Protokoll der Sitzung vom 19.02.2003

Dass er hier also sehr vorsichtig agiert, ist zu verstehen.

In diesem Zusammenhang möchte ich an die Finanzmittel erinnern, die auf Basis des Vertrages in die Gemeinde geflossen sind. Es mag manchen ärgern, aber es ist nun einmal so, dass Geld geflossen ist.

Kommen wir neben diesen drei Fakten nun aber zur Bewertung der Lage! Warum hat man eigentlich seinerzeit eine Einschränkung der Strandbeparkung gewünscht? Neben den, wie vorher schon erwähnt, nicht stichhaltigen ökologischen Argumenten wurde

immer wieder gesagt, ein Strand voller Autos passe nicht in einen Nationalpark. Auch meine Kollegin Fröhlich hat dies wiederholt. Das scheint mir auch der Hauptgrund zu sein, warum die Einschränkung der Strandbeparkung verlangt wird. Das Ganze scheint eine psychologische Komponente zu haben

(Martin Kayenburg [CDU]: Das ist sicherlich richtig!)

und basiert auf dem Festhalten an Prinzipien. Genau diese Prinzipientreue macht die Diskussion so gefährlich. Die Menschen vor Ort können nicht verstehen, warum etwas verboten werden soll, was nicht schadet. Sie können nicht verstehen, dass in wirtschaftlich schlechten Zeiten ein Wirtschaftszweig aus Prinzipienreiterei zerschlagen wird.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Die Menschen, die vom Tourismus leben, spüren schon jetzt den Gegenwind, der ihnen ins Gesicht bläst. Deshalb verstehen sie nicht, wenn man ihnen noch mehr Steine in den Weg legt.

(Beifall bei der FDP)

So menschlich es ist, dass man an einem Vertrag festhält, so wichtig ist es aber auch, dass man den Mut hat, einen Vertrag noch zu verbessern und ihn an die Bedürfnisse der Menschen anzupassen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Eine zukünftige Regelung wurde in zwei Varianten durch den Umweltminister angeboten. Eine davon ist für St. Peter-Ording völlig inakzeptabel, da sie die Schließung des Strandes in St. Peter-Böhl vorsieht. Wer dort sein Ferienquartier oder seinen gastronomischen Betrieb hat, kann dann den Laden dicht machen. Die zweite Variante mit einer auf St. PeterOrding und St. Peter-Böhl aufgeteilten Strandöffnungsregelung ist aber eine Basis, auf der man verhandeln kann. Das größte Problem ist aber sicherlich die vorgeschlagene Erhöhung der Parkgebühren auf dem Strand. Eine solche Regelung hätte einen ähnlichen Effekt wie die Schließung des Strandes und kann daher auch nicht akzeptiert werden.

Aber trotzdem scheint die zweite Variante der Weg zu sein, sich doch noch zu einigen. Beide Partner haben ein Interesse an der Einigung. Die Gemeinde will den Tourismus absichern und das Umweltministerium kann eines der letzten großen Konfliktfelder im Zusammenhang mit dem Nationalpark Wattenmeer aus der Welt schaffen. Das sollte für beide Motivation genug sein, sich zu einigen.

(Lars Harms)

Deshalb können wir beiden vorliegenden Anträgen nicht zustimmen, da wir der Meinung sind, dass beide Anträge nur die jeweiligen unvereinbaren Haltungen manifestieren und wir hier als Landtag ohnehin nicht in die konkreten Verhandlungen eingreifen können. Eine Vorfestlegung in diesem Verhandlungsstadium wäre hier mehr als hinderlich. Letztlich muss man aber sagen, am besten wäre es gewesen, wenn man die Strandbeparkung von vornherein so belassen hätte, wie sie jahrzehntelang war, denn so ist sie am besten gelaufen.

(Beifall bei SSW und FDP sowie vereinzelt bei der CDU)

Da mir bereits eine ganze Reihe von Wortmeldungen für Kurzbeiträge vorliegen, erteile ich zunächst Herrn Minister Müller das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Damit eine Meinungsbildung und Entscheidungsfindung auf einer sachlichen Basis stattfinden kann, ist es immer hilfreich, sich noch einmal die Geschichte ins Gedächtnis zu rufen.

Seit 1973 – das liegt weit vor der Zeit der amtierenden Landesregierung – ist das Befahren des Meeresstrandes in Schleswig-Holstein gesetzlich verboten, aus gutem Grund, und dafür gab es nicht zuletzt auch ökologische Gründe, selbst wenn das eine oder andere Automobil inzwischen etwas sauberer geworden ist.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Allerdings darf die Gemeinde St. Peter-Ording den Strand im Rahmen von Ausnahmeregelungen zu Parkzwecken nutzen. Nachdem bereits jahrelang über das Ende dieser Regelung diskutiert worden ist, wies die Landesregierung ab 1989 ausdrücklich darauf hin, dass diese Sonderregelung nur noch bis zum 21. April 1997 gelten würde. In der Folge entstanden verschiedene Konzepte der St. Peteraner, unter anderem eine Basisdokumentation, in der mit einstimmigem Gemeinderatsbeschluss beschrieben wurde, dass und wie Strände bis zum Jahre 2001, also bis zum vorletzten Jahr, gänzlich für den Autoverkehr geschlossen werden sollten. Das Land stellte, wie Sie bereits wissen, erhebliche Mittel bereit, um diese endgültige Schließung durch Maßnahmen der Tourismus- und Infrastrukturförderung zu begleiten, 3,89 Millionen €. Also: Dem Land war und ist St. Peter-Ording lieb und teuer.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Rahmen der Anhörung zur Novellierung des Nationalparkgesetzes forderte die Gemeinde St. PeterOrding im Jahre 1999 eine Neubewertung der Situation. In weiteren Verhandlungen zwischen der Gemeinde, dem Nationalparkamt, dem Land SchleswigHolstein und den Naturschutzverbänden wurde deshalb erneut nach einem Interessenausgleich gesucht. Dieser wurde in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen beiden Parteien am 13. Oktober 1999 besiegelt.

