Deshalb, meine Damen und Herren, ist der Kleinmut beim Subventionsabbau, insbesondere bei der FDP, aber auch in Teilen der Unionsfraktion, verbunden mit einer geradezu hysterischen Debatte über die Besteuerung von Hundefutter oder Schnittblumen, kein Beweis politischer Tatkraft.
Diese Verhinderungspolitik im Bundesrat kostet das Land Schleswig-Holstein in diesem Jahr 32 Millionen €. Die schleswig-holsteinischen Kommunen lassen Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, dabei im Regen stehen, denn diese gehen völlig leer dabei aus. Auch das muss man sagen, wenn man, wie Sie, Herr Dr. Garg, das getan haben, das Bundesratsverhalten so ausdrücklich lobt.
- Sie setzen sich für das Hundefutter ein. Das ist ja in Ordnung. Nur, es bringt uns nicht voran, wenn wir an solchen Punkten schon scheitern, Herr Kubicki.
Zur Verlässlichkeit gehört es, Vorsorge bei den Personalkosten zu treffen. Der Nachtrag deckt deswegen für die Steuerverwaltung und für den Schulbereich notwendige Mehrausgaben bei der Besoldung und senkt die Ansätze für die Steuereinnahmen; denn auch hier müssen wir Vorsorge treffen. Das ist nicht einfach, denn schon in den letzten Jahren wurde es immer schwieriger, den Verlauf dieser Einnahmen zu schätzen. Die Steuerschätzungen lagen meist, so zum Beispiel auch bei der Mai-Steuerschätzung im letzten Jahr, auch ohne Irak-Krieg ebenso daneben wie die schwankenden Prognosen renommierter Institute. Der Vorwurf an die Politik in diesem Zusammenhang ist zumindest nicht berechtigter als der, den man bei diesem Thema mehr oder weniger seriösen Wissenschaftlern machen könnte. Das muss ich an dieser Stelle einmal sehr deutlich sagen. Eine feste und klar quantifizierbare Verbindung von Wirtschaftswachstum und Steuerentwicklung gibt es nicht mehr. Ebenso wenig gibt es eine gleichgerichtete Entwicklung der Länder.
Sie haben vielleicht im Umdruck 15/3275 gelesen, dass die Entwicklung der schleswig-holsteinischen Steuereinnahmen des Jahres 2003 bisher im Gegensatz zu anderen Ländern positiv verlaufen ist. Schleswig-Holstein ist mit einer Finanzkraft von 105 % im ersten Quartal Geberland geworden. Leider wird uns das nicht einmal kurzfristig helfen, da wir das meiste wieder abgeben müssen. Das zeigt, dass es durchaus Verwerfungen im System gibt.
Die Auswirkungen des Irak-Krieges sind so wenig absehbar, dass auch die Mai-Steuerschätzung ihre frühere Orientierungsfunktion verliert und wir auf unsere eigenen - zugegebenermaßen groben - Schätzungen zurückgeworfen werden. Diese haben wir im Nachtrag berücksichtigt und haben - übrigens im Gegensatz zu vielen anderen Ländern - jetzt Korrekturen vorgenommen. - So viel zum Thema Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit.
Deshalb halte ich den Zeitpunkt des Nachtrags für richtig und eine Fixierung auf die Frühjahrssteuerschätzung für nicht sachgerecht. Eine aussagekräftige Prognose muss die Entwicklung im Herbst mit einbeziehen. Frau Spoorendonk, wir werden nicht jeden Monat einen neuen Nachtrag vorlegen können und wollen. So viel Spaß macht das auch nicht. Ich glaube aber, dass man hier sehr deutlich sagen muss: Die Probleme sind nicht gelöst. Ich schließe nicht aus, dass wir im Herbst weiteren Nachsteuerungsbedarf haben werden. Möglich und zu hoffen ist aber auch, dass wir im zweiten Halbjahr eine deutliche Wirtschaftsbelebung bekommen. Ein niedriger Ölpreis und eine Wachstum stimulierende Geldpolitik der EZB liefern dazu gute Voraussetzungen.
Es gibt auch noch andere Unwägbarkeiten in diesem Jahr, die man mit einbeziehen muss. Ich glaube übrigens - ich komme noch darauf zu sprechen -, die Agenda 2010 des Bundeskanzlers ist erforderlich. Sie wird Erfolg haben und bei allen Veränderungsnotwendigkeiten im Detail wird sie die bundesdeutschen Rahmenbedingungen zusätzlich verbessern helfen.
Nach meinem Politikverständnis ist Schwarzmalerei genauso wenig hilfreich wie eine rosarote Brille. Wir stehen in Schleswig-Holstein und in Deutschland sicherlich vor großen Herausforderungen. SchleswigHolstein ist überdurchschnittlich verschuldet, was übrigens nicht erst 1988 begonnen hat, obwohl damals die Infrastruktur von elektrifizierten Bahnstrecken bis zur Kindergartenversorgung, von der Psychiatrie bis zu Hochschulinvestitionen bundesweit Schlusslichtpositionen aufgewiesen hat.
