Protokoll der Sitzung vom 18.12.2002

Meine sehr verehrten Damen und Herren, natürlich gehören zum Sparen - es ist auch richtig, dass die Opposition das aufgreift - auch alle Maßnahmen, die die Personalkosten heruntersetzen. Nun haben wir heute von Ihnen Gott sei Dank rechtzeitig die Nachricht bekommen, die auch in der Zeitung zu lesen war, dass Sie außer Lehrer, Polizei, Justiz und Steuerverwaltung - - Uni haben sie ausdrücklich nicht genannt. Da muss man noch einmal nachfragen, was das bedeutet. Andere haben Sie auch nicht genannt. Alle anderen sind nur Menschen, die uns verwalten. Die Uni verwaltet uns nicht, die verwaltet sich selbst. Man kann gucken, ob sie das richtig macht. Das hätte man anders ausdrücken sollen; vielleicht ist es auch falsch verstanden worden.

Sie sprechen von 22.000 Stellen, von denen Sie 20 % wegnehmen wollen. Darin ist ein Rechenfehler. 11.152 Stellen bleiben übrig, wenn man Ihrem Vorschlag folgt. Davon 20 % abzuziehen bedeutet, dass Sie 20 % weniger Möglichkeiten haben, für junge Menschen im öffentlichen Dienst einen Arbeitsplatz zu finden. Die Landesregierung hat den Vorschlag zur Erörterung auf den Tisch gelegt zu gucken, ob man sozial abgewogen, durch eine Öffnungsklausel beim Beamtenrecht unter Umständen - wir haben diese Diskussion hier einmal gehabt -, zum Beispiel durch eine Deckelung des Weihnachtsgeldes auf damals 5.000 DM

(Klaus Schlie [CDU]: Was ist das denn für eine Strukturveränderung? - Weitere Zurufe von CDU und FDP)

- es ist eine Strukturveränderung, wenn Sie beim Weihnachtsgeld weniger ausgeben -, ob man nicht auf die Art und Weise die Chance behalten kann, dass junge Menschen im öffentlichen Dienst neue Gedanken, neue Ideen, neue Vorstellungen einbringen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Rund 2,9 Milliarden € für Besoldung, Vergütung, Löhne, Beihilfen und Pensionen sind in der Tat eine Menge Geld.

(Glocke des Präsidenten - Wortmeldung des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

- Nein, danke schön, Herr Präsident; ich habe nicht mehr sehr viel Zeit.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Wenn man sich die Zahlen anguckt, was an Pensionslasten auf uns zukommt - ich habe Sie heute Morgen auch nicht gestört, Herr Abgeordneter Kubicki -, hoffe ich, dass ich es noch mitkriege, wie sich die Abgeordneten in den späteren Landeshaushalten mit den Pensionslasten quälen werden, die Sie immer so locken abbuchen und als eine Verrücktheit von Frau Simonis abtun, die versucht hat - es zugegebenermaßen nicht geschafft hat, aber versucht hat -, die steil ansteigenden Pensionslasten an irgendeiner Stelle zu begrenzen. Nur haben Sie nicht den Mut gehabt, da mitzumachen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Damit von Ihnen auch nicht wieder gebraucht werden kann, ich hätte etwas gegen Beamte - das ist auch so eines dieser Vorurteile. Die halten Sie in Ihrem Stehsatz, dass mir ganz schwindelig wird. Das müsste eigentlich schon herausgerostet sein, habe ich das Gefühl.

(Herlich Marie Todsen-Reese [CDU]: Sie bestätigen das immer wieder aufs Neue!)