In diesem Vertrag kam der Umweltminister der Gemeinde weit entgegen. Der Interessenausgleich wurde zugunsten wirtschaftlicher Erwägungen bis an den Rand des umweltpolitisch Erträglichen verschoben. Die Gemeinde kann den Nationalparkstrand jetzt für weitere 20 Jahre zu Ostern und Pfingsten sowie zwischen dem 15. Juni und 15. September als Parkplatz nutzen. Seit letztem Sommer wissen wir nun, dass die Gemeinde diesen Vertrag in seinem Kernstück – das hat sie übrigens in erster Linie über die Öffentlichkeit, die Medien betrieben -, nämlich den vereinbarten Parkzeiten, verändert haben will. Grund ist eine Umfrage, zu der viele kluge Dinge bereits gesagt worden sind, nach der zahlreiche Gäste erklärt hätten, sie würden nicht wieder kommen, wenn sie nicht auch in der Vor- und Nachsaison mit dem Auto auf den Strand fahren dürften. Die Parkzeiten müssten dementsprechend wesentlich verlängert werden, um mögliche wirtschaftliche Nachteile abzuwenden.

Ich habe seitdem insgesamt sechs Gespräche geführt – ein Glück, dass wir keine Kosten-LeistungsRechnung haben -, um den Wunsch der Gemeinde mit dem Landrat, dem Bürgermeister, dem Gemeindevorsteher zu erörtern. Das Zwischenergebnis ist Ihnen bekannt. Wir haben der Gemeinde zwei Vertragsvarianten angeboten, die in vollem Umfang ihren Forderungen nach einer zeitlichen Ausdehnung Genüge tun würden. Ich habe aber auch gesagt, dass eine Änderung vier Kernelemente berücksichtigen muss:

Erstens die Bedeutung des Nationalparks. Ich weiß, offensichtlich bis heute wird auf der rechten Seite dieses Hauses ein Nationalpark nicht geschätzt, sondern immer wieder für andere Zwecke missbraucht.

(Martin Kayenburg [CDU]: Nun unterstellen Sie doch nicht so etwas! Eine Unverfroren- heit! Sie schwindeln hier unglaublich!)

Zweitens wollen wir zu Recht den touristischen Belangen der Gemeinde Rechnung tragen, wo sie angemessen und relevant sind.

(Minister Klaus Müller)

Drittens. Es ist richtig – das war einer der wenigen Punkte, lieber Lars Harms, in denen ich dir zustimme -, wir wollen in diesem Land Vertragsnaturschutz praktizieren.

(Martin Kayenburg [CDU]: Sie reden so schnell weiter, weil Sie ein schlechtes Ge- wissen haben!)

Wir wollen das, weil wir andere Maßnahmen in vielen Fällen für weniger optimal halten. Aber wer Verträge nicht einhält und sich nicht als zuverlässiger Vertragspartner darstellt und gibt, der gefährdet den Vertragsnaturschutz in diesem Land.

(Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der CDU)

Wir wollen auch Gerechtigkeit gegenüber anderen Tourismusstandorten üben.

(Martin Kayenburg [CDU]: Unerträglich!)

Wenn Sie das Ohr an der Ostküste unseres Landes offen haben, stellen Sie fest, dass dort teilweise ganz anders über die Situation gesprochen wird als an der Westküste.

(Thomas Stritzl [CDU]: Da geht es auch nicht um die Strandbeparkung! - Weitere Zu- rufe von der CDU)

Verehrte Damen und Herren, die Landesregierung hat sich intensiv Gedanken gemacht, wie wir - -

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Einen Moment, Herr Minister. Wenn jemand anderer Meinung ist, so kommt er mit seiner Meinung besser durch, wenn er das nachher von hier aus macht, als wenn alle gleichzeitig gegenreden.

Dafür wäre ich sehr dankbar.

Der Herr Minister hat das Wort. Ich bitte noch einmal um etwas mehr Ruhe. - Bitte, Herr Minister.

Die Landesregierung hat sich um einen intensiven Dialog bemüht. Sie hat zügig und zeitnah zwei Alternativen auf den Tisch gelegt, die jederzeit entscheidungsfähig sind. Die eine führt dazu, dass die Zeit,

die Parkdauer vom Strand in Böhl komplett auf Ording übertragen wird - eine schlanke, unbürokratische Lösung, absolut einleuchtend.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben zur Kenntnis genommen, dass das für die Gemeinde scheinbar nicht akzeptabel ist.

(Ursula Sassen [CDU]: Ist es auch nicht!)

Wir haben uns danach gerichtet und gesagt: Für die beiden Kernmonate des Sommers bleibt auch der Strand in Böhl nach wie vor offen. Dafür finden wir eine sehr großzügige Regelung: Der Strand in Ording kann von Beginn der Osterferien bis zum Ende der Herbstferien in Deutschland weiter beparkt werden. Damit wird allen Regelungen, die die Gemeinde möchte, aus touristischen Gesichtspunkten Rechnung getragen.

(Martin Kayenburg [CDU]: Wir verschieben künftig die Herbstferien!)

Gleichzeitig gibt es eine Reihe weiterer Regelungen, die zumutbar, vernünftig und sinnvoll sind, um hier zu einem tragfähigen Gesamtpaket zusammenzukommen.

(Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Günter Neugebauer [SPD])