Protokoll der Sitzung vom 18.12.2002

- Die Landesregierung hat versucht, diese zu steigern. Wenn das die Unwahrheit ist, dann stehen Sie auf und sagen Sie noch einmal, ich sei eine Lügnerin. Das ist offensichtlich das Lieblingswort der Opposition geworden. Wenn man etwas sagt, das Ihnen nicht passt, ist man immer gleich eine Lügnerin.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Wir haben mit unserer Mittelstandsinitiative, die wir mit norddeutschen Wirtschaftsministern bis nach Berlin getragen haben, sehr viele Wünsche und Forderungen des Mittelstandes aufgegriffen. Dies gilt insbesondere für die Entbürokratisierung und eine steuerliche Besserbehandlung. Wir unterstützen alle

Punkte des Hartz-Konzeptes und lassen uns durch bessere Einfälle keineswegs abhalten, diese - auch wenn sie von der Opposition kommen - anzuschauen. Wir wollen die verbesserte Finanzierung kleiner und mittlerer Unternehmen haben. Wir liegen bei Unternehmensgründungen immer noch an der Spitze. Wir stellen jedoch mit Kummer fest, dass die Zahl der Pleiten leider Gottes sehr hoch ist. Wir hoffen, dass dies eines Tages von uns in den Griff zu bekommen ist.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: 86 % Steigerung gegenüber dem letzten Jahr!)

Die Landesregierung stellt schnelle und effiziente Genehmigungsverfahren sicher. Sie wird eine Bundesratsinitiative starten, um die Wirtschaft von bürokratischem Aufwand zu befreien. Wir wollen eine stärkere Integration von Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik erreichen. Deshalb halten wir es auch für richtig, dass Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik - ebenso wie Wirtschaftspolitik - zum Teil zusammengeführt werden und dass zum Teil auf kommunaler Ebene versucht wird, Ziele zu erreichen. Das muss auch mit in das Programm „Arbeit für Schleswig-Holstein“ einfließen, um dort eine größere Zielgenauigkeit hinzubekommen. Die Landesregierung hat zugunsten der heimischen Wirtschaft Bürgschaften, Garantien und Gewährleistungen von insgesamt rund 900 Millionen € übernommen. Das ging bis an die Grenzen unserer Leistungsfähigkeit. Damit konnten wir aber beispielsweise auch MobilCom retten, denn wir haben eine Bürgschaft zur Verfügung gestellt. Herr Oppositionsführer, ich würde Ihnen gern die Rede, die Sie hier gehalten haben, zurückgeben. Das sage ich Ihnen ehrlich.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Statt gemeinsam mit uns zu sagen: „Es lohnt sich, hier etwas zu tun, wir werden so viele Arbeitsplätze retten wie möglich“ haben Sie Wahlkampf geführt, indem Sie mir vorgeworfen haben, ich hätte die Bürgschaften nur übernommen, um ein bisschen Wahlkampfmunition zu haben, MobilCom würde kaputtgehen. Gott sei Dank geht MobilCom nicht kaputt und wird MobilCom auch nicht kaputtgehen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Lassen Sie mich mit einer netten Information enden. In Zeitungsnotizen vom 20. November stand, dass nach einer Umfrage unter 2.500 repräsentativ ausgewählten Bundesbürgern die Schleswig-Holsteine

(Ministerpräsidentin Heide Simonis)

rinnen und Schleswig-Holsteiner die furchtlosesten Bürger überhaupt sind.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Klaus Schlie [CDU]: Das müs- sen Sie auch !)

Unser Souverän vertraut in seine Zukunft, unser Souverän fühlt sich hier wohl, unser Souverän fühlt sich gut regiert und unser Souverän hat nicht einmal vor der Opposition Angst.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Das sollte uns dazu bringen, vor Weihnachten nett zu der Opposition zu sein und zu sagen: Wir gratulieren Ihnen, dass man nicht einmal vor Ihnen Angst hat!

