Protokoll der Sitzung vom 14.11.2002

(Ministerin Ute Erdsiek-Rave)

Musik in allen Schularten tendenziell steigend. Das ist eine positive Entwicklung.

(Caroline Schwarz [CDU]: Aber nur tenden- ziell!)

- Tendenziell, aber immerhin. Sie ist steigend. Das liegt vielleicht auch daran, dass wir mit dem Stichwort „Mangelfach“ geworben haben. Vielleicht war auch das für den einen oder anderen ein Grund, sich zu bewerben.

Da zugleich mittelfristig und allemal langfristig die Schülerzahlen sinken, können wir davon ausgehen, dass für die weitere Zukunft - wenn auch nicht aktuell - die Kapazität ausreichen wird.

Zweitens. Wir haben in den letzten Jahren über das Interesse von Musiklehrern aus anderen Bundesländern den Bedarf mit decken können. Eine hohe Zahl von Lehrkräften hat sich direkt bei uns beworben. Hinzu kommen Lehrkräfte aus dem Quereinsteigerprogramm und der Welcome-back-Aktion, wenn auch nur in bescheidenem Umfang. In den nächsten Jahren werden wir weiter daran arbeiten und entsprechende Kapazitäten nutzen.

Drittens: Fort- und Weiterbildungsbereich für Neigungsfachlehrkräfte. Das IPTS hat in hoher Zahl weiterqualifiziert und wird dies fortsetzen. Die Universität Flensburg hat Vorschläge zur Einrichtung eines Ergänzungsstudiengangs für das Fach Musik vorgelegt. Dieses Modell wird derzeit beraten. Das wird voraussichtlich im nächsten Sommer angeboten werden.

Nun der weite Bereich, der an der Musikhochschule eingerichtet werden soll, eine berufsbegleitende Weiterbildungsmaßnahme für - jetzt muss ich mich beeilen - Neigungsfachlehrkräfte an Grundschulen. Ich hoffe, dass wir hier zügig ein konkretes Angebot machen können und dass wir die noch anstehenden Probleme zeitnah lösen können.

Es gibt auf unseren Wunsch ein Angebot der Musikhochschule Lübeck für einen Qualifizierungsstudiengang Musikerziehung an allgemein bildenden Schulen und für einen Aufbaustudiengang Schulmusik. Ich schlage vor, dass ich jetzt über den Stand der Arbeitsgespräche nichts weiter sage; darüber berichte ich Ihnen im Bildungsausschuss, wohin dieser Bericht sicherlich überwiesen werden wird.

Schließlich - letzter Punkt, Herr Präsident! - verhandeln wir mit dem Landesverband der Musikschulen über einen Rahmenvertrag für Kooperationsmöglichkeiten zwischen Kreismusikschulen und allgemein bildenden Schulen.

(Anke Spoorendonk [SSW]: Sehr gut!)

Das ist nicht ganz einfach zustande zu bekommen. Wir geben uns aber viel Mühe, insbesondere für den Bereich der Ganztagsangebote und im Rahmen von „Geld statt Stellen“. Da ergeben sich einige Möglichkeiten. Über den Rahmenvertrag verhandeln wir derzeit mit den Musikschulen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich hoffe sehr, dass dieses Maßnahmebündel und die deutliche Unterstützung, die das Thema Musikerziehung in letzter Zeit öffentlich erfahren hat, zu einer dauerhaften Befriedigung unseres Bedarfs im Fach Musik führen wird, und bitte Sie alle, dabei tatkräftig mitzuhelfen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt bei der SPD - Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nächstes Mal wollen wir die Rede gesun- gen! - Ute Erdsiek-Rave [SPD]: Das hätte zu lange gedauert!)

Ich danke der Frau Ministerin für den Bericht. Sie haben die Zeit etwas überzogen. Den Fraktionen steht eine etwas üppigere Redezeit zur Verfügung.

Ich eröffne die Aussprache und erteile der Frau Abgeordneten Schwarz das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich für den Bericht bei der Bildungsministerin und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern recht herzlich bedanken und erst einmal ein Lob für die übersichtliche Gliederung und die verständliche Sprache aussprechen.

(Beifall im ganzen Haus)

Wie wir wissen, ist das nicht immer bei Berichten aus Ihrem Haus der Fall. Es kommt sehr darauf an, wer den Bericht schreibt. Ich erinnere nur an den Bericht zur Weiterentwicklung der Kulturpolitik. Das war echt grausam.

Kritisieren möchte ich dennoch, dass die mathematischen Fähigkeiten derer, die sich mit diesem Bericht beschäftigt haben, sehr beansprucht wurden. Wenn man zum Beispiel herausbekommen will, wie sich die Anzahl der Lehrkräfte für Musik in den nächsten fünf Jahren entwickeln wird, muss man fit sein, zumindest im Addieren und Subtrahieren. Unsere Generation hat das ja noch gelernt. Ich bin also ohne Taschenrechner

(Caroline Schwarz)

darangegangen. Man muss zunächst die Anzahl der voraussichtlichen Studienabsolventinnen und Studienabsolventen mit Falkutas Musik der nächsten fünf Jahre, die nach Schularten getrennt aufgeführt sind, addieren, danach die in den nächsten fünf Jahren zur Pensionierung anstehenden Musiklehrkräfte, ebenfalls getrennt nach Schularten aufgeführt, addieren und dann die eine Summe von der anderen Summe subtrahieren. Schon sind Sie beim voraussichtlichen Nettozuwachs der Musiklehrerinnen und Musiklehrer bis zum Jahr 2006. So einfach ist das.

