Dann unterhalten Sie sich doch einmal mit den Stadtkämmerern, mit den Verantwortlichen auf Kreisebene für die kommunalen Finanzen. Diese fordern förmlich ein: Sagt endlich Ja zum Modell der kommunalen Landesverbände - Erweiterung der Bemessungsgrundlage, Einbeziehung der Freiberufler -, das ist der richtige Weg.
Wir haben in diese Landtagssitzung gemeinsam mit dem grünen Koalitionspartner einen Antrag eingebracht
- Herr Wiegard, Sie können ja nachher, ab 17 Uhr, darauf noch eingehen -, der die Landesregierung auffordert, der Gemeindefinanzreform, wie sie von der Bundesregierung vorgelegt worden ist, nicht zuzustimmen.
Und eines möchte ich an dieser Stelle deutlich sagen, weil mehrfach gesagt worden ist, es sei geradezu ein Unding, die eigene Bundesregierung zu kritisieren - ich habe das ja auch gemacht: Wir haben vielen Vorschlägen in der Vergangenheit, die für SchleswigHolstein zusätzliche Belastungen mit sich gebracht haben, mit Magenschmerzen zugestimmt. Aber jetzt sind wir an dem Punkt angelangt, an dem wir sagen müssen: Im Vordergrund müssen die Interessen des Landes stehen. Das müssen wir auch der SPDgeführten Bundesregierung deutlich machen - und darin sind wir uns mit unserem Koalitionspartner auch einig. Das ist unsere Messlatte.
Der Beschluss der Bundesregierung, die Finanzlage der Kommunen 2004 um 4,5 Milliarden € und 2005 um 5 Milliarden € zu verbessern, ist völlig unangemessen. Und da müssen wir einfach als Fakt nehmen, dass die Gewerbesteuer im Jahr 2002 so eingebrochen ist, dass sie allein 2003 um rund 4 bis 5 Milliarden € niedriger ausgefallen ist als im Jahr 2000.
Herr Wiegard, lesen Sie doch einmal im „Handelsblatt“ nach, lesen Sie doch einmal das Interview der Oberbürgermeisterin von Frankfurt, Petra Roth, die nicht unserer Partei angehört.
Auch mögliche positive Entwicklungen, die sich jetzt im ersten Halbjahr zeigen, orientieren sich an den Basisdaten des Jahres 2002 und nicht an denen des letzten für die Kommunen halbwegs auskömmlichen Jahres 2000. Das ist für uns die Bemessungsgrundlage. Selbst ein Anstieg in diesem Jahr um 25 % in Schleswig-Holstein wird den Kommunen nicht dazu verhelfen, dass sie über bestimmte Schließungen und Kürzungen nicht mehr nachdenken müssen. Das, was die Bundesregierung vorgelegt hat, reicht nicht aus.
Lassen Sie mich die schon von mir angesprochene Petra Roth noch einmal zitieren, die sich eindeutig dafür ausgesprochen hat, die Freiberufler mit einzubeziehen. Als Erstes kam dieser Vorschlag von Stoiber und von weiteren CDU-Spitzenpolitikern. Petra Roth hat gesagt:
„Die Gegner der Reform der Gewerbesteuer verfügen über keine ernst zu nehmende mehrheitsfähige Alternative. Eine Reform der Gewerbesteuer ohne Erweiterung des Kreises von Freiberuflern und ohne Verbreiterung der Bemessungsgrundlage ist keine Reform.“
„Würde die Gewerbesteuer im Zuge einer Scheinreform sogar auf eine Ertragssteuer reduziert, indem bereits bestehende hinzuzurechnende Zinsen gestrichen werden, würde sie nicht gestärkt, sondern geschwächt. Sie geriete in Gefahr, verfassungsrechtlich nicht mehr haltbar zu sein. Dann stünden die Kommunen nach der Gemeindefinanzreform schlechter da als vorher.“
Soweit Petra Roth in einer - wie ich finde - korrekten Analyse der Situation. Ich bin gespannt auf die Debatte nachher und darauf, was der Kollege Lehnert zu diesem Punkt sagen wird.
Es kann überhaupt kein Zweifel daran bestehen, dass das Jahr 2004 für den Landeshaushalt durch die zu erwartende Wirtschaftsentwicklung und vor allen Dingen auch durch das Vorziehen der dritten Stufe der Steuerreform ein schwieriges Jahr werden wird und wir erst 2005 eine Besserung erwarten können. Alle noch anstehenden Entscheidungen müssen dem Ziel dienen, dieser Situation Rechnung zu tragen.
