Protokoll der Sitzung vom 27.08.2003

(Zuruf der Abgeordneten Brita Schmitz- Hübsch [CDU])

und das ausbauen. Ich finde, das, was Sie hier vertreten, ist völlig widersprüchlich.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD - Dr. Heiner Garg [FDP]: Sie haben überhaupt keine Ahnung!)

Das hat mit Logik nichts mehr zu tun.

Wir dagegen wollen wie die Kommunen eine Ausweitung der Gewerbesteuer, und zwar nicht nur für kleine Betriebe und die freien Berufe, sondern vor allem auch für große Firmen. Deshalb wollen wir die Abschaffung der Organschaft, durch die es sich große Konzerne aussuchen dürfen, wo sie die niedrigsten Steuern zahlen. Wir wollen eine Rückkehr der Besteuerung zum Ort der Produktion, wo die Menschen arbeiten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD sowie des Abge- ordneten Lars Harms [SSW])

Zugleich wollen wir eine Mindestbesteuerung, damit Konzerne, die blendende Gewinne machen, nicht mehr mit gekauften Verlustabschreibungen auf Jahre keine Steuern zahlen.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Nachdem Sie es ih- nen mit der Körperschaftsteuer ermöglicht haben!)

(Karl-Martin Hentschel)

Herr Kayenburg, ich fordere Sie auf: Pfeifen Sie Ihre Bundestagsfraktion zurück

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU)

und setzen Sie sich wie viele CDU-Politiker für den Erfolg und den Ausbau der Gewerbesteuer ein!

Über die FDP lohnt es sich an dieser Stelle kaum zu reden; sie ist zu einer „Lobbyinteressengruppe“ für Anwälte verkommen.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: O Gott!)

Aber gut, dass sich zumindest Herr Kubicki für den Besten hält.

(Heiterkeit des Abgeordneten Günter Neuge- bauer [SPD])

Meine Damen und Herren, wer den Kommunen helfen will, muss auch dafür sorgen, dass die Steuerreform zumindest solide gegenfinanziert wird.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Dann ist es keine mehr!)

Gestern noch forderte die CDU Subventionsabbau, aber wenn es heute konkret wird, fordert sie schnell den Erhalt der Pendlerpauschale. Herr Kayenburg, damit verabschieden Sie sich wieder einmal durch die Hintertür, bevor Sie das Haus der Reform überhaupt bemerkbar betreten haben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Auch in der Debatte über die Umsetzung der HartzVorschläge hat sich das Land Schleswig-Holstein von Anfang an für die Position der Kommunen eingesetzt. Wir wollen, dass die Kommunen bei der Arbeitsvermittlung nicht von den Arbeitsämtern ausgebootet werden können, denn sie haben in der Vergangenheit ausgezeichnete Erfahrungen erworben und viele erfolgreiche Projekte auf die Schiene gesetzt. Dieses Know-how darf nicht verloren gehen. Zugleich darf der Übergang von der Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II nicht zu einer finanziellen Mogelpackung werden, bei der die Kommunen zuzahlen. Deswegen hat sich Schleswig-Holstein so klar positioniert und sich auch entschieden gegen die eigene Bundesregierung gestellt. Ich würde mir wirklich wünschen, was andere Bundesländer auch so klar reagieren würden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Lothar Hay [SPD] – Zuruf des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Ich würde auch gern wissen, wie die CDU hier im Landtag dazu steht. Das kann man doch wirklich einmal erfahren wollen. Sie kritisieren hier stundenlang die Regierung, aber Sie sind nicht bereit, in den elementaren Punkten, über die in dieser Republik diskutiert wird, überhaupt zu sagen, wie Ihre Fraktion dazu steht,

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

weil Sie sich nicht trauen, den absurden Vorstellungen Ihrer Bundestagsfraktion entgegenzutreten. Wir sind nicht in der Opposition, wir sind in der Regierung; trotzdem wagen wir es – wir tun es auch -, im Interesse unseres Landes unsere eigene Bundesregierung zu kritisieren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Sie kritisieren nicht einmal Ihre Bundestagsfraktion, obwohl sie hier in der Opposition sitzen. Darin werden Sie so auch ewig bleiben.

Meine Damen und Herren, die berechtigten Forderungen an den Bund ersparen es uns nicht, unsere eigenen Aufgaben zu machen. Wir haben bei den freiwilligen Leistungen und Förderprogrammen seit Jahren zum Teil drastische Kürzungen vorgenommen. Dies müssen wir leider fortsetzen, ohne das Augenmaß zu verlieren. Nur in Einzelfällen haben wir bisher Kürzungen bei Leistungsgesetzen vorgenommen. Ich habe den Finanzminister gebeten, mir eine Aufstellung aller Leistungsgesetze zu schicken. Diese Aufstellung habe ich gestern bekommen. Vielen Dank. Meine Fraktion will nämlich auch hier weiter systematisch Sparmöglichkeiten prüfen.

Der größte Block des Landeshaushalts sind die Personalausgaben. Hier ist es wirklich erstaunlich, was Sie dargestellt haben, Herr Kayenburg. Das muss man schon sagen. Schleswig-Holstein ist das Land mit den geringsten Personalausgaben. Was machen Sie daraus? Sie beklagen sich, dass wir in allen Bereichen der Regierung weniger Personal als andere Bundesländer haben. Ja, das ist wahr: Wir haben in allen Bereichen der Regierung weniger Personal als andere Bundesländer, besonders in den zentralen Verwaltungsbereichen. Das beklagen Sie hier, schimpfen darüber, sagen, die Investitionsquote sei zu niedrig, wir sollten mehr für Investitionen ausgeben, und gleichzeitig sollen wir in allen Bereichen die Personalausgaben erhöhen. Das ist absurd, Herr Kayenburg, was Sie hier vorgetragen haben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD - Martin Kayen- (Karl-Martin Hentschel)

Sie haben wieder mal nicht zugehört! – Zuruf: Es ist ja auch egal!)

