Protokoll der Sitzung vom 20.02.2003

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die Fraktion der CDU hat Herr Abgeordneter Rainer Wiegard.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Möller, die Freude, was den Hauptpunkt anbetrifft, ist auf unserer Seite. Das haben Sie gemerkt. Für Sie ist es auch nicht jeden Tag der Fall gewesen, erstens, dass Sie von den eigenen Genossinnen und Genossen einen solchen Applaus erhalten haben, und zweitens schon gar nicht den Zuspruch von unserer Seite, was diesen Punkt anbetrifft - darauf beschränke ich mich. Auch Sie haben sich, wenn ich auf Ihre Eingangsbemerkung zurückkommen darf, allzu oft mit den Überschriften begnügt und haben die Inhalte nicht hinreichend verfolgt. Das ist bei dieser Frage anders.

Alles, was Sie hier zu dem Kernkomplex Fusion der beiden Landesbanken, Umwandlung in die Aktienge

(Rainer Wiegard)

sellschaft, Herauslösung der Investitionsbank ausgeführt haben, teilen wir. Deshalb muss ich das nicht ergänzen. Sowohl der von Ihnen eingeleitete und geleitete Prozess als auch die Ziele, die damit verbunden sind, führen zur Stärkung der norddeutschen Region und zur Stärkung des norddeutschen Bankenplatzes und werden zur Unterstützung der norddeutschen Wirtschaft sicherlich hilfreich sein. Hier sind wir voll auf einer Linie. Hier sind wir bei Ihnen, Herr Möller. Hier haben wir im vergangenen Jahr den Prozess positiv - wie ich meine - begleitet, was sich vielleicht in einer Nebensache ausgedrückt hat. Als wir mit den Gesprächen begannen, wurden die finanzpolitischen Sprecher nach der Pressekonferenz, nach der Kabinettssitzung informiert, inzwischen werden wir vor der Kabinettssitzung, vor der Pressekonferenz informiert.

(Beifall des Abgeordneten Günter Neuge- bauer [SPD])

Hier haben wir einiges miteinander bewegt.

Ich glaube, dass der Zusammenschluss und die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft und damit die Punkte 2, 3 und 4 Ihres strategischen Konzeptes richtig sind. Wir sind froh darüber, dass der erste Punkt, eigentlich der Hauptpunkt Ihres strategischen Konzeptes, von Ihnen nicht umgesetzt wurde und dass Sie den Prozess nicht damit eingeleitet haben, zunächst einmal 20 % der Landesanteile zu veräußern und damit die Position des Landes Schleswig-Holstein insgesamt zu schwächen. Ich denke, auch wir haben unseren Teil daran mitgetragen.

Wir werden die Details dieses Prozesses, was die Fusion anbetrifft, in den Ausschüssen - das wird wohl im Wirtschaftsausschuss und im Finanzausschuss geschehen - in allen Details miteinander erörtern. Wir werden erörtern, inwieweit die Ziele erreichbar sind und durch das Gesetzeswerk, das wir jetzt haben, abgefordert werden können, ohne die Unternehmensführung und die Gremien, die daran beteiligt sind, das Unternehmen zu leiten, allzu sehr einzuschränken. Das wäre nicht unbedingt eine förderliche wirtschaftspolitische Maßnahme.

Wir wollen erkennen, dass die angestrebten Synergieeffekte - um 150 Millionen - erreicht werden können. Dazu hätten wir gern ein bisschen mehr „Butter bei die Fische“ als nur die in den Raum gestellte Zahl. Wir wollen im Wesentlichen die Frage: Doppelsitz in Kiel und Hamburg, was die langfristige Perspektive anbetrifft, erörtert wissen. Wir wollen die dauerhafte ausgewogene Verteilung der Kompetenzen zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein nicht nur bezogen auf die Metropolregion, sondern bezogen auch auf

das ganze Land Schleswig-Holstein gesichert wissen. Außerdem müssen wir noch über eine Reihe weiterer Fragen reden. Im Grundsatz aber forcieren wir diesen Prozess mit. Wir sind an Ihrer Seite.