Wie unglaublich schwierig die Lage tatsächlich ist, zeigt auch der Umfang - das verschweige ich nicht - der globalen Minderausgaben, die in den nächsten Monaten durch die einzelnen Ministerien noch aufgelöst werden müssen. Wir waren uns im Parlament - und das sage ich auch als ehemaliger Finanzausschussvorsitzender - immer einig, dass der Umfang der globalen Minderausgaben im Interesse der Kontrolle durch das Parlament möglichst gering gehalten werden muss. Deshalb ist es zu begrüßen, dass bereits bis zur Nachschiebeliste im November eine Auflösung zum großen Teil erfolgen soll. Um dieses Ziel zu erreichen, wird es bis zum November zu weiteren
Kürzungen auch bei den Förderprogrammen kommen müssen. Wir werden jedoch nicht daran vorbeikommen, auch über weitere Kürzungen in anderen Bereichen nicht nur nachzudenken, sondern diese Entscheidung auch zu treffen.
Dabei soll in der Tat nicht der Rasenmäher als Maßstab dienen, sondern weitere grundsätzliche Entscheidungen über die Fortführung beziehungsweise den Verzicht auf Förderung. Und wie sich denken lässt, sind diese Debatten auch in meiner Fraktion nicht konfliktfrei zu führen, sondern die Interessen der verschiedenen Bereiche sind gegeneinander abzuwägen. Aber es gibt keine Alternative dazu, den Menschen im Land auch weitere schmerzhafte Einschnitte zuzumuten, weil wir im Dezember einen verfassungsgemäßen Haushalt durch den Landtag verabschieden lassen wollen und müssen. Das wird unser Ziel sein. Und wir werden mit aller Offenheit die Debatte führen und sagen, was im Interesse des Landes in Zukunft fortgeführt werden kann und muss und wer in Zukunft nicht mehr mit einer Landesförderung zu rechnen hat.
Die Personalkosten sind der dickste Brocken für den Landeshaushalt und aufgrund der Tariferhöhungen und der Entscheidung zur Einstellung weiterer Lehrer kann eine Erhöhung dieses Ansatzes nicht verhindert werden. Zur Begrenzung der Personalkosten ist die Entscheidung getroffen worden, bereits in diesem Jahr das Weihnachtsgeld für die Beamten und ab dem folgenden Jahr das Urlaubsgeld zu reduzieren. Die SPD-Fraktion hat gegenüber der Landesregierung erreicht, dass eine deutliche soziale Komponente bei den unteren Einkommensgruppen eingezogen worden ist. Diese ist erheblich stärker ausgefallen als in allen vergleichbaren Bundesländern.
Und, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, auch hier stellt sich die Frage, warum Sie diese Entscheidung, zumindest vom Ansatz her, nicht unterstützen. Denn schließlich haben alle Landesregierungen, bis auf das Saarland und BadenWürttemberg, entsprechende und zum Teil noch einschneidendere Entscheidungen in diesem Sinne getroffen. Hier hätten Sie den Beweis antreten können, dass Obstruktion nicht Ihr Ding ist, sondern Sie als Opposition auch für eine konstruktive Politik in diesem Land stehen. - Aber auch hier: Fehlanzeige.
Bis zum Zeitpunkt, an dem die Nachschiebeliste vorliegt, will die Landesregierung im Bereich der Verwaltungsstrukturreform zahlreiche der 49 Punkte, die eine Arbeitsgruppe unter der Führung der Chefin
Zu verschiedenen Punkten werden wir Ergänzungen mit eigenen Vorschlägen vornehmen. Ich nenne hier nur die Reduzierung der Zahl der Finanzämter, die Straffung der Amtsgerichtsstruktur, die weitere Überprüfung der Organisation der Landespolizei und das Vorantreiben der gemeinsamen Projekte mit den norddeutschen Bundesländern, speziell mit Hamburg. Gut Ding braucht manchmal eine lange Zeit, deshalb freue ich mich, dass die Fusion der Statistischen Landesämter bereits zum 1. Januar 2004 erfolgen wird.
Auch bezüglich der Zweistufigkeit der Landesverwaltung sind noch Aufgaben zu lösen. Die SPDFraktion drängt darauf, dass die Neuordnung der Staatlichen Umweltämter, der Ämter für ländliche Räume und des Landesamtes für Gesundheit und Arbeitssicherheit zügig vorgenommen werden wird. Wir gehen nach wie vor von dem Grundsatz aus, dass alle Aufgaben der von mir genannten Ämter auf die kommunale Ebene übertragen werden können. Im Einzelfall muss begründet nachgewiesen werden, warum eine Aufgabe nicht übertragen werden kann. Das ist die Position der SPD. Daran werden wir unsere Entscheidungen auch ausrichten.