Das muss man auch einmal sagen, wenn man über Verschuldung redet. Aber die Verschuldung engt unseren Handlungsspielraum heute ein. Es kann also kein Weiter-so geben. Die Infrastruktur von Bildung und Wissenschaft weiter zu modernisieren, ist eine ureigene Landesverantwortung, die uns niemand abnimmt und die die Zukunftschancen des Landes im Wettbewerb um Wirtschaft und Wohlstandsentwicklung in den nächsten Jahren und Jahrzehnten bestim
men wird. Wir werden deshalb dafür ausreichende finanzielle Mittel bereitstellen und alle internen Ressourcen ausschöpfen müssen.
Deshalb ist es wichtig und richtig, mit dem Nachtrag ein finanziell unterfüttertes Signal an die Schulen und Hochschulen zu geben. Entschlossene Bekämpfung des Unterrichtsausfalls auf der einen Seite und Mut zu den notwendigen Hochschulstrukturreformen auf der anderen Seite lauten die Überschriften. Ich sage Ihnen auch hier: Mut zur Hochschulstrukturreform heißt nicht etwa Hochschulstrukturreform ja, im Kreis XY aber nein. Das wird man nicht tun können. Wenn, dann muss man das landespolitisch betrachten. Das heißt: Dieses Signal an Schulen und Hochschulen ist verbunden mit verstärkten Anforderungen für ein effizientes Handeln, das sich an den eigentlichen Adressaten der Leistungen, den Schülerinnen und Schülern und den Studentinnen und Studenten, orientiert, nicht an Stellenzahlen, nicht an bürokratischem Weiter-so und nicht an institutionellen oder regionalpolitischen Klientelinteressen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Aussage „Wir sorgen dafür, dass Politik möglich bleibt“ darf keine Floskel werden. Die Landesregierung wird deshalb ihre mittelfristig angelegte Konsolidierungspolitik fortführen und hält an ihrem Ziel fest, Haushalte ohne Neuverschuldung aufzustellen, auch wenn das in diesem Jahrzehnt noch nicht erreicht werden kann. Der ungebremste Weg in die Schuldenpolitik hin zu ewigen Schulden wäre gegenüber unseren Kindern und Enkeln verantwortungslos, da er ihnen alle Spielräume nähme, auf die sie ebenso einen Anspruch haben wie unsere Generation. Insofern fand ich Ihre Position, Herr Oppositionsführer, interessant, bin aber verwirrt über die gleichzeitigen Einlassungen zur Neuverschuldung Ihres Landesvorsitzenden Carstensen. Wer sich - so hat er das formuliert - an diesen Haaren aus dem Sumpf ziehen wolle, müsste feststellen, dass die Haare nicht auf dem Boden der Verfassung gewachsen sind. Die Trag- und Reißfähigkeit von Perücken ist allerdings sehr begrenzt, Herr Kayenburg.
Die Konsolidierungspolitik muss in ihrer konkreten Ausgestaltung aber auf die äußeren Rahmenbedingungen reagieren und darf nicht zu einem Kaputtsparen essenzieller Ziele beziehungsweise zur Beseitigung entscheidender Zukunftsperspektiven des Landes führen. Eine kluge Finanzpolitik muss also bei aller Enge Zukunftsinvestitionen weiter ermöglichen. Dabei hilft uns weder das Hoffen auf alte goldene Zeiten mit den Wachstumsraten der alten Bundesre
publik noch Schwarzmalerei. Die Bundesrepublik ist gegenüber vielen anderen Staaten der Erde ein reiches Land mit exzellenten Voraussetzungen für eine vernünftige wirtschaftliche Entwicklung. Meine Eltern- und Großelterngeneration hatten ganz andere Herausforderungen zu bestehen und Aufbauleistungen zu erbringen und die meisten anderen Regionen der Welt würden uns um unsere Probleme beneiden.
Deshalb scheint mir Larmoyanz nicht die adäquate Antwort zu sein, sondern eher die Ärmel aufzukrempeln, die Probleme anzugehen, und dies auch hier in Schleswig-Holstein.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sehe den Finanzminister nicht in der Rolle des Oberbuchhalters des Landes. Stattdessen stelle ich mir einen Prozess vor, in dem ein Finanzministerium mehr als Strukturministerium wirkt, das Ressortprinzip achtet, ein modernes Finanzmanagement zulässt und auch selbst betreibt. Das heißt auch, auf das eine oder andere Folterinstrument selbst zu verzichten. Dazu gehört aber gleichzeitig eine höhere Reform- und Durchsetzungsbereitschaft in gemeinsamer Verantwortung für die Situation des Landes, in der die Bürgerinnen und Bürger zu Recht erwarten, dass der Staat mit den knappen öffentlichen Mitteln, also mit den Personal-, Sach- und Geldressourcen, sparsam und wirksam umgeht, wobei ich mit Blick auf den kommenden Doppelhaushalt auch sagen möchte: Der Ruf nach dem Prinzip „Sparsamkeit im Allgemeinen, aber nicht im Besonderen und vor allen Dingen nicht bei mir“ ertönt nicht etwa nur von Ressortkollegen, wie gelegentlich eingewandt wird, sondern auch von manchen Medienvertretern, von vielen gesellschaftlichen Gruppen und in besonders hohem Maße von der Opposition. Eine Senkung der Personalkostenquote und gleichzeitig mehr Lehrer, mehr Polizisten und mehr Steuerbeamte zu fordern, geht auch nach PISA nicht zusammen. Eins und eins wird nicht drei, auch wenn man es dreimal wiederholt.
