Protokoll der Sitzung vom 04.04.2003

(Beifall der Abgeordneten Ursula Kähler [SPD] und Günther Hildebrand [FDP] sowie vereinzelter Beifall bei der CDU)

Verwaltungsstrukturreform ist eine Daueraufgabe, die nicht von heute auf morgen für alle Zeiten abgeschlossen werden kann. Unter dem Gesichtspunkt weiterhin notwendiger Überprüfungen der Regierungs- und Verwaltungsbürokratie auf allen staatlichen und nicht staatlichen Ebenen unseres Landes ist den Beschlüssen der Landesregierung vom 25. März sehr große Bedeutung beizumessen. Wir begrüßen diese Beschlüsse. Dabei ging und geht es um drei zentrale Ziele, die bei jeder geplanten Maßnahme als Maßstab zu beachten sind. Es geht um die Leistungsfähigkeit, um die Kundenorientierung und um die Wirtschaftlichkeit der öffentlichen Verwaltung. Die Arbeitsgruppe unter der Chefin der Staatskanzlei, Ulrike Wolff-Gebhardt, hat zahlreiche Vorschläge gemacht, bei deren zeitnaher Umsetzung die SPDLandtagsfraktion die Landesregierung nach Kräften unterstützen wird. Wir werden als SPDLandtagsfraktion die Liste um eigene Vorschläge ergänzen. Vielleicht gelingt es uns sogar, in dem einen oder anderen Punkt Übereinstimmung über die Fraktionsgrenzen hinweg zu erzielen.

(Beifall bei der SPD)

Die strategischen Handlungsfelder sind durch die Beschlüsse der Landesregierung abgesteckt. Die dort aufgeworfenen Fragen müssen in den anstehenden parlamentarischen Beratungen auch von uns beantwortet werden. Ich nenne derer sechs: Erstens. Unter dem Stichwort Aufgabenkritik die Frage: Was muss als notwendige Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge unbedingt erhalten bleiben? Was ist als Landesaufgabe verzichtbar?

(Vereinzelter Beifall bei CDU und FDP)

Zweitens. Welche Landesaufgaben können im Sinne einer sach- und kundenorientierten Aufgabenerledigung besser auf der kommunalen Ebene oder durch private Dritte erfüllt werden?

(Vereinzelter Beifall bei SPD, CDU und FDP)

Drittens. Wie können wir den Abstimmungsprozess zur Aufgabenverteilung zwischen Land und Kommunen optimal organisieren?

(Vereinzelter Beifall bei SPD, CDU und FDP - Klaus Schlie [CDU]: Sehr gut!)

Viertens. Welche konkreten Angebote zur weiteren norddeutschen Kooperation können wir unseren Nachbarländern unterbreiten?

(Vereinzelter Beifall bei SPD, CDU und FDP)

(Klaus-Peter Puls)

Fünftens. Wie können wir den Dschungel der zahllosen Förderprogramme des Landes lichten und zu einer optimalen und effektiven Landesförderung kommen?

(Beifall bei SPD, CDU und FDP)

Sechstens. Wie können wir durch weitere Entbürokratisierung der Verwaltungsverfahren und durch den Abbau von Verwaltungsvorschriften die öffentliche Verwaltung in Schleswig-Holstein noch effizienter gestalten?

(Beifall bei SPD, CDU und FDP)

Es muss jetzt darum gehen, auf all diese Fragen möglichst zeitnah konkrete und pragmatische Antworten zu finden,

(Beifall bei SPD, CDU und FDP)

um die daraus resultierenden Maßnahmen genauso zeitnah umzusetzen.

(Beifall bei SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wissen genau wie die Landesregierung, dass es ein schwieriges Unterfangen ist, dort Erfolge zu erzielen, wo Ministerien und Behörden aufgefordert sind, Teile ihrer Aufgaben selbst infrage zu stellen. Gleichwohl gibt es zu diesem Weg keine Alternative.

(Beifall bei SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In besonderem Maße möchte ich den Vorschlag eines Zehnjahrespaktes mit den Kommunen hervorheben. Es wird darum gehen, einen konstruktiven Dialog mit den kommunalen Landesverbänden zu organisieren. Ich hoffe, dass Städte, Gemeinden und Kreise trotz der Veränderungen der politischen Landkarte nach den Kommunalwahlen bereit sind, weiter - immer unter dem Gebot des Konnexitätsprinzips - über eine sinnvolle Aufteilung von Aufgaben zwischen Land und Kommunen mit uns zu verhandeln.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und des Abgeordneten Klaus Schlie [CDU])

Obwohl es schon häufiger betont wurde, ist noch einmal eindeutig zu sagen: Bei all diesen Überlegungen steht für uns - wie auch von der Chefin der Staatskanzlei hervorgehoben - das Prinzip der Freiwilligkeit aufseiten der kommunalen Gebietskörperschaften vornan.