Die Landesregierung hat zeitgleich mit dem Landeshaushalt das Zukunftsinvestitionsprogramm auf den Weg gebracht. Dies ist ein sinnvoller und wichtiger Schritt zur Stärkung der mittelständischen Wirtschaft und vor allem des Handwerks in unserem Lande. Die Schwerpunkte Bildung, Forschung, Technologie, wirtschaftsnahe Infrastruktur und maritime Wirtschaft werden hierzu einen wichtigen Beitrag leisten. Mit den zusätzlich angepeilten Ausgaben von 100 Millionen € Landesmitteln in den nächsten drei Jahren werden Investitionen in einem Umfang von insgesamt 800 Millionen € ausgelöst, wobei ich darauf hinweise, dass ein großer Teil im Bereich des Schiffbaus anfallen wird.
Es geht hier um Impulse für eine konjunkturelle Belebung. Dies rechtfertigt aus unserer Sicht eine Kreditfinanzierung dieses Programms. Rund 45 Millionen € aus dem Gesamtvolumen sollen bereits im Jahre 2004 investiert werden. Der Finanzminister hat ja darauf hingewiesen, dass es darum geht, durch entsprechende Aufträge das Handwerk vor Ort möglichst schnell mit kleinen Losen zu stärken.
Meine Damen und Herren, vor einigen Tagen hat der Präsident der Vereinigung der Unternehmensverbände, Hans-Heinrich Driftmann, die Landesregierung kritisiert. Diese Kritik scheint mir sehr stark überzogen, obwohl der eine oder andere Punkt sicherlich bedenkenswert ist. Ich möchte hier keinen Rückgriff auf irgendwelche frühsommerlichen Spargelessen machen oder zu neuen Spekulationen Anlass geben, eines ist aber doch mehr als auffällig: Der Chef der norddeutschen Unternehmer verschwendet keinen Gedanken an die Möglichkeit, Sie könnten hier ab dem Jahre 2005 eine erfolgreiche Politik machen. Aus meiner Sicht schätzt er die derzeitigen Fähigkeiten der Opposition richtig ein. Sie sind nicht regierungsfähig.
Bei Ihrem Verhalten im Land erleben wir ein buntes Durcheinander. Ihr fröhlicher Vormann, der sagt, man müsse fleißiger und kompetenter werden, fordert im Frühjahr erst, man solle 1.000 Angestellte entlassen, wenig später reduziert er dies auf den Abbau von 1.000 Stellen bei der Landesverwaltung, was dasselbe bedeuten kann, aber nicht muss. Schauen wir mal, welche weiteren Vorschläge kommen.
Herr Kollege Wiegard, es gab eine Pressekonferenz, an der auch Sie beteiligt waren. Auf dieser wurde von 56.000 Stellen gesprochen. Von diesen werden die Tabubereiche Schule, Polizei, Justiz und Finanzverwaltung abgezogen, wodurch man auf 22.000 verbleibende Stellen kommt, von denen jede fünfte, also insgesamt 4.400, eingespart werden soll.
Bedauerlicherweise haben Sie sich verrechnet. Das ist dem Kollegen Stritzl ja auch schon einmal passiert. Nach Abzug der Tabubereiche bleiben nämlich nur 14.300 Stellen übrig.
In diesen 14.300 Stellen ist auch noch der Hochschulbereich mit 5.100 Stellen enthalten. Damit beinhaltet also der Vorschlag der CDU, dass auch bei den Hochschulen fast jede dritte Stelle eingespart wird. Das nenne ich eine solide Oppositionspolitik. Weiter so! Dann wissen die Bürgerinnen und Bürger im Lande Schleswig-Holstein, dass sie bei den Sozialdemokraten in bester Hand sind. Darüber müssen wir uns dann nur noch wenige Gedanken machen.
Meine Fraktion und auch die Landesregierung haben deutlich gemacht, dass sie eine Erhöhung der Mehrwertsteuer zur dauerhaften Senkung der Sozialversicherungsbeiträge für den richtigen Weg halten. Als Ihr Fraktionsvorsitzender Martin Kayenburg in der Sommerpause diesem Vorschlag ebenfalls zustimmte, sah er sich einem Gewitter von Kritik aus den eigenen Reihen ausgesetzt. Herr Kayenburg, Sie sind mit diesem Vorschlag auf dem richtigen Weg. Ich freue mich, dass Sie an unserer Seite sind.
Ich will keine weiteren Beispiele nennen. Dies ist sicherlich kein Zeichen von Regierungsfähigkeit, sondern spricht eher für die Notwendigkeit, sich erst einmal die Oppositionsfähigkeit nachhaltig zu erkämpfen.