Signal an Unternehmer und an Arbeitnehmer, sie treiben Unternehmen zu den Steuerberatern und Arbeitnehmer in den Tarifkonflikt. Das wird die Folge sein. Neue Arbeitsplätze schaffen Sie jedenfalls nicht. Deshalb: Stellen Sie Ihre intensiven Bemühungen ein, über den Bundesrat in dieser Situation zu Steuererhöhungen zu kommen! Legen Sie endlich ein fundiertes Konzept vor, das uns dazu führt, dass wir zu einer Senkung der Personal- und Sachkosten für die Verwaltung der Politik kommen, zum Abbau der Neuverschuldung, zu mehr Investitionen; denn der Weg zu mehr Steuereinnahmen führt nicht über Steuererhöhungen. Der Weg zu mehr Steuereinnahmen führt über mehr öffentliche Investitionen zu mehr privaten Investitionen,
- ich komme zum Schluss! -, zu mehr Beschäftigung, zu höheren Steuereinnahmen und höheren Abgabenaufkommen. Das ist der Weg, den wir gehen müssen. Sie sind auf dem falschen Weg.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Wiegard, ich muss Ihnen doch zunächst in Erinnerung rufen - das ist Ihnen anscheinend entgangen -, dass Ihre Regierungskoalition 1998 abgewählt worden ist, weil sie in ihrer Regierungszeit seit 1982 16 Steuererhöhungen durchgesetzt hat
und die höchste Steuerbelastung in der Geschichte der deutschen Nation für Arbeitnehmer und Unternehmen hinterlassen hat, meine Damen und Herren!
weil sich die Menschen daran erinnert haben, dass wir die größte Steuerreform in der Geschichte dieser Republik durchgesetzt haben, weil wir uns dafür eingesetzt haben, dass die Handlungsfähigkeit des Staates gesichert bleibt und weil wir auch Vorschläge dazu unterbreitet haben, wie mit einem Höchstmaß an Gerechtigkeit an die Finanzierung dieser Aufgaben herangegangen werden muss.
Herr Kollege Wiegard, notwendige Aufgaben des Landes fordern Sie von uns doch jeden Tag ein, nur Sie verschweigen die Gegenfinanzierung.
Nur, wir müssen doch gegenüber den Wählerinnen und Wählern dieses Landes so ehrlich sein zu sagen, mehr Aufgaben, mehr Verantwortung im Bereich von Bildung oder innerer Sicherheit