Protokoll der Sitzung vom 07.05.2003

Der SSW und die Kolleginnen und Kollegen von FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben eindringlich vor den Folgen dieser Vorgehensweise gewarnt.

(Beifall bei SSW, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sind aber - auch das ist eine Tatsache - auf taube Ohren gestoßen.

Frau Abgeordnete Spoorendonk, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Ehlers?

Gibt es einen SSWLandtagskollegen, der keine Zulage erhält?

- Herr Kollege Ehlers, das haben wir schon einmal geklärt. Ich will es noch einmal ganz deutlich machen. Die Einzige in der SSW-Landtagsvertretung, die Zulagen erhält, bin ich. Meine beiden Kollegen machen genau das Gleiche, was Sie und alle anderen hier im Landtag machen, ohne Zulagen, ohne Tagungsgeld, ohne dafür überhaupt infrage zu kommen.

(Zurufe)

(Anke Spoorendonk)

- In den Ausschüssen. Sie wissen, was ich meine. Lassen Sie das. - Darum war das eine Frage, die völlig daneben war.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ich möchte fortfahren. Dabei war die Ausgangslage doch so, dass alle Fraktionen die Zielrichtung der Diätenreform prinzipiell unterstützen konnten. Wir sind froh, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass bei den Abgeordneten von SPD und CDU am Ende doch noch die Vernunft gesiegt hat. Dennoch bleibt es weiterhin die Aufgabe aller Parteien, sich zusammenzusetzen, um eine vernünftige Lösung zur Reform der Abgeordnetenentschädigung ab 2005 zu erarbeiten. Dabei müssen die Vorschläge im Sinne der BendaKommission umgesetzt werden.

Wir waren ja schon einmal viel weiter. Ich möchte in Erinnerung rufen, dass es eine interfraktionelle Arbeitsgruppe gegeben hat. In dieser Arbeitsgruppe hat der SSW konstruktiv mitgearbeitet, lieber Kollege Kalinka. Jawohl. Diese Arbeitsgruppe sollte wieder ins Leben gerufen werden.

Wir können nicht so tun, als seien nur wir in Schleswig-Holstein gefragt. Es gibt auch die Empfehlung einer Diätenkommission in NRW. Es gibt auch in anderen Bundesländern Überlegungen. Diese Bemühungen werden nach dem Scheitern unserer Diätenreform um Jahre zurückgeworfen. Das ist die Situation.

(Beifall beim SSW)

Wir haben nicht nur Schaden für uns selbst angerichtet, sondern auch noch für viele andere Landesparlamente.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der SSW war und ist weiterhin gesprächsbereit. Bisher ist dieses Angebot von SPD und CDU nicht angenommen worden, wie man an dem Festhalten an der Verfassungsänderung sehen kann. Ich hoffe deshalb, dass die heute zu debattierende Verkleinerung des Landtages nicht aus Trotz mit der Brechstange durchgeführt werden soll. Das wäre enttäuschend und ein weiteres Trauerspiel für den Landtag.

(Beifall beim SSW)

Wir brauchen endlich eine Rückkehr zur Gemeinsamkeit der Fraktionen hier im Landtag. Es geht - das sagte ich bereits - insbesondere darum, das verloren gegangene Vertrauen bei den Bürgerinnen und Bürgern wieder herzustellen. Dazu gehört aus unserer Sicht auch, dass wir als Parlament eine rechtlich einwandfreie Abwicklung der gescheiterten Diätenreform beschließen. Wir haben unsere Zweifel, ob es

mit einem einfachen Aufhebungsgesetz möglich sein wird, den alten Rechtszustand wieder herzustellen. Deshalb haben wir gemeinsam mit FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen Änderungsantrag eingebracht. Aus unserer Sicht gibt es nämlich Zweifel daran, ob das Aufhebungsgesetz verfassungskonform ist. Wir meinen daher, dass es besser ist, in dieser Frage sowohl mit Hosenträgern als auch mit Gürtel zu gehen.

(Beifall bei SSW, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eine Beratung im Innen- und Rechtsausschuss und eine zweite Lesung vor dem 1. Juni wäre der richtige Weg.

Wir müssen uns endlich wieder mit den dringenden Problemen des Landes befassen, zum Beispiel mit der viel zu hohen Arbeitslosigkeit, mit dem Mangel an Ausbildungsplätzen oder den finanziellen Problemen der öffentlichen Hand. Das können wir besser, wenn wir wieder anfangen, uns als Gesetzgeber ernst zu nehmen. Es gibt aus unserer Sicht keinen anderen Weg.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Klug das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich meine, die Redebeiträge der Fraktionsvorsitzenden von SPD und CDU waren in weiten Teilen durch einen Mangel an Einsicht und damit auch durch ein gewisses Maß an Selbstgerechtigkeit gekennzeichnet.

(Konrad Nabel [SPD]: Das müssen gerade Sie sagen!)

Ich möchte Sie in dieser Debatte ausdrücklich darauf hinweisen, dass Sie in den letzten Monaten kapitale Fehler begannen haben, die von Ihnen nicht angesprochen worden sind.