(Anhaltender Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Zunächst begrüße ich in der Loge Herrn Lüttgens in seiner Funktion als Vizepräsident des DEHOGAVerbandes sehr herzlich.

(Beifall)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Rainer Wiegard für die Fraktion der CDU das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie man am unterschiedlichen Applaus der linken Seite des Hauses merken konnte - denn während man hinten noch weiter klatschte, hatte man das vorn schon eingestellt - war dies ein Ausdruck - -

(Unruhe - Jutta Schümann [SPD]: Was schließen Sie daraus?)

- Ich kann verstehen, dass Sie so aufgeregt sind. Wenn ich an Ihrer Stelle säße und permanent die Entscheidungen dieser Landesregierung absegnen müsste, wäre ich genauso sauer und aufgebracht, wie Sie das hier heute sind.

(Beifall bei CDU und FDP)

Die Rede der Ministerpräsidentin war ein Ausdruck von Hilflosigkeit, Ratlosigkeit und Perspektivlosigkeit.

(Jutta Schümann [SPD]: Waren Sie eben draußen?)

Frau Ministerpräsidentin, man hatte streckenweise das Gefühl, dass Sie die tatsächlichen Probleme des Landes überhaupt nicht kennen und dass sie Ihnen

überhaupt nicht geläufig sind. Anders kann man manche Ihrer Lösungsvorschläge überhaupt nicht nachvollziehen. Vielleicht trifft wirklich zu, was ein Parteigenosse von Ihnen heute in der „Welt“ geschrieben hat. Hans-Peter Bartels sagte: „Der SPD fehlte ein Programm.“ Ich glaube, das ist die richtige Beschreibung, die auf das zutrifft, was Sie heute dargestellt haben.

(Beifall bei CDU und FDP)

Er sagte an anderer Stelle im Übrigen auch, es komme nicht so sehr auf die Tatsachen an, sondern es komme darauf an, was über Tatsachen berichtet werde. Genau das haben Sie fortgesetzt, wenn Sie vorgestern im „Amtsblatt für Schleswig-Holstein“ Folgendes ausführen.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ich bitte um etwas mehr Ruhe!

„Zwei Themen haben uns 2002 besonders beschäftigt: Die Flutkatastrophe und die momentane Wirtschaftskrise, die mit ihren nie für möglich gehaltenen Steuereinbrüchen auch gravierende Wirkungen für unser Land hat.“

Ich habe nichts dagegen, wenn Sie das in Pressemitteilungen und anderenorts verkünden, auch wenn es nicht stimmt, denn es steht in dem Zusammenhang, den ich eben genannt habe. Es kommt inzwischen wohl nicht so sehr auf die Richtigkeit einer Meldung an, sondern nur auf die Meldung. Das hier ist nun allerdings eine amtlich verkündete Steuerlüge. Das sage ich sehr deutlich. Nach wie vor bleibe ich dabei: Hätten Sie nicht die gravierenden Fehler bei der Körperschaftsteuerreform gemacht, dann hätten wir keine gravierenden Steuereinbrüche gehabt. Wenn wir hier nur ein einigermaßen normales Niveau gehalten hätten, hätten wir 2001 und 2002 mehr Steuereinnahmen als jeweils im Vorjahr gehabt.

(Beifall bei CDU und FDP)

Richtig ist das Folgende, auf das man besonders hinweisen sollte. Herr Möller, vielleicht können Sie dies der Ministerpräsidentin mitteilen, weil sie gerade wichtigere Dinge zu tun hat. Sie sagen zu Recht, im Vergleich zum Haushalt 2000 haben wir rund 530 Millionen € weniger in der Kasse. Das ist in der Tat richtig. Das kann niemand bestreiten. Herr Möller

(Rainer Wiegard)

nickt zustimmend. Dazu muss man sich die Zahlen jedoch genau ansehen. Das empfehle ich Ihnen. Im Jahre 2000 haben wir so hohe Bundesergänzungszuweisungen und Länderfinanzausgleichsmittel bekommen wie nie zuvor in der Geschichte. Es waren einmalig fast 600 Millionen €!