(Beifall des Abgeordneten Friedrich-Carl Wodarz [SPD])

- Alles ohne Taschenrechner.

(Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Karl- Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Und wenn einer nicht an die Schule geht, sondern woanders hin, dann stimmt das nicht!)

- Siehste, siehste, dann ist das alles schon wieder zusammengebrochen.

Der Zuwachs beläuft sich auf bescheidene 49 zusätzliche Lehrkräfte. Das mit den 49 Lehrkräften stimmt nur, wenn ich mich nicht verrechnet habe.

Eine zweite Rechnung, bei der nicht Sie persönlich, aber bei der sich Ihr Haus verrechnet hat - -

(Ute Erdsiek-Rave [SPD]: Was?)

- Ja, das ist wahr, das ist echt wahr, das ist wirklich wahr. Das haben wir in der Schule auch gehabt. Man muss einmal so herum rechnen und einmal so herum und zum Schluss muss das gleiche Ergebnis herauskommen. Das stimmt nämlich nicht. Frau ErdsiekRave, das zeige ich Ihnen nachher. Das war richtig lustig. Ich fühlte mich in die Grundschule versetzt. Da hatten wir immer solche Aufgaben.

(Martin Kayenburg [CDU]: Jetzt ist die Mu- sik auch PISAgeschädigt! - Werner Kalinka [CDU]: Ist das ein Bericht auf Grundschul- niveau?)

Diese Rechnung, bei der ein Rechenfehler aufgetreten ist, ist die, wie das Verhältnis der Lehrkräfte mit Fakultas Musik zu der Anzahl der Lehrkräfte mit Musik als Neigungsfach ist.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: So was haben Sie in der Grundschule berechnet?)

- Solche Rechenaufgaben haben wir in der Grundschule gerechnet. Ich kann Ihnen das auch gleich zeigen.

Dabei ist festzustellen, dass die Lehrkräfte, die das als Neigungsfach machen, mit 345 Lehrkräften überwiegen. Wenn man das ins Verhältnis zueinander stellt, stellt man fest, dass 60 % Neigungsfachlehrkräfte sind und nur 40 % Lehrer mit der Fakultas.

(Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Hört, hört!)

Im ersten Teil des Berichtes habe ich vermisst - Frau Ministerin, Sie werden dafür sicherlich einen Grund haben, diesen Punkt auszulassen -, dass zwar eine Tabelle über die laut Stundentafel vorgesehenen Wochenstunden im Fach Musik vorhanden ist - das gibt es im Bericht -, eine Übersicht über die tatsächlich erteilten Wochenstunden aber fehlt. Das ist sehr bedauerlich, denn das ist ja gerade der Punkt - Ekkehard Klug -, weshalb die FDP den Antrag im Mai gestellt hat,

(Dr. Ekkehard Klug [FDP]: So ist es !)

nämlich der katastrophale Stundenausfall im Fach Musik.

Im Mai habe ich schon darauf hingewiesen, dass es Jugendliche in Schleswig-Holstein gibt, die in ihrer gesamten Hauptschullaufbahn keine einzige Stunde Musik oder wenn, dann höchstens eine Stunde Musik pro Woche erlebt haben, natürlich mit dem dazugehörigen Stundenausfall. Handeln tut also dringend Not. Da waren wir uns einig. Deshalb habe ich mit besonderem Interesse den Abschnitt „Zusätzliche Maßnahmen der Landesregierung zur Förderung der Unterrichtsversorgung im Fach Musik“ gelesen.

Sie haben die einzelnen Aktionen angesprochen. Die so genannte Welcome-back-Aktion hat sieben zusätzliche Musiklehrkräfte gebracht, wobei nicht ganz klar ist, ob sich diese Menschen aufgrund dieser Aktion gemeldet haben oder ob sie sich nicht sowieso gemeldet hätten.

Das Zweite war das Quereinsteigerprogramm. Das Quereinsteigerprogramm erinnert mich an die zehn kleinen Negerlein.

(Martin Kayenburg [CDU]: Die steigen aber quer aus! - Dr. Heiner Garg [FDP]: Aber jetzt nicht singen! Nachher!)

- Man darf das eigentlich nicht mehr sagen. Wir alle haben das einmal gelernt: Zehn kleine Negerlein.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Wollen wir zu- sammen singen?)

- Nein, nicht singen.

Von 93 Personen, die sich auf dieses Programm hin bewarben, blieben zunächst 34. Sieben davon kamen ins Personalgespräch. Dann waren es nur noch drei,

(Caroline Schwarz)

die zum 1. August 2002 eingestellt wurden. Schuld an diesem Schwund war insbesondere die Tatsache, dass zu wenig Referendariatsplätze zur Verfügung standen.