In den großen Bereichen Bildung, Polizei und Justiz sind – das ist ja auch Ihre Meinung – große Einsparungen nicht gewollt. Deswegen geht es in Zukunft vor allem bei der Einsparung von Personalausgaben um die Strukturreform der Verwaltung. Unsere Große Anfrage hat deutlich gemacht, wie viel seit unserer großen Initiative zur Verwaltungsreform 1997 bereits passiert ist.

Hier muss ich einen Fehler des Parteivorsitzenden der CDU korrigieren. Er behauptet, dass in SchleswigHolstein mehr Personal im öffentlichen Dienst beschäftigt sei als in anderen Bundesländern. Damit ist er durchs Land gelaufen. Das ist falsch. Sowohl das Land als auch die Kommunen beschäftigen weniger Personal als fast alle anderen Bundesländer. Seine Zahlen und der Irrtum kommen dadurch zustande, dass Sie die Beschäftigten des Bundes einschließlich der Bundeswehr mitgerechnet haben.

(Zuruf des Abgeordneten Heinz Maurus [CDU])

Schleswig-Holstein hat nun einmal die größte Bundeswehrdichte unter allen Bundesländern. Ich hoffe, Sie weisen, wenn Sie das erkannt haben, Ihren Vorsitzenden auf diesen Irrtum hin, damit er nicht noch im nächsten Jahr während des gesamten Wahlkampfes mit falschen Zahlen herumrennt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein Projekt, das Frau Heinold seit Jahren verfolgt, ist die Bildung von gemeinsamen Behörden mit Hamburg. Mit der Fusion der Eichverwaltungen, der Statistischen Landesämter

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

und der Datenzentralen sind wir hier ein mächtiges Stück vorangekommen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Rainer Wiegard [CDU]: Zum sechsten Mal! – Zurufe)

- Herr Garg, Sie brauchen nicht zu lachen. Jeder hat Dinge, an denen er hartnäckig festhält. Und meine Erfahrung ist, dass Leute, die hartnäckig an bestimmten Dingen arbeiten, auch meistens Erfolg haben. Deshalb finde ich es auch richtig, dass ich sie hier erwähne. Frau Heinold hat diese Diskussion seit Jahren geführt und wenn wir jetzt einen Erfolg haben, ist das auch zu wesentlichen Teilen ihr Erfolg.

(Beifall des Abgeordneten Detlef Matthies- sen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Dr. Heiner Garg [FDP]: Ich nehme das ja auch zur Kenntnis! Ich dachte bisher immer, das sei die Ministerpräsidentin!)

Als nächsten Schritt prüfen wir, inwieweit Aufgaben der unteren Landesbehörden und der Kreise besser abgestimmt oder sogar zusammengelegt werden können. Dabei geht es um Bereiche wie Straßenbauverwaltung, Umweltverwaltung, Gewerbeaufsicht, Ämter für ländliche Räume, Agrarverwaltung, Katasterverwaltung und so weiter. Es hat aber wenig Sinn - und das ist der zentrale Punkt in der Diskussion -, drei bis sechs untere Landesbehörden jeweils auf 15 Kreise aufzuteilen. Da diese Behörden häufig sehr spezielle Aufgaben haben, würde dann sogar mehr Personal als heute benötigt werden. Deshalb habe ich vorgeschlagen - wenn wir schon diese Diskussion führen -, die Struktur der Kreise mit zu überprüfen. Wenn wir zugleich die Zahl der Ämter drastisch reduzieren könnten - vielleicht kann man das auch dadurch erreichen, dass man ihnen Anreize gibt, das zu tun -, dann könnten die Kreise wiederum viele Aufgaben an die Amtskommunen abgeben. Damit würde vieles bürgernäher geschehen. Das ist doch unser Ziel.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich weiß, dass diese Diskussion heute noch bei vielen Kommunalpolitikerinnern und -politikern auf Abwehr stößt. Aber ich bin sicher, dass Hartnäckigkeit und Vernunft auch in dieser Frage siegen werden. Am Ende könnten nicht nur erhebliche Einsparungen, sondern auch eine Stärkung der Demokratie vor Ort und ein besserer Service für die Bürgerinnen und Bürger dabei herauskommen.

Meine Damen und Herren, am 10. Oktober 2002 erklärte der CDU-Vorsitzende Carstensen in einer gemeinsamen Pressemitteilung mit dem Fraktionsvorsitzenden im Landtag:

„Wir wollen deutlich machen, dass wir (…) eine konstruktive Opposition sind, die bereit ist, die Sanierung des Landes mitzutragen.“

Dieses Angebot der CDU ist erfreulich. Leider haben Sie das Versprechen während der Haushaltsberatungen im vergangenen Jahr noch nicht eingelöst. Anstelle von Sparvorschlägen hat die CDU damals zusätzliche Forderungen in dreistelliger Millionenhöhe aufgestellt. Nun gibt es einen neuen Haushalt und Sie

(Karl-Martin Hentschel)

haben eine neue Chance - die letzte vor der Wahl, darauf haben Sie alle schon hingewiesen.