Ich selber komme aus einer Beamtenfamilie. Man darf doch darüber nachdenken, ob es in Ordnung ist, dass es einen Teil unserer Bevölkerung gibt, der zu seiner eigenen Altersversorgung nichts beitragen muss, während andere Leute dafür hohe Prozente hinlegen müssen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Das muss man doch fragen dürfen! Das ist doch keine Beamtenschelte! Es ist doch keine Beamtenschelte nachzufragen, wieso ein Angestellter auf sein Weihnachtsgeld zweimal Arbeitslosenversicherung und zweimal Rentenversicherung bezahlen muss, während es ein Beamter nicht einmal machen muss. Das wird man doch noch einmal nachfragen dürfen, ohne dass man dann gleich als Beamtenfresser hingestellt wird. Das ist nicht in Ordnung und nicht gerecht.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW - Klaus Schlie [CDU]: Sie verstehen es nicht! - Weitere Zurufe von CDU und FDP)

Deswegen ausdrücklich: Wir wissen, dass Beamte, Angestellten und Arbeiter durch Mehrarbeit, durch Vorarbeit und durch späteres Übertragen von Tarifen vieles zur Konsolidierung des Haushaltes geleistet haben. Dennoch kommen wir damit nicht zurecht. 2,9 Milliarden sind wirklich sehr viel Geld.

(Ministerpräsidentin Heide Simonis)

Skandinavien, unsere Nachbarn, hat seinen Bürgern bittere Medizin zugemutet - bittere Medizin! Das waren Sozialdemokraten. Aber sie haben es am Ende geschafft, ihre Wirtschaft ins Laufen zu kriegen: niedrige Arbeitslosigkeit, Haushaltsüberschüsse, eine besser florierende Wirtschaft.

(Klaus Schlie [CDU]: Alles durch Kürzung des Weihnachtsgeldes bei den Beamten!)

Ich habe mitbekommen, dass gerade auf der dänischen Seite in der Zwischenzeit ein derart scharfer Arbeitskräftemangel herrscht, dass man verzweifelt bei uns sucht, sie nur nicht findet, wegen der unterschiedlichen Sozialsysteme.

(Zurufe von der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auf einen Nenner gebracht: Bildung, Arbeit und Wirtschaft sind die zentralen Felder, die auch in diesem Haushalt erste Priorität haben. Andere Aufgaben müssen gemacht werden, müssen aber unter Umständen zurückstehen. Da sich eine bessere Zukunft nur mit einer guten Bildung und Ausbildung erreichen lässt, wünschen wir uns als Antwort auf PISA eine neue Lernkultur.

(Zurufe von der CDU)

- Sie müssen auch einmal nachlesen, warum die Finnen besser sind, und nicht immer nur schreien!

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW - Zuruf des Abgeordneten Klaus Schlie [CDU])

Es würde Spaß machen, hier einmal eine Rede halten zu können, in der nicht immer reflexartig die Antworten, die ich schon weiß, von Ihnen vorgetragen oder zugerufen werden. Sie haben nicht gelesen, dass die Länder, die gut sind, Kanada, Finnland, Schweden und Dänemark, zum Teil deswegen besser sind, nicht nur weil sie eine andere kommunalisierte Anhängung der Lehrer haben, sondern weil ihr ganzes Lern- und Lehrsystem anders als bei uns ist, weil es keinen Frontalunterricht gibt, sondern weil es Ganztagsunterricht, und zwar für alle Kinder, gibt, weil Lehrer - -

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, SSW und des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU] - Zurufe von CDU und FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das alles hat etwas mit einer anderen Lernkultur zu tun. Deswegen wird die Kultusministerin mit Deckung der gesamten Landesregierung in unseren Schulen für mehr Eigenverantwortung sorgen und den Schulen

mehr Profilbildung zumuten, damit die Schulen mit ihren eigenen Leistungen werben können.