(Beifall bei SPD, CDU und FDP)

Wir begrüßen, dass die Landesregierung alle Landesaufgaben auf den Prüfstand stellen will und im

Sinne einer Beweislastumkehr davon ausgeht, dass jede Aufgabe nach unten abgegeben werden kann, es sei denn, wir als Land weisen die unbedingte Notwendigkeit einer landeseinheitlichen Aufgabenerledigung durch das Land nach.

(Beifall bei SPD, CDU und FDP)

Auch die eingeleiteten Prüfungen zur Struktur der Katasterämter und der Amtsgerichte, zu den Landeslaboren, zur Polizei und zu den Landesbezirkskassen sind ein wichtiger und richtiger Schritt. Dabei werden wir allerdings sorgfältig darauf achten, dass nicht gerade diejenigen Kommunen, die bereits in der Vergangenheit erheblich belastet worden sind, wiederum zur Ader gelassen werden.

(Beifall bei SPD und CDU)

Auch was den Abbau von Vorschriften angeht, stimmt die Zielrichtung der Landesregierung. Hier kann man ihr nur zurufen: Erhöht das Tempo, soweit es geht, denn es stimmt, dass alle Bürgerinnen und Bürger im Land vom Bürokratieabbau und vom Verzicht auf überflüssige Vorschriften im Land profitieren.

(Beifall bei der SPD)

Was die norddeutsche Kooperation angeht, so hat die SPD-Fraktion schon im Jahr 2000 ein erhöhtes Tempo gefordert. Wir freuen uns darüber, dass nach der Entscheidung über die Zusammenlegung der Eichverwaltungen und der Fusion der Landesbanken nun zum 01.01.2004 - wie vorgesehen - die Statistischen Landesämter und die Datenzentralen folgen.

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Klaus Schlie [CDU])

Alles in allem hat die Landesregierung den richtigen Weg eingeschlagen. Jede Erhöhung der Schlagzahl in diese Richtung wird von der SPD-Landtagsfraktion begrüßt und unterstützt.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion der CDU erteile ich Herrn Abgeordneten Klaus Schlie das Wort.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Nabel, das ist der Unterschied zwischen dem Kollegen Puls und Ihnen. Er sagt etwas Substanzielles und das findet auch unsere Zustimmung.

(Beifall bei der CDU)

(Klaus Schlie)

Es ist schon bemerkenswert, dass der Kollege Puls hier die Kernelemente von Verwaltungsmodernisierung, von Verwaltungsstrukturreform und von Verwaltungsumbau so gekennzeichnet hat, dass sie eigentlich in einem überschaubaren Land wie Schleswig-Holstein gemeinsam vom Landesparlament angegangen werden müssen. Ich kann jetzt schon sagen, es war auch in der Vergangenheit der Fall: Wir bieten an dieser Stelle unsere Kooperation an. Das ist unser Programm von 1997 „Weniger Staat“. Das können wir jetzt gemeinsam umsetzen,

(Beifall bei der CDU)

das allerdings gegen den ideologischen Widerstand der Grünen.

(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Seit 1988 gibt es eine ganze Reihe von sehr prosaischen Dingen. Diese reichen von Denkfabriken und Leitbilddiskussionen über Seminare mit einem großen Katalog von Aufgabenanalysen und Aufgabenkritik. Es gab Enquetekommissionen und Kommissionen hier und Kommissionen da mit immer neuen Vorschlägen. Wir leben jetzt im Jahr fünf nach dem Beginn der Reformdiskussion im Jahre 1997. Ich erinnere an die damalige Große Anfrage der CDU zum Thema „Weniger Bürokratie“. Wir sind damals fast zerrissen worden. Es hieß, anstatt Bürokratie abzubauen, versorge die CDU-Landtagsfraktion die Landesverwaltung mit zusätzlicher Arbeit.

(Zuruf des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Nein, lieber Kollege Hentschel, das war damals eine substanzielle Grundlage und eine tatsächliche Analyse unserer Verwaltungsstruktur in SchleswigHolstein, um die verkrusteten Systeme in der Landesverwaltung aufzubrechen. Frau Ministerpräsidentin, ich gestehe, dass diese auch in den vorangegangenen Jahren der CDU-Regierung entstanden sind. Seitdem hat sich aber leider nichts Entscheidendes verändert. Sie haben nur immer hin und her strukturiert. Im Kern ist nichts vorangekommen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Frau Ministerpräsidentin, ich habe mir die Mühe gemacht nachzulesen, was Sie 1997 gesagt haben. Damals waren Sie diejenige, die in den bundesweiten Presseorganen als die große Reformatorin der Verwaltung und des öffentlichen Dienstes in SchleswigHolstein auftauchte. Sie sagten damals in der Rede vor dem Schleswig-Holsteinischen Landtag - ich zitiere -:

„Wichtig ist dabei die zügige und konsequente Umsetzung ihrer Vorschläge. Sie ist für die Öffentlichkeit und die Beschäftigten ein wichtiger Prüfstein dafür, ob wir es mit der Modernisierung ernst meinen oder ob sie nicht Arbeit gemacht haben, die in den Augen der Mitarbeiter im Papierkorb landet.“