Unsere Finanzpolitik hier im Lande hängt aber nicht nur daran, dass wir entschlossen unsere Hausaufgaben machen. Sie hat nur Chancen, wenn sich die Rahmenbedingungen in die richtige Richtung entwickeln. Ich habe die Agenda 2010 schon angesprochen. Lassen Sie mich noch andere Punkte nennen.
Der Weg von Peer Steinbrück und Roland Koch zum allgemeinen Subventionsabbau muss weiter verfolgt werden, um die Landeshaushalte ernsthaft zu entlasten.
Auch wenn sich die Länder mit FPDRegierungsbeteiligung hier verweigern, muss es trotzdem gemacht werden.
Ich kann nicht von Millionen von Arbeitnehmern Einsicht in notwendige Abstriche und Reformen einfordern und - gerade auch mit Blick auf die Besteuerung von Erbschaften und Großvermögen in anderen europäischen Staaten - jede Form der sozialen Symmetrie ausblenden. Das geht nicht!
Offenkundige soziale Schieflagen bestärken nur die Betonfraktionen. Bei aller öffentlichen Polemik muss ich Ihnen auch sagen: In der Debatte steht fest, dass wir kein Steuerproblem, sondern ein Abgabenproblem haben. Wir sind kein Hochsteuerland, wir belasten aber den Faktor Arbeit mit zu hohen Kosten. Diese müssen anders finanziert werden.
Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich meine keine allgemeine Steuererhöhungsdiskussion als Notausgang zum Stopfen von Steuerlöchern. Das wäre kontraproduktiv und schädlich für die Konjunktur. Ich rede von einem Wenn-dann-Prozess. Senkung der Lohnnebenkosten und Umsteuerung bringen mehr Arbeit, mehr Steuern und weniger Transferkosten. Es ist außerdem gerechter, weil größere Bevölkerungsanteile an der Mitfinanzierung der sozialen Sicherungssysteme beteiligt werden als bisher.
- Herr Hentschel, ich freue mich über das Lob. Schließlich ist eine Reform der Gewerbesteuer zur Stärkung der kommunalen Einnahmen notwendig.
Die neueste Idee der Unionsparteien, die über eine Absenkung der Gewerbesteuerumlage darauf hinausläuft, dem einen Kranken in die Tasche zu greifen, um es dem anderen zu geben, hilft nicht. Das sorgt nur für dauerhafte Pflegebedürftigkeit. Was wir brauchen, ist eine vernünftige Reform. Die FDP soll mir einmal erklären, warum der Handwerksbetrieb Gewerbesteuern bezahlen soll, ein Rechtsanwalt, ein Steuerberater, ein Zahnarzt oder ein Architekt dagegen nicht. Das ist überhaupt nicht einzusehen. Das muss man tun, auch wenn man selber Rechtsanwalt ist, Herr Abgeordneter Kubicki.
Der Vorschlag der CDU würde Schleswig-Holstein allein in diesem Jahr über 40 Millionen € kosten. Das sind 40 Millionen €, die uns fehlen. Die Landesregierung wird sich im Bundesrat für strukturelle Reformen und eine Verbesserung der Finanzsituation der Länder und Kommunen einsetzen.
Der dritte wesentliche Bereich - neben unserem Konsolidierungskurs in Schleswig-Holstein und der selbstbewussten Mitgestaltung der Rahmenbedingungen in Norddeutschland, im Ostseeraum und gegenüber Berlin - ist das Thema Effizienz der Verwaltung. Die Bürgerinnen und Bürger akzeptieren nicht mehr, dass sich angesichts knapper öffentlicher Kassen verschiedene staatliche Ebenen über Zuständigkeiten streiten oder sich durch mangelnde Effizienz bei der Aufgabenerledigung die Dienstleistungen verteuern. Sie erwarten vielmehr, dass alle Aufgaben - wenn sie denn überhaupt öffentlich wahrgenommen werden sollen - bürgernah, professionell und wirtschaftlich erledigt werden. Das werden wir in einem längeren Prozess konsequent verfolgen, wenn wir wieder Haushaltsspielräume gewinnen wollen. Herr Schlie, ich habe mit Interesse Ihre Ausführungen gehört. Wir werden Sie beim Wort nehmen!