Wir brauchen strukturelle Reformen in der Hochschulpolitik und auf dem Ausbildungssektor. Schon jetzt - damit Sie nicht immer das Lied singen, wir täten nicht genug für die Schulen - fließen 2,2 Milliarden € in die Bildung. Das ist der dickste Brocken in unserem Haushalt. Außerdem steigt der Ansatz für die Schulen um weitere 26 Millionen. Die Schülerinnen und Schüler bekommen im nächsten Jahr ein Unterrichtsplus im Gegenwert von 200 Lehrerstellen. 150 neue Lehrerinnen und Lehrer und 50 zusätzliche Stellen, die aus dem Bestand erwirtschaftet werden

(Zuruf des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

- ja, Herr Oppositionsführer -, bedeuten, dass bestimmte Sachen, die heute in den Schulen noch möglich sind, nicht mehr möglich sein werden, weil wir diese Lehrer im Moment im Unterricht brauchen und es nicht bezahlen können, ihnen zu sagen: Ihr braucht nicht zu unterrichten.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das wissen die Lehrer und wir haben es ihnen auch erklärt.

Aber es gibt eine Art - hätte ich fast gesagt - Silberstreif am Horizont, das ist eigentlich gar keiner. Die Schülerzahl wird nach 2005 abnehmen.

(Zurufe)

- Ich habe ja gesagt, ich weiß nicht, ob man es wirklich einen Silberstreif nennen soll. Es erleichtert uns die Aufgabe, aber wir werden weniger Kinder haben und das in einem kinderunfreundlichen Land. Insoweit ist es kein Silberstreif.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Schülerrückgang wird auf gut 23 Prozentpunkte geschätzt. Das wird sich in der Schulentwicklungsplanung niederschlagen. Auf hier gilt der Satz: Wir brauchen mehr Reformen fürs Geld und nicht mehr Geld für Reformen. Das heißt, wir müssen auch Schulen und Kommunen bitten, ihre Schulen in irgendeiner Form organisatorisch oder räumlich zusammenzutun.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Jedes normale Kind über 16 ist in der Lage, abends Kilometer zu laufen, um in eine Disco zu kommen, aber am Tag keinen halben Kilometer, um vielleicht

(Ministerpräsidentin Heide Simonis)

eine Arbeitsgemeinschaft an einem anderen Gymnasium zu machen, weil dann mehr in dieser Arbeitsgemeinschaft zusammen sind. Über diese Frage wird man sich ja vielleicht einmal unterhalten können.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und SSW - Zu- rufe von CDU und FDP)

Wir haben uns vorgenommen, die Arbeit der Kindertagesstätten und der Grundschulen aufeinander abzustimmen und miteinander abzusprechen. Die Landesregierung will das Betreuungsangebot an den Grundschulen und Kindertagesstätten ausweiten. Hiervon sollen auch Kinder unter drei Jahren profitieren. Wir sind froh, dass sich der Bund daran finanziell beteiligen wird.

Was für die Schulen gilt, gilt auch für die Hochschulen. Die Landesregierung erwartet die Empfehlung der Expertenkommission zur Hochschulstruktur in Schleswig-Holstein im März nächsten Jahres. Dabei stelle ich schon jetzt fest, obwohl ich die Ergebnisse weiß Gott nicht kenne: Die Errichtung des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein zum 1. Januar kann nur der Beginn einer grundlegenden Strukturreform sein, in der Absprachen untereinander und mit anderen Bundesländern dazu führen, dass die Leistungen tiefer werden, jedoch nicht breiter. Man wird sich unter Umständen durch Absprachen darauf einigen, wer was macht.

Neben der Bildung sind auch Arbeit und Wirtschaft die Bereiche, in denen die Zukunftsfähigkeit unseres Landes mit entschieden wird. Damit die Schwächen des Arbeitsmarktes und die daraus resultierende Konjunkturflaute unsere finanziellen Engpässe nicht noch verstärken und unsere sozialen Sicherungssysteme nicht ins Wanken bringen, hat die Landesregierung versucht, die Investitionsquote sogar noch zu steigern.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist echt die Unwahrheit!)

- Die Landesregierung hat versucht, diese zu steigern. Wenn das die Unwahrheit ist, dann stehen Sie auf und sagen Sie noch einmal, ich sei eine Lügnerin. Das ist offensichtlich das Lieblingswort der Opposition geworden. Wenn man etwas sagt, das Ihnen nicht passt, ist man immer gleich eine Lügnerin.