Wenn man einmalig so viel bekommt, kann man nicht davon ausgehen, dass das auf ewige Zeiten so bleibt, und darauf seine Ausgaben anlegen. Wenn dort drüben bei HDW ein Werftarbeiter nach 40 Jahren Betriebszugehörigkeit im Oktober eine einmalige Jubiläumszuwendung bekommt und dann anschließend Monat für Monat seine Ausgaben so einrichtet, als würde er das monatlich bekommen, dann kann das nicht aufgehen. Aber so ist Ihre Haushaltspolitik.

(Beifall bei CDU und FDP)

Frau Simonis, Sie haben einleitend gesagt - da habe ich gedacht, jetzt kommt es vielleicht -, dass es Aufgabe der Politik sei, Orientierung zu geben. Na ja, das war ein guter Satz, aber dann war die Rede eigentlich schon zu Ende, denn Orientierung kam nicht mehr. Wo ist denn zum Beispiel das Ziel geblieben, an dem gemeinsamen nationalen Stabilitätspakt festzuhalten oder überhaupt erst einmal dahin zu kommen, dass wir irgendwann vielleicht um die nächste Jahrzehntwende herum tatsächlich keine Schulden mehr aufnehmen, die wir der nachfolgenden Generation übertragen? Kein Wort davon in Ihrer ganzen Rede. Wo ist diese Orientierung? Wo sind die Maßnahmen, mit denen Sie es einleiten könnten, das überhaupt hinzubekommen? Wenn Sie das heute nicht beginnen, werden Sie auch in zehn Jahren das Obst dafür nicht ernten können.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ein eingeschobener Satz: Es ist schlicht eine Frechheit, der CDU vorzuwerfen, wir würden Vermögensgegenstände veräußern wollen, um damit laufende Haushalte ausgleichen zu wollen. Wer hat denn in den vergangenen zehn Jahren nahezu das gesamte Landesvermögen verscherbelt, und dies nur zum Ausgleich des Haushalts?

(Beifall bei CDU und FDP)

Wenn Sie unseren Antrag nachrechnen, werden Sie feststellen, dass wir bei den Vorschlägen, die wir - nicht zu unserem Vergnügen - gemacht haben, in der Tat einen hohen Betrag aus der Veräußerung von Vermögensgegenständen erlösen wollen, aber dass wir mehr als das, was wir daraus einnehmen, zur Senkung von Schulden verwenden wollen. Das heißt, wir wollen auch noch Erträge erwirtschaften.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wenn Sie von Orientierung sprechen: Wo ist die Orientierung? Wo ist Ihr Konzept für Reformen? Herr Hay hat heute wenigstens ein paar Ansätze geliefert. Gut, dass er gestern Nachmittag seine Rede schnell umgeschrieben hat. Wo ist denn die Orientierung, die Sie für eine Reform der öffentlichen Verwaltung in Schleswig-Holstein geben, um künftig durch strukturelle Maßnahmen wieder zu einer neuen Handlungsfähigkeit zu kommen? Wo ist denn das Konzept für die Sicherung der Kernaufgaben der Landespolitik?

Sie haben noch einmal ausgeführt, dass Sie die Investitionen steigern. Herr Kayenburg hat es Ihnen vorhin schon einmal vorgerechnet, ich kann es noch einmal tun. Sie haben von den 116 Millionen € Steuermehreinnahmen durch die Verschiebung der Steuerreform, die Sie also formal in der Kasse haben, die Sie an den Fluthilfefonds abzuführen haben, 77 Millionen € schlicht zur Investition erklärt, damit die verfassungsmäßige Kreditobergrenze angehoben,

(Martin Kayenburg [CDU]: So ist es!)

zugleich auch sofort ausgenutzt und, glaube ich, 59 Millionen € mehr neue Schulden aufgenommen.