(Beifall bei CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und vereinzelt bei der SPD)

Ich schließe mich deshalb ausdrücklich Ihrem Dank an Herrn Dr. Rümker, an Herrn Berger, an Herrn Stuhlmann, an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowohl bei den betroffenen Banken als auch im Ministerium an. Ich schließe die Personalräte ein. Hier gibt es noch ein weites Feld nicht nur der Absicherung, sondern auch der tief gehenden und umfassenden Information der Personalräte und der Unterstützung ihrer Arbeit zu bestellen.

Ich will auch den Dank meiner Fraktion - Herr Möller, laufen Sie nicht weg, das haben Sie auch noch nicht erlebt;

(Heiterkeit)

ich wäre fast versucht zu sagen, Sie sind gleich entlassen, aber das möchte ich mir doch nicht anmaßen - und meinen persönlichen Dank an Sie richten. Angesichts der sehr komplizierten Eigentümerkonstruktion der beiden Banken war das kein einfaches Geschäft. Ich gebe gern zu, dass wir es Ihnen, als Sie das Strategiepapier vor 13 Monaten vorgestellt haben, nicht zugetraut haben, dass Sie das in dieser kurzen Zeit meistern. Dass Sie das meistern, hängt zu einem Teil von Ihnen, zu einem anderen Teil vom Regierungswechsel im Hamburg ab.

(Heiterkeit bei der CDU)

Da sind wir auch einig. Mit den eigenen Genossen in Hamburg hätten Sie das nicht bewerkstelligen können. Das schmälert aber nicht Ihre eigene Leistung. Dafür bedanke ich mich ganz herzlich auch im Namen meiner Fraktion.

(Beifall im ganzen Haus)

Es ist im Übrigen ein weiter Weg - das habe ich mir aus der Geschichte der älteren Kolleginnen und Kollegen erklären lassen -, den Claus Möller hier zurückgelegt hat.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Ja!)

Brita Schmitz-Hübsch hat mir das hin und wieder mal berichtet, wenn es um die Details ging: ein Finanzminister Möller, für den vor zehn Jahren die privatwirtschaftliche Organisation öffentlicher Leistungen eine Art spätkapitalistische Horrorvision waren

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

(Rainer Wiegard)

bis hin zu dem Satz, der Ihnen, Herr Möller, im Finanzausschuss entfleucht ist:

„So ’ne Hausbank als Aktiengesellschaft putzt doch ganz ungemein.“

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Ein Blick auf den Absender des Gesetzes - federführend: Finanzminister Claus Möller - allein schon lässt ein bisschen die Nackenhaare kräuseln. Denn was wäre ein Gesetz aus dem Hause Möller, das nur Positives und keine Pferdefüße enthielte? Sie haben von dem Haar in der Suppe gesprochen. Ich sage, es sind ganze Balken. Sie sind es wert, hier angesprochen zu werden.

(Günter Neugebauer [SPD]: Das war bisher eine schöne Rede!)

Wir haben ein Artikelgesetz vor uns liegen, das noch nicht vollständig ist. Sie haben die Spielbanken angesprochen; hier gibt es noch Klärungsbedarf. Das Gesetz hat 14 Artikel. Zwei hätten eigentlich ausgereicht, nämlich der Staatsvertrag über die Fusion der beiden Landesbanken und das neue Investitionsbankgesetz, weil dieses auf völlig neue Beine gestellt wird. Aber dies reicht nicht. Denn Sie müssen einen Haufen Schrott beiseite räumen, den Sie in den letzten Jahren selbst aufgetürmt haben.

(Dr. Johann Wadephul [CDU]: So ist es!)

Der „Ausflug“ der Landesimmobilien durch die schleswig-holsteinische Kreditlandschaft ist ein vielfältiger. Ich habe bei meinen Kollegen einmal rumgehört, ob Sie alles verstanden haben, was in diesen 14 Artikeln so drin ist.