Der erste kapitale Fehler war das Auseinanderfallen der Termine für die Diätenreform und das In-KraftTreten der Neuregelung bei der Altersversorgung. Die höheren Diäten zum 1. Juli 2003, die Reform der Altersversorgung zum Beginn der nächsten Wahlperiode, also Februar 2005, das war in der Tat der erste Grundfehler, der begangen worden ist.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

(Dr. Ekkehard Klug)

Der zweite kapitale Fehler, der vielleicht noch schlimmer war, waren die Regelungen, die Sie, die große Diätenkoalition aus SPD und CDU, in die Altersversorgung für die bisherigen, jetzt amtierenden Abgeordneten eingebaut haben, nämlich in Form der Anhebung der Bemessungsgrundlage um 1.000 €, was für jemanden, der die Höchstdauer von 18 Jahren Parlamentszugehörigkeit erreicht hat, eine Rentenerhöhung von 750 € im Monat bedeutet hätte, und die Sonderregelung für Parlamentarier, die nur der 15. Wahlperiode fünf Jahre lang angehört haben und die nach Ihrem Vorschlag ab dem 65. Lebensjahr eine monatliche Rente von über 1.000 € bekommen sollten. Diese beiden kapitalen Fehler haben Sie begangen. Dadurch haben Sie das ganze Vorhaben anrüchig und in höchstem Maße öffentlich anfechtbar gemacht.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Sie haben damit auch das Kapital an Zustimmung und Vertrauen verspielt, das zu Beginn, unmittelbar nach Vorlage des Berichts der Benda-Kommission, in der Öffentlichkeit durchaus vorhanden gewesen ist und das die Chance geboten hätte, eine vernünftige, eine verfassungskonforme Neuregelung für die nächste, die 16. Wahlperiode, zustande zu bringen. Das haben Sie mit Ihrer Vorgehensweise unmöglich gemacht.

Damit Sie es auch noch einmal von dem Mann hören, der diese Empfehlungen als Vorsitzender der Kommission zu verantworten hat, will ich zitieren, was Professor Ernst Benda nach dem heutigen Artikel im Berliner „Tagesspiegel“ gesagt hat:

„Dass die Fraktionen von SPD und CDU in Kiel allerdings die Diätenerhöhungen vorgezogen und die Pflicht zur Rentenversicherung verschoben hätten, habe dem ‚Gesamtkonzept einen Bärendienst erwiesen’, sagte Benda dem „Tagesspiegel“.“

Ich bitte Sie: Zeigen Sie in diesen beiden zentralen Kritikpunkten, in denen Sie durch kapitale Fehler die ganze Sache zuschanden gemacht haben, dem Parlament und seinem öffentlichen Ansehen einen enormen Schaden zugefügt haben, wenigstens einen Zipfel Einsicht.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Wiegard das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Herr Dr. Klug und Frau Heinold, irgendwie müssen Sie in der ersten halben Stunde dieser Sitzung nicht dabei gewesen sein. Wenn man nicht dabei ist, sollte man über diese Zeit hier auch nicht reden.

Lothar Hay und Martin Kayenburg haben hier sehr deutlich dargestellt, dass es zunächst unser Versäumnis war, dass wir es nicht geschafft haben zu vermitteln, was wir mit dieser Diätenstrukturreform erreichen wollten. Dass wir dies nicht vermitteln konnten, war die erste klare Aussage beider Fraktionsvorsitzenden. Ich wiederhole das, weil Sie das ganz offensichtlich so nicht einsehen. Wir haben Verständnis für die Reaktionen der Bürgerinnen und Bürger, weil wir es nicht geschafft haben, ihnen zu vermitteln, was wir mit dieser Diätenstrukturreform erreichen wollten.

(Beifall bei der CDU - Dr. Heiner Garg [FDP]: Sie haben inhaltliche Fehler ge- macht!)

Wir haben es nicht geschafft zu vermitteln, dass wir als erstes Parlament in Deutschland einen verfassungsgemäßen Zustand herstellen wollten. Wir haben nicht vermitteln können - übrigens die BendaKommission, das Präsidium des Landtages und der Landtag insgesamt auch nicht -, dass eine angemessene Bezahlung von Abgeordneten während ihrer Abgeordnetenzeit bei gleichzeitiger Abschaffung aller Leistungen aus öffentlichen Haushalten, nachdem sie aus dem Parlament ausgeschieden sind, hergestellt werden soll. Diese drei Elemente sind es gewesen. Wir haben es nicht geschafft. Nehmen Sie zur Kenntnis, dass wir dies einsehen.

(Beifall bei der CDU)

Lieber Wolfgang Kubicki, Sie müssen sich schon entscheiden, ob Sie rudern oder paddeln wollen. Beides gleichzeitig ist unmöglich. Sie können nicht den Medien vorwerfen, sie würden uns mit AbzockerZitaten und Ähnlichem sozusagen verbrechermäßig an den Pranger stellen, während das eigentlich nur die Wiederholung Ihrer Äußerungen gewesen ist.

(Beifall bei CDU und SPD)

Wenn man ein bisschen bösartig wäre, was ich nicht bin und was ich auch nicht sein will, dann könnte man aus dem, was Sie heute wieder vorgetragen haben, den Schluss ziehen: Kubicki will jetzt durch verfassungsmäßige Feinheiten erreichen, dass das von

(Rainer Wiegard)

ihm öffentlich abgelehnte Gesetz möglichst in Kraft bleibt. Da ist es genauso: paddeln oder rudern!

(Beifall bei CDU und SPD - Zurufe von der FDP)