Ich versuche einmal, die vier Elemente darzustellen. Erst verkauft das Land die Landesimmobilien für 500 Millionen € an die I-Bank und überträgt die Verwaltung an die GMSH. Die 500 Millionen € werden im Haushalt für Personal und Verwaltungskosten verbraten.

(Günter Neugebauer [SPD]: Was?)

- Ja, natürlich. Günter Neugebauer, guck einmal in die Haushalte, die ihr selbst beschlossen habt.

Jetzt wird die Übertragung der Verwaltung von der GMSH auf die I-Bank revidiert, das Ganze aber nur für die kleine halbe Sekunde vom 31. Mai 24 Uhr bis zum 1. Juni 0 Uhr. Alsdann wird das Ganze von der IBank wieder komplett abgespalten und auf eine neue Gesellschaft, eine Anstalt des öffentlichen Rechts, die Landesimmobilienverwaltung Schleswig-Holstein - oder so ähnlich - übertragen

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Mit Sitz in Pa- nama! Das ist eine Briefkastenfirma!)

und flugs wird der erste Zustand wieder hergestellt - Herr Kubicki, diesen Einwand machen Sie zu Recht - und das Ganze zur Durchführung wieder an die GMSH übertragen.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das ist nur logisch!)

Im Prinzip könnte man den Satz von Willy Brandt sagen: „Jetzt kommt wieder zusammen, was zusammengehört.“ Jetzt hat das Land die eigenen Immobilien wieder, weil wir alleiniger Träger der neuen Gesellschaft sind.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Die spannende Frage ist: Was ist mit der Kreditaufnahme?)

Das Problem dabei ist: Das war ein teurer Ausflug durch die Gesellschaften unseres Landes, denn wir haben diese 500 Millionen € teuren Immobilien ohne Schulden verkauft,

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben eine halbe Milliarde dabei verdient! - Wolfgang Kubicki [FDP]: Wenn Sie zur Bank gehen, haben Sie auch Geld verdient!)

und kriegen Sie mit 500 Millionen € belastet wieder.

(Klaus Schlie [CDU]: Das ist ein Geschäft!)

Das ist ein schlechtes Geschäft. Dazu sind in der Zwischenzeit noch Grunderwerbsteuern, Notargebühren, Verwaltungskosten und Zinsen angefallen. Und wir haben noch einen Streit vor dem Bundesverfassungsgericht gehabt, den Sie dann nicht mehr zu Ende geführt haben, weil Sie gesehen haben, was dabei für Sie herausgekommen wäre, nämlich eine treffliche Niederlage. Diese als Verkauf getarnte Kreditaufnahme kommt jetzt langfristig wieder auf uns zurück. Das ist der Pferdefuß, das ist der Balken.

Herr Möller, dieser Vorgang offenbart eben nicht nur das finanzielle Desaster für Schleswig-Holstein, sondern dieser Vorgang offenbart fast schon ein bisschen auch die tragische Rolle, die Sie als Finanzminister dabei gespielt haben - immer eng begleitet von der Ministerpräsidentin Heide Simonis. Denn auch das letzte Gesetz, das Claus Möller als Finanzminister in diesen Landtag einbringt - bei allen guten Ansätzen, die ich dargestellt habe, was den Kernansatz, die Fusion der beiden Landesbanken und die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft, anbetrifft -, ist insgesamt nicht frei von Makeln. Und das kennen wir eben immer von Ihnen. Dieser Finanzminister geht in die Geschichte des Landes Schleswig-Holstein - was das

(Rainer Wiegard)

letzte Jahr anbetrifft - mit der höchsten Neuverschuldung, die das Land je erlebt hat, und mit der niedrigsten Investitionsquote sowie mit dem rundesten Kreisverkehr für Landesimmobilien ein, den es je gegeben hat.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Herr Möller, die nachfolgenden Generationen müssen viele, viele Jahrzehnte daran arbeiten, diesen Schaden wieder auszuräumen, den Sie damit angerichtet haben. Das ist für Sie persönlich und für unser Land gleichermaßen bedauerlich.